Mir kann niemand unterstellen irgendwelche Sympathien für
Angela Merkel zu hegen. Ich lehne ihre Politik seit 1990 kategorisch ab.
Meiner Ansicht nach trägt sie große Schuld an dem Auseinanderfall
Europas, daran, daß die EU auch bei Corona und angesichts der Zustände auf Lesbos
nicht in der Lage ist mit einer Stimme zu sprechen.
Anders als Brandt, Schmidt, Kohl und Schröder hat sie sich
nie für die EU erwärmt, nie Initiativen gezeigt. Sie verhielt sich engstirnig,
populistisch und unsolidarisch bei der Finanzkrise 2008/09. Sie stimmte weder
Flüchtlings- noch Energiepolitik mit Brüssel ab, sie drückte deutsche
Sonderwünsche (keine CO2-Abgabe durch), verhinderte gemeinsame
Wirtschafts- und Klimapolitik.
Nach ihrer heutigen Corona-Ansprache werden die
sozialen Netzwerke mit in Herzchen-Emojis eingebetteten MUTTI-Versalien
geflutet.
In diese Jubelarien werde ich niemals einfallen.
Aber es bricht mir auch kein Zacken aus der Krone, wenn ich
zugebe immerhin froh zu sein nicht in Brasilien, GB oder der USA zu leben.
Ich stimme also meinem FB-Freund Norman zu:
[…..] Es ist intellektuell befriedigend eine Regierungschefin zu haben, die
in ganzen Sätzen sprechen kann. Die sich der Wissenschaft nicht verschließt,
und, bei aller Kritik, in diesen Stunden ihr Bestes tut, um die straffen
Maßnahmen von Bund und Ländern zu erklären, dessen Einschränkungen wohl für
jeden von uns völliges Neuland darstellen. Die Vorstellung, wir hätte eine
Flachpfeife an der Spitze wie die USA, wäre in dieser Krise geradezu mörderisch
(Im wahrsten Sinne des Wortes). […..]
Nachdem die sagenhaften Fehlleistungen Trumps gestern an dieser Stelle Gegenstand waren und nun sogar die schlimmsten Hetzer
von FOX-News umdenken…..
…. glaubt der irre Boris von London immer noch, er könne
sich eher um seine eigenen Popularitätswerte kümmern und müsse keine
drastischen Maßnahmen wie im Rest Europas ergreifen.
[…..] Die Straßen in London waren übers Wochenende überraschend belebt.
Während Länder rund um die Welt den Notstand ausriefen, um die Ausbreitung des
Coronavirus einzudämmen, gibt sich die britische Regierung betont gelassen:
Bislang will sie weder Schulen noch Läden schließen, und ob größere Anlässe
stattfinden, ist den Veranstaltern überlassen. […..] Die Briten [sollen] durch die Verbreitung des Coronavirus eine
sogenannte „Herdenimmunität“ erlangen: Wenn ein Großteil der Bevölkerung am
Virus erkrankt und dadurch immun wird, könnte das Virus auf längere Frist
besser bekämpft werden. […..] Ein
Epidemiologe, der in Harvard unterrichtet, schreibt im „Guardian“, er habe den
Vorschlag der britischen Regierung zunächst für Satire gehalten.
Herdenimmunität sei in diesem Fall nicht relevant, da es sich nicht um eine
Impfung handle, sondern um eine richtige Pandemie, die tödlich enden kann. „Die
Sterberate mag relativ gering sein, aber ein kleiner Bruchteil einer sehr
großen Zahl ist dennoch eine große Zahl“, schreibt er. [……]
Schon lange bevor Boris Johnson Politiker wurde, pflegte er
als Journalist wie gedruckt zu lügen. Pardon, nein, er log nicht nur, weil
Lügner immerhin noch eine gewisse Beziehung zur Realität pflegen. Johnson ist
wie auch Trump ein Bullshitter.
[….] Das Gegenteil von Wahrheit ist "Bullshit", wie es der
Philosoph Harry Frankfurt genannt hat. Bullshit in diesem Sinne bedeutet, die
Wahrheit zu missachten. Das unterscheidet den Bullshitter vom Lügner: Der
Lügner hat immerhin so viel Respekt vor der Wahrheit, dass er bewusst die
Unwahrheit sagt, sagt Frankfurt. Dem Bullshitter hingegen ist sie schlichtweg
egal: Er behauptet einfach irgendetwas. Hauptsache, es nützt ihm im Moment.
[…..]
Eine Virus-Pandemie per bullshitting zu bekämpfen dürfte aber
selbst einem mit absoluter Mehrheit wiedergewählten Großpopulisten wie dem
britischen Premierminister nicht gelingen.
Gut möglich, daß sich die Briten schneller als gedacht
zurück in die EU sehnen werden, wenn Lebensmittelversorgung und
Gesundheitssystem bei ihnen zusammenbricht.
[…..] Britische Epidemiologen rund um den obersten medizinischen Berater der
Regierung, Chris Whitty, verfolgen das Konzept der
"Herden-Immunität", nach der Ansteckungen nicht verhindert werden
sollen, um schnellstmöglich eine flächendeckende Immunisierung der Bevölkerung
gegen das Corona-Virus zu erreichen. […..] Wenn mindestens 60 Prozent der
Bevölkerung das Virus gehabt hätten und wieder gesundet seien, sei auch das
Risiko einer zweiten Welle im Winter geringer.
So soll unter anderem verhindert werden, dass das ohnehin chronisch
überforderte nationale Gesundheitssystem (NHS) zusammenbricht. Großbritannien
ist mit 4000 Intensivbetten und 5000 Beatmungsgeräten im internationalen
Vergleich unterversorgt. […..]
Im Chor der Bullshitter-Regierungschefs werden allerdings
sowohl der Ami als auch der Brite von dem Brasilianer übertroffen.
Der fanatisch Wälder-abholzende Faschist Jair Bolsonaro wird
nicht ohne Grund von Trump über den grünen Klee gelobt.
Der Mann ist in jeder Hinsicht toxisch.
[…..] Bolsonaro […..] trottete […..] die Rampe des Palasts hinunter und nahm ein Bad in der Menge. Bolsonaro
schüttelte Hände. Er umarmte Leute. Er schnappte sich die Smartphones Dutzender
Anhänger und knipste Selfies. Nicht einmal eine Maske trug er dabei.
Als "Attentat auf die öffentliche Gesundheit" bezeichnete
Rodrigo Maia, der Präsident des Kongresses, den Auftritt. Bolsonaro hätte sich
eigentlich in Isolation befinden sollen. Nach einem Treffen mit dem
amerikanischen Präsidenten Donald Trump in dessen Golfresort Mar-a-Lago waren
in der vergangenen Woche 13 Mitglieder seiner Delegation positiv auf Corona
getestet worden, unter anderem sein Kommunikationschef, der designierte
Botschafter in Washington und ein Senator, der erklärte, nach seiner Rückkehr
den halben Kongress umarmt zu haben. […..]
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Bolsonaro Erkenntnissen der
Wissenschaft verweigert. Er leugnet den Klimawandel. Als im vergangenen Jahr
der Amazonas-Regenwald in Flammen stand, bestritt er, dass dies an einer
zunehmenden Abholzung des Waldes liegt.
Jetzt spricht er im Hinblick auf das Coronavirus von einer
"Fantasie" und einer - von den Medien geschürten -
"Hysterie". Sein Land, glaubt er, werde ohne größere Schäden durch
diese "kleine Krise" kommen. […..]