Freitag, 1. September 2017

Impudenz des Monats August 2017


Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Vorrede:

Ständig höre ich die Phrase „der irre Kim!“
Bei jeder Äußerung, bei jedem Waffentest, wissen Hinz und Kunz sofort, der nordkoreanische Diktator ist „irre“.

Ich bin da nicht so sicher. Vermutlich regiert Kim Jong Un so, wie es für die dritte Generation einer steinzeitkommunistischen Erbdiktatur logisch ist.
Er will die Macht für seine Familie erhalten, nicht abgesetzt werden und nicht in Frage gestellt werden.
In einer hochbewaffneten globalisierten Welt dürfte das ohne Atomwaffen aber kaum möglich sein.
Zumal die Bedrohung der staatlichen Integrität nicht nur eingebildet ist.

250.000 Amerikaner leben in Südkorea.
Der dem US Pacific Command (PACOM) unterstehende Großverband United States Forces Korea (USFK) steht seit 1957 mit mindestens 30.000 Mann direkt an der nordkoreanischen Grenze.

Man stelle sich für eine Minute vor, 30.000 bis an die Zähne bewaffnete nordkoreanische Elitesoldaten stünden in Mexiko direkt an der Südgrenze der USA.

Man stelle sich vor, dieser nordkoreanische Großverband stünde nicht nur drohend da, sondern hätte zuvor bereits auf US-Staatsgebiet gewütet, wie es die Amerikaner in Nordkorea taten.

[…..]  Am Ende des Zweiten Weltkriegs war die Sowjetunion in den Krieg gegen Japan eingetreten, die Kolonialmacht in Korea. Die Rote Armee rückte im August 1945 schnell nach Süden vor. Die USA fürchteten, Stalin könnte ganz Korea unter seine Kontrolle bekommen, sie definierte deshalb die südliche Hälfte der Halbinsel als ihre Einflusssphäre, mit dem 38. Breitengrad als Grenzlinie. Noch heute ist sie die innerkoreanische Grenze.
Im Koreakrieg starben allein im Norden etwa 1,5 Millionen Menschen
Dabei war niemandem in Washington bewusst, dass die verhasste Kolonialmacht Japan diese Linie schon einmal 1896 als Grenze von Einflusssphären definiert hatte, damals mit dem Zarenreich. Nach seinem Sieg im russisch-japanischen Krieg 1905 machte Tokio dann die Halbinsel, die strategische Mitte Nordostasiens, nach der auch Russland und China gegriffen hatten, zu seinem Protektorat, 1910 zur Kolonie. […..] Der Zweite Weltkrieg befreite Korea von den japanischen Besatzern, aber er spaltete es auch. Gespräche, das besetzte Land zu vereinen, scheiterten. […..]  Kim Il-sung, den Großvater des heutigen Machthabers […..] hatte sich im Widerstand gegen die Japaner einen Namen gemacht und später in der Roten Armee gedient. Nordkorea beanspruchte das Erbe dieses Widerstands von Anfang an für sich. […..] Am 25. Juni 1950 marschierte Kim Il-sung nach Südkorea ein, um das ganze Land unter seine Kontrolle zu bringen. Binnen weniger Wochen kontrollierten seine Truppen fast die ganze Halbinsel. Dann aber landete US-General Douglas MacArthur, gestützt durch ein Mandat der UN, im September 1950 und fiel den Nordkoreanern in die Flanke. […..]  Ein übler Vernichtungskrieg folgte, bei dem die Amerikaner alle Städte Nordkoreas zerstörten. Sie warfen 635 000 Tonnen Bomben über dem kleinen Land ab, mehr als im Zweiten Weltkrieg in allen Schlachten um den Pazifik. Etwa 1,5 Millionen Nordkoreaner kamen ums Leben. Die Frontlinie jedoch verschob sich kaum mehr. [….]   

