Die CDU und der Kanzler versündigen sich scher an der Demokratie, indem sie eifrig und bereitwillig über die Stöckchen der rechtsradikalen Pest bei Nius springen.
Wie ich gestern schon darstellte, trägt der Serienversager Jens Spahn die Hauptschuld am Richterwahl-Desaster, indem er zum zweiten Mal, nach der Kanzlerwahl, seine Fraktion völlig falsch einschätzte.
Es gibt auch die Verschwörungstheorie, Spahn sabotiere bewußt die Koalition mit der SPD, lote immer mehr Gemeinsamkeiten mit der AfD aus, um Merz zu Fall zu bringen und selbst Kanzler zu werden.
Die These ist nicht völlig abwegig; denn mit Sicherheit hält sich Spahn selbst für den besten Bundeskanzler und strebt nach ganz oben. Allerdings bezweifele ich seine strategischen und strippenzieherischen Fähigkeiten. Er ist nicht klug genug, um so einen Plan umzusetzen. Dafür müsste er Strohmänner einsetzen, statt immer selbst öffentlich den Schwarzen Peter verpasst zu bekommen.
Als diese Kleiko gebildet wurde, fiel es der SPD schwerer, als den gern für eine Merz-Koalition bereitstehende Grünen, weil Antifaschismus zur DNA der Sozis gehört, seit sie im Gegensatz zu allen bürgerlichen Parteien gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz stimmten und dafür verfolgt wurden. Viele SPD-Parlamentarier hassen Fritze Merz regelrecht, sie können ihm sein AfD-artiges Handeln und die rechtsradikalen Sprüche als Oppositionsführer nicht verzeihen. Es war ein offenes Geheimnis im Berliner Politbetrieb, daß Scholz und Merz sich gegenseitig nicht ausstehen können. Insbesondere, weil der seinerzeitige SPD-Kanzler zu der Überzeugung gelangte, man könne sich nicht auf die demokratische Gesinnung des CDU-Chefs verlassen.
Die am 23.02.2025 brutal geschrumpfte SPD, die deutlich hinter die von Merz/Söder/Spahn/Klöckner groß gemachte AfD fiel, wollte nie kleiner Koalitionspartner des Sauerländers werden. Man kann diese klimafeindliche Chaos-Koalition nicht den Sozis in die Schuhe schieben. Schuld ist einzig und allein der Urnenpöbel, der eine absolute CDUCSUAfD-Mehrheit in den Bundestag schickte und somit die Kleiko als einzige rechnerische Möglichkeit links der Nazis erzwang. (Abgesehen von einer CDU-Grüne-Linke-Koalition, die aber politisch ausgeschlossen ist.) Viele gute SPD-Parlamentarier verloren ihr Mandat; die Stimmung ist immer noch tief im Keller. Diese Koalition existiert nur wegen der viel beschriebenen „staatspolitischen Verantwortung“, die angesichts eines großen Krieges in Europa und mannigfacher internationaler Großkrisen besonders schwer wiegt. Der SPD blieb gar nichts anderes als Zweckoptimismus übrig. Sie kannte die CDU schließlich auch als verlässlichen Partner und die Amtsübergabe von Merkel an Scholz verlief vorbildlich vertrauensvoll.
Man hatte fast das Gefühl, die Alt-Kanzlerin übergebe an ihren Wunschnachfolger. Möglicherweise schätzt sie Scholz bis heute mehr als Laschet; auch wenn sie es öffentlich nie zugeben würde. Möglicherweise generierten einige Sozis im Bundestag Ende Februar dieses Jahres also die Hoffnung, man könne sich letztendlich im Regierungsalltag doch auf die CDUCSU verlassen, weil die schwarzen Kollegen, trotz der schrillen Spahn/Linnemann/Klöckner-Töne in der Opposition, den Ernst der Lage erkennen. Die CDU müsste doch auch die Gefahren kennen, die von der „gesichert rechtsextremen AfD“ ausgehen.
Die 2025er CDU ist aber nicht mehr die Merkel-CDU. So wie sich die Hoffnung nach Trumps Wahlsieg im November 2016 zerschlug, er werde sich als Präsident schon mäßigen und nicht mehr so ausfallend rassistisch reden, verschwand auch der Optimismus in Deutschland.
Reiche, Dobrindt, Warken, Merz verwandeln sich in Regierungsverantwortung eben nicht zu seriöseren, besseren Menschen. Eher im Gegenteil. Offen begehen sie Rechtsbruch, kloppen rechtsradikale Sprüche und fügen der Nation schweren Schaden zu.
