Samstag, 8. April 2023

Weswegen ich keine Hoffnung mehr habe

Helmut Schmidt wurde lange nach seinem Ausscheiden aus dem Bundeskanzleramt zur Legende. Und womit? Mit Recht! Anders als die CDU-Kanzler, war er persönlich integer und hochgebildet. Generationen suchten seinen Rat und hörten ihm fasziniert zu. Undenkbar, daß ein Depp wie Helmut Kohl als Ex-Kanzler zu so einer Lichtgestalt aufstiege und ich wage sehr zu bezweifeln, daß man in Zukunft auf internationaler Ebene, den außenpolitischen oder ökonomischen Rat Angela Merkels suchen wird. 

Wobei auch? Sie und ihre CDU stellten in 16 Jahren Kanzlerschaft konsequent Deutschlands Weichen immer in die falsche Richtung und hinterließen einen Sanierungsfall.

An Helmut Schmidt hingegen schätzt man seine Klartext-Mentalität und den Mut auch unpopuläre Dinge durchzusetzen. Auch wenn das im Moment nicht gern gehört wird: In dieser Hinsicht ist der nächste SPD-Kanzler seinem Vorvorgänger Schmidt ähnlich: Auch Gerd Schröder ist gebildet, international vernetzt, spricht Klartext, statt wolkige Floskeln zu produzieren und setzte als richtig erkannte Projekte gegen große Widerstände durch: Ökologische Steuerreform, Nein zum Irak-Krieg, Hartz-Reformen, Zwangsarbeiterentschädigung, Ausstieg aus der Kernenergie, massiver Ausbau der Photovoltaik und Windkraft, Lebenspartnerschaftsgesetz, u.v.a.m.

In Umfragen wünschen sich die Deutschen solche Bundeskanzler: Klartext, klare Führung, Durchsetzungsvermögen, Zukunftsorientierung.

Allerdings sind die Deutschen auch Idioten, die sich in die eigene Tasche lügen. Das, was sie angeblich wollen, wählen sie selten.

Schmidt und Schröder verloren vorzeitig, nach acht, bzw sieben Jahren, ihre Ämter.

Immer und immer wieder gewählt wurden, für jeweils 16 Jahre, die Gegenmodelle Kohl und Merkel, die nie Klartext sprachen, wolkige Versprechungen machten, Sinnlos-Sätze produzierten und niemals eine große Reform anfingen.

Das gefällt dem habituell phlegmatischen Urnenpöbel, der sich vor jeder Veränderung fürchtet und generell nicht gern abgibt. Ganz besonders nicht die liebgewonnenen Gewohnheiten.

Die Majorität der Wähler will aber nicht bloß weiter im eigenen Saft schmoren, ohne von Problemen belästigt zu werden. Es ist schlimmer, denn sie belügt sich selbst. Es wird schon allgemein anerkannt, daß sich große Probleme aufgetürmt haben, die gelöst werden müssen. Sie hätten schon gern eine moderne Infrastruktur, pünktlich fahrende Bahnen, eine funktionierende Bundeswehr, vorzeigbare Schulen, Landwirtschaft ohne Pestizide, gesunde Wälder, Tierhaltung ohne Tierleid, genügend gut bezahlte Pflegekräfte und selbstverständlich auch eine topmoderne Energieversorgung, die unabhängig von fossilen Zulieferungen macht.

Aber, und das ist das Entscheidende: Darum soll sich DIE Politik kümmern, es darf natürlich nichts kosten und soll das eigene bequeme Leben keinesfalls tangieren.

Wehe, wenn tatsächlich ein LNG-Terminal gebaut wird, die Bahn dringend benötigte neue Gleise verlegen will, Windräder aufgestellt werden oder es gar in den persönlichen Bereich (E-Mobilität, Wärmedämmung, Heizung) geht!

Dann geht der bequeme Teutone sofort auf die Barrikaden und schaltet in den NIMBY-Modus (not in my back yard). Niemand will zur Bundeswehr oder im Pflegeheim arbeiten.

Ja, es stimmt, selbst wenn 100% der Grünen-Forderungen von der Ampel umgesetzt würden, reichte das nicht, um das Klima zu retten. Also Schande über die Grünen, die innerhalb der Regierungskoalition einknicken.

Und, ja, es stimmt, noch größere Schuld trifft die FDP, die eine reine Antizukunftspolitik betreibt und jeden Klima-Fortschritt blockiert.

Aber Grüne Politik ist eben nicht mehrheitsfähig. In allen Umfragen liegen CDUCSU weit vorn, denn Merz verspricht dem Urnenpöbel nicht mehr von anstrengenden Klimaschutzmaßnahmen belästigt zu werden. 

Nicht (nur) die Grünen und die Ampel sind hier die Versager, sondern das Volk, welches kontinuierlich suggeriert, sich überfordert zu fühlen.

Elektroautos sind unpopulär, Deutsche wollen ihre Verbrenner fahren. Sie wollen nicht nachhaltig reisen, sondern billig fliegen. Sie wollen nicht auf Fleisch verzichten und zahlen eben nicht mehr Geld für Bioqualität. Sie sind nicht bereit, mehr für das Schnitzel zu zahlen, damit die Schweine ein etwas weniger qualvolles Leben haben.

Das alte ungedämmte Haus mit der CO2-produzierenden und Putin-finanzierenden Gasheizung darf nicht angerührt werden, weil das eben schon immer so beheizt wurde. Veganer und erst Recht „die letzte Generation“, die als Klimakleber auf der Straße im Weg sitzen, werden gehasst wie die Pest. Wehe, wenn jemand tatsächlich den Klimaschutz forcieren will, wie beim Berliner Volksentscheid zur vorzeitigen Klimaneutralität in der Hauptstadt. Das würde bedeuten, daß der gemeine Berliner sein eigenes Verhalten auch ändern muss.

Das will er aber nicht und so scheiterte die Abstimmung am 26.03.2023.

Die FDP mit ihrem totalen Blockadekurs gegen im Koalitionsvertrag vereinbarte Klimaschutzmaßnahmen ist bedauerlicherweise erfolgreich, konnte in Umfragen auf 8% klettern, während es für die Grünen bergab geht, nachdem Habeck den deutschen Michl auf seine Heizungen ansprach.