Donnerstag, 15. Februar 2024

Die Blaunen hetzen nicht im luftleeren Raum – Teil II

Auch wenn mit Alice Weidel eine im Ausland wohnende Lesbierin AfD-Co-Chefin ist und die CDU eine BundeskanzlerIN stellte, bleiben die blaunen Parteien weiße Macho-Vereine, mit ewig gestrigem Gesellschaftsbild und einem signifikant kleineren Frauenanteil unter den Wählern, den Abgeordneten und Mitgliedern.

Je mehr die gelb-blau-schwarz-braune Parteienfamilie sich dem völkischen Höcke-Kurs annähert, desto attraktiver wird sie für Ungebildete, Frustrierte, Dunkelchristen, Paternale, Minderwertigkeitskomplex-Beladene, INCELS, Chauvis, Sexisten, Misogyne. Man könnte auch zusammenfassend sagen; für Arschlöcher.

Die tägliche perfide Hetze gegen Grüne Politikerinnen bezieht sich dementsprechend auch weitgehend auf ihr Äußeres. Sie werden sexualisiert, vulgarisiert und mit einer massiven Bodyshaming-Flut überzogen. Claudia Roth und Ricarda Lang scheinen übermenschliche mentale Stärke zu haben, um das auszuhalten.

Gelegentlich lesen öffentlich diffamierte Frauen die an sie gerichteten Hass- und Vernichtungsfantasien laut vor und geben damit ein gleichzeitig schockierendes, wie auch beeindruckendes Zeugnis des Mindsets des blaunen Anhängerschaft ab.

Schon vor acht Jahren mahnte Roth:

[….] Die Grüne Claudia [….]  sitzt an ihrem Schreibtisch im Berliner Jakob-Kaiser-Haus, vor ihr liegt der Ausdruck einer E-Mail. Gesendet: Dienstag, 4. Oktober 2016, 21.43 Uhr. Absender: "Anonymous". Empfänger: "Roth Claudia". Betreff: "Du fette Warze verrecke". Claudia Roth liest laut vor: "Nach dem Auftritt in Dresden hättest du arrogantes Stück Scheiße einen Knüppel zwischen die Zähne bekommen sollen, der dir alle Zähne hätte ausschlagen müssen!"

Die Stimme der Grünen-Politikerin wird brüchig. Trotzdem liest sie weiter: "Ihr grünen Drecksviecher, Kinderficker und Drogenjunkies müßtet gejagd und aufgeknüpft werden und zur Abschreckung sollen eure Kadaver hängenbleiben bis euch die verfaulten Fetzen abfallen." Jetzt kann sie nicht mehr. Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags ist den Tränen nahe. Aber Tränen will sie auf gar keinen Fall zeigen. Tränen würden jetzt vor allem eines zeigen: "Die" haben sie mit ihren Worten getroffen. "Die" haben sie geschafft.  "Die" – das sind Menschen, die Claudia Roth nicht kennt. Sie sitzen irgendwo in Deutschland und fluten, meist aus dem Schutz der Anonymität heraus, ihr Postfach sowie ihre Facebook-Seite mit Hass- und Drohbotschaften. Als "ungelernte hässliche Fotze" und "widerliche Made" wird die Grünen-Politikerin bezeichnet. "Du gehörst vergast", schreibt einer. Ein anderer: "Rothfront verrecke! Wir jagen dich, wir kriegen dich, WIR BRINGEN DICH ZUR STRECKE". […..]

(STERN, 2016)

Acht Jahre später werden Grüne mehr den je angegriffen und physisch verletzt. Die Situation ist eskaliert, weil Christen-Politiker kontinuierlich Öl ins Feuer gießen.

 

Markus Söder ist mitschuldig, wenn der rechte Mob versucht, Menschen zu töten und zu verletzen. Der bayerische Ministerpräsident und sein Stellvertreter stacheln zu gewalttätigem Frauenhass auf.

[….] Konservative hacken zurzeit vor allem auf Grünen-Frauen herum. Der CSU-Chef verglich die Umweltministerin mit Margot Honecker. Das spielt der AfD in die Hände. [….] Grünen-Bashing liegt im Trend. Erst kürzlich wurde Wirtschaftsminister Robert Habeck am Verlassen einer Fähre gehindert und angefeindet. Wie heftig der Hass gegen die Partei ist, bekam das Spitzenpersonal nun erneut zu spüren: Wegen gewaltsamer Proteste, unter anderem von Landwirten, mussten sie den Politischen Aschermittwoch im baden-württembergischen Biberach absagen. Protestierende beschimpften und blockierten Parteichefin Ricarda Lang. Am Auto von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir wurde die Scheibe eingeschlagen. [….] Der Hass trifft alle Grünen, aber unter ihnen besonders stark benachteiligte Gruppen wie Frauen, Queers oder Menschen mit Migrationsgeschichte. Sie werden zur Zielscheibe gemacht, denn ihre Gleichberechtigung steht für den gesellschaftlichen Fortschritt, den Rechte ablehnen. [….] Dabei hätte die Union das gar nicht nötig, vor allem nicht in Bayern. Sie hat genug Anlässe, die Grünen für ihre Politik zu kritisieren. Stattdessen tut Söder das Gleiche wie andere Konservative: Er redet genauso daher wie die AfD – in der Hoffnung, sie auf diese Weise überflüssig zu machen. Doch in Wirklichkeit stärkt er sie damit. Wer rechtspopulistische Strategien benutzt wie Söder in seiner Rede am Politischen Aschermittwoch, macht sich nicht nur mit der AfD – auf der anderen Seite der vermeintlichen Brandmauer – gemein. Er trägt auch dazu bei, Frauenhass zu normalisieren. [….]

