Donnerstag, 16. September 2021

Laschet, der chronische Lügner – Teil I

Das hat mich als Teenager schon gestört, wenn es im Bonner Bundestag richtig heiß her ging und schließlich als Empörungsmaximum dem politischen Gegner vorgeworfen wurde „sie reden die Unwahrheit“! Niemals hörte ich das böse Wort von der Lüge. Warum eigentlich nicht, wenn ein Politiker so offensichtlich lügt? Kann man ihn nicht „Lügner“ nennen, ohne als Prolet da zu stehen?

Selbst bei dem serial liar Trump und seinen 30.000 Lügen im Amt, tat sich CNN bis zum Schluß schwer, sprach lieber davon; seine „claims“ könne man nicht mit Fakten unterfüttern.

In der ehrenhaften deutschen parlamentarischen Ordnung wird nicht geschimpft, sonst gibt es einen Ordnungsruf. Man bezeichnet sich nicht gegenseitig als „Lügner“, sondern greift zum juristisch milderen „Unwahrheit sagen“.  Das sind keine Synonyme.

Eine Lüge geschieht mit Absicht, um sich einen Vorteil zu verschaffen; die Unwahrheit zu sprechen geschieht aus Schlampigkeit und Wissenslücken.

[….] Lüge und Unwahrheit: Lüge ist eine Aussage, von der der Verkünder weiß, dass sie falsch ist. Unwahr ist eine Aussage, von der der Verkünder glaubt, sie sei wahr, die aber tatsächlich falsch ist. Absicht, Vorsatz macht die Lüge aus. Deshalb wimmelt es in der Philosophie von Unwahrheiten, aber nicht von Lügen. Obwohl es auch die gibt. [….]

(Philolex)

Wahlkämpfe sind notgedrungen anfällig für Unwahrheiten, weil komplexe Zusammenhänge für die weitgehend ahnungslosen Wähler extrem vereinfacht und in Schlagworten dargestellt werden müssen.

Es ist für keinen Politiker möglich, etwas so Hochkompliziertes wie einen Klimaschutzplan oder ein Steuerreformmodell in einer Zwei-Minuten-Antwort umfassend und korrekt zu erklären.

Es mischen sich auch Prognosen und Fehlprognosen in die Programme, die erst Jahre später fragwürdig aussehen.

Als Helmut Kohl 1990 versprach, für die deutsche Einheit werde es keine Steuererhöhungen geben, war das sicherlich gelogen, da vom Bundesbankpräsident Pöhl über erfahrene Politiker wie Helmut Schmidt und Klaus von Dohnanyi bis zu dem SPD-Kanzlerkandidaten Lafontaine jeder wußte, daß man „die Einheit“ eben nicht „aus der Portokasse bezahlen“ könne.

Als Kohl „blühende Landschaften“ versprach, war das eher keine echte Lüge, weil der Satz a) viel zu unpräzise war und b) Kohl in seiner Naivität vermutlich wirklich daran glaubte.

Gerd Schröder verkündete 1998, er werde als Kanzler die Arbeitslosigkeit bis 2002 auf 3,5 Millionen senken. Dann platzte aber die New Economy-Blase, die Weltwirtschaft schrumpfte und das deutsche Sozialsystem blieb schwerfällig. Die Arbeitslosenquote sank zwar von Schröders Amtsantritt (1998) 10,9% auf 9,8% nach vier Jahren, lag aber absolut bei 4,1 Mio.

Da die 3,5 Millionen so klar gerissen wurden, bezichtigte man Schröder der Lüge.

Der Vorwurf war aber ungerechtfertigt, da seine Aussagen von 1998 ganz offensichtlich eine Prognose waren und keine bewußte Falschdarstellung bestehender Fakten. Für die Politik gilt immer noch das Bonmot des weisen SPD-Professors Egon Bahr:

„Alles was man sagt muss wahr sein.

Man muss aber nicht alles sagen, das wahr ist.“

Wenn also Wahlkämpfer im Eifer des Gefechts ein paar Details weglassen, die sie schlecht aussehen ließen, wenn die bei ihren Prognosen übertreiben und optimistischer erscheinen, als sie sind, verzeihe ich ihnen das gern. Es ist schließlich ein schmutziges Geschäft, in dem Puristen nichts verloren haben.

Viele Kommentatoren neigen dazu, Armin Laschets Umgang mit der Wahrheit im milden Licht zu betrachten. Er sei eben etwas „onkelhaft“, neige nicht zu präzisen Formulierungen.

Das ist schon Ärgernis Nummer Eins. Ein Kanzlerkandidat darf nicht damit entschuldigt werden, daß er nun mal etwas doof ist, der es selbst nicht so genau weiß und sich leider nicht vernünftig ausdrücken kann. Und zudem auch noch mit einem „Lausbubenhumor“ belastet ist, so daß er quasi unverschuldet immer wieder irgendwas oder irgendwen veralbert.

Nach dieser Lesart konnte Laschet gar nicht anders, als mit ausgetreckter Zunge die Erftstädter Flutopfer auszulachen.

In Wahrheit war es natürlich noch schlimmer, wie er unbeabsichtigt zugab, als er sich damit entschuldigte, Steinmeier nicht gehört zu haben.

Er hielt es also gar nicht für nötig seinen Regen-sicheren Unterstand zu verlassen, um dem Bundespräsidenten zuzuhören.

Ärgernis Nummer zwei ist, daß es ausgerechnet dieser notorisch unernste nachlässige Hinhuscher Laschet ist, der anderen in Bausch und Bogen vorhält zu lügen.

