Donnerstag, 9. Juli 2015

Weshalb ich Frauke Petry-Fan bin


Jörg Haider war mein politischer Alptraum.
Nicht etwa, weil er der schlimmste der europäischen Nazis gewesen wäre (da gab es weit Üblere), sondern weil er gut aussah, braungebrannt im knappsten Slip mit seinem Modelathletenkörper posierte, lächelte und offenbar auf viele Menschen charismatisch-sympathisch wirkte.
Mir ist der Massengeschmack zwar ein Rätsel. Typen wie Guttenberg, den Seehofer nun endgültig zurück in die Politik holen will, fand ich (wie in diesem Blog dokumentiert) schon von Anfang an nur abstoßend und schmierig.
Aber 80% der Deutschen, von links bis rechts, waren offensichtlich über alle Maßen von ihm begeistert, jubelten ihn zum kommenden Bundeskanzler hoch, der nach Belieben CSU-Parteivorsitz oder Kanzlerschaft an sich reißen könnte, weil alle ihm zu Füßen lagen.
Haider war eine ähnliche Kategorie und führte so seine FPÖ zu bis dahin in Europa seit dem WK-II nicht mehr erreichten Wahlergebnis für eine ultrarechte Partei.
Zum Glück sind aber die „guten Typen“ bei den Rechten eher selten. Es gibt eine erstaunliche Korrelation aus Konservatismus, Doofheit, Häßlichkeit und Kriminalität.
Je weiter man im deutschen politischen Spektrum nach rechts blickt, desto abstoßender werden die Typen. Sie sehen aus, wie aus einem Gruselkabinett entsprungen und haben üblicherweise auch schon mal ein Gefängnis von innen gesehen (Horst Mahler, Lutz Bachmann, Udo Voigt, Günter Deckert).
Solange die Führer der rechten Parteien in Deutschland aussahen wie Gerhard Frey und Franz Schönhuber reichte es zwar durchaus dazu, um in einige Landesparlamente einzuziehen, aber eben nicht für den Bundestag oder gar die Bundesregierung.
So wie ich mich über extrem abstoßende Top-Klerikale wie Groer, Krenn, TVE, Müller, Mixa, Meisner, Ratzinger, Dyba oder Overbeck freue, so begrüße ich auch die Doofheit der rechten Politiker in Deutschland.

Eins ist  aber an den deutschen Rechten tatsächlich besser, als an ihren Neo-Nazi-Freunden aus anderen Ländern:
Sie sind noch doofer.
Sie sind sogar so dermaßen unterbelichtet, daß sie kaum jemals in ein Landesparlament gewählt werden und dann eine volle Legislaturperiode durchhalten, ohne sich selbst aufzulösen.
Sie sind von der alltäglichen politischen Arbeit intellektuell hoffnungslos überfordert und beginnen dann aus Frust sich gegenseitig zu hassen.
Sie sind, einmal im Parlament angekommen, eigentlich nur noch Futter für die Satiresendungen.
Sie sind ein ewiger Quell der Belustigung, da man zwar ahnt wie geistig unterbelichtet Rechtsradikale sind, aber die Realität übertrifft die Erwartungen immer wieder.

Bernd Lucke, selbst auch nur mit dem Charisma einer Wollmaus ausgestattet, konnte seine Unzulänglichkeiten relativ erfolgreich mit seinem Professorentitel überstrahlen.
Während er gegen Asylanten, Schwule, Ausländer oder Atheisten brandstiftete, umgab ihn immer noch die Aura des Biedermanns.
Seine fehlende Sozialkompetenz zeigte sich zwar in Besserwisserei, im Nicht-Zuhören oder der grundsätzlichen Weigerung Trinkgelder zu geben, unterstrich aber letztendlich noch sein Image als emotionsloser Wirtschaftsfachmann.
Bereitwillig verpasste die stockkonservative rechte Kampfpresse der AfD das Werbe-Etikett „Professorenpartei“ und sparte sich eine inhaltliche Analyse, die bald zu Tage geführt hätte, wie unsinnig und weltfern der D-Markismus der Rechten ist.
Gerne übersahen die nationalistisch-rechten Medien von FAZ über Welt bis Handelsblatt, wie braun sich Lucke benahm, wie er selbst xenophobe Stimmungen produzierte, wie er den NPD-Freund Björn Höcke in Thüringen beklatschte und bejubelte.
Das hätte eine gefährliche Mischung werden können.

Was für ein Glück, daß gleich am Anfang von rechten Parteigründungen zuverlässig nicht nur Unfähige, sondern auch wahrhaft destruktive Typen wie Frauke Petry angelockt werden.


