Die
Sieger schreiben Geschichte.
Daher
erinnert sich jeder, der an den 2005er Wahlkampf denkt nur noch an den pampigen
Gerd Schröder in der Elefantenrunde, der ganz offensichtlich ein Glas Rotwein
zu viel hatte.
Das
ist ungerecht, denn da waren die Würfel schon gefallen.
In
Wahrheit war es so, daß Schröder zum Entsetzen seiner Partei und des Grünen
Koalitionspartners am 22.05.2005 unmittelbar nach dem schockierenden
Rüttgers-Durchmarsch in NRW die Reißleine gezogen hatte und in aussichtsloser
Lage Neuwahlen angesetzt hatte.
Die
CDU lag im Juni 2005 in der Sonntagsfrage bei der absoluten Mehrheit von
ungefähr 49%. Dazu kamen rund acht Prozent für Guido. Die SPD weit abgeschlagen.
Merkel
hatte in den letzten sechs Jahren die rotgrüne Regierung regelrecht zersetzt,
indem sie als „Mme Njet“ im Bundesrat alles blockierte.
Sie führte eine völlig
verantwortungslose Fundamentaloppositions-Strategie durch, die selbst die
vernünftigsten Dinge stoppte.
Das Land war ihr völlig egal. Sie wollte aktiv
die Wirtschaft ruinieren und Deutschlands außenpolitischen Ruf kaputt machen, weil
sie hoffte, daß ein Land in Agonie sich von der Regierung abwenden würde.
Die
CDU-Chefin hatte sich seit ihrer „Wo kann man hier gegen Ausländer
unterschreiben?“ Kampagne in Hessen (Januar 1999) ohnehin moralisch
diskreditiert.
Schröder
erkannte, daß diese Zermürbungsmethode funktionierte.
Zumal Merkel fast die
gesamte Großpresse auf ihre Seite gebracht hatte.
Ihre Spezies Friede Springer,
Liz Mohn und Sabine Christiansen machten massiv Stimmung gegen Schröder.
Die
Neuwahlentscheidung überrumpelte die destruktive Matrone des
Konrad-Adenauer-Hauses aber insofern, als sie nun zur direkten Konfrontation gezwungen
wurde.
Sie mußte aus der Deckung und sich in mehrere TV-Duelle mit dem
amtierenden Kanzler wagen.
Dabei
machte Schröder seine Sache in auswegloser Lage geradezu brillant.
Mit
Detailwissen, Erdung an der Basis, Witz und Intelligenz schaffte er es FAST
noch einmal das Blatt zu wenden. Nicht einmal dir größten Optimisten in der SPD hatten daran geglaubt.
Eine
furiose Aufholmacht gelang umso besser, je mehr die Deutschen den direkten
Vergleich zwischen dem charismatischen Staatsmann Schröder und der
Ost-Wuchtbrumme ohne Erfahrung und Charakter vor Augen hatten.
Nur
der minimal zu frühe Wahltermin rettete Merkel den nicht vorhandenen Hals.
Die SPD war auf 34,2% geklettert und die CDU auf 35,2% abgeruscht.
Die SPD war auf 34,2% geklettert und die CDU auf 35,2% abgeruscht.
Noch ein
oder zwei Wochen länger und Merkel wäre tatsächlich nie Kanzlerin geworden.
Woran
lag’s? Nur an Schröder.
Als
Bundeskanzler ist er einfach drei Klassen besser, als Merkel, die sich mit Nicht-Regieren
durchmogelt.
Unglücklicherweise
haben wir uns aber inzwischen so daran gewöhnt, daß die apolitische Mauschlerin
im Kanzleramt hockt, daß wir es für völlig normal halten, wenn die
offensichtlich dringend anliegenden Dinge jahrelang ignoriert werden.
Minister,
die ihren eigentlich Job schon seit Jahren verschlafen, sind nach wie vor in
Amt und Würden.
Ja, Röttgen, der stoisch die „Energiewende“
verdrängte und sich nie um die Atomendlagersuche kümmerte, ist nun weg.
Aber was
heißt das schon, wenn Schavan, Rösler, Schäuble und Westerwelle weiterdösen
dürfen?
Nach
fast drei Jahren im Amt kam die unbestritten schlechteste Regierung, die
Deutschland je hatte, gestern mal wieder zu einem Krisengipfel zusammen.
Der
Bajuwarische Donnergott hatte vernehmlich im ZDF gegrollt, so daß seinem
demoskopisch kastrierten Parteichefkollegen Rösler schon vor Schreck die
Frosch-Vergleiche ausgingen. Seehofer wollte es mal so richtig krachen lassen.
Und
nun ist das Ergebnis so wie immer: Es gibt kein Ergebnis.
