Können
Atheisten eigentlich abergläubisch sein? Oder besser gesagt abergläubig?
Aberglaube
ist für mich ein bewußt ironisiertes rudimentäres, ererbtes Verhalten aus dem
Elternhaus.
Es ist
eine nette Reminiszenz, wenn ich jemand darauf hinweise jetzt lieber ganz
schnell auf Holz zu klopfen. Natürlich ist das nicht wirklich ernst gemeint.
Aber,
wer weiß? Ich mag beispielsweise nicht zu siegessicher sein, weil mein
Aberglaube mir oktroyiert, daß sich das rächt.
Also
vermeide ich es lieber über die in knapp zwei Wochen stattfindende Hamburger
Bürgerschaftswahl zu schreiben.
Es ist
durchaus drin, daß die SPD ihre absolute Mehrheit hält und die CDU von ihrem
schlechtesten Ergebnis aller Zeiten, 21,9% am 20.02.2011 (das war ein Verlust
von 20,7 Prozentpunkten) übernächsten Sonntag sogar noch ein Stück absackt.
Zu
offensichtlich sind die Erfolge der SPD. Olaf Scholz gelingt all das, woran CDU
und Grüne in den zehn Jahren zuvor gescheitert waren.
Die
Hamburger CDU hatte so dermaßen versagt, daß in diesen Wochen sogar
Wirtschaftsverbände und Handelskammer nicht nur zur Wahl der SPD aufrufen,
sondern sich sogar ausdrücklich eine absolute SPD-Herrschaft wünschen.
Ein
einmaliger Vorgang, der offenbar mit Olaf Scholz‘ erfülltem Versprechen vom „ordentlichen
Regieren“ zusammen hängt.
Es war so etwas wie
ein ungeschriebenes Gesetz. Aus Bürgerschaftswahlen hielt sich Hamburgs
Wirtschaft bisher raus. Zwar starteten die Branchenverbände schon immer
allgemein gehaltene Wahlaufrufe, sie stellten sogar klare Forderungen an die
künftige Regierung, wer auch immer diese bildete.
Doch zu gewünschten
Regierungskonstellationen äußerten sie sich nicht. Und wenn doch, dann
favorisierten sie eher Regierungen mit Beteiligung von CDU und FDP. Das ist in
diesem Jahr anders. Nach dem Vorsitzenden des Hamburger Industrieverbands,
Michael Westhagemann, hat nun auch der Chef des Groß- und Außenhandelsverbands
AGA, Hans Fabian Kruse klar Flagge gezeigt. Beide wünschen sich eine
Fortsetzung der SPD-Alleinregierung – und teilen das auch öffentlich mit. […]"Es wäre gut, wenn Bürgermeister Olaf Scholz seine Alleinregierung
fortsetzen könnte." Es sei immer besser, wenn Entscheidungen schnell und
ohne große Kompromisse gefällt werden können, so Kruse, der auch
Geschäftsführender Gesellschafter der internationalen Handelsgruppe Wiechers
& Helm ist.
Der
Senat funktioniert eben wieder, ist verlässlich und ansprechbar, während vorher
unter der CDU nur Peinlichkeit, Chaos und Desinteresse herrschte. Bürgermeister
von Beust chillte mindestens vier Tage die Woche in seiner Partybude auf Sylt,
während seine planlosen Adepten im Rathaus das gesamte Tafelsilber vertickten.
Die
urbane CDU hat wenige Freunde in der Welt. Sie regiert nur noch zwei der 20
größten deutschen Städte – Dresden, wo bekanntlich die Uhren 500 Jahre
nachgehen und Nummer 17; Wuppertal.