Daß sie ihre Kern-Wahlversprechen („KEIN AUCHWEICHEN DER SCHULDENBREMSE!“) als erstes brachen, passt ins Bild. Nach dem gestrigen Brosius-Gersdorf-Desaster sehen die Sozis nun klar.
[….] Am Ende eines missvergnüglichen Tages wird der Fraktionschef der SPD grundsätzlich. Als er sich jüngst überlegt habe, welche Worte und Gedanken er zum Start der Sommerpause teilen könnte, da „konnte ich mir noch nicht vorstellen, welche Entwicklung dieser letzte Sitzungstag mit sich bringen wird“, schreibt Matthias Miersch am Freitagabend in einem offenen Brief. „Wir haben heute erlebt, wie eine herausragende Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht mit einwandfreiem Werdegang und bester Qualifikation Opfer einer beispiellosen Schmutzkampagne geworden ist.“
Worte wie diese sind da schon den ganzen Tag aus der SPD zu hören. Unvorstellbar. Beispiellos. Seit die Unions-Fraktion am Freitagmorgen überraschend mitgeteilt hat, dass sie der SPD-Kandidatin für ein Richterinnenamt am Bundesverfassungsgericht, Frauke Brosius-Gersdorf, nicht zustimme, sind die Sozialdemokraten fassungslos. „Was wir heute (...) erleben mussten, ist die bewusste Demontage unseres höchsten deutschen Gerichts und unserer demokratischen Institutionen. Das ist brandgefährlich“, schreibt Miersch in seinem offenen Brief.
Für die SPD aber fühlt sich die abgesagte Richterwahl auch wie eine Demontage der SPD an. Es wächst der Eindruck, von der CDU ausgenutzt zu werden. Immer wieder erwähnen die Genossinnen und Genossen, dass sie Opfer brächten, damit die Koalition zusammenhalte - so hat die SPD-Fraktion im Bundestag auf Wunsch der Union für eine Verschärfung des Migrationsrechts gestimmt. Mit einer „Faust in der Tasche“ zwar, aber dem Koalitionsfrieden zuliebe. Die CDU hingegen halte sich nicht an die Vereinbarungen.
Damit stellt sich schon im dritten Monat der schwarz-roten Koalition eine grundsätzliche Frage für die SPD: Kommen wir in diesem Bündnis eigentlich auf unsere Kosten? [….] Aber das Debakel im Bundestag wirft für die SPD auch Fragen nach ihrer Rolle in der schwarz-roten Koalition auf. „Die hauen auf uns drauf“, sagt Axel Schäfer, der von 2002 bis 2025 für die SPD im Bundestag saß. Die Sozialdemokraten verhielten sich immer koalitionstreuer als die CDU. „Wir müssen aufpassen, dass die SPD nicht unrettbar beschädigt wird.“ Schäfer erinnert daran, dass die Juristin und spätere Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) 1993 von der CDU als Vize-Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts verhindert worden sei: „Die CDU hat keine Skrupel, gute Kandidaten der SPD kaputtzumachen.“ [….] Auch aus der Fraktion der SPD kommt eine klare Ansage an die Union. „Wir halten an unseren Kandidatinnen fest. Ich erwarte, dass die Mehrheit steht“, schreibt Fraktionschef Matthias Miersch am Freitagabend in seinem offenen Brief. Das bedeutet: Wenn der Bundestag nach der Sommerpause zusammenkommt, muss die Union liefern. Johannes Fechner, Parlamentarischer Geschäftsführer und Justiziar in der SPD-Fraktion, ergänzt: „Unsere Erwartung ist, dass das vereinbarte Paket - ein CDU-Kandidat, zwei SPD-Kandidatinnen - im September so gebilligt wird.“ [….]
Appeasement mit der CDUCSU ist nicht möglich. Merz und Söder führen zutiefst unseriöse Parteien, sie lügen und halten sich nicht an Absprachen.
Erheblich Teile der C-Abgeordneten frönen ihrem antihumanistischen Weltbild, machen Stimmungen gegen Minderheiten und fraternisieren selbst in den wichtigsten Moment lieber mit den Nazis um Chrupalla und Weidel.
Die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag sind die Alten. Bei Neuwahlen käme es zu einem noch rechteren Bundestag; die Nazis würden garantiert weiter zulegen. Daher können Klingbeil und Bas die Koalition mit den Schwarzen nicht sprengen.
Aber sie wissen nun ganz sicher, woran sie sind. Man kann sich auf die Merzisten nicht verlassen. Koalitionsvertragstreue wird nicht gedankt. Die CDUCSU verdient kein Vertrauen, sondern nur maximale Härte und Misstrauen. Die SPD muss jetzt nach ihren Druckmitteln fahnden und im Koalitionsausschuss die Daumenschrauben ansetzen.
Naivität dient niemanden.