Als
ich vor ein paar Tagen den rätselerregenden Urnenpöbel ob seiner rasant
ansteigenden FDP-Begeisterung zur Impudenz des Monats April erklärte, war ich
ernsthaft baff über die demoskopischen Pegelstände aus Schleswig-Holstein und
NRW.
Im
Kommentarbereich holte ich mir daraufhin zu Recht folgenden Rüffel:
„Schau Dir bloß mal die Medien Kampagne zu Gunsten der FDP an. Dann wird schnell klar, warum diese Bande wieder hoch kommt. In den Medien sind die präsent, als ob sie 30% oder mehr hätten ….“
In
der Tat. Die FDP ist omnipräsent.
Ganz so, als ob es sich dabei um eine
ungeheuer bedeutende Partei handelte.
Offensichtlich
hatte ich diese Informationen aber immer in der Schublade „Totenglöcklein“
abgelegt und dachte jeder weitere Artikel über die Eskapaden Röslers sei ein
zusätzlicher Sargnagel der Hepatitisgelben.
Diesbezüglich
muß ich mich aber korrigieren.
Offenbar war da der Wunsch der Vater des
Gedankens.
Ich
glaube zwar immer noch, daß meine Analyse der Auswirkungen der FDP-Politik
richtig ist. Ich glaube immer noch, daß eine überwältigende Mehrheit (90%?) der
Wähler erkannt hat, daß die FDP Politik gegen ihre Interessen macht.
Es
war aber falsch anzunehmen, daß die kleine Minderheit derjenigen, die von den
FDP-Geschenken profitieren sich nicht gegen den Untergang ihrer Lobbygruppe im
Parlament stemmen würde.
Die Profiteure der FDP-Politik - also Hotelbesitzer, Pharmaindustrie,
Finanzjongleure, Apotheker, Klinikbetreiber, Versicherungskonzerne,.. - sind
zwar insgesamt sehr wenige, aber dafür sind sie umso mächtiger.
Die
FDP ins Bewußtsein der Wähler zu rücken, geschieht mehr oder weniger subtil.
Beispielsweise erschienen heute in sehr vielen
Zeitungen afp-Meldungen über die neuesten Umfragewerte.
Das
klingt beispielsweise so:
„Gut eine Woche vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl erzielt die NRW-FDP die höchsten Umfragewerte seit Monaten. Das ist das übereinstimmende Ergebnis der jüngsten Umfragen von Infratest dimap für die ARD und der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF. Beiden Umfragen zufolge würde die FDP mit nunmehr sechs Prozent wieder in den Düsseldorfer Landtag einziehen. Noch im März hatten Meinungsforscher den Liberalen lediglich zwei Prozent vorausgesagt. [….] “
Aufgezogen
werden die Zahlen also anhand der FDP.
Illustriert wird die Meldung mit einem einzigen Bild - nämlich mit dem zackig in sein cooles, gelb gefüttertes Sacco
schlüpfenden Christian Linder!
Die
vier Parteien, die alle sehr viel bessere Zahlen als die FDP haben, nämlich
SPD, CDU, Grüne und Piraten werden erst später erwähnt.
Ihre Spitzenkandidaten
werden nicht abgebildet.
Noch
krasser geht die BILD vor, die angeblich 13 Millionen Leser erreicht.
Jubelartikel mit vielen Strahlemann-Bildern aller FDP’ler erscheinen:
Liberale schöpfen vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein am Wochenende Hoffnung • Auch in NRW steigen die Werte • Rösler erlebt blaues Wunder / Es könnte DAS Polit-Comeback des Frühlings werden! / Kurz vor den wichtigen Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und NRW kommt die gebeutelte FDP langsam wieder auf Touren. / FDP-Hoffnungsträger: Christian Lindner und Wolfgang Kubicki. / Im Norden werden den Liberalen um Spitzenmann Wolfgang Kubicki am Sonntag bis zu 7% vorhergesagt. / Parteifreund Christian Lindner kann eine Woche später im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland NRW nach neuesten Umfragen (ARD und ZDF) auf 6% hoffen. / Der Wahlkampf gibt offenbar Extra-Power! / ERLEBT DIE FDP JETZT IHR GELBES WUNDER? / HOFFNUNGSTRÄGER KUBICKI. Der Ober-Macho der Liberalen (Markenzeichen: Dreitage-Bart) hat in den vergangenen Wochen einen rasanten Spurt hingelegt und das Wahlvolk begeistert. / "Kubicki zieht total", heißt es bei der Forschungsgruppe Wahlen. / "Kubicki macht einen Wahlkampf, wie es besser kaum geht", urteilt Meinungsforscher Schöppner. Hinzu kommt: Kubicki hat eine Machtoption, will in eine Jamaika-Koalition mit CDU und Grünen. "Das ist ein geschickter Schachzug", meint Schöppner. / Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) ist laut ARD-Deutschlandtrend beliebter geworden(Jan W. Schäfer 04.05.2012)
Hinzu
kommen extrem teure Werbekampagnen der Partei, wie zum Beispiel der Brüderle-Brief, dessen Finanzierung zwar vielen illegal erscheint - aber die PR
ist in der Welt.