1. Berlin 3,5 Millionen Einwohner. Müller SPD
2. Hamburg 1,8
Millionen Einwohner. Scholz SPD
3. München 1,4
Millionen Einwohner. Reiter SPD
4. Köln 1 Million
Einwohner. Roters SPD
5. Frankfurt am Main
680.000 Einwohner. Feldmann SPD
6. Stuttgart 610.000
Einwohner. Kuhn Grüne
7. Düsseldorf 590.00
Einwohner. Geisel SPD
8. Dortmund 580.000
Einwohner. Sierau SPD
9. Essen 570.00
Einwohner. Paß SPD
10. Bremen 550.000
Einwohner. Böhrnsen SPD
11. Dresden 520.000
Einwohner. Orosz CDU
12. Leipzig 520.000
Einwohner. Jung SPD
13. Hannover 520.000
Einwohner. Schostok SPD
14. Nürnberg 510.000
Einwohner. Maly SPD
15. Duisburg 490.00
Einwohner. Link SPD
16. Bochum 370.000
Einwohner. Scholz SPD
17. Wuppertal 350.000
Einwohner. Jung CDU
18. Bonn 320.000
Einwohner. Nimptsch SPD
19. Bielefeld 320.000 Einwohner. Clausen SPD
20. Mannheim 310.000
Einwohner. Kurtz SPD
Die
letzten Kommunalwahlen gingen für die Konservativen in den Großstädten allesamt
desaströs aus.
Im
März 2014 gab es für die CSU eine heftige Klatsche; insbesondere bei den
Stichwahlen in den größten Städten.
Nachdem
die CDU nun auch noch ihre Regierungsbeteiligung in Thüringen verlor, gibt es
nur noch fünf Landesverbände der CDU in Regierungsverantwortung. Zählt man die
CSU mit, sind es sechs von sechzehn.
Die SPD
hingegen kann außer in Bayern und Hessen überall mitregieren; also in 14 von
16 Bundesländern.
Ein
Alptraum für die Kanzlerin.
Hinter
den sagenhaften Umfragewerten für die Merkel-CDU im Bund, verbirgt sich ein
einziges Unions-Desaster. Die zweite und dritte Ebene ist ihr komplett
weggebrochen.
Daß Wahl
in Hamburg ist, merkt man daran, daß die FDP mal wieder aus nicht bekannten
Spenderquellen mit Millionen geflutet wird, so daß sie die Stadt mit Plakaten
überziehen kann. Plakate, die allerdings rein gar nichts mehr mit der Partei
oder gar Politik zu tun haben, sondern eine reine Pin-Up-Kampagne für sexy
Suding sind. Die FDP-Mitglieder treten weiterhin entsetzt aus der Partei aus.
Verbände,
Wirtschaft und jeder, der nur halbwegs bei Verstand ist, wünscht sich einen
SPD-Sieg. Bei einer Direktwahl bekäme Bürgermeister Olaf Scholz 73%,
während der CDU-Spitzenkandidat bei 13% läge. Medien bezeichnen Wersichs Kampagne
als „im freien Fall!“
Eine
Lanze für das konservative Lager brechen eigentlich nur noch die richtig
rechten Zeitungen „Hamburger Abendblatt“, „Welt“ und „BILD“.
So kurz
vor der Wahl jedenfalls.
Alte
Beißreflexe ausleben.
Mit
etwas Abstand benutzt die Abendblatt-Chefredaktion im Zusammenhang mit der CDU
auffällig oft die Vokabel „Dilemma“.
Die CDU steckt im
Profil-Dilemma.
Im Jahr 1990, dem Jahr
der deutschen Wiedervereinigung, die von dem christdemokratischen Bundeskanzler
Helmut Kohl vorangetrieben worden war, hatte die Regierungspartei CDU fast
790.000 Mitglieder. Im Dezember 2013 waren es noch gut 468.000. […]
Doch diese mangelnde
Profilierung hat nun zur Folge, dass sich viele traditionelle Wähler, gerade
auch an den Rändern der jeweiligen Volkspartei, nicht mehr ausreichend genug
vertreten sehen. Die Entstehung der Partei AfD etwa ist Symptom dafür. Das
Thema Europaverdrossenheit wird von den großen Parteien kaum politisch wirksam
umgesetzt. Es ist nicht verwunderlich, dass in der CDU angesichts fast der
Halbierung ihrer Mitgliederzahlen und der Tatsache, dass keine einzige der zehn
größten deutschen Städte noch von einem christdemokratischen Bürgermeister
regiert wird, über eine Schärfung des Profils nachgedacht wird. […] Doch ein Patentrezept für die CDU wird es kaum geben können. Schon
deshalb nicht, weil die Klientel sich in Stadt und Land erheblich unterscheidet.
