Der in New York geborene James Charles Dickinson, 25, TikToker, ist ein echtes Phänomen: Dumm, wie Bohnenstroh; beschäftigt sich mit gänzlich irrelevanten Dingen und macht immer mal wieder Schlagzeilen mit pädosexuellen Übergriffen.
Wieso halte ich den jungen Mann für erwähnenswert? Das beginnt schon damit, daß ich, der einige Dekaden mehr auf dem Buckel hat, keinen Tiktok-Account besitzt und noch nie geschminkt war, überhaupt seinen Namen kenne.
Kein Wunder, der zig Millionen schwere James Charles
verfügt über eine Social-Media-Reichweite, von der Politiker nur träumen
können:
38,8 Millionen Tiktok-Follower mit 1,4 Milliarden Likes.
25 Millionen Youtube-Abonnenten mit 4 Milliarden Aufrufen.
20 Millionen Instagram-Follower und bei der Senioren-Plattform Facebook immerhin noch 2,5 Millionen Subscriber.
Wenn der Mann einen Furz lässt, bebt die Social-Media-Welt.
Und so rutschten seine Brüllattacken gegen US-Präsident Joe Biden auch in meine Feeds. In völliger Verkennung der politischen Lage und sagenhafter Unkenntnis der Fakten, beschuldigte James Charles ausgerechnet den Demokraten Biden, Roe v. Wade gekippt zu haben und als Präsident untätig zu sein.
Es ist natürlich genau umgekehrt: Biden versucht alles, um die „reproductive rights“ zu schützen. Sie wurden aber von Trumps rechtsextremen Supremecourt-Richtern abgeschafft. Das Rumpelstielzchen-Gezeter des Jungmillionärs wurde sofort vielfach „debunked“, aber was nützt das schon?
Gemäß Brandolini kann man solche Lügen nicht debunken und schon gar nicht, wenn sie von Accounts mit zig-millionenfacher Reichweite kommen, während beispielweise „2RawTooReal Entertainment“ mit (3290 Abonnenten) die Lügen richtigstellt und damit 700 Aufrufe generiert.
James Charles ist das Paradebeispiel eines „Double-Haters“, also eines US-amerikanischen Wahlberechtigten, der so sagenhaft verblödet ist, keinerlei Unterschiede zwischen Trump und Biden, zwischen den Demokraten und Republikanern, zu erkennen.
Sie wählen lieber gar nicht, was bei dem extrem die GOPer bevorzugendem Wahlrecht Typen, wie Trump, McConnell und Mike Johnson in Machtpositionen bringt, die daraufhin die Rechte und Sozialleistungen abschaffen, welche die jungen Double-Hater betreffen.
James Charles ist bedauerlicherweise nicht nur ein einzelner Idiot, der natürlich denken darf, was er möchte, sondern er ist ein gewaltiger Multiplikator, der seine demokratiegefährdenden Ansichten 100-millionenfach unter den Urnenpöbel bringt.
Menschen meines Alters, die sich mit Politik beschäftigen, können dieses Ausmaß an Dummheit nicht begreifen.
Natürlich muss ich die Jugend, ihre Moden, ihre Kommunikationsmethoden, ihren Sprachgebrauch, ihren Musikgeschmack weder kennen, noch verstehen. Privileg einer jeden neuen Generation, es anders als die Vorherigen zu machen.
Offenkundig waren aber alle seriösen Influencer, pundits, Journalisten, auch all die Social-Media-affinen wirklich guten Typen, wie David Pakman, Brian Tyler Cohen, Ben, Jordan und Brett Meiselas, Harry Sisson, JoJoFromJerz, David Hogg, Waleed Shahid, Dash Dobrofsky, Tim Miller, Luke Beasley alle zusammen nicht in der Lage gegen Bullshitter mit Mega-Reichweite, wie James Charles, anzukommen.
Die Double-Hater, die achselzuckend in eine autoritäre Trump-Zukunft trudeln, sind zahlreich und nicht zu knacken.
Joe Biden musste vor ihnen kapitulieren und seine Kandidatur zurück ziehen.
[….] In seiner Rede an die Nation erklärt Joe Biden nur kurz, warum er seine Kandidatur für die Präsidentschaft zurückzieht. Vor allem blickt er nach vorn. Sehen Sie hier die wichtigsten Ausschnitte.
