Im Jahr 1787
trafen sich die „founding fathers“ der USA, um eine Verfassung zu diskutieren.
Auch im
21. Jahrhundert gibt es kaum eine große politische Rede in Amerika, die nicht
voller Stolz auf die „constitution“ verweist, die nun fast 230 Jahre in Kraft
ist. In der vergleichsweise jungen Nation USA gilt also eine der ältesten
Verfassungen der Welt.
Auch
wenn die US-Republikaner fast geschlossen das Gegenteil behaupten und sich als
christliche Nation verstehen, ist die constitution ein bewußt säkuklares Werk
ohne Gottesbezug.
Die
einige Jahre später hinzu gefügte „Bill of Rights“ mit ihren bis heute
hochgradig kontrovers interpretierten Zusatzartikeln ist ein weiteres
amerikanisches Heiligtum.
Noch
älter ist die weltberühmte Unabhängigkeitserklärung vom 04.07.1776, die bis
heute den amerikanischen Nationalfeiertag bestimmt.
In der
Präambel steht der billionenfach zitierte Satz:
„We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.“
Die Rede
ist also von Männern.
Weißen
Männern.
Männliche
„African Americans“ durften offiziell nach dem Bürgerkrieg ab 1870 auch wählen.
Theoretisch. Viele Bundesstaaten erließen aber spezielle Gesetze, die Schwarze
von der Wahl ausschlossen.
Es dauerte bis 1968 und bedurfte des Mutes von Menschen wie der legendären Rosa Parks, das allgemeine Wahlrecht für alle Rassen durchzusetzen.
Es dauerte bis 1968 und bedurfte des Mutes von Menschen wie der legendären Rosa Parks, das allgemeine Wahlrecht für alle Rassen durchzusetzen.
Als
Barack Obama 1961 geboren wurde, war es in den meisten Bundesstaaten, zB auch
in Washington DC, noch illegal gemischtrassig zu heiraten.
Das volle
Wahlrecht für alle Frauen ist in den USA noch nicht mal 100 Jahre alt und wurde
erst 1920 eingeführt.
LGBTI-Rechte
standen sogar erst im 21. Jahrhundert auf dem Plan und sind auch 2016 noch
heftig umstritten.
Es
dauerte also von 1776 aus betrachtet wirklich extrem lange bis die certain unalienable Rights tatsächlich
in die Realität umgesetzt wurden, bzw noch werden.
Der
Grund für diese Jahrhunderte währende Verzögerung liegt in den gewaltigen
Beharrungskräften der religiösen Konservativen und Kirchen, die sich stets
vehement gegen Menschenrechte für alle stemmen.
Vom
ersten US-Präsidenten George Washington (30. April 1789 - 4. März 1797) bis zur
Nummer 43, GWB (20. Januar 2001 - 20. Januar 2009) blieben alle Amtsinhaber
weiße männliche Christen, wenn es auch bei Lincoln und Jefferson Zweifel gibt.
Für
einen bekennenden Atheisten ist die Zeit immer noch nicht reif.
Aber
Barack Obama hatte nur ein weißes Elternteil, erfüllt aber noch die Kriterien „Penis“
und „Christ.“
Unglaublich,
aber angesichts des bisherigen Geschlechterverhältnisses von 44:0 für die
Männer, befürchten Trump-Supporter schon, mit der Wahl Clintons könnten Jungs benachteiligt
werden.
Donald Trump surrogate
Scottie Nell Hughes lashed out at Democratic presidential nominee Hillary
Clinton on Wednesday for failing to acknowledge that boys could grow up to be
president after her historic nomination.
After Hillary Clinton
became the first female nominee for president on Tuesday, Hughes argued on CNN
the next morning that it was “sexist” for women to vote for Clinton “just
because she’s a woman.”
“Hillary Clinton, when
she was in that room of girls, said if you’re a daughter or if you’re a girl
you could be president too,” Hughes observed, “this would have been an
excellent opportunity to say, ‘You know what, whether you are a boy or a girl,
both of you, my job will be to make sure it’s equally an option for both of
you.'”
“That’s the problem,”
she continued. “We’ve continued to say we want equality, we want equal but we
then tear down one group and tried to build up another. That’s what I heard
last night.”
Hughes remarks were
met with quizzical looks from the CNN panel.
“So was Hillary
Clinton tearing down men?” CNN’s Carol Costello wondered.
“I think she was,”
Hughes insisted. “What about my son? Does my son from what she said — your
daughter can become one as well — I immediately [thought] what about making it
equal so both of them have the opportunity? Why is it that she’s going to sit
there and put favor on one?”
Hillary
Clinton und die Demokraten haben also Recht, ihre Nominierung als „historisch“
zu bezeichnen.
Klar,
für deutsche Verhältnisse ist es kitschig was die US-Demokraten am zweiten Tag
ihrer Convention nach der so gelungenen Inszenierung des Ersten
aufgeführt haben, aber in der Halle blieben wenige Augen trocken.
In den
TV penals wurde richtigerweise immer wieder betont, daß Hillary Clinton die
wohl unbekannteste weltbekannte Persönlichkeit wäre.