(Alexandra Hilpert, 15.02.2024)

Die bayerische politische Kultur verharrt mit der CSU und den FW in präzivilisatorischen Zeiten. Seit Strauß, dem ewigen CSU-Ehrenvorsitzenden, veränderte sich das Mindset der Partei kaum. FJS predigte einfache Regeln im Umgang mit Frauen. 1. Seine Christlichen Generalsekretäre hatten ihm abends zwei Prostituierte zuzuführen. 2. Wenn eine Frau unzufrieden/aufmüpfig/traurig war, könne man sie wieder zur Vernunft bringen, indem sie ordentlich durchgevögelt würde. Der Straußsche Nuttenverschleiß war durchaus bekannt und brachte ihm nur noch mehr Bewunderung ein.

[….] Am Montagmittag letzter Woche um halb zwölf Uhr Ortszeit meldete sich beim Deutschen Generalkonsulat in New York ein Polizist und teilte mit, gegen 2.45 Uhr sei »ein gewisser Josef Straub«, wohnhaft im Hotel Plaza, von drei Frauen, »zwei Negerinnen und einer Weißen«, überfallen, aus der rechten Gesäßtasche sei ihm ein Portemonnaie mit 180 Dollar und 300 Mark geraubt worden. »Er gab an«, so berichtete der Anrufer, der Geschädigte sei »Mitglied des deutschen Parlaments«. [….] [….] Es kann sicher nicht jedem passieren. Es muß aber jeder damit rechnen, Vr nachts um halb drei auf der 59. Straße (Jahresrate der Raubüberfälle in New York City: 60 000) »ein wenig Luft schnappen« (Strauß) geht. Denn, so ein Polizist des 19. Reviers: »Eine Menge Männer, die auf Reisen hier in den Hotels wohnen, gehen um drei Uhr morgens spazieren, und die Mädchen nähern sich ihnen, um sie zum Geschlechtsverkehr zu animieren. Sie würden keinerlei Geld verdienen, wenn die Herren nicht auf der Straße wären.« Eine der Straßen vor dem Plaza Hotel heißt bei New Yorks Polizei »Prostitutes Promenade«.

Franz Josef Strauß hatte das nicht gewußt. Zusammen mit seinem Duzfreund Walter Schöll, Anzeigen-Agent aus München und 1951 als Walter I. Faschingsprinz der Weißwurst-Metropole, war der CSU-Chef übers Wochenende nach New York geflogen: [….] Gegen zwei Uhr verabschiedete sich Schöll: »Weißt du, i geh' jetz ins Bett, i bin müd.« Strauß hingegen plagte »wegen der überhitzten Räume in New York« Bierdurst. [….] Kaum war der im offenen Mantel nachtwandelnde CSU-Chef aus dem Lichtkegel der Hotelhalle entschwunden, da »habe -- so erinnert sich Strauß -- ein gelber Pkw am Bordstein gehalten, am Steuer ein »Wesen«, das er nicht näher habe identifizieren können. Ausgestiegen sei ein Negermädchen mit blonder Perücke, das Ihn mit einer eindeutigen Geste und den Worten »get in« aufgefordert habe, im Fond der Liebeskutsche Platz zu nehmen. [….]

Doch während Straußens unvermittelter Wendung ins Dunkel konnte das passieren, wofür die beiden Prostituierten später beim zuständigen Criminal Court wegen »schweren Diebstahls« und »Raubes« angeklagt wurden. Strauß: »Mit raffiniertem Griff ist die mir in die Hosentasche gefahren, ich konnte mich nicht einmal so schnell umdrehen, und davon warn's.«

Im wiederaufgetauchten gelben Wagen -- für eine Auto-Runde um den Block braucht man an dieser Stelle etwa fünf bis acht Minuten -- entschwanden die Nachtschönen (Strauß: »Schnell wie Wildkatzen") mitsamt der Geldbörse, dem Führerschein, dem Impfschein und -- wie der CSU-Chef erst viel später bemerkte -- auch dem Paß, der in der Rocktasche gesteckt hatte. [….] Der blaue Diplomaten-Paß des Abgeordneten sowie sein Impfschein tauchten erst später wieder auf. Postbeamte hatten sie aus einem Briefkasten nahe der »Grand Central Station« geholt.

