Mittwoch, 7. März 2012

Kommunaler Spaß.



Eine gestandene Sozialdemokratin hat mir in den letzten Dekaden regelmäßig gestanden, daß sie zwar SPD wähle, aber insgeheim doch einen CDU-Sieg herbei sehne, da die anstehenden Probleme so gewaltig wären, daß man eigentlich niemanden wünschen könne die Suppe auszulöffeln.

Die Bundestagswahl von 1998 ist ein klassisches Beispiel dafür: 16 Jahre Schwarz-Gelb hatten die Strukturen dermaßen verkrustet, daß vom Ausländerrecht, über Bildung, Finanzen, Gesundheit und Rente bis zu Steuern alles dringend angepackt und reformiert gehörte.

Die gute Konjunktur verschaffte zwar zunächst etwas Luft, aber nachdem Rot/Grün begonnen hatte überfällige Reformen durchzudrücken, murrte auch gleich der Urnenpöbel und schickte lieber wieder eine langjährige Ministerin aus der Kohl-Zeit ins Kanzleramt.

Und es läuft so wie immer: Die Bürgerlichen drücken sich um Entscheidungen, fassen die extremen Baustellen (Steuerrecht, Gesundheitssystem, Bildung) gar nicht erst an und beschränken sich darauf Lobbyisten zu beglücken. 
Bis der Karren wieder so tief im Dreck steckt, daß doch ausnahmsweise mal Sozialdemokraten ins Kanzleramt geschickt werden. Die MÜSSEN dann harte Schnitte machen und schon ist das scheue Urnenreh wieder verschreckt.

Ähnliche Befürchtungen hatte ich auch Anfang 2011 in Hamburg, nachdem die CDU in zehn Jahren ein absolutes finanzielles Desaster angerichtet hatte, alles verkauft hatte, das nicht niet- und nagelfest war und politische Mega-Hypotheken (Elbphilharmonie, Moorburg, Elbvertiefung,…) hinterließ.

In diesem Fall irrte ich mich aber. 
Ursache des Beustschen Polit-Desasters war das CDU-Personal, das unablässig Probleme mit der Staatsanwaltschaft bekam und reihenweise Rücktritte wegen krimineller Machenschaften verursachte.
SPD-Bürgermeister Scholz hingegen ist ein effizienter und uneitler Chef, der seinen Laden im Griff hat. 
Er suchte sich eine fähige Senatsmannschaft zusammen und voilà: Plötzlich klappt alles.

 Die letzte Umfrage des Hamburger Abendblattes stammt vom 19.02.2012 und ergab CDU= 21 %, SPD =  52 %, GAL = 12 %,  FDP = 2 %, Linke = 6 % und Piraten = 4 %.

Die CDU Hamburg-Mitte versucht nun wieder das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und beeindruckte mich kürzlich mit einer Umfrageaktion. 
Gleich ein halbes Dutzend Faltblätter fand ich im Briefkasten vor.

Christoph Ploß, der Ortsvorsitzende der CDU Winterhude hatte einen tollen Vorschlag für mich: 

„Treten Sie der CDU Winterhude bei und engagieren Sie sich als Mitglied aktiv in unserem Ortsverband.“ 

Eine Bombenidee des Bürschchens, das schon aus 100 m Entfernung phänotypisch als CDU-Kader erkennbar ist.

 (Auf dem Bild links der stellvertretende Bezirksvorsitzende, notorische Pleitier, Obermauschler und regelmäßig vor Gericht angeklagte Andreas Wankum)

Im CDU-Umfragebogen, der die Stimmung der Basis ausloten soll, wird beklagt, daß mehrfach defekte Gehwegplatten nur durch Sand aufgefüllt wurden und zudem eine Laterne im Hamburger Stadtpark nur mangelhaft den abendlichen Joggern leuchtete.

SKANDAL! Ob die Hamburger Landesregierung über diese katastrophalen Zustände stolpert?

Zum Glück legt Ploß die Finger in die Wunde und treibt die SPD-Bezirksregierung mit knallharten investigativen Anfragen in die Enge.