Nachdem die USA 635.000 Tonnen Bomben über Korea abwarfen und 1,5 Millionen Koreaner töteten, die sich gegen die brutale japanische Besatzungsmacht erhoben hatten, liebte das koreanische Volk die Amerikaner nicht besonders. (….)

Aus Kim Jong Uns Perspektive sind militärische Muskelspiele keineswegs irre.
Er muss kontinuierlich provozieren, um genügend Angst und Respekt zu erzeugen.
Sollte der Rest der Welt auf den Gedanken verfallen, dieser Jong Un wäre doch eigentlich ganz nett und vernünftig und werde im Ernstfall davon absehen Atomraketen auf Seoul und Tokio zu schießen, könnte das bald das Ende seines Regimes bedeuten, weil die Anrainer auf allen Ebenen versuchen würden Pjöngjang und das Nordkoreanische Volk zu beeinflussen.

„Irre“ im Sinne von geistig nicht voll zurechnungsfähig; irre im Sinne von „krank“ oder „pathologisch“ scheint mir sehr viel eher der amerikanische Präsident zu sein.
Trump kann sein eigenes Verhalten nicht kontrollieren, ist nicht in der Lage sich zu zügeln, leidet an komplexen Wahnvorstellungen und weiß garantiert nicht die Konsequenzen seines Handelns abzuschätzen.

Müßte ich eine Woche mit einem der beiden Staatschefs in einem Raum verbringen, würde ich Kim wählen, weil ich ihn für intelligenter und zurechnungsfähiger als den orangen Oberami halte.

So wie das Weiße Haus derzeit funktioniert, verorte ich mehr Ratio in der Nordkoreanischen Regierung.

Kellyanne Conway, die Chefberaterin Trumps, trat in einer Pat-Robertson-Show auf, also jenem völlig wahnsinnigen Psychopathen, der Naturkatastrophen als Folgen der Homoehe versteht, und wurde gefragt, welches die charakteristischte Eigenschaft Trumps sei.
Kein Witz, die Chefstrategin des größenwahnsinnigsten und selbstverliebtesten Prahlers aller Zeiten, nennt Demut und Bescheidenheit als dessen Charakteristika.

[…..] Robertson kicked off the softball interview by asking Conway “what characteristic stands out in your mind” most about Trump, to which she replied that “it’s one that most of the media never associate with him, and I would say it’s humility.”
“With the gravity and responsibility of being president of the United States and commander in chief of our armed forces,” she said, “I would say that with that gravity and responsibility has come a great deal of humility.” [….]


Sowas Irres habe ich aus Pjöngjang noch nie gehört!


Würde man mich aber fragen, wo ich lieber leben möchte, dann brauchte ich keine Mikrosekunde Überlegung, um “USA” zu antworten.

Das Leben in Nordkorea ist nämlich scheiße.
Mal abgesehen davon, daß man vom Welthandel ausgeschlossen ist und nichts von dem bekommt, was man bei uns (im Westen) gewöhnt ist, sind auch noch alle Bürger gehirngewaschen und es gibt keine Freiheiten.
Wer es wagt auch nur ansatzweise aufzumucken, zu hinterfragen, oder zu widersprechen, landet ganz schnell im Gulag, oder wird gleich einen Kopf kürzer gemacht.
Hunderttausende vegetieren in Arbeitslagern des Regimes.
Nordkorea is no fun at all.

Und damit zur Impudenz des Monats.

Beklopptester Mensch ist Kenneth Bae.
Der US-Amerikaner saß zwei Jahre in einem nordkoreanischen Knast.

[….] Pae Jun Ho, der sich in den USA Kenneth Bae nennt, war Anfang November im Nordosten des kommunistischen Landes festgenommen worden. Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA hatte Anfang Mai die Verurteilung gemeldet, ohne nähere Angaben zu den Vorwürfen gegen Pae zu machen. […]

Vor drei Tagen hörte ich Bae fassungslos zu, als er beim BBC-Hardtalk locker darüber plauderte wieder nach Nordkorea zu gehen.