Zwar hat die
Koalition eine ganze Latte von Megabaustellen ……
...die Vorratsdatenspeicherung, das Dauerzoff-Thema der Koalition. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizkollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) stehen sich unversöhnlich gegenüber. Inzwischen klagt die EU vor dem Europäischen Gerichtshof, weil die entsprechende Brüsseler Richtlinie nicht umgesetzt ist. Die Liberalen wollten hart bleiben und sich einer anlasslosen Speicherung von Kommunikationsdaten weiterhin verweigern....den Mindestlohn: Die CDU hofft noch immer, die FDP für allgemein verbindliche Lohnuntergrenzen in jenen Branchen zu überzeugen, in denen es keine Tarifverträge gibt. Doch die Liberalen sträuben sich....die Pkw-Maut: Die CDU will keine Maut, die FDP will keine Maut - nur die CSU bringt das Thema regelmäßig wieder auf. Die Liberalen spotteten im Vorfeld schon, mit der Maut sei es wie mit dem Ungeheuer Nessie: Es tauche immer wieder auf, obwohl jeder wisse, dass es es nicht gibt. So wird es weiter gehen....die Frauenquote: Merkel und Seehofer wollen die sogenannte Flexi-Quote, bei der sich Unternehmen verpflichten, eine selbst gesetzte Frauenquote zu erreichen. Die FDP ist gegen jede Form der Quote....die Praxisgebühr: Angesichts der Milliardenüberschüsse der Sozialkassen will die FDP die Zehn-Euro-Gebühr abschaffen, um die Versicherten zu entlasten. Die CDU will lieber Rücklagen für schlechte Zeiten bilden.
….aber
Merkel macht es wie immer - auf die lange Bank schieben.
Wie
immer bei brisanten Themen blockiert sich die schwarz-gelbe Schlafwagentruppe
gegenseitig.
Einzig
die vollkommen gagaeske Bildungsfernhalteprämie, eine Milliarden-teure
Geldverschwendung, um die Jugend systematisch zu verblöden wurde „verabschiedet“.
Natürlich durch einen Kuhhandel: Wenn schon die CSU auf Kosten der nächsten Generation
Geld raus prassen darf, bekommt die FDP auch einen süßen Lutscher. Natürlich
auch einen Milliarden-schweren. Den sogenannten Pflege-Bahr, bei dem die
FDP-spendende Versicherungslobby mit fünf Staats-Euro subventioniert wird.
Selbst
Friede Springers Blätter können kaum noch verhehlen, daß Merkels Leistungen ein
Totalausfall sind.
Die Kontrahenten, die eigentlich gemeinsam Europas wichtigste Wirtschaftsnation lenken sollten, verheddern sich immer wieder zwischen Koalitionsvertrag, Parteiprogrammen, Klientelpolitik und Animositäten. Alte Beschlüsse werden infrage gestellt, neue Forderungen erhoben. Sie erwecken allzu oft den Eindruck, dass bei ihnen Eigennutz vor dem Wohl des Landes rangiert. Und so werden immer wieder Dreiergespräche der Parteivorsitzenden oder Koalitionsgipfel zu Krisentreffen. […]Den Eindruck von Harmonie werden diese Koalitionäre in ihrer Endphase nicht mehr vermitteln können, eher Endzeitstimmung.
Auch der christliche Tagesspiegel hat nur
noch Fragezeichen übrig.
Umso erstaunlicher erscheint da ein Satz der CDU-Vorsitzenden unmittelbar vor dem Treffen mit dem bayerischen CSU-Chef Horst Seehofer und Philipp Rösler von der FDP. Sie traue Schwarz-Gelb nicht nur zu, das Land bis zur Bundestagswahl zu regieren, sagte Merkel. Sie setze auch darauf, dass die Wähler im Herbst 2013 die schwarz-gelbe Koalition in der Regierung bestätigen werden. Nach Hotelsteuer, Guido Westerwelles „geistig-politischer Wende“, Gurkentruppen-Beschimpfungen, Frosch-Vergleichen und Ähnlichem mehr soll Schwarz-Gelb nun weitermachen – und zwar noch weitere fünf Jahre, bis 2017? Das allerdings ist nicht nur eine überraschende Prognose für eine politische Realistin wie Merkel. Es ist aus heutiger Sicht, gelinde gesagt, auch eine Deutung der politischen Verhältnisse im Land, die eher lächerlich erscheint.Denn auch in diesem Sommer stellt sich (wie in jedem schwarz-gelben Sommer zuvor) kurz vor der Ferienpause die Frage nach dem Sinn, nach der Legitimation und dem Ziel dieser Koalition. Wieder haben Union und FDP Monate damit verbracht, sich bei der Umsetzung dessen, was sie beim letzten Treffen der Koalitionsspitzen eigentlich schon beschlossen hatten, vor aller Augen wie die Kutscher zu streiten. Wieder wurde die Öffentlichkeit Zeuge bayerischer Regierungsneurotik. Wieder müssen selbst solch politische Peanuts-Beschlüsse wie das Betreuungsgeld für zu Hause erziehende Eltern dem Koalitionspartner (in diesem Fall der FDP) mit Kompensationen abgetrotzt werden. […](Antje Sirleschtov 04.06.12)