Es gibt
kaum einen der omnipräsenten TV-Talkshowgast-Journalisten, den ich so
unsympathisch finde, wie STERN-Mann Jörges.
Am
meisten stört mich seine Selbstverliebtheit, dieses sich immerzu in die Kameras
drängen. Zugegebenermaßen ein unsinniger Vorwurf, schließlich liegt das in der
Natur der Sache. Wenig sinnvoll Fernsehen zu gucken und sich über diejenigen zu
echauffieren, die im Fernsehen sind.
Vermutlich
habe ich ihm nie verziehen, daß er in den frühen 2000er Jahren an der Spitze
derjenigen stand, die mit aller Macht Rotgrün loswerden wollten, um Westerwelle in die Regierung
zu befördern.
(….)
Staatliche Rentenversicherung war out, jeder sollte privat vorsorgen. Im großen
Maßstab wurden dem deutschen Michel geraten Telekom-Aktien zu kaufen, sich
Maschmeyers AWD-Finanzprodukte zuzulegen.
Immer
dramatischer warnten Gabor Steingart (SPIEGEL) und Hans-Ulrich Jörges (STERN)
vor dem Untergang Deutschlands, wenn nicht bald Merkel und Westerwelle die
Regierung übernähmen und die totale Marktliberalisierung in Gang setzten. (…..)
(Politik und Pietät, 18.03.2016)
(Politik und Pietät, 18.03.2016)
Heute war
Herr Jörges Gast im Morgenmagazin und sagte
einige bedenkenswerte Dinge.
Die
deutsche Bekümmerung über den Ausgang des türkischen Verfassungsreferendums
sei „die größte Heuchelei“.
"In Wahrheit war die
Bundesregierung erfreut darüber, dass Erdogan sein Referendum gewonnen hat. Die
größte Sorge war, dass er es verliert und dass dann neben den Kriegen in Syrien
und im Irak auch noch eine große Türkei-Krise ausbricht."
(Presseschau
mit Hans-Ulrich Jörges, 27.04.2017)
So
abwegig ist das nicht. Man stelle sich vor, das Hayir-Lager hätte mit 51% vorn
gelegen und Recep Tayyip Erdoğan müßte mit einer gewaltigen Klatsche leben.
Hätte er
das etwa einfach achselzuckend hingenommen?
150.000
Verhaftete und Degradierte in der Türkei zeigen doch deutlich wie der Präsident
mit Widerspruch umgeht.
Die „Säuberungen“
hätten womöglich ein nicht vorstellbares Maß erreicht, es wäre vielleicht zu
einem offenen Bürgerkrieg gekommen, wenn die Regierungsgegner mit einem
Mehrheitsvotum im Rücken auf ein Regime geprallt wären, welches das gesamte Land
– Armee, Justiz, Medien, Parlamente – kontrolliert.
Neben
den ca drei Millionen Bürgerkriegsflüchtlinge in der Türkei würden dann unter
Umständen weitere Millionen Türken folgen, die ebenfalls aus ihrem Land fliehen
müßten.
Zudem
wies Jörges darauf hin, daß gerade mal 13% aller türkischstämmiger Menschen in
Deutschland mit „Evet“ gestimmt hätten, 87% könne man nicht als Erdoğan-Fans
vereinnahmen.
(Nach
meinen Informationen von vor zwei Wochen waren es 15% statt 13%, also in etwa die
gleiche Größenordnung)
Angesichts
dieser doch recht kleinen Minderheit sei es schäbig, wie Christian Lindner auf
dem Rücken der Migranten nun eine Anti-Doppelpass-Kampagne lostrete.
Die FDP
suche nun ihren Platz weit rechts der Mitte zwischen CDU/CSU und AfD.
Wieder
muß ich Jörges zustimmen; die Christian-Linder-Partei (CLP) wird rapide unsympathischer.
Ungeniert
feuert der Chef aus der rechten Ecke.
[…..]
In einem Interview mit dem Magazin
"Stern" wendet sich Linder recht offensichtlich an die Menschen am
rechten Rand des Wählerspektrums. "Warum sind so viele Deutschtürken keine
Verfassungspatrioten?", fragt Lindner darin. Deutschland sollte beginnen,
sich "offensiver zu seinem großartigen liberalen Grundgesetz zu
bekennen".
Der FDP-Chef befand in
diesem Zusammenhang außerdem: Der türkischstämmige Fußballer Mesut Özil soll
vor Spielen der Nationalmannschaft die deutsche Hymne mitsingen.
Lindner kritisierte
zudem die Flüchtlingspolitik der Bundesreagierung. "Unsere
Zuwanderungspolitik benötigt eine Generalinventur", sagte er dem
"stern". "Wer bleibt, den müssen wir uns aussuchen. Da sollte
das Ziel der Integration viel stärker die deutsche Staatsangehörigkeit
sein."