[…..] Relations between the United States and North Korea have long been difficult. The recent toe-to-toe confrontation between Donald Trump and Kim Jong UN raised fears of a conflagration on the Korean Peninsula. Stephen Sackur speaks to Kenneth Bae. […..]  What does his experience tell us about the world's most secretive country? […..]

Wie kann man so irre sein?
Man reist nicht auf eigene Faust nach Nordkorea und veranstaltet dann ein großes Theater. Wenn man sofort im Zuchthaus landet und das sogar überlebt, hat man noch Glück gehabt.
Das kann auch anders enden.

[….] Ein junger Student ist auf Abenteuerreise, soll in seinem Hotel ein für ihn interessantes Plakat entdeckt und abgenommen haben. Hierzulande keine große Sache. Umso erschütternder ist der Fortlauf der Geschichte des US-Amerikaners Otto Warmbier. Nachdem der junge Mann das Plakat auf seiner Reise in Nordkorea abgenommen haben soll und schließlich mit seiner Reisegruppe wieder abreisen will, wird er am Flughafen festgenommen. Der Vorwurf: Staatsfeindliche Handlungen.
Warmbier wird zu einem öffentlichen Geständnis gedrängt - daher gibt es Zweifel, ob er es überhaupt war, der das Plakat im Hotel abnahm. Am Ende steht eine Verurteilung des jungen Mannes zu 15 Jahren Haft mit Zwangsarbeit. Doch die Haft steht er offenbar nur einen Monat durch, dann fällt er ins Koma. Anderthalb Jahre später - vor einer Woche - wird Warmbier mit schwersten Hirnschäden zurück in die USA gebracht, nun ist er gestorben. Weil er - wenn überhaupt - ein Plakat von der Wand eines Hotels genommen hat. […..]

Anders als Warmbier, stolperte Bae aber nicht in sein Unglück, sondern wußte genau was ihm blüht. Er ist ein Überzeugungstäter, denn er ist hardcore-Religiot.
Denn nur Missionare sind schlimmer als Religioten an sich.
Es brauchte viel Geld, Geschick und den amerikanischen Geheimdienstdirektor James Clapper persönlich, um Bae nach seiner  Missioniererei freizukommen.

[….] Es ist das Ende jahrelanger diplomatischer Verhandlungen: Die beiden US-Bürger Kenneth Bae und Matthew Miller sind in Begleitung des US-Geheimdienstdirektors James Clapper auf dem Rückflug in ihre Heimat. Das erklärte am Samstag ein Geheimdienstsprecher in Washington. Damit sind auch die letzten US-Amerikaner aus nordkoreanischer Haft entlassen worden. Erst wenige Wochen zuvor war der US-Tourist Jeffrey Fowle freigelassen worden. Er hatte fünf Monate im Gefängnis gesessen, weil er eine Bibel auf der Toilette eines Klubs in Pjöngjang liegengelassen haben soll.
Bae hingegen hatte eine weit längere Strafe abzusitzen. Der christliche Missionar mit südkoreanischen Wurzeln war zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden, hat mittlerweile zwei Jahre in nordkoreanischen Gefängnissen hinter sich gebracht. Ein Gericht in Pjöngjang hatte es als erwiesen angesehen, dass er zum Umsturz des kommunistischen Regimes des politisch isolierten Landes aufgerufen habe. [….] Nach Angaben des US-Außenministeriums hatte sich nun Geheimdienstdirektor Clapper persönlich in die Bemühungen um die Freilassung eingeschaltet. [….]

Nicht daß es um Missionare besonders schade wäre – wer so von seinem Christengott überzeigt ist, daß er in ein streng muslimisches Land wie den Jemen oder nach Afghanistan reist, um dort allen aus der Bibel vorzulesen, endet mit hoher Wahrscheinlichkeit als Märtyrer.