Um 4.40 Uhr identifizierte der aus dem Schlaf geholte Bayer auf dem Revier durch einen Einwegspiegel (für die Verdächtigen unsichtbar) seine Räuberinnen:

* die Prostituierte Lisa Gonzales, 27, schwarz, 1,67 Meter, 149 Pfund, Beruf: Hausfrau, Adresse: 245 West, 45. Straße (falsch), vorbestraft, Aktenzeichen A -- 5947;

* die Prostituierte Linda Philips, 23, weiß, 1,65 Meter, 104 Pfund, Beruf Tänzerin, Adresse 301 East, 73. Straße (falsch), vorbestraft, Aktenzeichen A -- 5946.

Beide -- die dritte Person Im Auto wurde nicht gefaßt -- gaben kund, nicht sie hätten Strauß, sondern Strauß habe sie angesprochen, eine Einlassung, die Strauß energisch zurückwies. [….] Strauß laut Schöll: »Stell dir vor, daß einem so a dürre, greißlige Henn', die weit unter einem Zentner wiegt, was tun könnt.« [….] Der Geprellte selber schwankte am Morgen nach der Tat im Urteil über die Zweckmäßigkeit seines nächtlichen Verhaltens. Strauß einerseits: »Wenn ich das nur ernst genommen hätte, wenn ich einmal hingelangt hätte, wären die vier Wochen ohnmächtig gewesen.« Strauß andererseits: »Ich werde ja häufiger mal von solchen Mädchen angesprochen, doch nie bin ich so behandelt worden, nachdem ich nein gesagt hatte.« Merke: »Wenn Ich das Angebot angenommen und nicht nein gesagt hätte, wäre es anders glaufen.« [….]

(SPIEGEL, 1971)

Söder ist 2024 immer noch sein größter Fan.

Söders widerliche Hetze gegen mehrere Grüne Politikerinnen hatte

Folgen. Nach der wegen der Bauerngewalt abgesagten Grünen Aschermittwochsveranstaltung, entkam Parteichefin Lang am Abend nur knapp weiteren Gewalttaten und blieb nur durch den massiven Einsatz der Polizei und ihrer Personenschützer unverletzt.

[….] Die Grünen wurden erneut Opfer von Anfeindungen. Eine Spur führt zu den Aussagen Markus Söders. [….] Auch Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang bekam die Wut des Mobs zu spüren. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtete, verfolgte eine aufgebrachte Menge die Politikerin und ihre Personenschützer in Schorndorf rund 50 Meter weit und beschimpfte sie dabei, bis die Polizei schließlich Einhalt gebot. [….] Die CSU hatte dort ebenfalls einen politischen Aschermittwoch abgehalten, auf dem Söder zu einem Rundumschlag gegen sein Lieblingsziel ausholte: die Grünen. Neben dem altbekannten Narrativ von der Verbotspartei, die nicht so recht zu Bayern passe, auch ein Tiefschlag: Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sei eine „grüne Margot Honecker“.

Für Lemke, die selbst in der DDR aufwuchs und, laut einem Tweet des Umweltministeriums „1989 zusammen mit hunderttausenden Menschen auf die Straße“ ging, um „für Freiheit, Demokratie und gegen das DDR-Regime zu demonstrieren“, ist diese Aussage von Markus Söder „ebenso geschichtsvergessen wie grenzüberschreitend“. Der ehemalige grüne Abgeordnete Trittin wurde in seinem Post noch deutlicher. Aussagen wie die Söders würden „genau jene Enthemmung“ fördern, die letztlich „den rechten Mob“ befeuere, so der Vorwurf Trittins. 


[….] Politikwissenschaftler Martin Gross, der am Institut für PolitikwissenschaGefährlich werde es aber, wenn „der politische Wettbewerb durch Aussagen wie die von Markus Söder vergiftet wird“. Denn „diese fallen zurzeit auf einen fruchtbaren Boden in gewissen, sich radikalisierenden Teilen der Gesellschaft“.

„Die teilweise ausgearteten und mit nichts zu rechtfertigenden Proteste einzelner Bauern und Fuhrunternehmer werden durch solche Aussagen weiter angeheizt und richten sich im Endeffekt nicht ausschließlich gegen die Grünen, sondern gegen die gesamte politische Elite – und damit auch die CSU. Das ist ein sehr gefährliches Vorgehen“, so [Politikwissenschaftler Martin] Gross weiter. Aussagen, wie die von Markus Söder vorgenommene, hätten daher „im demokratischen Diskurs absolut keinen Platz“. Der Vergleich von Steffi Lemke und Margot Honecker sei „deplatziert“ und lasse „bei Markus Söder jegliches Wissen über die Person Margot Honecker und ihre Bedeutung als Ministerin für Volksbildung der DDR vermissen“. [….]

(FR, 15.02.2024)

So wie die AfD die Angriffe auf Grüne Politikerinnen feuert, begeistern sich auch die CSU-Fans an der Söder-Suada im Bierzelt. 2023 gab es 1.200 Straftaten gegen Vertreter der Grünenund CDUCSUAFDPFWBSW hetzen munter weiter.

 

Die Blaunen zerstören gemeinsam das Fundament unserer Demokratie. Und der Urnenpöbel liebt es!