Donnerstag, 10. Dezember 2020

Glück und Unglück in Berlin Treptow-Köpenick

Die deutsche Hauptstadt im Unglück:
Berlin ist Corona-Hotspot, schockiert die Republik seit Monaten mit Covidioten-Demos und damit einhergehenden Rekord-Inzidenz-Werten.

Bürgermeister Müller erwägt nun als Verzweiflungsmaßnahme schon vor dem 24.12. einen totalen Lockdown; Schließung der Läden mitten im Weihnachtsgeschäft.

Die Berliner Bezirke im Unglück:

In der Pandemie sind Gesundheitsämter und Amtsärzte die entscheidenden Akteure vor Ort. In mehreren Bezirken, darunter Treptow-Köpenick, ist die entsprechende Stelle gar nicht besetzt.

[…..] In Berlin ist es schwierig, Amtsärzte zu finden. Auch in Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf sind die Stellen mangels Bewerbern unbesetzt. […..]

(Taz, 03.12.2020)

Treptow-Köpenick im Glück:

In diesem östlichen Bezirk gibt es seit 2018 einen Mann, der rein zufällig besonders qualifiziert für eine Pandemie ist: Dennis Hedeler.

[…..] Der 51-Jährige ist Hygienereferent im Bezirksamt Berlin Treptow-Köpenick und dort der Experte zur Eindämmung der Corona-Pandemie.   Hedeler hat für "Ärzte ohne Grenzen" in Angola die Cholera bekämpft und in Sierra Leone Ebola. "Du musst immer schneller sein als die Pandemie", das hat er dort gelernt. Mit dem Ausbruch von Corona ist er dann in Treptow-Köpenick erfolgreich gegen diese Seuche vorgegangen. Die Infektionszahlen in dem Bezirk waren seit dem Frühjahr vergleichsweise niedrig. Hedeler hat schon darauf gedrängt, die Menschen umfassend zu testen, als andere Bezirke noch kaum daran dachten. Bei den ersten Anzeichen ist er persönlich in Altenheime oder Flüchtlingseinrichtungen gegangen, um sich ein Bild zu machen. "Die Unterstützung durch Herrn Denis Hedeler erfolgt in einer Qualität, die ihresgleichen sucht", heißt es in einem Schreiben des Johanniter-Pflegeheims im Bezirk. […..]

(Jan Heidtmann, 09.12.2020)

Treptow-Köpenick im Glück:

Dennis Hedeler war schon zwei Jahre stellvertretender Amtsarzt des Bezirks und wird außerordentlich geschätzt. In einer Online-Petition fordern bereits 37.671 Menschen Hedelers Einsetzung. Er bekam mehrere enthusiastische Empfehlungsschreiben.

Treptow-Köpenick im Unglück:

Dr. Hedeler ist schwarz.

Treptow-Köpenick im Unglück:

Dr. Hedeler ist schwul.

Treptow-Köpenick im Unglück:

Über Hedelers berufliche Zukunft entscheidet unter anderem AfD- Gesundheitsstadtrat Bernd Geschanowski.

Treptow-Köpenick im Unglück:

Geschanowski lehnte nicht nur Hedelers Bewerbung für den Amtsarztposten ab, sondern ließ ihn auch als Stellvertretender Amtsarzt feuern.

[….] Hedeler lebt seit 24 Jahren in Deutschland. 2018 kam er als Hygiene-Referent nach Treptow-Köpenick, wurde nach kurzer Zeit vom Amtsarzt zu dessen Stellvertreter ernannt. Im Umgang mit Seuchen ist der 51-Jährige erfahren. Für seinen Einsatz in der Bekämpfung des Ebola-Ausbruchs 2014 in Westafrika wurde er im Bremer Rathaus geehrt. In der dortigen Gesundheitsbehörde war Hedeler vor seinem Wechsel nach Berlin jahrelang tätig.  Mittlerweile hat die kommissarische Amtsleiterin Hedeler von seinen Aufgaben entbunden, wie zuerst der "Tagesspiegel" berichtet hatte. Der Mediziner soll künftig als einfacher Facharzt in dem Bereich arbeiten, den er vor Kurzen stellvertretend leitete. "Als Hygiene-Referent habe ich keine Führungsverantwortung mehr, ich bin ein ganz normaler Arzt", sagt Hedeler. "Ich finde das auch okay. Aber was ich nicht okay finde, wer übernimmt jetzt die Verantwortung? Weil in der ganzen Abteilung bin ich der einzige Arzt." […..]

(RBB, 03.12.2020)

Treptow-Köpenick im Unglück:

Während die Pandemie tobt, versagen auch Bezirksbürgermeister Oliver Igel (42, SPD) und die kommissarische Amtsleiterin, die getrieben von der AfD nun sowohl die Stelle des Amtsarztes als auch des stellvertretenden Amtsarztes lieber vakant lassen.

[…..] Die kommissarische Amtsleiterin begründet die Absetzung mit ihrer "Fürsorgepflicht gegenüber allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitsamt und der Sicherung des ordnungsgemäßen Betriebes". Hedeler habe über einen längeren Zeitraum an keiner Dienstberatung teilgenommen und fachliche Anfragen nicht mehr selber beantwortet. Hedeler widerspricht dieser Darstellung. […..] Auch bei Amtsärzten aus anderen Bezirken ist der Fall ein Gesprächsthema. Aus ihren Reihen hieß es, das Vorgehen des Bezirks sei in der aktuell brisanten Corona-Lage eine "unnötige Eskalation" und geradezu fahrlässig, Hedelers Fachkompetenz sei nur schwer zu ersetzen. […..]

(Tagesspiegel, 30.11.2020)