Seit mindestens sechs Jahren hört man von linken Politikern den richtigen Satz: Wir dürfen nicht Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren.
Eins schien endlich Konsens zu werden: Die Hauptursache
der Weltfinanzkrise und der drastisch zunehmenden Einkommensungerechtigkeit ist
eine von Verantwortung entkoppelte Managerkaste, die ohne persönliches Risiko
pro und contra alles wetten dürfen. Sharholder Value, also das unbedingte Primat
des kurzfristig maximalen Gewinns vor jedem ethischen, sozialen oder
nachhaltigen Gedanken ist die Wurzel allen Übels.
Jeden Monat kann man in einem der großen Wirtschaftsteile
Lobpreisungen der Familienunternehmen lesen. Sie kommen besser durch Krisen und
gehen seltener pleite.
Die Gründe liegen auf der Hand: Wer einen Betrieb
womöglich schon seit Generationen führt, wird nicht am Ende des Geschäftsjahres
jeden Cent des Gewinns abziehen, sondern so investieren, daß die Firma eine Zukunft
hat.
Man wird Produkte nicht maximal verteuern, um seine
Kunden so kräftig wie möglich auszupressen, sondern man wird einen fairen Preis
kalkulieren und kurzfristig damit weniger verdienen – dafür aber einen
zufriedenen Kunden gewinnen, der auch in den nächsten Jahren Kunde bleibt.
Ein ähnliches Prinzip wurde im heutigen „Hamburger
Abendblatt“ über das Ladensterben in Hamburgs nagelneuer todschicker Hafencity
beschrieben.
Die von CDU-Beust gebaute seelenlose Luxusstadt für die
Schönen und Reichen hat ungefähr so viel Flair wie eine Containerhalde.
Die Gebäude gehören milliardenschweren Immobiliengesellschaften,
die Ladenflächen für mindestens 45 Euro pro Quadratmeter an Eisdielen und
Blumenhöker vermieten.
Wie so viele Hamburger, gehöre ich zu denjenigen, die
sich das im Grunde nur einmal angesehen haben, über die abstoßenden sterilen
Betonflächen staunten und die armen däumchendrehenden Ladenbesitzer bedauerten,
die einsam in den Türen standen und in die menschenleere Umgebung starrten.
Zu wenige Kunden, zu teure Mieten: Immer mehr Geschäfte müssen aufgeben.
Manchmal sehe es in den Straßen aus "wie in einer
Geisterstadt", sagt ein Blumenhändler. In der HafenCity, die eigentlich
Hamburgs pulsierender Stadtteil am Wasser werden sollte, müssen immer mehr
Läden schließen.
Zu wenige Kunden, zu teure Mieten: Allein in der Ladenzeile am Großen
Grasbrook stehen fünf der insgesamt 13 Ladenflächen leer. "Insgesamt hat
mich das Abenteuer HafenCity 100.000 Euro gekostet", sagt der Optiker
Kevin Schütt, in dessen Geschäft Sehkunst seit einigen Tagen der
Räumungsverkauf läuft. Ende März ist die Schließung geplant, Schütt wird für
die GmbH Insolvenz anmelden.
Kein Einzelfall. Auch der Unternehmer Nic Mühlenkamp musste vor wenigen
Monaten seine Boost Juice Bar aufgeben.
(HH Abla 05.03.14)
Das ist genau das was dabei rauskommt, wenn man wie die
CDU nur Immobilienheuschrecken planen läßt, die für ihre Investoren die
maximalen Gewinne erwirtschaften wollen: Sie pressen ihre Kunden (in dem Fall:
Mieter) so aus, daß sie binnen kurzer Zeit ruiniert sind und nie wieder etwas
mieten.
Eine Immobilie in Familienbesitz wäre womöglich
weitsichtiger geführt worden. Man hätte den Mietern eher geholfen, wäre ihnen
entgegen gekommen, so daß sie prosperieren und weitere Läden anlocken würden.
Die Ladenzeile am Großen Grasbrook gehört aber der „Union
Investment“ (Union Asset Management Holding AG), der Investmentgesellschaft der
DZ Bank-Gruppe und verwaltet ein Vermögen von 206 Milliarden Euro.
Da sollen die Aktionäre glücklich gemacht werden und so
ließ man Schütts Laden "Sehkunst", eine Eisdiele, ein Schuhladen, ein
Asia-Restaurant, Mühlenkamps
Saftladen "Boost Juice Bar" und Ünsals Geschäft
"Blume Fresh" ohne mit der Wimper zu zucken pleite gehen. Vermutlich
ist der zuständige Mitarbeiter der Union Invest ein 23-Jähriger Controler, der
eben irgendeine Business-school abgeschlossen hat seine Chefs mit
Profitmaximierung beeindrucken will.