 In der letzten Zeit hat es in der Bellevue an der Außenalster durch starke Regenfälle viele Pfützen  gegeben, die aufgrund der schlechten Pflege des Bodenbelags nur unzureichend versickerten.
Dies hatte zur Folge, dass Spaziergänger und Jogger sich im Fall von Regen nur auf
Fahrradwegen oder der Straße fortbewegen konnten.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Herrn Bezirksamtsleiter:

1.) Welche staatlichen und/oder privaten Institutionen sind für die Verkehrssicherungspflicht bzw.
die Instandhaltung und Pflege in der Bellevue zuständig (bitte unterteilen in Straße, Radweg,
Fußweg und die Rasenflächen)?

2.) Wer haftet im Falle von Verletzungen in der Bellevue (bitte unterteilen in Straße, Radweg,
Fußweg und die Rasenflächen)?

3.) Gibt es Planungen des Bezirksamtes, den Zustand des Fußwegs in der Bellevue zu
verbessern und den Bodenbelag auszubessern? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

Hat man jemals von so einem Gehweg-Super-GAU gehört? Es regnete und das mitten im Februar! Und dann bildeten sich auch noch Pfützen! Der Winterhuder Pfützen-Gate stellt Fukushima und die Nahost-Problematik locker in den Schatten!

Es ist gut, daß die CDU aufpasst, wenn die SPD nicht richtig wirtschaftet.

Wie das in den zehn Jahren CDU-Landesregierung Hamburg lief (2001-2011) kann unterdessen die Scholz-Regierung ausbaden.

Die Größenordnungen sind dabei etwas anders als beim Pfützengate von Winterhude.

Da ist zum Beispiel der Verkauf der städtischen Kliniken (LBK), der von 76,8 Prozent der Wähler beim Volksentscheid vom 29.02.2004 strikt abgelehnt wurde. Schon damals schrieben die LBK übrigens schwarze Zahlen!
Kein Wunder, denn Verhandlungsgenie Peiner (CDU-Finanzsenator) hatte dem Asklepioskonzern, dem er auch persönlich verbunden ist, die Perlen überlassen und der Stadt die Last der Pensionszahlungen überlassen und ein Rückehrrecht für die Angestellten eingeräumt. 


Bislang hat die Stadt 140 Millionen Euro für Ex-Klinik-Angestellte aufgewendet. Für die SPD ist der Verkauf „der mit Abstand schlechteste Deal der Stadt“.
Per Volksentscheid hatten die Hamburger 2004 gegen den Verkauf gestimmt. Doch der CDU-Senat ignorierte das. Für 243 Millionen Euro wurden die zehn Kliniken an Asklepios verkauft. Den Mitarbeitern wurde ab 2008 ein Rückkehrrecht zur Stadt eingeräumt.
15 Millionen Euro hat Asklepios der Stadt für die „Rückkehrer“ überwiesen. Die Kosten für Gehälter, Umschulungen, Förderungen und Qualifizierungen beliefen sich laut Senat bislang aber auf 155 Millionen Euro! „Der Verkauf ist der mit Abstand schlechteste Deal, den die Stadt je getätigt hat“, sagt SPD-Gesundheitsexperte Martin Schäfer.

Naja, 140 Millionen futsch? Macht ja nichts.
 Die CDU-Mitte bemüht sich in all ihrer Bürgernähe um die wirklich dringenden Fragen
Wie sieht es eigentlich mit den „Hal­te­mög­lich­kei­ten vor Läden“ (Frage 10) und der „Rei­ni­gung von Stra­ßen­schil­dern“ (Nr 8, CDU-Fragebogen) aus?

Ein Bezirksabgeordneter der CDU-Mitte ist immerhin nicht völlig auf den Kopf gefallen und weiß wie man sich in so einer Fraktion verhalten sollte.
Bernd Ohde, 57, Ex-Fraktionschef in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte und Landesvorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU trat mit sofortiger Wirkung aus der CDU aus.

