So ein
Interview mit Heinrich Bedford-Strohm wirkt noch einige Tage nach.
Nachdem
ich seine Worte im aktuellen SPIEGEL ausgebreitet las, fühle ich mich ermattet.
Wie ein
geistiges schwarzes Loch entziehen die gegenwärtigen EKD-Fürsten meinen
Synapsen die Lebensenergie.
Breit-Kessler,
Käßmann und co bestechen mit einer derartigen geistigen Schlichtheit,
daß man sie eher in Satireformaten verortet sieht.
Sie
wären perfekte Kandidaten für Stefan Raabs Demütigungs-Interviews, in denen er Jugendliche zum Auslachen präsentiert.
Den
Niedergang der evangelischen Theologie Illustriert Käßmann mit ihrer
BILD-Kolumne mustergültig. Ein paar Zeilen in Deutschlands unseriösester Großbuchstaben-Zeitung,
scheinen genau das zu sein, wofür ein EKD-Funktionärs-Intellekt taugt.
(…..)
Frappierend ist insbesondere die Unfähigkeit dieser Kategorie der
Plapper-Bischöfinnen über ihren eigenen Tellerrand hinauszublicken.
Genau
wie Kollegin Käßmann, nimmt auch Breit-Keßler stets sich selbst und ihr eigenes
Leben zum Maßstab.
In
ihren Texten erzählt sie aus ihrer
Familie, ihrem Alltag, beschreibt
was ihr gefällt und überträgt das
dann flugs auf alle anderen.
Die
ganze bischöfliche Theologie ließe sich auf den Kernsatz: „Seid alle so wie
ich, dann wird alles gut!“ reduzieren.
Auch
in der heutigen Kolumne geht das so. (….)
Man haue
mal eben seine eigenen Spontangedanken zu einem Topos heraus, ohne von
irgendeiner Spur Hintergrundwissen belastet zu sein und google dazu ein
passendes Jesus-Zitat. Oder Luther. Höchstwahrscheinlich gibt es dazu inzwischen
auch eine Ebb, damit man nicht allzu lange recherchieren muß.
Ich
(Käßmann-Breit-Keßler-Schneider-Bedford-Strohm) finde Rosen hübsch und das sagt
Jesus ja auch!
Erschreckend
ist aber nicht nur diese intellektuelle Genügsamkeit an sich, sondern daß
solche Menschen auch noch mit akademischen Graden dekoriert sind, wie HBS als „Prof“
lehren und von staatlichen Stellen als Ethik-Experten konsultiert werden.
Erschreckend
insbesondere aber auch, daß einem Mann mit der geistigen Kompetenz eines Heinrich
Bedford-Strohms so viele Seiten in den besten deutschen Periodika,
SZ, SPIEGEL, ZEIT freigeräumt werden.
Es
handelt sich dabei also nicht nur um Theologen, die selbst nichts in Frage
stellen, sondern ihnen werden auch keine Fragen gestellt.
Jesus
sagt.., dann ist es auch so.
Dabei
ist es ausgerechnet der SPIEGEL, der über viele Jahrzehnte von einem der
kenntnisreichsten Theologen des 20. Jahrhunderts gemacht wurde.
Rudolf
Augsteins „Jesus Menschensohn“ ist immer noch das maßgebliche Werk über den
historischen Jesus. Ich verwendet die überarbeitete Ausgabe von 1999.
[….]
In der gerade erschienenen Fortschreibung
seines "Jesus Menschensohn" von 1972 zieht der Journalist Augstein
eine Bilanz der Jesusforschung in den letzten 27 Jahren. Der Ex-Katholik (seit
1968) macht publik - und nicht selten erst richtig lesbar, was Theologen in
ihrer oft schwer verständlichen Fachliteratur zuweilen mit Absicht verstecken -
aus Angst vor ihren Amtskirchen. Denn ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse
widersprechen weithin dem, was in der Bibel steht und was auf den Kanzeln
gepredigt wird.
Augsteins Fazit: Der
Mensch Jesus, wenn es ihn denn gab, hat mit der Kunstfigur des biblischen und
kirchlichen Jesus Christus nichts zu tun. Eine Biografie Jesu lässt sich
mangels historischer Fakten nicht schreiben. Die meisten Worte, die in der
Bibel Jesus zugeschrieben werden, hat er nicht gesprochen, die meisten Taten,
die in der Bibel von ihm überliefert werden, hat er nicht vollbracht.
Jesus wollte weder
eine neue Religion stiften noch eine Kirche gründen. Er wollte weder Gott noch
die zweite Person eines dreifaltigen Gottes sein. Und schon gar nicht wollte er
die Menschheit durch seinen Kreuzestod erlösen - ein solcher Gedanke wäre ihm absurd
erschienen, von der leiblichen Auferstehung ganz zu schweigen. […..]
Augstein
untersuchte für die erste Ausgabe von 1972 mehr als 600 theologische und historische
Werke über Jesus Christus.
[….]
