Samstag, 23. August 2014

Internetausdrucker.


Wie doof; das Hamburger Abendblatt hat meinen kostenlosen Zugang zum E-Paper gesperrt.

Nicht nur meinen, wie ich auf Nachfrage erfuhr.

Zunächst möchten wir uns bei Ihnen für die verspätete Bearbeitung Ihres Anliegens entschuldigen.
Trotz aller Bemühungen, unseren Abonnenten jederzeit einen exzellenten und schnellen Service zu bieten, kann es in Einzelfällen, so wie leider auch in Ihrem Fall, zu Verzögerungen kommen.   
Leider können wir nicht mehr den kostenlosen Zugang aus juristischen Gründen für die digitalen Medien für das Hamburger Abendblatt gewähren.
Die Trennung der Steuersätze (7 und 19 Prozent) für gedruckte und digitale Inhalte betrifft auch das Hamburger Abendblatt – und unsere Leserinnen und Leser. Alle Abonnenten der gedruckten Ausgabe konnten sich bislang mit Kundennummer und PLZ für unsere Digitalangebote kostenlos freischalten lassen. Das ist aufgrund der neuen Rechtslage leider nicht mehr möglich.
 Wie alle Zeitungsverlage in Deutschland dürfen wir das Komplettpaket „Zeitung plus kostenlose digitale Inhalte" nicht mehr anbieten und innerhalb eines Abonnementpreises darf man die Angebote steuerlich nicht splitten. Beide Teile, so das Bundesfinanzministerium, müssen als eigenständige Leistung an die Abonnenten betrachtet werden.
Unsere Geschäftsbedingungen sind immer an die gesetzlichen Vorgaben angepasst und ändern sich dementsprechend. So ist es in den AGBs verankert. […]
(Hamburger Abendblatt Leserservice, 21.08.14)

Aha, alle Verlage also.
Bei der SZ und dem SPIEGEL habe ich aber noch vollen Zugang zum E-paper.
Genauso war es bei der ZEIT, bis ich sie vor einigen Wochen kündigte.

Als Blogger ist es durchaus lästig nicht voll auf die Online-Inhalte zugreifen zu können, weil man gerne etwas zitiert, das man vorher in der Zeitung gelesen hat.

Eine ärgerliche Angelegenheit. Denn die alten Printabonnenten bringen den Zeitungen das Geld ins Haus. Sie sind die feste Größe, nach der sich die Werbepreise und die Reichweite berechnet. Daher bekommt man üblicherweise auch eine erhebliche Prämie, wenn man eine Zeitung abonniert.
Die Kioskverkäufe hingegen schwanken sehr stark. Wenn die Titelgeschichte mal gar nicht interessiert, man krank ist oder im Urlaub weilt, kauft man die Zeitung nicht.
Es stünde den Verlagen also gut an ihren Abonnenten entgegen zu kommen.
Üblicherweise passiert das auch; weil man gegenüber dem Einzelverkauf etwas Geld spart und in den Genuss eines Bonusprogrammes kommt.
Beim „Hamburger Abendblatt“ staffelt sich das je nachdem wie lange man schon Abonnent ist („Abo-Exklusiv Treue-Angebote“).
Allerdings habe ich dort noch nie etwas gefunden, das mich interessiert. Üblicherweise ist das irgendein Quatsch wie verbilligte Kinokarten oder günstige Werbe-Armbanduhren.
Bei der Süddeutschen Zeitung ist das ähnlich mau – gerade winkt beispielsweise bei einem Abo-exklusiven Gewinnspiel die Teilnahme an der „SZ-Ballonfahrt im Fünfseenland.“
Aber das interessiert mich ohnehin nicht. Bei der SZ kommt es auf die Inhalte an und auf die kann ich auch online zugreifen.
Das SZ-ePaper ist außerdem kundenfreundlich. Man kann zwischen Print- und Druckansicht wählen und auf jeden Artikel der letzten acht Tage zugreifen.