Beispiel Wahlarena 15.09.2021. Eine 15-Jährige FFF-Schülerin greift Laschet für sein klimapolitisches Versagen in NRW an.

[…..]  Als die Schülerin wieder unterbricht, fährt es in der ARD-Sendung aus Laschet heraus: „Nein, hören Sie auf! Sie sind Klimaaktivistin und haben gerade drei Behauptungen aufgestellt, wo ich doch kurz mal entgegnen darf, dass die alle drei falsch waren.“ Daraufhin erklärt er erneut, dass seine Regierung den Hambacher Forst „gerettet“ habe - die Vorgänger hätten ihn roden wollen. Zudem habe er den Kohleausstieg mitverhandelt, der jetzt komme.  [….]

(Merkur, 15.09.2021)

Eine Dreistigkeit. Nicht nur, daß Laschet wieder pauschal anderen vorwirft zu lügen, sondern er ventiliert erneut die Lüge, er habe in der Kohlekommission für den Kohleausstieg gesorgt. Das Gegenteil ist der Fall. In der Kommission zog er sich heftigen Unmut der Klimaschützer zu, weil er tumben RWE-Lobbyismus betrieb und gegen die frühere Abschaltung von Kohlekraftwerken stritt.

Das gleiche Muster bei den Pro7-Kinderreortern, die ihm unangenehme Fragen stellten. Die üblichen Lügen zu Maaßen und dem Hambacher Forst wiederholt er noch halbwegs ruhig, wird aber beim Thema Schwule aggressiv. Laschet greift die beiden Elfjährigen an, unterstellt ihnen, sich nicht auszukennen.

[….] Abschließend verrennt sich Laschet in eine Aussage, die er im Nachgang an die ZDF- „Klartextsenung“ bereits als „Missverständnis“ verstanden wissen wollte. Nichts dagegen habe er, wenn Männer heiraten wollen. Warum Laschet dann nicht dafür gestimmt hätte, will Romeo wissen. Er sei nicht im Bundestag gewesen, wer denn „auf so komische Ideen“ komme? Romeo: „Du hast Interviews gegeben, wo du gesagt hast, du willst es nicht“ - richtig, beispielsweise im Spiegel („Dem Antrag der SPD hätte ich wie Merkel nicht zugestimmt“). Und Armin Laschet? „Nee, das stimmt nicht.“ „Dem Spiegel“, weiß auch Romeo. Jetzt wird der Kanzlerkandidat der Union völlig unsouverän: „Du hast damals schon den Spiegel gelesen? Ist aber toll, dass du das kannst.“ „Nee, ich habs gegoogelt“. Bähm, und danke an Romeo und Pauline, dass sie sich vom alten Mann nicht haben einschüchtern lassen. [….]

(FR, 16.09.2021)

Auch die detailliert belegten Rezo-Vorwürfe bügelt Laschet als „alles falsch“ ab.

(….)  Was als nächstes kam, war so sicher, wie das Amen in der Kirche: Alle starrten gebannt auf den CDU-Chef, wie er diesmal reagieren würde. Schließlich hatten sämtliche Medien über das Video berichtet. Welche souveräne Erwiderung hätten sich die versammelten CDU-IQs in zwei Jahren mit der massiven Medien-Kompetenz der BILD und der ehemaligen BILD-Chefredakteurin Tanit Koch als oberste Laschet-Beraterin ausgedacht? Welche Schlagfertigkeit würde die an Laschet (ver)zweifelnden CDU-affinen Wähler überzeugen? Vorgestern im SWR3-Interview war es so weit, die Moderatoren fragten Laschet, ob er das Rezo-Video schon gesehen hätte. Armin grinst und lacht.

Antwort: „Nein, wenn ich alle Videos ansehen würde, die irgendwer macht, hätte ich viel zu tun. [….] Die Thesen [….], die sind wie immer falsch. Und Stück für Stück kann man denen dann widersprechen.“

Kann man sich nicht ausdenken: Laschet erklärt in einem Satz, so ein Wahlkampf-relevantes Video gar nicht anzusehen, aber dennoch zu wissen, alles darin wäre falsch.

[….] Armin Laschet erklärt in der ARD, dass er das Rezo-Video nicht kenne und nicht angeschaut habe, aber alles darin Behauptete sei falsch!  Tja, Pech gehabt, Rezo… Das ist eine inhaltlich saubere und konsistente Widerlegung, der auch Du nichts entgegensetzen können wirst! […..]

(Lorenz Meyer, 28.08.2021)

Rezo fügte seinem Video ein „Inkompetenz Quellendokument“ mit 145 Quellen hinzu; er steckte viel Zeit hinein, um jede seiner Behauptungen absolut wasserdicht zu belegen. Von Laschet wird das jovial mit „wie immer alles falsch“ weggerinst.  Zu seinem Glück waren SWR3-Moderator Constantin Zöller und RBB-Moderatorin Angela Ulrich viel zu schwach und uninformiert, um Laschet in die Zange zu nehmen und nachzubohren, ob er ernsthaft alle 145 Links für falsch hält.  (….)

(Pannen-Update, 28.08.2021)

Das größte Unwahrheits-Ärgernis, Nummer drei, ist aber, daß Laschet keine Skrupel hat bewußt, manipulativ und öffentlich zu lügen.

Auch wenn er genau weiß, daß er lügt.

Mehr dazu morgen…..