Ich bin nahe daran, Augsteins
provozierende These von Seite 103 zu übernehmen: "Definition für Kirche:
der Ort, an dem die Irrtümer der jeweils vorangegangenen Theologen-Generation
berichtigt werden." ich möchte nur gern anstelle von Kirche Theologie setzen:
"Definition für Theologie: der Ort ... usw.". Es erscheint mir als
typischer Theologenirrtum (und Augstein ist hier eindeutig unter die Theologen
gegangen), Kirche und Theologie gleichzusetzen. Es gehört doch mit zu den
erstaunlichsten Wundern, daß sich nicht nur Religion, auch Glaube trotz der
Theologie erhalten haben, und daß sogar noch Ansätze von "Kirche" da
sind. […]
Augstein
zeigt mustergültig wie ein Intellektueller und Wissenschaftler mit dem Thema „Jesus“
umgeht. Das diametrale Gegenteil erleben wir bei den Käßmann-Strohms von heute.
Historische Wahrheiten, tiefgründige Analysen sind ihnen gar nicht bekannt. Für
sie zählt nur der Jesus, den sie sich in ihrem naiven Kinderglauben selbst
gebacken haben. Also ein freundlicher Sozialdemokrat der Gegenwart, der eine
Aphorismen-Sammlung zur Untermauerung von EKD-Thesen vorgelegt hat.
Für mich
ist es ausgeschlossen religiös zu sein.
Aber
Theologie fasziniert mich. Leider stößt man sehr selten auf intelligente
Theologen, die selbst gläubig sind.
Die
Gläubigen schreiben im naiven Käßmann-Stil, welcher der allgemeinen Intelligenz
spottet und die die denkenden Intellektuellen sind nicht gläubig.
Zum
Heiligen Jahr 2000 setzte sich Rudolf Augstein im SPIEGEL in einem
ausführlichen Artikel mit der Theologie Karol Woytilas, Joseph Ratzingers und Walter Kaspers auseinander.
Kaspar
war damals Bischof. Es ist eine interessante Volte, daß sich ein Jahrzehnt
später der zum Kardinal erhobene Kaspar zum liberalen Gegenspieler des Papstes
Ratzinger entwickeln sollte.
Als
Wissenschaftler sind allerdings alle drei Top-Kleriker etwas minderbemittelt.
Zum
Einstieg in „Augsteins Theologie“ empfehle ich den besagten Spiegel-Artikel von
1999. Es wahres Lesevergnügen.
Unglaublich,
aber wahr, dasselbe Nachrichtenmagazin veröffentlicht nur 18 Jahre später
Heinrich Bedford-Strohm, während in derselben Ausgabe Augstein-Junior im
Meinungsartikel unter dem Titel „Urbi et orbi“ Papst Franziskus lobpreist.
Wie
konnte das Magazin nur so tief sinken?
Zum
Glück muß Augstein Senior das nicht mehr erleben.
[…..]
"Die Schrift lehrt nichts, was nicht
mit der Vernunft in Einklang stünde", behauptet Walter Kasper, derzeit
noch Bischof von Rottenburg-Stuttgart, demnächst im Vatikan tätig und
vermutlich übers Jahr Kardinal, in seinem Jesus-Buch. Aber Millionen
Unschuldiger sind verfolgt, bestraft und getötet worden, weil die Kirche den
Einklang zwischen deren vernünftigem Denken und ihren eigenen Lehren bestritt,
dem dogmatischen Verständnis der sogenannten Heiligen Schrift. [….] Wenn es um Details geht, läßt sich
vielleicht streiten, ob der Papst und seine engsten Berater jeweils 20, 100
oder 200 Jahre hinter der Zeit zurückgeblieben sind. Darin unterscheiden sich
ihre Texte nicht vom 1993 erschienenen "Weltkatechismus", den eine
Kommission unter Kardinal Joseph Ratzinger erarbeitete - offenbar spürbar vom
Heiligen Geist erleuchtet (Kardinal Ratzinger: "Wir glaubten oft förmlich
die höhere Hand zu spüren, die uns führte") - und den Johannes Paul II.
eine "sichere Norm für die Lehre des Glaubens" nennt. […..] Die Liste, was Jesus vielleicht oder
wahrscheinlich getan hat, ist kurz; die Liste, was er sicher nicht oder
ziemlich sicher nicht getan hat, ist lang:
Er hat nicht getauft
und kein Abendmahl gestiftet, er hat weder seinen Tod noch seine Auferstehung
vorausgesagt. Weder hat er selbst Sünden vergeben, noch hat er eine Vollmacht
erteilt, dies zu tun. Paulus jedenfalls weiß von dieser mächtigsten Waffe der
jungen christlichen Kirche noch nichts. [….] Seit den
Tagen des Jesus und des Paulus ist die Welt nicht vorangekommen; die Menschen
haben durch die 2000jährige Wirkungsgeschichte der Christus-Legende, vor allem
aber durch das segensreiche Wirken der Kirche, keine höhere Ethik oder Moral
erlangt.
Die simple Ethik der
alten Griechen oder einzelner Denker wie etwa des Gelehrten aus Jerusalem Rabbi
Hillel (circa 30 vor bis 10 nach Christus) könnte für einen Wertekanon
ausreichen - wollte man sich an einem solchen heute noch orientieren. Es
bedürfte keiner "Christlichen Ethik", wie immer sie zustande gekommen
sein mag - zumal sie, wie man sieht, ursprünglich nicht so neu und anders war,
wie man vorzugaukeln versucht.
[….]