Ganze 78
Seiten stark ist die Halbzeitbilanz „gesagtgetangerecht“
der SPD-Bundestagsfraktion.
Eine
tolle Sache. Mit den abgegriffensten Slogans, die sich ein Spindoktor
vorstellen kann - die SPD-Bundestagsfraktion packt an – pinselt man sich selbst
den Bauch.
Aber
offensichtlich traut sich die SPD-Fraktion kein Urteil darüber zu, ob die
gesagtgetangerechten Dinge auch RICHTIG sind.
Sie schätzt
ihre eigene Glaubwürdigkeit als genauso gering ein, wie sie tatsächlich ist.
Daher
wird zu jedem umgesetzten Punkt eine beeindruckende Meinungsumfrage
hintangestellt.
Umfragen,
die aber nur in der gedruckten Version für die Mitglieder enthalten sind.
Offensichtlich fürchtet die Fraktionsführung,
daß die Parteibasis nicht überzeugt ist und will sie im wohligen Gefühl wiegen
zur übergroßen Majorität zu gehören.
Wir
erfahren unglaublich überraschende Zahlen: 93% der Bürger sagen JA zur „Guten
Pflege“ und „in Würde altern“.
Donnerschlach.
Wer hätte das gedacht?
In der
Welt der SPD-Fraktion ist alles super. Sie tut ja immer nur das, was auch große
Mehrheiten des Volkes wollen. Dazu ist sie auch noch ehrlich und verlässlich.
Sie setzte genau das um, was sie vorher auch versprochen hat.
Deswegen
wird der SPD in allen Umfragen ja auch eine satte absolute Mehrheit attestiert.
Moment.
Den
letzten Satz streiche man lieber.
In
Wahrheit ist die SPD bei der bundesweiten Sonntagsfrage gerade auf ein Legislatur-Tief von 23% runtergerauscht. Noch
einmal deutlich weniger, als beim desaströsen Ergebnis von 2013.
Ich will
an dieser Stelle darauf verzichten die angeblich so enormen Erfolge der SPD
genauer unter die Lupe zu nehmen.
Oft
handelt es sich in Wahrheit nämlich nur um eher schwache Kompromisse. Es gibt
eben keine volle Gleichstellung
Homosexueller, es gibt keine
doppelte Staatsbürgerschaft, es gibt keine
Transparenz bei den Waffenexporten und es gibt auch keine guten Verhältnisse in Pflegeheimen.
Mir ist
auch noch nicht aufgefallen, daß durch die Mietpreisbremse auf einmal große
Auswahl an günstigen Mietwohnungen in Hamburg herrscht.
Ich
nehme es der SPD noch nicht mal übel, daß sie sich in all diesen Punkten nicht
voll durchsetzen konnte. Da die CDU/CSU fast doppelt so stark wie die SPD ist,
wäre alles andere auch verwunderlich.
Übel
nehme ich der SPD, daß sie nicht ehrlich sagt wie weit sie ohne die Union gegangen
wäre, bzw wie sehr Merkel und Seehofer blockierten.
Außerdem
verschweigt die SPD-Bundestagsfraktion wieso sie eigentlich für
Militäreinsätze, TTIP, Waffenexporte in das grausame Folterregime Saudi-Arabien
und die Vorratsdatenspeicherung engagiert ist.
Die
Halbzeitbilanz ohne die extrem unpopulären Punkte vorzulegen, den Mitgliedern also
immer noch nicht zu erklären, wieso Zickzack-Sigi auf einmal doch für die
Vorratsdatenspeicherung war, schafft nicht gerade Vertrauen.
Überhaupt
scheint mir Gabriel Strategie sich an den Mainstream anzupassen grandios
gescheitert zu sein.
Der
Parteichef, der immer behauptet so genau zu wissen wie der einfache Bürger
tickt und sich gemäß dem Merkel-Vorbild je nach Umfrage entscheidet, bzw die
unpopulären Entscheidungen verheimlicht, vergisst daß seine Partei eben nicht
die CDU ist.
In der SPD möchte man nicht nur dem Stammtisch und der Straße folgen, sondern bevorzugt Entscheidungen, die an einem humanistischen Kompass ausgerichtet sind.
Wenn
Gabriels Methode sich immer nach der Mehrheit zu richten auch bei der SPD
funktionieren würde, müßte nach der
beeindruckenden, mit enormen Zustimmungswerten versehenen Halbzeitbilanz
an der demoskopischen Front Friede-Freude-Eierkuchen herrschen.
Aber
lieber Sigmar Gabriel, das Gegenteil ist der Fall.
