Dienstag, 22. September 2020

Nicht lernfähig.

Margarete Stokowski beschreibt heute in einer wie so oft wunderbaren Kolumne das Problem mit alten weißen, nicht lernfähigen Männern wie Merz und Lindner.

Sie müssen eben mit den „Methoden eines Hundetrainers“ mühsam dazu gebracht werden ihre eigene Borniertheit und Bequemlichkeit zu erkennen.

Als weiße, heterosexuelle, konservative christliche, sehr reiche Cis-Männer können sie sich einfach nicht vorstellen wie es ist in einer Minderheitenposition zu sein und grundlos diskriminiert zu werden.

Das gilt natürlich nicht für alle weißen, heterosexuellen, konservativen christlichen Cis-Männer; denn auch solche Menschen können sensibel sein.

Die Lindners und Merzen sind aber zu borniert, um lernen zu wollen und leiden zudem unter einem Umfeld, welches nicht korrigierend wirkt. Als Alphas wird ihnen in ihren eigenen Blasen nicht widersprochen.

[…..] Das Bittere ist, dass diese "Witze" von Umstehenden, die nicht einverstanden sind, oft mit einem gequälten Lächeln quittiert werden. Das ist, wie wenn man einem bettelnden Hund am Tisch etwas abgibt: Er kommt wieder. Männer, die diese Art von Pointen machen, werden jedes unsichere Lachen als Beweis für ihren edgy Mut werten und glauben, die anderen trauen sich nur nicht, richtig zu lachen. Sie glauben eher entgegen jeder Wahrscheinlichkeit, dass alle um sie herum etwas schwerhörig oder dumm sind, als dass ihr Gag einfach schlecht war.  Die einzige Lösung ist, es als demokratische Aufgabe anzusehen, konsequent nicht mehr über diesen peinlichen Humor von Männern zu lachen. Wenn man sie auslacht, werden sie denken, man lacht mit ihnen. Da unterscheidet sich Feminismus nicht von Hundetraining: Es braucht klare Signale. Mit gekränkten Männeregos dieser Sorte ist zwar nicht zu spaßen, aber wann immer man die Chance hat, sollte man sie ein bisschen brechen. […..]

(Margarete Stokowski, 22.09.20)

Was aber bei CDU- und FDP-Männern nicht funktioniert, obwohl das Parteien sind, in denen auch Frauen Führungspositionen übernehmen dürfen, kann erst Recht nicht im uralten Männerbund katholische Kirche.

Hier sind Männer noch ganz unter sich. 400.000 Geistliche, 4.000 Bischöfe, 120 Kardinäle, zwei Päpste und darunter genau Null Frauen.

Nur daran zu denken weibliche Diakone einzusetzen ist für Kardinal Woelki schon Frevel.

Seit zwei Jahrzehnten wird weltweit öffentlich über den massenhaften sexuellen Missbrauch an Kindern durch katholische Geistliche diskutiert.

Seit einem vollen Jahrzehnt, Canisius 2010, beherrscht das Thema die deutschen Schlagzeilen.

Immer wieder kommen neue Horrorzahlen über die schiere Anzahl gequälter kleiner Jungs und die Vertuschung durch die Bischöfe ans Licht.

Aber es ist wie im Merzschen Sumpf und Lindners Blase: Wenn die mächtigen alten Männer stets unter sich bleiben, stellt sich keine andere Perspektive ein.

Und leider, auch das eine Parallele, lassen die Öffentlichkeit und die Politik sie gewähren.

25 Millionen Mitglieder der RKK sind eben noch nicht ausgetreten, die Einnahmen der Kirche sprudeln üppiger denn je und weder Exekutive noch Legislative denken daran wie in anderen Nationen die Ermittlungen an sich zu ziehen und damit dafür zu sorgen, daß Myriaden misshandelten Kindern a posteriori Gerechtigkeit widerfährt.

[…..] H. ist ein Symbolfall im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche. 1980 kam er von Essen nach München. Eltern warfen ihm vor, er habe ihre Kinder missbraucht; in München sollte er in Therapie. Der Erzbischof dort hieß Joseph Ratzinger - der spätere Papst Benedikt XVI. In München wurde H. wieder als Seelsorger eingesetzt. Er missbrauchte Jungen und wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Er wurde Pfarrer und beging weitere Taten. […..] Ein brisantes kircheninternes Dokument, das die Süddeutsche Zeitung einsehen konnte, belegt, wie die Kirchenleitung bis hin zur Glaubenskongregation den gewalttätigen Priester schützte, vor Strafe bewahrte - und seine Opfer alleinließ. Und wie sie sich bis heute schwertut, H. zu bestrafen. Es zeigt, wie wenig bislang die Verantwortung von Kardinälen, Bischöfen, Generalvikaren und Personalchefs im Missbrauchsskandal aufgearbeitet ist.

Es lässt ahnen, welch schmerzhaften Prozess die katholische Kirche noch vor sich hat, wenn sie nun in vielen Bistümern die Akten erneut durchforsten lässt: Wer wusste von den Taten und schwieg? Zwei Kardinäle sind in den Fall des Priesters H. involviert, der verstorbene Essener Kardinal Franz Hengsbach sowie der emeritierte Kardinal Friedrich Wetter in München. Und eben Benedikt XVI., der emeritierte Papst.  […..] Das Dekret stellt fest: Peter H. habe sich in fünf Fällen des mittelschweren sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht, indem er nackt mit Minderjährigen in einem Bett geschlafen und sich so sexuell erregt habe. Er habe sich in zwei weiteren Fällen einer geringfügigen Straftat schuldig gemacht, indem er Jungen Pornos vorgeführt habe.   Drei Monatsgehälter muss H. an die Kinderstiftung "Tabaluga" zahlen. Er darf sich nicht mehr "Pfarrer im Ruhestand" nennen. Aber: Er bleibt Priester der katholischen Kirche. […..][…..] Es fällt auf, wie misstrauisch das Dekret gegenüber den möglichen Opfern ist. In einem Fall mutmaßt Wolf, ein Therapeut habe einem Patienten eine Missbrauchsgeschichte eingeredet. Um die möglichen Opfer geht es nicht. Es geht nur darum, ob und wie H. sein Keuschheitsversprechen gebrochen hat.   Es heißt, der Münchner Kardinal Marx und sein damaliger Generalvikar Peter Beer seien 2016 erzürnt gewesen über das Dekret. Weder Marx noch Beer wollen sich äußern - Beer ist mittlerweile in Rom Professor am vatikanischen Zentrum für Kinderschutz. […..]  

(SZ vom 22.09.2020)

Es nervt mich.

Es nervt mich sogar ungeheuer, weil unter anderem ich auch seit 15 Jahren immer wieder darüber berichte und insbesondere auch ausführlich über den Fall „Pater H. und Ratzinger“.

Es bleibt aber ohne Konsequenzen, weil wir als Gesellschaft die RKK lassen, weil man ihr eben nicht vehement widerspricht und weil die alten weißen Männer unter sich eben nicht von allein einsichtig werden.