Wie ich einige Internet-Memes hasse.
Blöde
Frage.
Nach dem
türkischen Verfassungsreferendum haben die dortigen demokratischen Regeln
nichts mit dem GG in Deutschland zu tun.
Außerdem
finde ich es völlig idiotisch unsere Auffassung von Freiheit ausgerechnet von
autokratischen Regimen abhängig zu machen.
Wir
sollten und dürfen unser Verständnis von Religionsfreiheit natürlich NICHT an
Ländern mit kaum oder gar keiner Religionsfreiheit orientieren.
Was für
ein kapitaler Unsinn, sich einerseits über vermeidlich unterentwickeltere,
autoritäre und unfreiere Nationen zu empören und im selben Atemzug ihr Beispiel als Blaupause
für unsere Regeln anzupreisen.
Natürlich
gibt es keine Religionsfreiheit in Saudi Arabien oder im Jemen. Und gerade weil
dort das Christentum unterdrückt wird, unterdrücken wir bei uns eben nicht
muslimische Gläubige. Wir imitieren nicht das Scharia-Recht Riads, sondern
setzen ein anderes Beispiel: Frei und pluralistisch.
So einen
Mist sehe ich seit Tagen und dann wird gegen Merkel gehetzt, die den Islam in
Deutschland etabliere.
Seit
Jahrzehnten nörgele ich an Frau Merkel herum, halte sie für eine ganz schlechte
und schädliche Kanzlerin.
Aber um
sie in Grund und Boden zu kritisieren, muss man nicht frei erfundenen Dumfug
verbreiten.
Merkel
ist Christin und fördert das Christentum viel zu sehr, sie löst den Verfassungsauftrag
zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirche nicht ein.
Seit
nunmehr 99 Jahren verhalten sich deutsche Regierungen verfassungswidrig stark
kirchenfreundlich.
[….]
Trotz allerhöchster Staatsverschuldung
verstößt die Politik gegen das seit 90 (!) Jahren bestehende Verfassungsgebot
(Artikel 138 Weimarer Reichsverfassung in Verbindung mit Grundgesetz-Artikel
140), die Staatsleistungen etwa für die Besoldung von Bischöfen abzulösen, die
den Kirchen für Enteignungen im Jahr 1803 (!) zugesprochen wurden. Die
mangelnde weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staats zeigt sich besonders
deutlich darin, dass das Bundesverfassungsgericht zwar die ebenfalls 90 Jahre
alte Verfassungsklausel über den Schutz des Sonntags zugunsten der Kirchen
anwendet, während der Artikel zulasten der Kirchen von den Verfassungsorganen
bewusst negiert wird. [….]
Merkel
fördert also nicht etwa die muslimischen Gläubigen, sondern sie fördert das
Christentum viel zu sehr.
Deutschland
ist immer noch ein Verfassungsstaat, der Religionsfreiheit, also auch Freiheit
von Religion garantiert.
Offensichtlich
ist es nicht ideal, wenn ein Nicht-Jurist wie Horst Seehofer laienhaft das Amt
des Verfassungsministers ausübt.
In allen
Satiresendungen wird darüber gelacht wie sich Horst Seehofer bei der
Vorstellungen seiner neuen Aufgabe versprach und sagte, er leite das „Heimatmuseum“
statt „Heimatministerium“.
Das ist
durchaus lustig, weil Crazy Horst damit freudsch zugab was für einen
populistischen Unsinn er anzettelt und wie erbärmlich er der AfD hinterher läuft.
Viel
schlimmer ist aber, daß sich Opa Horst offensichtlich auch für einen
Religionsminister hält, wenn er die Realität negierend Gauland und Höcke den Hintern
küsst, indem er den Islam als nicht zu Deutschland zugehörig verdammt.
Es gibt
in Deutschland aber keinen Religionsminister, die Verfassung verbietet das
sogar.
Und insbesondere
will niemand einen Religionsminister haben.
Dank der
AfD-Sprachrohre Spahn, Dobrindt, Lindner und Seehofer betreiben die
Top-Bundespolitiker mal wieder Doping für die politisch ganz Rechten.
[……]
Die 2172. Debatte über den Islam
[……]
Die Debatte hilft in ihrer ewigen
Wiederholung niemandem weiter – höchstens ein paar Politikern und Journalisten,
die ihre eigenen Positionen praktischerweise recyceln und sich damit auf
Twitter, Facebook und in anderen Schnatterforen wichtig machen können. Die
Debatte ist sogar kontraproduktiv, weil sie so wunderbar missverstanden werden
kann. Gehört der Islam zu Deutschland, sehen Verschwörungstheoretiker darin den
Beweis für den heimlichen Umbau des Landes. Gehört er hingegen nicht mehr zu
Deutschland, fühlen sich viele Muslime ausgegrenzt.
So hinterlässt die
Debatte vor allem Verlierer. Ein Verlierer ist übrigens auch Christian Wulff.
Der ehemalige Bundespräsident hatte sich einst klüger und pointierter geäußert:
"Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört
zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte.
Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland." Das kleine "auch"
relativiert die Aussage. [……]
Das undifferenzierte
Eingemeinden des Islams hilft nicht so recht weiter. Wer besonders laut
"Der Islam gehört zu Deutschland" ruft, mag sich besonders liberal
finden – vielleicht aber ist er nur besonders ahnungslos. Denn vorher sollte
doch einmal geklärt werden, um welchen Islam es genau geht – und wie sich Lehre
und Leben trennen lassen. [……]. Ein Islam, der zu Deutschland gehört, muss
auch zu Deutschland gehören wollen. [….]
