Sonntag, 6. Januar 2013

Pay-Politik Teil VI



Der raufboldige STERN-Vize Hans-Ulrich Jörges mag eigentlich nur drei Dinge:
Talkshows, sich selbst und die FDP.

Seine Westerwelle-Obsession ließ ihn Anfang des Jahrtausends einen höchst erfolgreichen publizistischen Feldzug gegen die Rot-Grüne Bundesregierung anzetteln.
Merkel und Westerwelle müßten endlich übernehmen, um Deutschland in eine güldene Zukunft, in herrliche Zeiten zu führen, so sein Credo.
So ganz treten Jörges‘ Vorhersagen allerdings nicht immer ein. Ich erinnere mich sehr gut, wie er im Sommer 2002 im ARD-Presseclub saß und wütend verlangte man solle aufhören zu spekulieren, ob Schröder noch eine Chance habe wiedergewählt zu werden, weil es absolut sicher sei, daß der Bundeskanzler am Ende des Jahres Edmund Stoiber heiße. 
Darauf würde er Haus und Hof verwetten.

Die grandiosen Regierungserfolge des mäandernden Merkel-Mobs preist Jörges im Moment nicht mehr so sehr. Aber während sogar Top-FDP’ler wie Kubicki das Ende nahen sehen, kämpft Jörges weiter für seine Partei. 
Wolfgang Kubicki, der Springteufel aus dem Norden, hat recht, obwohl es von ihm immer irgendwie unseriös wirkt: Es geht um die Existenz der FDP, längst schon nicht mehr um Rösler. Aber jetzt zeigt sich, wem es um sich und wem es um den Liberalismus geht.
(Stephan-Andreas Casdorff 06.01.13)
In seiner aktuellen STERN-Kolumne vom 03.01.13 beschwört Jörges alle FDP-philen Niedersachsen die CDU zu wählen, da nur ein deutlicher Sturz unter die 5%-Hürde die Energie freisetze den Totengräberparteichef loszuwerden.
Der Alptraum des schwarzgelben Stern-Mannes wäre ein Landtagswahlergebnis um die sechs Prozent. Bekäme Rösler in zwei Wochen ein so „gutes“ Ergebnis in seinem eigenen Landesverband, könnte er sich laut Jörges womöglich noch bis zur Bundestagswahl an der Parteispitze halten und so den heiß ersehnten Wiedereinzug in den Bundestag vermasseln.

Wir werden sehen. 
Zunächst einmal galt es heute den gewaltigen selbst aufgebauten Popanz „Dreikönigstreffen“ einzureißen.
Hier lieferte der Vizekanzler ganz im Sinne des STERN-Vizes: Er versagte.
Philipp Rösler will […] die "Flamme der Freiheit" verteidigen, leuchtet aber nicht heller als eine Kerze. Er vergibt die vielleicht letzte Chance, sich als starker Mann der Liberalen zu inszenieren. Sein Kontrahent kann das viel besser.

[…] Selbst viele überzeugte Parteigänger sind inzwischen der Ansicht, dass Rösler es nicht kann, dass er abtreten und den Weg für Rainer Brüderle als Interimslösung freimachen muss, unabhängig vom Wahlergebnis in Niedersachsen.

[…] Er hält eine Rede, die die FDP eher noch schrumpfen lässt.

"Überall dort, wo sich der Staat ausbreitet, erlischt die Flamme der Freiheit", sagt Rösler. Ein starkes Bild. Aber dann folgt: "Sie erlischt nicht sofort, sondern wie eine Kerze, über die ein Glas gestülpt wird." Von der "Flamme der Freiheit" zum kleinen Licht in zwei Sätzen.

[…] "Es zerreißt mich innerlich, wenn ich den Zustand meiner, unserer FDP sehe", sagt Niebel, der schon seit Tagen in Interviews Stimmung gegen Rösler macht. Der Bundesparteitag im Mai sei viel zu spät, "wir müssen schnell unsere Entscheidungen treffen und wir dürfen sie nicht vom Ausgang von Landtagswahlen abhängig machen". Raunen im Saal. So viel Klarheit sind die Liberalen auf dem Dreikönigstreffen nicht gewöhnt.

Philipp Rösler […] hält […]  eine wolkige Grundsatzrede über die Freiheit. Der schwache Auftritt stärkt seine Rivalen.