Zunächst einmal werden allerdings gar keine Mieteinnahmen
mehr fließen. Aber was macht das schon? Schlimmstenfalls gerät die „Union
Investment“ in „finanzielle Schieflage“ und jammert dann Herrn Schäuble an, der
sofort die Systemrelevanz der DG-Bank ins Spiel bringen wird und daraus
messerscharf schließt, daß Bankenabgaben keinesfalls eingeführt werden dürfen.
Unser 23-Jähriger Controler hat unterdessen einen fetten
Jahresbonus eingestrichen, zahlt seinen ersten 911er Porsche an und schimpft
auf die faulen HartzIV-Schmarotzer.
Dabei reichen eigentlich drei Hirnzellen aus, um sich
auszumalen, daß das Vermieter-Geschäft nur funktionieren kann, wenn man die
Mieter nicht ruiniert, sondern konstruktiv mit ihnen zusammen arbeitet.
A propos drei Hirnzellen:
Viel mehr Intelligenz hätte man auch nicht gebraucht, um
zu erkennen, daß es herkömmlicher Kohle- und Atomstrom in Zukunft schwer haben
wird.
Als einer der vier Energieoligopolisten sollte man also
den zukünftigen Konkurrenzdruck der vielen Windräder und Solaranlagen fürchten.
Man wüßte; die Zukunft liegt in alternativen Energien und hätte deswegen so
viel wie möglich in derartige Techniken investiert.
Der zweitgrößte deutsche Energiekonzern RWE hatte aber
jahrelang Tomaten auf den Augen und setzte tumb weiter auf dicke
umweltverpestende Kohlkraftwerke.
Der zweitgrößte deutsche Energieversorger RWE ist erstmals seit der
Gründung der Bundesrepublik tief in die roten Zahlen gerutscht. Nach der am Dienstag in Essen präsentierten
Bilanz stürzte das Nettoergebnis auf minus 2,8 Milliarden Euro ab. Im Vorjahr
hatte RWE noch 1,3 Milliarden Euro verdient.
Grund für den hohen Verlust waren Abschreibungen in Milliardenhöhe vor
allem auf konventionelle Kraftwerke. RWE fährt unter Konzernchef Peter Terium
einen harten Sparkurs.
Zudem wurden im vergangenen Jahr knapp 3900 Vollzeitstellen gestrichen.
RWE hat außerdem bereits mehrere Kohlekraftwerke von Netz genommen, weil sie
keinen Gewinn mehr abwarfen.
Häme von Greenpeace – niemand hatte so massiv für
Atomstrom und gegen die Energiewende gearbeitet wie Ex-RWE-Chef (2007-2012) Jürgen
Großmann. Der 1,4 Milliarden schwere 2-Metermann (Großmann stand damit auf
Platz 83 auf der Liste der reichsten Deutschen) ist Mitglied von zwei
schlagenden Verbindungen und initiierte im August 2010 den Energiepolitischen Appell, eine Lobbyinitiative der vier großen
Stromkonzerne um die Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke
voranzubringen. Niemand propagierte so sehr den Atomstrom bei Merkel und Rösler
wie Jürgen Großmann.
Er wollte einfach nicht wahrhaben und muß jetzt zusehen,
wie die von ihm jahrelang verspotteten Greenpeacler Recht hatten.
Gern erwecken die deutschen Stromriesen den Eindruck, als sei die Energiewende
vor drei Jahren, nach der Katastrophe von Fukushima, ganz plötzlich über sie
gekommen. Tatsächlich wurde das Gesetz, das vielen Energiemanagern heute als
Quell allen Übels gilt, schon im Jahr 2000 geschaffen: das
Erneuerbare-Energie-Gesetz, kurz EEG.
Auch der Stromkonzern RWE hatte also sehr viel Zeit, sich darauf
vorzubereiten, dass in Deutschland Sonne, Wind oder Biomasse die klassischen
Energiequellen ersetzen sollen. Doch was tat RWE? Das Unternehmen aus Essen
startete noch 2005 ein milliardenschweres Programm, um Kohle- und Gaskraftwerke
in Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien zu bauen; einen Teil der
investierten Milliarden muss das Unternehmen nun abschreiben. […] Man sei spät, vielleicht sogar zu spät in
die erneuerbaren Energien eingestiegen, räumte Unternehmenschef Peter Terium
ein, als er am Dienstag bekannt gab, dass RWE erstmals seit 1945 einen Verlust
gemacht hat. [….]
(Ulrich Schäfer, SZ vom 05.03.2014)
Man muß sich wohl keine Sorgen um Jürgen Großmann mit
seinem privaten Milliardenvermögen machen.
Aber wie sieht es für den armen Peter Terium aus, der
seit zwei Jahren RWE leitet und nun aufgrund der Doofheit der RWE-Führung fast
4000 Menschen entlassen hat???
Für Konzern-Boss Peter Terium, der im Juli 2012 vom Vorstandsmitglied
zum Vorstandschef aufstieg, erhöhte sich
das Einkommen 2013 von 3,7 auf 4,5 Millionen Euro.
Es ist Deutschland hier.