Der seit Jahren krisengeschüttelte CDU-Kreisverband Hamburg-Mitte steht vor einer Zerreißprobe. […]
Das Abendblatt erreichte Ohde im Dänemark-Urlaub. […]  "Ich habe mit diesem Schritt meine Konsequenzen aus dem Verhalten des Landesvorstands gezogen." […]
Es hat offensichtlich Streit zwischen Ohde und dem Landesverband wegen des Ausschlusses von vier Mitgliedern aus seinem Ortsverband gegeben. [….CDU-Chef] Weinberg weist sämtliche Kritik im Zusammenhang mit dem Parteiausschluss zurück: "Es handelte sich hierbei um vier Personen, deren Aufnahmeanträge offensichtlich von einer Person ausgefüllt wurden. Das hatte eine Kontrolle der Aufnahmeanträge ergeben. Deshalb hatten wir die vier Mitglieder per Einschreiben aufgefordert, uns mitzuteilen, ob sie wirklich Mitglied in der CDU bleiben wollen." Als es keine Reaktion gab, seien die Mitglieder ausgeschlossen worden, sagte Weinberg.   

Pikantes Nebenproblem:
  Im Bezirk Hamburg-Mitte herrscht ein Patt. Die SPD hat 25 Sitze und auf ebenso viele Abgeordnete kommen alle anderen Parteien zusammen (CDU 9, GRÜNE/GAL 8, DIE LINKE 5. PIRATEN 2, FDP 2) Bisher hatte der FDP’ler Heinrich Otto Patzer stets mit der SPD gestimmt, aber seit sich herausstellte, daß er sein Mandat ermauschelt hatte und in Wahrheit gar nicht im Bezirk wohnt, sind die Mehrheiten unklar.
 Nachdem die GAL so fest an der CDU geklebt hatte, ist das Klima zwischen Rot und Grün vergiftet.

Da Bernd Ohde vom Sozialflügel seiner Ex-Partei „Null Bock mehr auf CDU“ hat, wird angenommen er könnte zur SPD übertreten und damit den Sozis die absolute Mehrheit bescheren.
 Während  sich die SPD zurück hält, wanzt sich die GAL hemmungslos an Ohde heran und tönt er wäre in ihrer Fraktion willkommen. Der neue CDU-Fraktionschef Jörn Frommann schäumt vor Wut; aber ihm sind die Hände gebunden.

Der Streit innerhalb der CDU-Mitte hat sich inzwischen auf den ganzen Landesverband ausgebreitet. Obwohl die ehemalige Regierungspartei unter Beust und Ahlhaus ohnehin schon galaktische 31 Prozentpunkte hinter der SPD zurück liegt, zerlegt sie sich jetzt selbst.
 Ganz so wie die FDP im Saarland.

Der Austritt des Bezirksabgeordneten Bernd Ohde aus der CDU hat in dem seit Jahren zerstrittenen Kreisverband Hamburg-Mitte für neuen Zündstoff gesorgt. In einer E-Mail attackiert der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Jörg Hamann seinen Abgeordnetenkollegen Heiko Hecht. Rechtsanwalt Hecht hatte in der Dienstag-Ausgabe des Abendblatts wegen des Austritts von Ohde auch Kritik an dem CDU-Landesvorsitzenden Marcus Weinberg geübt. Hamann schrieb deswegen an Hecht: Die Angriffe auf den neuen Landesvorsitzenden Weinberg und den Landesverband seien sehr hilfreich - für den politischen Gegner. Zum Ende wird Hamann persönlich und greift Heiko Hecht an: "Dann mal weiter viel Spaß in der letzten Reihe der Bürgerschaft, wenn Du mal hingehen und bleiben würdest. Steht im gesamten Landesverband noch irgendjemand zu Dir oder Euch?"  
Hecht weist die Kritik von sich: "Auf dieses Niveau werde ich mich nicht herablassen. Die Anspielungen von Herrn Hamann auf meine angeblich nicht ausreichend vorhandene Präsenz in der Bürgerschaft entbehren jeglicher Grundlage." […] Nach der Kritik von Hecht an seinem Landesvorsitzenden legte jetzt CDU-Bezirkspolitiker Joseph Johannsen nach.,[…]   "Der Landesvorsitzende sollte sich darauf konzentrieren, die Kreis- und Ortsverbände zu vereinen, stattdessen spaltet er sie, indem er sich klar auf die Seite von Jörg Hamann und Christoph de Vries schlägt."