Die CDU leidet auch deshalb unter einer "urbanen Schwäche", weil sich
das Kernprofil der Partei ungeachtet aller Modernisierungsbemühungen der
Kanzlerin weiter an herkömmlichen Familienmodellen orientiert. […] Eine "Schärfung" des Profils, in
welche Richtung auch immer, kann Wähler an die Partei binden oder sie
zurückgewinnen. Sie birgt jedoch das Risiko in sich, andere Wähler
abzuschrecken. Aber zumindest weiß der Bürger dann wieder besser, wofür eine
Partei wie die CDU überhaupt steht.
Das
Funke-Blatt diagnostiziert aber nicht nur ein Profil-Dilemma, sondern auch ein
Personal-Dilemma bei seiner Lieblingspartei.
[…]
Angela Merkel und das Personal-Dilemma
der CDU
Der Union geht es
schlechter, als es die Umfragen vermuten lassen. Hinter Angela Merkel mangelt
es an Persönlichkeiten
[…]
Die Union hat derzeit ein paradoxes
Problem: In Umfragen liegt sie wie festgenagelt bei über 40 Prozent, die SPD
weit abgeschlagen bei rund einem Viertel der Wähler. Viele langjährige
Unions-Mitglieder hingegen fremdeln immer stärker mit dem Kurs der
Merkel-Union. Die Sozialdemokratisierung der Partei sind sie mangels
Alternativen oft widerwillig mitgegangen, ihre Kehrtwende in der
Einwanderungspolitik aber verstehen die Anhänger der alten
Kohl-/Dregger-/Strauß-Union längst nicht mehr. […] Vielleicht spekuliert der 59-Jährige [Friedrich Merz] schon auf die Zeit nach Angela Merkel, die
aber noch auf sich warten lassen dürfte. Auf der einen Seite zeigt sich die
Kanzlerin, 60, wenig amtsmüde, auf der anderen Seite aber entzaubern sich die
wenigen potenziellen Nachfolger wie Thomas de Maizière und Ursula von der Leyen
in ihren mühsamen Ressorts.
Wer immer eines Tages
die Union führen soll, er muss nicht nur in die großen Schuhe der Vorgängerin
schlüpfen, sondern auch eine Partei führen, die inhaltlich gespalten und
politisch verunsichert ist. Die CDU sollte die derzeitigen Umfrage-Ergebnisse
genießen, sie könnten schon bald Geschichte sein.
Die
engsten Mitarbeiter Merkels merken sehr genau was ihnen blüht, wenn ihre alles
überstrahlende Mentorin eines Tages mal keine Lust mehr haben sollte:
Der Rücksturz in die Bedeutungslosigkeit.
Der Rücksturz in die Bedeutungslosigkeit.
Sie
fürchten eine Abwicklungsphase wie sie die desorientierten FDP-Epigonen Ende
2013 durchmachen mußten.
Wer noch
zu jung für die Rente ist, setzt sich ab.
Die
Kanzleramtsratten verlassen das Schiff.
Merkels
Sprecher Ulrich Wilhelm, geb. 1961 wurde
BR-Intendant.
Merkels
Finanzberater (Chef der Abt. IV) Weidmann, geb. 1968, setzte sich ab zur
Bundesbank.
Merkels
Kanzleramtschef Pofalla, geb. 1959, griff sich einen siebenstelligen Job beim
Staatskonzern Bahn.
Merkels
Staatsministerin Hildegard Müller, geb. 1967, wurde Lobbyisten als Hauptgeschäftsführerin
des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft.
Merkels
Staatsminister Eckart von Klaeden, geb. 1965 wurde Chef-Lobbyist der Daimler
AG.
Und
heute wird gemeldet:
Katherina
Reiche, geb. 1973, ultrafromme, homophobe CDU-Staatssekretärin wirft ebenfalls hin.
Sie wird
offenbar einen wesentlich besser dotierten Posten als Hauptgeschäftsführerindes Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU) annehmen.
Die
60-Jährige Kanzlerin mag noch einige Jahre regieren. Aber die nachfolgende
Generation ihrer Partei, die Gruppe der 40-50 Jährigen weiß was dann kommen
wird: Das blanke Nichts.
Sie
suchen schreiend das Weite. Bloß weg aus der Politik, weg von Merkel.
Merkel
schrumpfte erfolgreich SPD und FDP.
Sie
schrumpfte beide Parteien, weil die sich auch gerne schrumpfen ließen.
Übersehen
wurde, daß Merkel gerecht ist und ebenso ihre CDU wegschrumpft.