Tragisch (griechisch
τραγικός) heißt nach Aristoteles ein Ereignis, das zugleich Mitleid (mit dem
Betroffenen), eleos, und Furcht (um uns selbst), phobos, erweckt. Es kann
allgemein „erschütternd“ bedeuten, in der Literatur bezeichnet es aber die
Tragik und die Form Tragödie.
Ein tragisches
Ereignis muss einerseits ein Leiden sein, weil es sonst nicht selbst Leid
wecken könnte; aber es darf nicht die gerechte Strafe eines wirklichen
Verbrechens sein, denn dies würden wir zwar bedauern, aber nicht bemitleiden.
Anderseits muss es furchtbar sein, weil wir es sonst nicht fürchten würden, und
es muss willkürlich verhängt sein. Nur das unverdiente Leiden ist wirklich
tragisch, einen „Schicksalsschlag des Lebens gegen den Menschen“. [….]
Das
klang nach einer wüsten Kriminalstory, die gestern über die Hamburger Sender
verbreitet wurde.
Schießerei
in einem Ahrensburger Altersheim. Tote und Verletzte. Schockierend, diese
brutale Gewalt gegen Alte. Wer ballert bitte sehr im Seniorenstift?
Greift
Al Kaida an?
Heute,
nachdem ein paar mehr Details bekannt geworden waren, veränderte sich die
Tonlage der Berichte.
Nun war
es nicht mehr die dramatische Räuberpistole, sondern ein fürchterlich tragische
Story.
Ein erweiterter
Selbstmord aus Liebe. Eine Verzweiflungstat eines Hochbetagten?
Eine Kapitulation vor der Demenz? Ein Opfer der Geißel Alzheimer?
Eine Kapitulation vor der Demenz? Ein Opfer der Geißel Alzheimer?
[….]
Der Fall hatte viele MOPO-Leser
erschüttert: Der 98-jährige Ehemann hatte deshalb das Feuer auf seine
91-jährige Frau eröffnet, weil er ihr weiteres Leiden ersparen wollte. [….]
Wie
schrecklich tragisch. Ein fast 100-Jähriger konnte seiner Frau nicht mehr
helfen. Und so griff er aus Liebe zur Waffe?
[….]
Demenz, eine furchtbare Krankheit – für
Betroffene, aber auch für Angehörige, die damit fertigwerden müssen, dass ein
geliebter Mensch immer mehr entgleitet in die Welt des Vergessens. Herbert K.
(98) war entschlossen, seine Frau zu erlösen – und sich selbst auch. Am Sonntag
besuchte er sie in ihrem Heim in Ahrensburg und schoss. Eine tödliche
Verzweiflungstat, die den Blick auf ein großes gesellschaftliches Problem
lenkt.
Zuerst feuerte Herbert
K. (Name geändert) auf seine 91-jährige Frau. In der festen Überzeugung, dass
sie tot ist, richtete er die Waffe dann gegen sich. Er war sofort tot. Sie
jedoch – und das verleiht der Geschichte zusätzliche Tragik – überlebte. Ihre
Lage ist kritisch. Sie wird es wohl nicht schaffen.
Herbert K. (Name
geändert) hat seine Frau inständig geliebt, erzählt Christian Potthoff (67),
der Geschäftsführer der Berliner Heimbetreiber-Firma „inter pares“. Jeden Tag
ist er ins Heim gefahren, um sie zu besuchen. [….]
Die BILD
versah ihre Berichterstattung mit Warnhinweisen ….
…da
Suizide immer noch als extrem tragisch gelten und alles dafür getan wird
Suizide zu verhindern.
Was wäre
es für ein Drama, wenn
Robert-Encke-artig selbstmörderische Nachahmungstäter erst auf
den Geschmack gebracht würden.
Die
Morgenpost gibt sich sogar noch mehr Mühe, druckt ein Interview mit einer
Alzheimer-Expertin („So schlimm ist Demenz für Angehörige“!), die bahnbrechende
Erkenntnisse von sich gibt:
[….] In
ihr Befinden spielen viele Gefühle mit hinein. Die Trauer, einen geliebten
Menschen nicht mehr so wie früher zu haben. Dazu die Wut, ausgerechnet selbst
betroffen zu sein. Wut, nicht mehr mit dem betroffenen Menschen sprechen zu
können. Daraus kann sich eine große Verzweiflung entwickeln. [….] Einsamkeit kann zu einer Überforderung der
Angehörigen beitragen.