Diesem
Phänomen widmete sich dieses Jahr schon eine ausführliche SPIEGEL-Titelgeschichte.
Über 40
Jahre betreibt Mrs. Clinton Politik, setzte sich kontinuierlich für die
Benachteiligten ein.
Im
konservativen Arkansas erlebte sie dabei als Gouverneursgattin auf wie viel
Widerstand man dabei trifft und legte sich einen Panzer zu.
Welche
Wunder bei dem ungefilterten Hass, der ihr seit 1992 bundesweit
entgegenspringt.
[…]
Es ist eine sehr männliche Art, Politik
zu machen. Clinton beherrscht sie bemerkenswert gut, wirkt dabei aber
oft unnahbar und arrogant.
Die Hillary,
die Verveer beschreibt, hat wenig gemein mit der Politikerin Clinton.
Verveer zeichnet das Bild einer warmherzigen Frau mit viel Mitgefühl
für andere Menschen. Sie sei zwar ein „wonk“, so Verveer, eine Aktenfresserin,
ein Nerd, verliebt in die Details von Politik. Aber sie könne auch leidenschaftlich
und überraschend lustig sein. „Wenn sie etwas komisch findet, lacht sie
manchmal geradezu hysterisch.“ Es sind Seiten, die Hillary Clinton
nicht öffentlich zeigt, die sie erstickt in ihrem Bemühen um Kontrolle.
Warum ist das so? [….]
Gestern
nun war es an Bill Clinton, einem der erfolgreichsten Präsidenten des 20. Jahrhunderts das Ruder herum zu drehen.
Mr.
Clinton kann das. Das bewies er 2012, als
er Barack Obama die Wiederwahl sicherte. In seiner legendären Rede fand der Ex-Präsident die
Worte, die es brauchte.
An
dieser Stelle sei erwähnt, daß das vielgescholtene Amerika auf politischer
(demokratischer) Ebene mit erstaunlich guten Rednern glänzt.
Allein
in den letzten Tagen erlebte ich Dutzende Reden, die rhetorisch auf einem
Niveau waren, von dem dröge Langweiler wie Hollande oder Merkel oder Kauder oder
Gauck nur träumen können.
Beide
Obamas sind begnadete Redner, aber vermutlich ist der Geschichtenerzähler Bill
Clinton weltweit der beste politische Rhetor überhaupt.
Nach wie
vor vertrete ich übrigens die These, daß Bill Clinton (vergl. Joe Klein: „Das Naturtalent“) der
intelligenteste und gebildetste amerikanische Präsident seines Jahrhunderts
war.
Herr
Clinton, inzwischen deutlich gealtert, mit brüchigerer Stimme, sollte also gestern
seine Frau bewerben und das erzählen, was man noch nicht über sie wußte.
Er tat
das in bester Südstaaten-Erzähltradition, man fühlte sich an Harper Lee und
Mark Twain erinnert.
Es war
eine völlig andere Rede als seine Convention-Speech von 2012.
Ein erzählerisches Meisterwerk meiner Meinung nach.
Da war
alles drin, Wärme, Persönliches, ein großer Spannungsbogen, äußerst geschickte
Vereinnahmungen der verschiedenen US-Staaten, elegante Hiebe auf Trump, ohne
dessen Namen zu nennen und eine flammende Wahlkampfempfehlung.
Viele
Kommentatoren waren anschließend richtig gerührt und selbst die, die Hillary persönlich
kannten, beeindruckte wie viel neue Informationen der mutmaßliche neue First
Husband preisgab.
Wie so
oft stelle ich bei Nachbetrachtungen eines Ereignisses fest, daß Profi-Kritiker
offenbar etwas anderes hörten, als ich.
Veit Medick
sieht die Angelegenheit kritisch, glaubt offenbar Clinton habe erst während
seiner Rede überlegt was er sagen solle.
Nörgelt,
er habe seine angeblichen außerehelichen Affären verschwiegen.
Vielleicht
wurde bei Spiegel-Online nicht ganz verstanden, daß wir nicht mehr beim RNC
sind und Hillary schlecht machen wollen, sondern daß jetzt DNC ist und dabei
für Hillary geworben wird.
Und BTW,
Medick, weder geht das Sexualleben eines Expräsidenten die Öffentlichkeit etwas
an, noch spielt das auch nur die geringste Rolle für die Qualifikation
Hillarys.
Der Ex-Präsident
stellt seine Frau als linke Kämpferin vor, die sich schon während ihrer Zeit an
der Yale-Universität für benachteiligte Kinder und für gleiche Bildungschancen
einsetzte. Ein geschickter Zug, denn die Präsidentschaftskandidatin gilt vielen
in ihrer Partei heute als Vertreterin des rechten Flügels. Hillary hat auch
eine andere Seite, so die Botschaft ihres Ehemanns. "Sie hat immer schon
das Leben der Menschen besser gemacht. Sie ist die beste Agentin des Wandels,
die ich jemals getroffen habe", ruft er.