Samstag, 10. Juli 2021

Merkel 16.0

Wer ein Ferienhäuschen auf Ibiza oder in der Danziger Bucht besitzt, kann in der Pandemie komplett dahin übersiedeln, weil es dort überall Glasfaseranschlüsse gibt und Homeoffice dort viel bequemer möglich ist.

Das nette kleine Sommerhäuschen an der polnischen Ostsee, das man vor Jahren extrem billig gekauft hat, bekommt nun doch eine Heizung eingebaut, damit man auch mal in der kälteren Jahreszeit länger dableiben kann. Denn dort gibt es überall schnelles Internet. 300 km westlich in Mecklenburg-Vorpommern ist das noch Utopie.

Die EU-Bürger der baltischen Staaten können schon viele Jahre alle Behördengänge, Steuererklärungen online erledigen. Pandemiebedingt Schulen zu schließen funktioniert selbstverständlich völlig anders, wenn die digitale Infrastruktur schon längst flächendeckend installiert ist.

Deutschland ist digitales Entwicklungsland. So lange die CDUCSU-Schlafmützen Bundeskanzleramt und Staatskanzleien besetzen, wird sich das auch nicht ändern.

Seit vielen Jahren leisten wir uns Offline-Dinosaurier wie Scheuer, Dobrindt, Bär und Oettinger als zuständige Minister. So wird Deutschland den technologischen Rückstand gegenüber all seiner Nachbarn niemals aufholen, zumal CDUCSU in der Wählergunst ganz vorn liegen. Die Mehrheit des Urnenpöbels möchte also diese Steinzeitpolitik, in der Gesundheitsämter ihre Corona-Daten per Fax verschicken und das auch nur von 09.00 bis 17.00 Uhr an den Wochentagen.

Genauso funktioniert auch der Regierungsalltag im Herzen Berlins in Merkels 16. Regierungsjahr.

[….] Die Gegenwart im Regierungsbetrieb sieht zum Beispiel so aus: Parlamentarische Anfragen der Bundestagsabgeordneten werden von der Bundestagsverwaltung per Fax an das Kanzleramt übermittelt, dort eingescannt und als PDF-Bild an das zuständige Ministerium weitergeleitet, wo ohnehin schon heillos überforderte Ministerialbeamte diese Anfragen teilweise von Hand abtippen müssen, um sie fristgerecht beantworten zu können. Komplizierter geht es kaum.  Die Süddeutsche Zeitung hatte darüber im März dieses Jahres berichtet, woraufhin wiederum die FDP-Fraktion eine Kleine Anfrage stellte, in der sie sich unter anderem nach dem Stand der Digitalisierung bei der Bearbeitung solcher Anfragen erkundigte. In der Antwort der Bundesregierung ist nun von "Bildfaxdokumenten" die Rede, die teils immer noch abgetippt werden müssten, "da ein automatisches Auslesen und Überführen in ein bearbeitbares Format im Zuge der Übermittlung von der Bundestagsverwaltung an die Bundesregierung technisch noch nicht möglich ist". Kurzum: Höchste staatliche Stellen scheitern mitunter also schon daran, sich gegenseitig eine Word-Datei zuzuschicken. Muss man sich da noch wundern, dass in den Schulen und Gesundheitsämtern nicht alles reibungslos läuft? […..]

(Boris Herrmann, 05.07.2021)