Das Interview von
Lindner sorgte in den sozialen Medien schnell für Wirbel. Vor allem der Satz
über Mesut Özil missfiel vielen Lesern. "Leute zwingen, eine Hymne zu
singen - ist das liberal?", fragte etwa einer. […..]
Die FDP
in der Nähe der AfD scheint zu funktionieren. Petrys Umfragezahlen werden
kleiner, die FDP kratzt schon wieder an den 10%.
Braun
kommt immer an in Deutschland.
Bezeichnenderweise
verwendet der eher linke Grüne Jürgen Trittin heute die
gleiche Wortwahl wie CDU-General Tauber vor vier Monaten:
Özil-Verunglimpfung, Doppelpass-Revision, Griechenland-Bashing - @c_lindner gibt den #Gauland https://t.co/ZGo9sSMrVx @MesutOzil1088— Jürgen Trittin (@JTrittin) 26. April 2017
[….]
CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat
FDP-Chef Christian Lindner scharf attackiert. Zwei Tage nach dem
Dreikönigstreffen der Liberalen, bei dem Lindner die Union erneut wegen ihrer
Flüchtlings- und Sicherheitspolitik kritisiert hatte, warf Tauber dem FDP-Chef
überhebliches Verhalten vor. Das provoziere ein erneutes Scheitern der
Liberalen wie bei der Wahl 2013.
Damals hatte die FDP
bei der Bundestagswahl nur 4,8 Prozent der Stimmen geholt und ist seitdem nicht
mehr als Fraktion im Bundestag vertreten. "Der Grund, warum die FDP damals
aus dem Bundestag geflogen ist, war nicht die CDU, sondern sie selbst",
sagte Tauber der Bild am Sonntag. "Und mit seinem selbstherrlichen
Auftreten tut Herr Lindner gerade alles dafür, dass sie es wieder nicht schafft.
Dann wäre die FDP erledigt."
Lindners Auftreten
erinnere ihn an den stellvertretenden Parteichef der Alternative für
Deutschland, sagte Tauber: "Er redet teilweise wie Herr Gauland von der
AfD. Der einzige Unterschied besteht darin, dass er statt eines abgewetzten
Tweed-Sakkos einen überteuerten Maßanzug trägt." […..]
Das ist
schon eine sehr ekelige Allianz mit den Rechten, die Türkei-Basher Lindner
anstrebt.
Von taz
bis WELT, von Linke bis CSU stehen Medien und Parteien in Deutschland
ausnahmsweise zusammen, wenn es um die Menschenrechtsverstöße unter Präsident
Erdoğan geht. Einheitlich fordert man die Freilassung Deniz Yücels und all der
anderen inhaftierten Journalisten in der Türkei.
Aber
rechts von der CSU, bei denen, die Lindner anvisiert sieht das anders aus.
[….]
Am Tag nach dem Verfassungsreferendum in
der Türkei ließ die Welt eine Spalte auf der ersten Seite leer: "Freiraum
für Deniz. Hier würde der Kommentar von Deniz Yücel stehen". Dietmar
Bartsch, ein Politiker der Linken, von dem Ulf Poschardt sagt, er werde ihn kaum
wählen, verbreitete die leere Spalte auf Twitter, mit dem Kommentar:
"Schon cool."
[….]
Mit der taz habe man eine Art
"Redaktionsgemeinschaft" in Sachen Deniz Yücel gegründet. Eine
Kollegin, ein Kollege sei immer vor Ort in Istanbul, für alle Fälle. Man löse
sich ab. "Wie Sie heute meinem rockigen Senkt-die-Steuern-Kommentar
entnehmen können", sagt Poschardt, "haben wir ordnungspolitisch
komplett konträre Positionen. Aber wenn es darum geht, Meinungsfreiheit zu
verteidigen, marschieren wir zusammen."
[….]
Nur die AfD schert aus dem Korso aus.
"Die verzeihen Deniz den Deutschenhass nie", sagt Ulf Poschardt,
"sie hassen ihn im selben Wortlaut und mit derselben Garstigkeit, mit der
die AKP ihn hasst." Es sieht in der Tat nach einem neuen Frontverlauf aus,
in Sachen Kulturkampf, beziehungsweise nach einem Wahlkampfthemchen für die
AfD.
[….]
Nun twittert ein Markus Frohnmaier,
Jahrgang 1991 und Bundesvorsitzender der Jungen Alternative:
"National-Borderliner #Yücel hätte in Deutschland schon längst wegen
Beleidigung und Volksverhetzung Gefängnis von innen erleben sollen." Und
Pegida-Chef Lutz Bachmann tritt auf Facebook nach: "Gibt's in der Türkei
die Todesstrafe? Wenn ja, wäre die Hinrichtung von Schmierfink #Deniz mal
wieder ein guter Grund hinzufahren!" [….]