Man muß ihr wirklich dankbar sein, daß sie mit ihren extrem niederträchtigen Charaktereigenschaften binnen weniger Tage Hunderte AfD-Mitglieder aus der Partei trieb – inklusive der beiden ehemals größten Zugpferde Henkel und Lucke.
Die intrigante Petry mit ihrer perfiden Lust am Nachtreten wird der Garant für den Misserfolg der AfD auf Bundesebene sein.

Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, daß die einst um das Image als wirtschaftsliberaler Professoren bemühte Partei nun von einer zutiefst illiberalen Pfarrersfrau geführt wurde, die eine spektakuläre Privatinsolvenz hingelegt hat.
Springers Günter Lachmann hatte noch versucht den Henkel-Rückzug damit schönzureden, daß er ohnehin nicht an der Basis verwurzelt wäre…. – zu spät.

Er beklagte, dass nicht mehr Wert darauf gelegt worden sei, "möglichst keine Karrieristen, Rechtsideologen, Spinner und Pleitiers" in die Partei aufzunehmen. "Heute bezahlen wir dafür den Preis", sagte Henkel.
(Welt 24.04.2015)

Henkel und Lucke sind nun AfD-Geschichte. Binnen 24 Stunden nach dem Austritt des Ex-Chefs verließen von den rund 20.000 AfD-Mitgliedern weitere 600 die Partei.
Die bizarre Gedankenwelt der Ultrakonservativen wird durch die sexuellen Assoziationen des SPIEGEL-Rechtsauslegers Jan Fleischhauer deutlich.

[…] Die Wutbürger haben sich eine neue Chefin gewählt. Frauke Petry steht nun also den schlecht Gelaunten mit der nachlassenden Libido vor. Sie ist genau die Richtige: eine Frau für Menschen mit Bestrafungsfantasien.
Deutschland hat jetzt seine eigene Sarah Palin. […] Damit man mich nicht missversteht: Ich hatte immer ein Faible für Palin. Frauen, die an Gott, ihr Land und die Jagd glauben, können einen nicht kalt lassen, wie ich finde. Auch Petry verfügt über einen untadeligen Killerinstinkt. Anders als ihr Vorgänger hat sie auch keine Skrupel, sich mit Leuten einzulassen, für die sich Menschen, die ihr Leben in der akademischen Welt zugebracht haben, zu schade sind. Bernd Lucke sollen bei seinem Abgang die Tränen in den Augen gestanden haben. Wenn Petry weint, dann aus Ärger, dass es überhaupt so lange gedauert hat, den braven Wirtschaftsprofessor aus Hamburg aus dem Weg zu räumen.
[…] Dass sich die AfD-Mitglieder nun Frau Petry zur Anführerin bestimmt haben, ist folgerichtig. Wer Bestrafungsfantasien hegt, ist bei einer Frau, die immer so wirkt, als habe sie die Nacht im Gefrierfach verbracht, an der richtigen Adresse.

Mein Dank gebührt also der neuen AfD-Vorsitzenden Frauke Petry, die so abstoßend, populistisch und spalterisch agiert, daß sie den Spuk einer auf Dauer etablierten rechten Partei bald beenden wird.

[…] Die AfD steht vor dem Ende - wie frühere Konkurrenten von CDU/CSU. Konservative in Deutschland sind zu schwach, sie bieten weder in der Union noch außerhalb eine verlockende Alternative.
[…] Während die Frontfiguren aber noch im Triumph des Augenblicks baden, zeigt ihre Truppe schon Symptome eines Wirklichkeitsschocks, dem sie sehr bald erliegen wird - und der Spuk ist vorbei. So erging es den Republikanern, der Schill-Partei, der Statt Partei, und nun scheint es bei der Alternative für Deutschland (AfD) so zu sein.
[…] Die Konservativen in Deutschland sind zu schwach; sie sind es thematisch, intellektuell, personell. Weder in der Union noch außerhalb bieten sie eine verlockende Alternative. Stattdessen: Lamento, Jammern, Verschwörungstheorien, von Thilo Sarrazin bis zu Erika Steinbach.
[…]  Die rechtspopulistische Versuchung aber ist eine Garantie zum Scheitern. Sie zieht Obskuranten und Fanatiker wie von Zauberhand an. Der bemitleidenswerte Verfall der Sitten in der angeblichen Professorenpartei AfD kündet davon. Sie vergrault jene seriösen Wähler, die sich von der Grauzone zum offenen Rechtsextremismus fernhalten wollen. […]