Mir scheint
es nur zu offensichtlich, daß die potentiellen SPD-Wähler die Nase gestrichen
voll davon haben, wie die Parteiführung an Merkels Rockzipfeln hängt in
erbärmlicher Weise angeblichen Stimmungen folgt.
[….]
Nach den Übergriffen von Köln kann es der
Großen Koalition gar nicht schnell genug gehen: Gesetze sollen verschärft, die
Bürger beruhigt werden. In der SPD wird nun gewarnt: Man solle sich nicht
treiben lassen.
Die Winterpause des
Bundestags ist vorbei, die Abgeordneten kommen diese Woche zu ihren Sitzungen
zusammen. Von einem gemächlichen Neujahrsbeginn kann diesmal wahrlich keine
Rede sein. Das Hauptthema sind die Übergriffe in Köln - und wie damit
umgegangen werden soll. "Die Stimmung an der Basis ist unterirdisch",
beschrieb Carsten Linnenmann (CDU) die Lage auf einer Klausurtagung des
CDU-Bundesvorstandes.
Die Parteichefs von
CDU, CSU und SPD - Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel - stehen
unter Druck. In Zuschriften an Parlamentarier der Großen Koalition vermischt
sich die Wut über die Vorfälle in Köln mit dem Zweifel, ob die Flüchtlingskrise
überhaupt noch zu schaffen ist. [….]
Kanzlerin Merkel, deren Flüchtlingspolitik in
der Union umstritten ist, ist im Zugzwang, auch sie plädiert für härtere
Gesetze. [….] Noch vergangene Woche
lehnten Stimmen vom linken Flügel der SPD raschere Abschiebungen ab, doch dann
überraschte Parteichef und Vizekanzler Sigmar Gabriel mit einem
"Bild"-Interview aus Kuba, wo er gerade Wirtschaftsgespräche führte.
Gabriel verlangte, es müssten "alle Möglichkeiten des internationalen
Rechts" ausgelotet werden, "um kriminelle Asylbewerber in ihre Heimat
zurückzuschicken". Das sei man den Deutschen und der "überwiegenden
Mehrheit der anständigen Flüchtlinge schuldig".[….]
Abgesehen
davon, daß mir als Laie nicht ersichtlich ist, wieso offenbar genug Polizisten
vorhanden sind, um jedes Auto, das ein paar Minuten im Halteverbot steht,
abzuzetteln, während man gleichzeitig über Personalnot klagt, ist es mir auch
neu, daß es bisher erlaubt war Frauen zu vergewaltigen oder handgreiflich zu
werden.
Ich bin
kein Jurist, aber ich dachte, das wäre bisher auch schon verboten gewesen.
Und
welcher Strafrechtsparagraph regelt die Unterlassung von Strafverfolgung in
Abhängigkeit vom Haut-Teint?
Wie
erbärmlich, daß Gabriel und Co nun in schönster rechtspopulistischer CSU-Art
sofort nach schärferen Gesetzen verlangen. Ein bißchen Rassismus ist auf einmal ganz in Ordnung?
Auf so
eine SPD kann man als Mitglied nicht stolz sein.
Nicht Gesetze fehlen,
sondern eine Exekutiv, die sie wie es sich gehört, anwendet. Schreckliche
Angriffe auf Frauen wie in der Silvesternacht in Köln werden durch neue Gesetze
nicht verhindert. Auch die Fehler der Polizeiführung nicht. Schon deshalb sind
die Vorschläge aus der Union unseriös und daneben. Ein neues Gesetz, das die
Ausweisung von Asylbewerbern nach Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe mit
Bewährung erlaubt, hätte nicht geholfen. Ein solches Gesetz gibt es nämlich
schon. Und wer mit Gewalt, Drohung mit Gefahr für Leib und Leben eine andere
Person sexuell nötigt oder sich deren Handys und Geld aneignet, ist bereits
heute als Verbrecher und Räuber mit Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr
bedroht. Das Problem ist, die Polizei war zwar in Köln vor Ort, aber nicht in
der Lage, die Angriffe auf Frauen zu verhindern, Verdächtige zu identifizieren
und festzunehmen. Sie hat versagt. Die Fehler lagen mach Stand der
Informationen bei der Führung. Jetzt ist es schwierig, Täter zu finden, Taten
nachzuweisen und in absehbarer Zeit zu rechtskräftigen Verurteilungen gar von
Serientätern zu kommen. Daran werden die vorgeschlagenen neuen Gesetze nichts
ändern. Die Polizei muß in die Lage versetzt werden, ihres Amtes zu walten.
BTW: