Montag, 26. August 2024

Fritz im Glück!

Hach, ist das schön. Mehrere Tote und Verletzte bei einem mutmaßlichen IS-Anschlag eine Woche vor zwei Ost-Landtagswahlen!

CDUCSUAFDPBSW können ihr Glück gar nicht fassen und hetzen nach Herzenslust gegen Minderheiten, Migranten, Ausländer, Flüchtlinge. Die Schwachen und Ausgegrenzten der Gesellschaft. Das macht ihnen sichtlich Freude. Natürlich schweben die rechtsextremen Hetzblogs à la Philosophia Perennis auf Wolke Sieben, während sie Ricarda Lang persönlich für das Solinger Attentat verantwortlich machen. Aber der CDU-Chef Merz gibt sich keinen Deut weniger menschenverachtend, wenn er pauschalen gruppenbezogenen Menschenhass verbreitet.

Ob Weidel, Höcke, David Berger oder Merz – die extremistischen Forderungen sind nicht mehr zu unterscheiden.

[….] Natürlich war Alice Weidel sprechbereit zum Thema, die Forderungen nach einer „Migrationswende“ präsentiert die AfD-Chefin landauf landab annähernd im Tagesrhythmus. Es müsse einen sofortigen „Einwanderungs-, Aufnahme- und Einbürgerungsstopp für mindestens fünf Jahre“ geben, sagte Weidel am Sonntag dem ZDF. Darüber hinaus, schrieb Weidel am Montag auf der Plattform X, müssten die Grenzen geschlossen und die Personengruppen mit der höchsten Kriminalitätsbelastung, „also vor allem Afghanen, Syrer und Iraker“, abgeschoben werden. Weidel verlangt also Massenabschiebungen ganzer Gruppen als Konsequenz aus den Morden in Solingen. [….] Durch die Messerattacke vergangenen Freitag in Solingen waren drei Menschen getötet und mehrere schwer verletzt worden. [….] Schwierig für die AfD: Auch andere Parteien wie CDU, CSU und SPD aber auch der grüne Vizekanzler Robert Habeck zeigen nun Härte in der Migrationsdebatte mit Forderungen nach konsequenteren Abschiebungen und strengeren Regeln für Einreise und Asyl. CDU-Chef Friedrich Merz sagte in der ARD, man müsse die „naive“ Einwanderungspolitik endlich beenden und dafür sorgen, dass nicht noch mehr Menschen aus Syrien und Afghanistan nach Deutschland kämen. „Es reicht“, sagte Merz. [….]

(SZ, 26.08.2024)

Es kocht sich doch kein schöneres rechtes Süppchen, als aus dem Leid anderer.

Da kann Merz seine niedersten Instinkte walten lassen und das rechte Pack in Thürgisien und Sachsistan weiter anstacheln.

Für solche rechten Süppchen eigenen sich natürlich nur biodeutsche Opfer. Zu bestimmten Zeiten. Die von bestimmten Tätern umgebracht wurden.

Ein erheblich größeres Risiko, angegriffen und getötet zu werden, haben in Deutschland eben jene Syrer und Afghanen, die Merz nun alle abschieben lassen möchte.

Mindestens 219 Menschen wurden seit 1990 in Deutschland von Rechtsextremisten ermordet, ohne daß irgendeiner in den C-Parteien auf die Idee gekommen wäre, nach Abschiebungen von Ossis zu schreien. Sind die Opfer dunkelhäutig oder muslimisch, zuckt Friedrich Merz höchsten mit den Achseln.

[….] Hanau, Halle, Kassel, München – allein seit 2016 töteten rechtsextreme Täter 22 Menschen. Seit 1990 zählt das Bundeskriminalamt insgesamt 109 Todesopfer rechter Gewalt – doch die Zahl liegt laut NGOs und Opferinitiativen noch höher. Währenddessen steigt die Zahl der vom Verfassungsschutz gezählten Rechtsextremen in Deutschland an.   […..]

(bpb, 02.02.2021)

Der nicht gerade als linksgrünversifft bekannte Verfassungsschutz meldet für 2023:


[….] Rechtsextremistisches Personenpotenzial

Das rechtsextremistische Personenpotenzial setzt sich zusammen aus Parteien, parteiunabhängigen beziehungsweise parteiungebundenen Strukturen (hierzu zählen unter anderem Kameradschaften, Vereine und Verlage) und einem weitgehend unstrukturierten rechtsextremistischen Personenpotenzial (hier werden alle organisationsungebundenen Rechtsextremisten zusammengefasst, zum Beispiel die subkulturell geprägten Rechtsextremisten oder Gewalttäter).

Das rechtsextremistische Personenpotenzial ist nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften im Jahr 2023 mit 40.600 Personen gegenüber dem Jahr 2022 (38.800) um 1.800 Personen angestiegen. Das Personenpotenzial der gewaltorientierten Rechtsextremisten hat sich mit rund 14.500 Personen gegenüber den Vorjahren erneut erhöht.

25.660 rechtsextremistische Straftaten ereigneten sich im Jahr 2023. Das sind im Schnitt mehr als 70 pro Tag.

Rechtsextremistische Straf- und Gewalttaten

Im Vergleich zum Jahr 2022 (22.357) stieg die Gesamtzahl der rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten im Jahr 2023 deutlich um 22,4 % auf 25.660 Delikte.

Auch die Zahl der rechtsextremistischen Gewalttaten stieg im Jahr 2023 um 13,0 % gegenüber dem Vorjahr (2023: 1.148, 2022: 1.016).

Bei den rechtsextremistisch motivierten Körperverletzungsdelikten mit fremdenfeindlichem Hintergrund ist eine Steigerung von 16,4 % festzustellen (2023: 874, 2022: 751). Ebenso stieg die Zahl der fremdenfeindlichen Gewalttaten um 17,2% (2023: 933, 2022: 796).   […..]

(Bundesamt für Verfassungsschutz)

Tausende Gewaltopfer, an die Merz keinen Gedanken verschwendet, weil sie sich nicht ausnutzen lassen, um rechtsextreme Stimmung beim Urnenpöbel anzuheizen.

Gewaltopfer, für die der C-Parteichef schon deswegen kein Mitleid aufbringt, weil man Blick auf die Tätergruppe und der Ursachenforschung unweigerlich bei Merzens eigener xenophober Hetze in Dauerschleife landet.

Merz wirkt. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Rasha Nasr, in Dresden geborene Atheistin und Politikwissenschaftlerin, wird mit Hass überzogen und braucht Polizeischutz.


Merz ist wie Lindner; er will ausdrücklich dem eigenen Volk schaden, verschlimmert Probleme, weigert sich an Lösungen zu arbeiten, weil er hofft, aus dem Niedergang zu profitieren.

[….] All diese Punkte sind komplex und bedürfen einer sachlichen Diskussion.

Längst nicht alle Wortmeldungen von Politiker*innen werden dem gerecht. Bei der AfD dürfte das niemand verwundern. Die Einlassung von CDU-Chef Friedrich Merz jedoch sind erstaunlich. In einem wöchentlichen Rundbrief vom Sonntag schlägt er nicht nur vor, künftig gar keine Geflüchteten aus Afghanistan und Syrien mehr aufzunehmen, sondern auch, die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts zurückzunehmen, die gerade erst in Kraft getreten ist.  Dass es rechtlich quasi unmöglich sein dürfte, Geflüchtete aus bestimmten nach wie vor gefährlichen Ländern vom Asylrecht auszunehmen, sollte Merz wissen. Genauso klar sollte ihm sein, dass diese Form der kollektiv Haftbarmachung moralisch falsch wäre – ganz besonders im Falle Afghanistans, an dessen tragischer jüngster Geschichte Deutschland ja durchaus mitgewirkt hat.

Wirklich schäbig aber ist, dass Merz den islamistischen Anschlag von Solingen als Vorwand für die altbekannte Forderung der Union nimmt, die Staatsbürgerrechtsreform zurückzudrehen. Dabei hat das eine hat mit dem anderen schlicht nichts zu tun. So durchbricht Merz ganz gezielt die Bahnen dessen, was eine sinnvolle Diskussion sein könnte. Statt wohlüberlegt zu diskutieren, wo die Probleme liegen, lässt Merz das Ressentiment auf die öffentliche Debatte los. Es ist das Gegenteil dessen, was Deutschland gerade nötig hat.  […..]

(Frederik Eickmanns, 26.08.2024)

Wir könnten uns, wenn wir klug wären, nach dem britischen Schriftsteller Mohsin Hamid richten, aber wir sind leider ein Volk, das Merz, Wagenknecht und Höcke wählt.

[….] SZ: Am Freitag hat mutmaßlich ein Syrer in Solingen Menschen auf einem „Fest der Vielfalt“ ermordet und verletzt – womöglich im Auftrag des „Islamischen Staates“. Trotz solcher Taten, auch trotz der Unruhen in Großbritannien beharren Sie auf einem „kritischen Optimismus“, Sie fordern „Gegenerzählungen“. Woher soll dieser Optimismus denn gerade kommen?

Mohsin Hamid: Ich halte die Entwicklung einer Zukunftsvision für die zentrale Aufgabe eines Künstlers. Die große Gefahr besteht derzeit ja darin, dass selbst die progressivsten gesellschaftlichen Gruppen in Europa keine Kraft mehr haben für eine Vision der Zukunft. Alle geben sich der Vorstellung hin, dass die Zukunft furchtbar wird, dass alles ein schrecklicher Fehler ist. Es wird einen großen Krieg mit Russland geben, einen Krieg der USA mit China, Muslime verwandeln die Welt in Talibanistan, nie werden Menschen unterschiedlicher Herkunft friedlich und glücklich zusammenleben. Mit einem Wort: Wir haben die Zukunft aufgegeben. Und das nützt denjenigen, die einen Fetisch aus der Vergangenheit machen.

SZ: Was genau meinen Sie damit?

Mohsin Hamid: Viele Europäer bilden sich ein, dass die Welt vor der Migration, vor der Globalisierung wundervoll war. Sie war es nicht. Sie war der Horror, der Erste Weltkrieg, der Zweite Weltkrieg, Kolonialismus, Feudalismus, Monarchie.

SZ: Die sozialen Medien helfen eher nicht?

Mohsin Hamid: Sie machen es schlimmer. Maschinen und Menschen verbinden sich zu einer Maschinenkultur, einer binären Kultur von Null oder Eins. Du bist entweder Null oder Eins, du bist „wie ich“ oder „nicht wie ich“. […..]

(Interview SZ, 25.08.2024)