Doch diesmal geht es nicht nur um das Politische. Es geht, fast mehr noch, um das sehr Persönliche. Der 81-jährige spürbar gealterte Biden erläutert, was er am Sonntag, als er noch in der Coronaisolation war, bereit schriftlich bekannt gab: Warum er keine zweite Amtszeit mehr anstrebt, warum er aus dem Wahlkampf ausgestiegen ist und warum er die Kandidatur seiner Vizepräsidentin Kamala Harris überlassen hat.
Er nennt keine konkrete Begründung. Er spricht nicht vom Alter. Er spricht nicht von Schwächen. Er hüllt sich vielmehr in viel Pathos, als wolle er sich selbst versichern, dass der Verzicht, der ihm so schwerfiel, wirklich der richtige Schritt ist. »Die Verteidigung der Demokratie, die auf dem Spiel steht«, sagt er, »ist wichtiger als irgendein Titel.«
Biden muss auch gar nicht von seinem Alter reden. Diese Rede allein ist ein weiterer Beweis dafür, dass er für die Demokraten als Kandidat nicht mehr zu halten war. Er nuschelt, stolpert übers Manuskript, verliert den Faden trotz Teleprompter. Man merkt, dass ihm die Worte am Herzen liegen, doch nur noch schwer über die Zunge kommen. Dieser Mann hat keine Reserven mehr für eine zweite Runde.
Man merkt aber auch, dass Biden sich damit in eine Reihe zu stellen versucht mit jenen, die Historisches vollbracht haben. Er zitiert Thomas Jefferson, George Washington, Abraham Lincoln und Franklin D. Roosevelt, deren Ölporträts im Oval Office hängen. Auf dem Tisch hinter ihm sind Familienfotos aufgereiht. »Ich verehre dieses Amt«, sagt er. Doch: »Ich liebe mein Land mehr.« Es klingt wie eine wehmütige Rücktrittsrede, als seien die nächsten Monate schon vorbei.
Es ist ein markanter Kontrast zu Harris, die Stunden zuvor als wahrscheinliche Präsidentschaftskandidatin eine weitere feurige Rede vor jubelndem Publikum gehalten hat. Biden dagegen wendet sich mühsam an anonyme TV-Zuschauer; im Raum selbst sitzen nur seine engsten Weggefährten, allen voran First Lady Jill und Sohn Hunter. Der Wechsel von Biden zu Harris war schockierend, doch überfällig; am Ende vollzog er sich erstaunlich rasant. […..]
Das Resultat des Rückzugs ist verblüffend. Die Stimmung ist wie ausgewechselt. Die Double-Hater verstummen.
Auf einmal passiert das, was die geballte Macht der
demokratischen Influencer und enorme Wahlkampfspenden nicht vermochten:
Eine Demokratin wird populär.
[…..] »kamala IS brat«: Als die britische Sängerin Charli XCX diese drei Worte auf X postete, waren seit Joe Bidens Rückzug von der Präsidentschaftskandidatur der Demokraten erst wenige Stunden vergangen. Biden sprach sich für Kamala Harris als Nachfolgerin aus, und Charli XCX schob – beabsichtigt oder nicht – die Kampagne an und verpasste ihr ein frisches Image.
Der offizielle Wahlkampf-Account der Demokraten wurde nach Bidens Rückzug auf den sozialen Plattformen von @BidenHQ in @KamalaHQ umbenannt und griff Charli XCX’ Unterstützung direkt auf. Als @KamalaHQ am Sonntag an den Start ging, kopierte das Team den Stil des Albumcovers von Charli XCX’ Album »brat« für den Account-Header – alles in Kleinbuchstaben auf einem einfarbigen hellgrünen Hintergrund .
Das verfängt beim Publikum. Innerhalb der ersten beiden Tage seit der Verkündung hat das Kampagnenteam mehr für die Sichtbarkeit seiner Social-Media-Kanäle erreicht als Bidens Team in den vergangenen Monaten. Mittlerweile hat der Account auf X mehr als eine Million Follower, bei Instagram sind es 176.000 und bei TikTok mehr als 752.000 Abonnenten. […..]