[….]
Ganz wichtig ist das Gefühl, nicht allein
mit der Belastung dazustehen. Dabei hilft Austausch – mit Beratungsstellen,
aber auch mit anderen Betroffenen. Wir können jedem empfehlen, sich
Unterstützung zu holen. Denn häufig haben sich die Angehörigen kaum mehr selber
im Blick, weil sie sich nur noch um ihre Liebsten kümmern. [….]
Eine
perfide Form des Nachtretens.
Der
dumme Opi aus Ahrensburg hat sich halt keine Hilfe geholt.
Und eine
idiotische Form des Nachtretens, denn bei einem 98-Jährigen mit
Demenzproblematik ist das Ende der Seereise erreicht – da können noch so viele
Beratungsgespräche und Aufklärungsveranstaltungen von Vereinen nicht helfen.
Was ist
bloß los mit den Menschen?
Offenbar scheinen Journalisten immer noch zu glauben, daß nicht alle Menschen sterben müssen.
Offenbar scheinen Journalisten immer noch zu glauben, daß nicht alle Menschen sterben müssen.
Sterben
ist nicht tragisch, sondern das Normalste und Elementarste, das es gibt.
Das
Leben ist eine durch Geschlechtsverkehr übertragene Krankheit, die zu 100%
tödlich endet.
Oder
wie der Amerikaner sagt:
„Life sucks – and then you die“
Wir
sterben also alle und zwar auf jeden Fall.
Seltsamerweise
bildet sich der kleine Homo Sapiens ein durch intensives Ignorieren und
Verdrängen die absolute Sinnlosigkeit des eigenen Seins ausblenden zu können.
Niemand
will an sein eigenes Ende denken.
Daß
man endet ist klar, aber WIE man endet, ist außerordentlich vielfältig. So
unterschiedlich, daß man dabei glatt vergessen könnte, daß man ja doch stirbt
und demnach alles egal ist was man tut.
Ich
möchte im Schlaf sterben wie mein Großvater, nicht schreiend und heulend wie
seine Beifahrer im Wagen.
(Will Shriner)
Dank der wunderschönen Website WORLDOMETERS erfährt
man das menschliche Sterben in Echtzeit.
Jemand,
der 98 Jahre geworden ist und offenbar bis zum Schluss eine glückliche Ehe
führte hat ziemlich viel Glück gehabt in seinem Leben.
Es ist
nicht tragisch, sondern klug und umsichtig die Umstände zu analysieren und das
Unvermeidliche selbst in die Hand zu nehmen, um das Elend abzukürzen.
Das tote
Ehepaar in Ahrensburg (sie ist mittlerweile auch verstorben) sollte nicht als
tragischer Fall betrachtet werden, sondern als Anklage an die schweren
Religioten im deutschen Parlament, die entgegen des Wunsches der weit überwiegenden
Mehrheit der Bevölkerung selbstbestimmtes Sterben verweigern und in bösartiger
Weise den Menschen dadurch vermeidbares Leid zufügen.
Es ist erbärmlich, daß in Deutschland ein 98-Jähriger gezwungen wird zur Waffe zu greifen, wenn er seine Frau liebt.
Verfügten
Nahles, Griese, Thierse und all die CDUCSU-Christoban über einen Funken
Anstand, würde man Menschen in so einer Notlage helfen und sie nicht kriminalisieren
und im Stich lassen.
Man
würde offen über den Fall sprechen und schließlich medizinisch assistieren, um
einen sanften, schmerzfreien Tod auf Wunsch zu ermöglichen.
Hospize,
Palliativpflege, Alzheimerberatung, Depressionstelefone muss es natürlich
geben, aber Nahles und Co sind vollkommen geistesgestört, wenn sie glauben
dadurch den Tod vermeiden zu können.
Irgendwann
sterben wir doch alle – egal wie viel Käßmann betet und wie sehr
Alzheimer-Vereine einem Mut zusprechen.
Mitfühlende
Politiker würden sich dieser ultimativen Realität stellen und Möglichkeiten
schaffen, daß man ruhig und würdevoll sterben kann und nicht gezwungen wird sich
mit 98 Jahren einen Revolver zu besorgen.