Ein zweiseitiger Brief, dazu ein farbiger Flyer, in dem über das Ziel des Schuldenabbaus der schwarz-gelben Koalition informiert wird: Das Werbeschreiben des FDP-Bundestagsfraktionschefs Rainer Brüderle, das Tausende Bürger in der gesamten Republik in diesen Tagen erhalten haben, beschäftigt nun die Verwaltung von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Auf Anfrage hieß es dazu am Donnerstag, in der Angelegenheit werde "derzeit eine Sachverhaltsklärung durchgeführt". [….] Der Brief Brüderles, der mit dem letzten FDP-Bundesparteitag vor zwei Wochen in Karlsruhe an Tausende Haushalte verschickt wurde, sorgt vor allem in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen für Aufregung. […] Die Grünen in Nordrhein-Westfalen hatten bereits kurz nach Bekanntwerden der Briefe Brüderles den Verfassungsrechtler und Parteienkritiker Martin Morlok von der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf gebeten, sich der Sache anzunehmen. In dessen Expertise heißt es: "Für das hier begutachtete Einzelbeispiel, ist aber aus mehreren Gründen ein klares Urteil der Unzulässigkeit zu fällen."
Neuestes
Beispiel ist ein ebenfalls mumasslich illegal von der Bundestagsfraktion
bezahlter Werbespott, „dessen Informationsgehalt gegen Null tendiert.“
Legal, illegal, scheißegal - das alte Motto der FDP gilt immer noch.
Betreibt die FDP Wahlkampf mit unfairen Mitteln? Ziemlich dreist erscheint jedenfalls ein Image-Spot der liberalen Bundestagsfraktion, der jetzt in NRW-Kinos zu sehen ist. Das rieche nach illegaler Wahlwerbung, finden die Grünen. Es wäre nicht das erste Mal, dass die FDP-Bundestagsfraktion in diesem Wahlkampf unangenehm auffällt.Fünf Uhr morgens, irgendwo in Deutschland. Hügellandschaft, links ein Strommast, rechts im Bild schimmert ein Fluss in der aufsteigenden Morgenröte. So beginnt ein Spot der FDP-Bundestagsfraktion, der derzeit Kinogänger unter anderem in Nordrhein-Westfalen und Schleswig Holstein für die liberale Sache begeistern soll. Fröhliche Musik, glückliche Menschen - und immer wieder Schlagworte, blaue Schrift auf liberal-gelbem Grund: "Ideen", "Neugier", "Chancen". Dazu ist eine Sängerin im Gute-Laune-Dur zu hören: "Smile can make you feel OK!"An sich ein harmloses Image-Filmchen, das keiner weiteren Beachtung bedürfte - wenn nicht in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gerade der Wahlkampf toben würde. Für Wahlwerbung nämlich dürfen die Fraktionen im Bundestag ihr vom Steuerzahler zur Verfügung gestelltes Geld nicht einsetzen. So will es das Parteiengesetz. Sie sind sogar gehalten, den Anschein zu vermeiden, aktiv in Wahlkämpfe einzugreifen.
Die
Nachdenkseiten sprechen von „Doping für die FDP“
Sollte die FDP den Einzug in die beiden Landtage schaffen, so hat sie dies nicht ihrer Politik, sondern einzig und allein der wohlwollenden Unterstützung der Medien zu verdanken. […] Was ist in den letzten beiden Monaten geschehen, das die tot gesagte FDP wiederbelebt haben könnte? […] Es gibt keinen erkennbaren politischen Grund, womit die FDP den Verlust in der Wählergunst wieder hätte auffangen können. […] Lindner hat außer seiner überraschenden Flucht als Generalsekretär nichts Neues aus der FDP zu bieten, als dass er die Holzköpfe der Düsseldorfer Landtagsfraktion verdeckt, die sich bei der zur Neuwahl führenden Abstimmung über den Haushalt böse verzockt hatten. Auf der FDP-Landesliste ist kaum ein neues Gesicht erkennbar. […] Es ist eine für jedermann beobachtbare Tatsache ist, dass vor allem die Person Christian Lindner eine massive mediale Unterstützung erfährt: […] Anfang April fanden an einem Wochenende die Landesparteitage von SPD, FDP und der Linken statt. Ich habe sonntagabends mal auf google-News geschaut: Es gab über die damals zur Splitterpartei abgesackte FDP 395 Nachrichtenartikel im Angebot. Selbst über den Landesparteitag der Regierungspartei SPD gab es nur 280 Hinweise und für die Linke fand ich gerade einmal 26 Artikel. Ich habe mir an diesem Wochenende auch die Fernsehnachrichten angeschaut: In nahezu jeder Sendung erschien Lindner mit einem Redeausschnitt oder einem Interview. So trommelt etwa der „überparteiliche“ Kölner Stadt-Anzeiger für die FDP. Unter der Überschrift „Lindner hat Kraft“ druckt das Blatt aus dem Hause Neven DuMont im redaktionellen Teil einen Wahlaufruf der prominenten Alt-FDP-Politiker Hans-Dietrich Genscher, Klaus Kinkel und Gerhart Baum in einem umfänglichen Zweispalter ab. […] n-tv machte am Wochenende in einer dreiviertelseitigen Anzeige mit Lindner in Boxer-Haltung und unter der Überschrift „Mission Impossible“ Reklame für seine Nachrichtensendung. […] Die Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen. […] Dass die aufgrund von Spendenskandalen und den Sanktionszahlungen finanziell klamme NRW-FDP nicht nur mediale Unterstützung sondern auch massive finanzielle Patronage genießt, springt einem schon ins Auge, wenn man durch nordrhein-westfälische Städte und Gemeinden fährt. An jedem Laternenpfahl blickt einem Christian Lindner entgegen.
Wie
schön für die sieche FDP, daß sie so viele reiche und mächtige Freunde hat, die
ihnen eine solche Megawerbekampagne bescheren.
Und
noch schöner für die sieche FDP, daß es genügend Wähler gibt, die sich von
diesem inhaltsfreien gelben Werbeseifenblasen beindrucken lassen und wie von
den Initiatoren gewünscht abstimmen wollen.