[…] Nur eines kann den FDP-Chef jetzt eigentlich noch retten - ein Sieg der schwarz-gelben Koalition in Niedersachsen. Es wäre dann auch sein Erfolg. Irgendwie. Doch gerade das ist sein größtes Manko: dass niemand so recht weiß, was von der Ära Rösler einmal übrig bleibt. So wie seine Rede in Stuttgart, die die meisten schon vergessen haben, bevor sie aus den Saaltüren nach draußen streben.

[…] Phrasen von der Freiheitsflamme. Klar wird in Stuttgart sehr schnell: Der 39-jährige Niedersachse lässt mit seinem Auftritt weitgehend ratlose Zuhörer zurück. Er flüchtet sich ins Wolkige, hebt an zu einer Art Grundsatzreferat über den Begriff der Freiheit, für den die FDP als "einzige Partei" stehe.
Ich staune welche Nebelkerzen hier geworfen werden.
Was hat die Freiheit mit der FDP zu tun? 
Nichts, genauso wenig wie der Liberalismus.


 Er leitet seinen als Partei getarnten Lobbyverband und nutzt seine Stellung als Vizekanzler, ZdK-Mitglied und Wirtschaftsminister, um Rüstungsexporte in noch nie dagewesenem Ausmaß abzunicken und Steuergelder zu den Reichsten umzuverteilen.

Gegen entsprechende Zuwendungen setzen FDP-Minister das um, was ihnen die reichen Gönner auftragen. 
Das funktioniert schon seit Beginn der Koalition.
 Millionenspende vom Hotelier von Finck an die FDP, Milliardenspende von der FDP-Regierung an die Hoteliers.
Usw, usf.

Natürlich wird dreist gelogen, wenn „Liberale“ die Wünsche der Industrie erfüllen, aber das sind Zusammenhänge, die einfach zu durchschauen sind - wenn denn Jörges und Co wollten!

Rösler ist gar nicht so verweichlicht und setzt gegen den Willen der Kanzlerin Subventionen  für sogenannte „energieintensive Betriebe“ durch - zumindest, wenn sie sich der FDP finanziell erkenntlich zeigen.
[…] Die Kanzlerin [hatte] angekündigt, die Ausnahmen für energieintensive Betriebe bei der Umlage kritisch prüfen zu wollen. Sie zweifelte daran, "ob es eigentlich richtig war, dass wir so viele Unternehmen rausgenommen haben". Es profitierten, so Merkel, doch mehr Firmen von der Regelung als ursprünglich beabsichtigt.

[…] Die Aufforderung der Kanzlerin die Ausnahmeliste zu überdenken und zu kürzen, stieß bei den Lobby-Verbänden der Wirtschaft auf großen Unwillen. […] Unter der Überschrift "EEG-Umlage sorgt für Entsetzen bei industriellem Mittelstand" empörte sich am 18. Oktober unter anderem der Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie:"Wenn die Bundeskanzlerin und die CSU die bisherigen Ausnahmeregelungen für Unternehmen in Frage stellen und die mittelständischen Industriebetriebe überhaupt nicht entlasten wollen, zeugt das von einer erschreckenden Fehleinschätzung der Situation." Es sei geradezu unerträglich, erklärte der Präsident des Verbands, Dr. Wilfried Holtgrave, wenn die bisher gewährten Entlastungsregelungen von Politikern als Subventionen bezeichnet würden.

[…] Tatsächlich standen 2012, das ergab die Recherche des Münchhausen-Teams, zwar 16 Unternehmen der Textilbranche auf der Ausnahmeliste, aber nur zwei aus dem nordwestdeutschen Verband, der immerhin rund 270 Unternehmen in Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen vertritt und für rund 27.000 Beschäftigte und einen Umsatz von knapp 6,3 Milliarden Euro spricht.

Mittlerweile hat sich das gebessert. Nun befinden sich auf der unabgeschlossenen, positiv beschiedenen Ausnahmeliste für das Jahr 2013 immerhin die Namen von zehn nordwestdeutschen Verbandsunternehmen.

Unabhängig davon durfte die FDP sich am 14. Dezember 2012 über den Empfang einer Spende in Höhe von 65.000 Euro freuen. Sie kam vom Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie - übrigens die höchste Parteispende des Verbands seit 1994 überhaupt. Zuvor hatte dieser meist auch nur die CDU beglückt.

Fazit: Rösler weiß ganz genau, was er sagt. Dennoch ist sein Trick, den Ausnahme-und Umgehungstatbestand zum Normalzustand machen zu wollen, rhetorisch unbeholfen und überzeugt sachlich nicht.

Note: ungenügend (6)
(Hauke Janssen, Münchhausen-Check, 02. Januar 2013)