Hua,
diese Konservativen möchten offensichtlich nach wie vor nicht mit der Realität
konfrontiert werden und halten Deutschland für eine „Wünsch dir was“-veranstaltung,
in der man sich die pseudo-heile Welt der 1950er Jahre zusammensuchen darf.
Gehorsame
Ehefrauen, die das Haus sauber halten, keine Scheidungen, keine Schwulen, keine
Atheisten, keine Ausländer.
Dafür
lauter idyllische Einfamilienhäuschen bewohnt von frommen aktiven
Kirchengängern. Alle Menschen sind blond, essen Sauerbraten und Saumagen. Man
urlaubt im Harz oder den Alpen, fährt deutsche Autos und hört heimatverbundene
Volksmusik, gern auch „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ von Heino, der anschließend noch ein paar SS-Liedchen intoniert
– der Tradition halber. Abtreibungen waren verboten und wenn es doch eine
versuchte, kam sie mit einiger Wahrscheinlichkeit auf irgendeinem schäbigen
Küchentisch ums Leben dabei. Kein Weib wagte es unehelich zu gebären und wenn doch,
nahm man ihnen die Bälger ab, gab sie zur Folter und sexuellen Ausbeutung in
christliche Heime. Überhaupt hatten es die Frauen in dieser heilen Welt der
Adenauer- und Erhardt-Jahre so viel einfacher. Sie mussten sich nicht mit
Bankangelegenheiten plagen, weil sie ohnehin nicht allein ein Girokonto
unterhalten durften und erst der Ehemann zustimmen mußte, wenn sie einen Job annahmen.
Sie brauchen sich auch nicht um sexuelle Frustration zu sorgen, weil es keine
Rolle spielte, ob sie wollten. Sie mussten und wenn sie nicht wollten, durften
ihre Ehemänner sie schlagen und vergewaltigen – mit dem Segen des Staates und
der C-Politiker wie Horst Seehofer, der noch bei der Bundestagsabstimmung 1997 für die straffreie Vergewaltigung in der Ehe votierte.
Das waren noch schöne idyllische Zeiten. Da bestand die Jugend nicht aus
Gammlern und Punks. Falls einer nicht gehorchen wollte, durfte und sollte er
von den Lehrern windelweich geprügelt werden – so steht es ja schließlich in
der Bibel.
[….]
Wenn man es genau nimmt, hätte Angela
Merkel einen Grund, Horst Seehofer zu entlassen. Kaum eine Woche im Amt, stellt
der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat in der Islam-Debatte die
Richtlinienkompetenz der Kanzlerin offen infrage. Und er kündigt gleich noch
an, dass auch in Zukunft so tun zu wollen.
Eigentlich kann eine
Regierungschefin es nicht zulassen, dass ein Kabinettsmitglied ihre Autorität
derart untergräbt. Aber natürlich wird Merkel den CSU-Chef nicht mal eben so
rauswerfen. Die Koalition wäre am Ende, bevor sie überhaupt zu arbeiten
begonnen hat.
Allerdings: Einfach
drüber hinwegsehen über Seehofers Renitenz und öffentliche
Gehorsamsverweigerung, das ist für die Kanzlerin auch keine Option. Denn es
geht hier nicht nur um ihre Führungskraft. Es geht um die Glaubwürdigkeit der
Union und der ganzen Koalition.
[….]
Zu blöd
für die Funke-Redakteure und C-Politiker, daß es dieses Deutschland gar nicht
mehr gibt.
Und was
für ein Glück für alle massiv Unterdrückten in den 50er Jahren, daß diese Zeiten
vorbei sind.
Heute
gehören zu Deutschland glücklicherweise nicht nur Multikulturismus und feie Religionswahl,
nicht nur Pizza und Döner, nicht nur traditionelle Chinesische Medizin und
indische Meditation.
Es
gehören auch allerlei Dinge zu Deutschland, die mir nicht gefallen.
Zu Deutschland
gehören auch 20 Tonnen Hundescheiße, die allein in Hamburg täglich ausgekackt
werden.
Dazu
gräßliche Schlagermusik, überbordende Bürokratie, Unhöflichkeit, mieses Wetter,
geschmacklose Mode und fanatischer Autolobbyismus.
Zu
Deutschland gehören Mord, Kriminalität, Fremdgehen, Krebserkrankungen, Demenz,
nach beißendem Uringeruch stinkende Pflegeheime.
40.000
MRSA-Tote durch mangelnde Krankenhaushygiene, Zweiklassenmedizin, das
schwächste Internet Europas. Spahn, Jens Berger, Dobrindt und Seehofer.
Auch
Sachsen gehört zu Deutschland, die tausenden Anschläge auf Schwächere und Arme.
Zu
Deutschland gehören Waffenexporte, Socken in Sandalen, Wohnungsnot, eine rapide
immer reicher werdende Klasse der Hyperwohlhabenden, steuerliche Umverteilung
von unten nach oben, ein international nicht konkurrenzfähiges Hochschulwesen,
8 Millionen funktionale Analphabeten, Obdachlosigkeit, Alkoholismus,
Drogensucht und Besserwisserei. Zu Deutschland gehören Kittelschürzen, Andrea
Berg und Mario Barth genau wie fünftklassige TV-Unterhaltung und unterirdische
Comedy.
Zu
Deutschland gehören Christentum, Judaismus, Hinduismus, der Islam und insbesondere
auch der Atheismus.