Der SPIEGEL hat vor einigen Monaten sein E-Paper erheblich verschlimmbessert.
Offensichtlich hatte man wieder mal nur die Touchscreen-Nutzer im Kopf.
Man findet sich nun sehr schwer zurecht und kann die einzelnen Artikel nicht mehr direkt anklicken. Eine Printversion gibt es gar nicht mehr. Stattdessen muß man immer erst die pdf-Version herunterladen.
Ganz großer Mist ist das, wenn man einen bestimmten Absatz ausdrucken will.
Bei der ZEIT ist es sogar noch blöder, weil man nur die einzelnen ZEIT-Seiten als pdf runterladen kann und einzelne Artikel kaum findet, weil es dazu keine vernünftige Übersicht gibt. Nur eine Miniaturansicht der ganzen Seite.
Es ist mir immer wieder ein Rätsel, wieso solche Relaunches so oft zu erheblichen Verschlechterungen und Benutzerunfreundlichkeit führen.
Ein extrem schlimmes Beispiel ist ZDF.de, das nach einem totalen Relaunch nur noch mit Flash-Filmchen funktioniert.
Wer dann mal ein paar Zahlen beispielswiese aus dem Politbarometer benutzen will, kann lange suchen. Beinahe unmöglich ist es inzwischen bei den ZDF-Talksendungen eine Gästeübersicht in druckbarer Form zu bekommen.
Online funktioniert einfach nicht bei vielen Medien.
Dabei liegt das sicher nicht an der Tücke der Technik, sondern an der dümmlichen Umsetzung.
Schade.
Oder vielleicht auch nicht.
Denn online-Inhalte sind flüchtig.
Man kann sich das ohnehin nicht merken.
Vor zehn Jahren gab es einige Witze über „Internetausdrucker“.
Das waren die Deppen, die das interaktive Wesen des www nicht begriffen und verzweifelt versuchten ihre alten Lesegewohnheiten aufrecht zu erhalten.
Der damals häufiger in Foren und Kommentarspalten vorkommende Nickname „Internetausdrucker“ scheint inzwischen weitgehend verschwunden zu sein.
Vermutlich hat das damit zu tun, daß so viele Endgeräte wie tablets und smartphones verwendet werden, die gar nicht ausdrucken können.
Alles online zu belassen hat aber auch Nachteile.
Das „Internet vergisst zwar nicht“, aber das bedeutet noch lange nicht, daß man Dinge auch wiederfindet.
Facebook beispielsweise hat gar keine Suchfunktion.
Wer sich nach ein paar Monaten an bestimmte Diskussionen oder Stellungnahmen aus den sozialen Netzwerken erinnert, hat keine Chance das jemals wieder zu finden.
Wer ausdruckt, kann ein Archiv anlegen, daß nicht aus Versehen gelöscht werden kann.
Zudem spielt der haptische Umgang mit Papier eine große Rolle beim Verarbeiten der Informationen.
Was ich zunächst für eine persönliche Marotte hielt – ich kommentiere, unterstreiche und markiere kontinuierlich, wenn ich Zeitungen, Bücher und Zeitschriften lese – scheint auch in weniger ausgeprägten Form zu wirken.
Wer etwas Ausgedrucktes liest, behält das besser im Gedächtnis, als derjenige, der die Informationen nur von Bildschirm „abliest“, ohne aber dabei den Tastsinn zu stimulieren. Diesen Befund untermauern inzwischen diverse Studien. Eine aktuelle Forschungsarbeit aus Norwegen zeigt:

Wer auf einem Kindle liest, dem elektrischen Lesegerät des Internet-Händlers Amazon, erinnert sich deutlich schlechter an die Geschichte als Leser, die den gleichen Text in einem herkömmlichen Buch lasen. Die Forscher testeten das an zwei Gruppen mit je 25 Teilnehmern. Alle sollten nach der Lektüre 14 Ereignisse der Handlung nach ihrer zeitlichen Reihenfolge ordnen.
Den Lesern der gedruckten Ausgabe gelang das deutlich besser. Anne Mangen von der norwegischen Stavanger Universität, die die Studie leitete, glaubt, dass der Aufbau von Erinnerungen beim Lesen auf dem Kindle deswegen schlechter sei, weil die einzelnen Seiten so wenig tastbar seien. Im Gegensatz dazu fühlten die Hände des Lesers beim Blättern in einem Buch, an welcher Stelle er gerade sei.
Andere Studien scheinen diese Annahme zu bestätigen. Mangen und ihre Kollegen hatten zuvor bereits 72 Zehntklässler einen Text entweder gedruckt oder digital lesen lassen. Auch dabei schnitten die Leser, die Papier unter den Händen hielten, im Nachhinein besser ab. Das Fazit könnte an dieser Stelle lauten: Gedruckte Lektüre ist also gut fürs Hirn des Lesers, elektronische weniger. Sollte das stimmen, wäre das Resultat mit „tragisch“ noch zurückhaltend umschrieben. […]
(SZ vom 22.08.2014)

Hurra. Und wieder einmal verblödet die Menschheit noch schneller.
Es wird ohnehin weniger gelesen und nun stellt sich heraus, daß das Gelesene noch nicht mal mehr im Hirn bleibt, wenn man nur Kindles vor sich flackern hat.

Während man also durch die elektronische Informationsaufnahme verflacht und verblödet, zeigt der Sexualforscher Professor Voß wozu Jugendliche ihre schöne Medientechnik nutzen.

Das ist sehr vielschichtig. In den neuen Medien wie dem Internet geht es vor allem um sexuelles Mobbing. Fotos werden mit Beleidigungen ins Internet gestellt. Das müssen gar keine Nacktaufnahmen sein. Aber wenn so etwas in Foren passiert, wo sexuelle Kontakte angebahnt werden, kann dies gravierend sein. Die Jugendlichen müssen sich ja erst selbst finden. [….]  Was ich für die neuen Medien gesagt habe, zeigt sich auch für die Schule. Wenn Jugendliche in einer Beziehung waren, sich trennen und dann einer der Expartner erotische Fotos weitergibt. Das ist typisch. [….] Internet und Smartphones, sogar Cybersex sind heute normal. Es muss darum gehen, die Medienkompetenz zu stärken, also den bewussten Umgang mit den Medien zu schulen. Zum Beispiel, beim Austausch erotischer Aufnahmen vorsichtig zu sein. Da können sogar strafrechtliche Konsequenzen drohen. Bei sexueller Gewalt haben wir im Kopf das Bild vom bösen Mann, der draußen die Kinder wegfängt. Die meisten Strafverfahren wegen Jugendpornografie aber gibt es gegen Jugendliche.
(SZ vom 18.08.2014)