Hendryk M. Broder gehört zweifelsfrei inzwischen zu den Vollzeit-Verbalrambos.
In
seiner überbordenden Begeisterung über sich selbst hat er so sehr den Bezug zum
richtigen Maß verloren, daß er wie auch Baring und Sarrazin deutlich abseits
der Menschen steht, die man ernst nehmen kann.
Allerdings,
das muß man zugeben, blitzt hin und wieder in seinem Diffamierungswortschwall
noch der ein oder andere intelligente Gedanke durch, der auch nur von ihm formuliert
wird.
Nehmen
wir die weltweit diskutierte causa „Mohammed-Schmähvideo“ als Beispiel.
Ich
habe tatsächlich nur von Broder gelesen, daß es ein befremdlicher Vorgang sei,
wie sehr sich alle westlichen Kommentatoren daran abarbeiteten von welch schlechter
Qualität das Filmchen wäre.
Hieß es nach der Fatwa gegen Salman Rushdie, die "Satanischen Verse" seien kein literarisches Meisterwerk, sondern vor allem dazu bestimmt, die Gefühle der Moslems zu verletzen, hat man die Mohammed-Karikaturen, die in der dänischen Zeitung "Jyllands Posten" erschienen sind, als "primitiv" und "künstlerisch wertlos" abgetan, so ist es "diesmal ein dumm-dreister Film, in dem der Prophet Mohammed und der Islam auf ideologisch üble und dazu noch handwerklich billige Weise verächtlich gemacht werden" – als ob die Qualität des Film das wäre, was die Moslems zur Rage treibt. Nimmt jemand an, die Söhne Allahs würden begeistert Beifall klatschen, wenn es nicht "ein dumm-dreister" und "handwerklich billiger" Film wäre, sondern ein Meisterwerk von Pasolini oder Tarantino?
Es sollte selbstverständlich sein, dass das Prinzip der Kunstfreiheit auch für schlechte Filme gilt. Wo kämen wir denn hin, wenn wir es von ästhetischen Kriterien oder gar vom Einverständnis religiöser Fanatiker abhängig machen würden, ob ein Film in Deutschland gezeigt werden darf oder nicht? […]Würden wir die Kunst- und Meinungsfreiheit aus Rücksicht auf religiöse Fanatiker einschränken, käme dies einer Belohnung gleich. Wir würden sie dazu ermutigen, künftig jede kritische Auseinandersetzungen mit dem Islam durch gewaltsame Proteste zu unterbinden. Solchen demokratiefeindlichen Bestrebungen dürfen wir auf keinen Fall nachgeben. [….]Wir hatten eine ähnliche Situation ja schon vor 6 Jahren im Zuge des sogenannten Karikaturenstreits. Damals wurden die dänischen Karikaturisten beschuldigt, den öffentlichen Frieden zu gefährden. Eine skandalöse Umkehrung des Täter-Opfer-Prinzips! Denn nicht die an Leib und Leben bedrohten Zeichner gefährdeten den öffentlichen Frieden, sondern die religiösen Fanatiker, die in ihrem Wahn Hunderte von Menschen töteten, nur weil sie unfähig waren, auf satirische Kunst in angemessener Weise zu reagieren. [….]Es ist in der Tat ein sonderbares Phänomen, dass Männer, die die Steinigung einer vermeintlichen Ehebrecherin mit müdem Achselzucken hinnehmen, aber schluchzend in sich zusammensinken, wenn sie hören, dass ihr Prophet satirisch auf die Schippe genommen wurde. Erklären lässt sich dies nur mit der partiellen Denk- und Entwicklungshemmung, die mit religiöser Indoktrination einhergeht. […]Moderne Demokratien beruhen bekanntlich auf der Idee des Gesellschaftsvertrags, die besagt, dass die Werte des Zusammenlebens nicht objektiv vorgegeben sind, sondern unter den Gesellschaftsmitgliedern unter fairer Berücksichtigung der jeweiligen Interessen ausgehandelt werden müssen. Für fundamentalistische Gläubige ist dies schlichtweg inakzeptabel, gehen sie doch von einer göttlich vorgegebenen Gebots- und Verbotsordnung aus, die für alle Zeiten festlegt, welches Verhalten Männer, Frauen und Kinder zu zeigen haben.Wenn nun solche Glaubensüberzeugungen mit rechtsstaatlichen Normen kollidieren, was häufig der Fall ist, da die heiligen Schriften aus vormodernen Zeiten stammen, steht das Individuum vor der Wahl, welcher Rechtsordnung es den Vorrang gibt. Man kann gut verstehen, dass sich Gläubige schwerlich gegen Gebote entscheiden können, von denen sie meinen, dass sie göttlichen Ursprungs sind. Als säkulare Gesellschaft müssen wir aber darauf bestehen. Religiöse Sonderrechte, die im Widerspruch zur säkularen Rechtsordnung stehen, können und dürfen wir nicht tolerieren.