Vor acht Jahren ging der Fall einer fünfköpfigen deutschen Familie aus dem sächsischen Meschwitz bei Bautzen durch die Weltpresse, weil die frommen Sachsen ausgerechnet in einem der muslimischsten Orte der Welt einforderten zum Christentum zu konvertieren. Die Religiotie muss weit fortgeschritten sein, um überhaupt auf so eine Idee zu kommen.
Es geht meistens nicht gut aus.

[….] Auch die drei ermordeten Frauen hatten eine missionarische Ausbildung durchlaufen. Die beiden deutschen Todesopfer, Anita G. (24) und Rita S. (25) waren Studentinnen der Bibelschule Brake, die auf die Evangelisierungsarbeit im Ausland vorbereitet und mit dem Missionswerk WEC zusammenarbeitet. Die getötete Südkoreanerin Eom Young-sun (34) hatte Theologie studiert und sich dann beim WEC für die Missionstätigkeit fortgebildet.

Vermutlich ist es irgendwie möglich in Ländern wie Afghanistan oder Saudi Arabien auch eine Zeit lang nicht aufzufallen.

In Nordkorea ist es unmöglich unter dem Radar zu bleiben.
Bae legte es wirklich drauf an in den Gulag zu kommen und nach zwei Jahren Arbeitslager, ist er gläubiger denn je.

[….]  Zwei Jahre verbrachte der «Jugend mit einer Mission»-Mitarbeiter Kenneth Bae in einem Zwangslager in Nordkorea. Wie sich sein Gebet von «Schick mich heim, Herr!» in «Gebrauche mich, Herr!» verwandelte, beschreibt er in seinem neuen Buch.
[….]  15 Mal war er innerhalb von zwei Jahren als Touristenführer in Nordkorea gewesen – bis die Flughafenpolizei 2012 seinen Harddrive mit christlichem und missionsrelevantem Material beschlagnahmte.
«Für die Regierung Nordkoreas ist ein Missionar dasselbe wie ein Terrorist», schreibt Bae in seinem Buch «Not Forgotten: The True Story of My Imprisonment in North Korea» (Nicht vergessen: Die wahre Geschichte meines Gefängnisaufenthaltes in Nordkorea). Und weiter: «Für die Regierung ist das Evangelium von Jesus Christus äusserst gefährlich.» Dies war der wahre Grund seiner Gefangennahme, nicht die «feindseligen Handlungen gegenüber der Regierung», wie es in der offiziellen Verurteilung zu 15 Jahren Haft in einem Arbeitslager hiess. «Mein Verbrechen war, dorthin zu gehen und dafür zu beten, dass Gott erneut das tut, was er bereits einmal getan hat (eine Erweckung schenken, Anm. d. Red.). [….]. «In Nordkorea lernte ich Gottes Treue kennen, erlebte seine Gnade, sah sein Erbarmen auf eine Weise, wie ich es mir vorher nie hätte vorstellen können. Ich lernte, Gott zu vertrauen und an seinen Versprechen festzuhalten.» In diesem Sinn waren die zwei Jahre im nordkoreanischen Gefängnis für Bae wie eine geistliche Erneuerung: «Es war, als hätte ich eine persönliche zweijährige Zeit der Ruhe und Abgeschiedenheit mit dem Herrn Jesus gehabt.»
[….] Trotz aller Vorsicht gab es immer wieder Möglichkeiten, die Wächter versteckt auf Jesus hinzuweisen. «Am Ende eines Gesprächs sagte ein Wächter: 'Du sagst, dass Gott deine Gebete beantwortet. Wenn Gott wirklich existiert, warum bist du dann immer noch hier?' Ich erklärte ihm, dass Gottes Pläne anders sind als unsere und sagte ihm: 'Vielleicht bist du Teil seines Plans.  […..]

Zwei Jahre Kerker bei Kim?
Für Bae ein „Blessing“.