Dienstag, 31. März 2020

Brüsseler Leerstelle


Die EU wird gerade von den Nationalstaaten platt gemacht.
 
[….] Bürgermeister aus den am härtesten von der Covid-19-Pandemie betroffenen Städten Norditaliens bitten in einer ganzseitigen Anzeige in einer führenden deutschen Tageszeitung um "europäische Solidarität". Italien sei zur Bewältigung der Coronakrise auf "Coronabonds" angewiesen, erklären die Bürgermeister; sie dringen darauf, Berlin solle seinen Widerstand dagegen aufgeben. Seit vor allem die Bundesregierung beim EU-Gipfel Ende vergangener Woche die Debatte über die "Coronabonds" abgewürgt hat, die besonders für die Länder Südeuropas existenziell wichtig, für Berlin allerdings nicht kostenneutral wären, laufen Politiker und Medien von Spanien über Italien bis Griechenland Sturm. Deutschland treibe Politik nach dem Modell des Trump'schen "America First", heißt es in Spanien, während in Griechenland gewarnt wird, ein Verzicht auf die "Coronabonds" könne sich "für Europa als noch vernichtender erweisen" als das Covid-19-Virus. Sogar EU-orientierte italienische Medien protestieren gegen das "hässliche Europa" und schließen das Ende des "europäischen Projekts" nicht aus. [….]

Jeder kämpft um seine eigenen Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel und Handschuhe.
Es gibt Gemeinden, die sich direkt an Chinas Staatspräsidenten wenden.
Medizintechnik-Hersteller Stefan Dräger, der selbstverständlich die Produktion von Atemschutzmasken und Beatmungsgeräten längst auf das Maximum hochgefahren hat wird mit Anrufen aus der ganzen Welt überhäuft; jeder sagt ihm, wie dringend es ist. Aber der Chef der Dräger-Werke entscheidet selbst:

[….] Die Verteilung der von [Jens Spahn] bestellten 10.000 Geräte ist immer noch unklar. Viele Kliniken rufen uns deshalb direkt an. Bei aller Not muss man darauf schauen, dass die Ressourcen bestmöglich verteilt werden und nun nicht Krankenhäuser eine Superausrüstung für wenig Geld bekommen, mit der sie gar nicht umgehen können. Zentren, die ARDS-Patienten, also solche mit akutem Lungenversagen, behandeln können, müssen meiner Meinung nach bevorzugt werden. Die können auch das Personal schneller anleiten.. […..]

Das Zubehör für die Geräte wird knapp, da die Lieferketten international sind und die einzelnen Staaten protektionistische Maßnahmen ergreifen.

[….] Beim Zubehör haben wir die gleichen Effekte wie beim Klopapier. Es wird gehamstert, und zwar von den Krankenhäusern zum Schaden der Allgemeinheit. Die Teile kommen aus aller Welt, etwa aus der Türkei. Ich hoffe sehr, dass die Wertschöpfungsketten trotz Protektionismus intakt bleiben. Wenn jemand auf die Idee kommt, diese zu zerstören, gibt es keine Beatmungsgeräte mehr, für niemanden. […..]

Dabei ist der Wille zur europaweiten Solidarität goß.
Eins der bedeutendsten deutschen Corona-Behandlungszentren ist das Hamburger UKE mit seiner weltberühmten Spitzen-Virologin Prof. Dr. med. Marylyn Addo. Noch gibt es Kapazitäten für Corona-Intensivpatienten und statt sich wohlig darauf auszuruhen nahm Hamburg ein Dutzend Schwerstkranke aus Italien und Frankreich auf, die mit dem Spezial-Airbus A310 MedEvac eingeflogen wurden.
Wenn also die Möglichkeit und der Wunsch nach europaweiter medizinischer Solidarität besteht, muss dieser auch organisiert werden.
Die nationalen Gesundheitsminister und insbesondere Jens Spahn sind dabei nicht hilfreich. Alle arbeiten gegeneinander, weil ganz oben nicht koordiniert wird.
Es ist ähnlich wie in den USA. Dort bemühen sich 50 Gouverneure und tausende Bürgermeister als Einzelkämpfer um medizinische Materialien, überbieten sich gegenseitig.
Wann, wenn nicht jetzt ist eine Zentralregierung gefragt? Das Weiße Haus müsste die Beschaffung und Versorgung an sich ziehen, so daß die einzelnen US-Bundesstaaten nicht mehr ihre Ressourcen damit verschwenden gegeneinander zu kämpfen.
Leider ist das nicht möglich, weil Donald Trump ein Vollidiot ist, der immer noch nicht das Problem erkennt und nicht mit Gouverneuren sprechen will, die nicht appreciative genug sind. Sie sollen ihm dankbar sein und ihn öffentlich loben; sonst können die Bürger sterben.


 
Die USA hat zwar diese starke zentrale Macht, die über die Instrumente verfügt die Krise zu managen, aber an der Spitze sitzt leider ein egomaner Psychopath, dem sterbende Menschen vollkommen gleichgültig sind.
Zudem ist er geistig so unterbelichtet, daß er immer noch nicht verstanden hat, was eigentlich eine Pandemie ist, wodurch sie ausgelöst wird und wie sie sich verbreitet.

  
In Europa ist die Brüsseler Zentrale viel schwächer.
Aber das Beispiel der Hamburger Sturmflut von 1962 zeigt, daß auch ein Handelnder wie der damalige Innensenator Helmut Schmidt, der keineswegs die Kompetenz hatte über die Bundeswehr zu verfügen, in einer extrem Krise durch die Not gezwungen handeln und Autorität gewinnen kann.
Zufällig verstand Schmidt als ehemaliger Offizier wie Entscheidungsträger bei der Bundeswehr tickten.

Die EU-Chefin von der Leyen ist zufällig ehemalige Ärztin, so daß man ein Mindestmaß an Verständnis für eine europaweite Virus-Epidemie voraussetzen kann. Sollte sie nicht wissen was in dieser Zeit geboten ist; woran es in den Krankenhäusern mangelt, wie man Menschen aufklärt und den Medizinern hilft?
Vielleicht.
Aber es interessiert sie offenbar nicht.
Für Italien hatte sie warme Worte, denen aber kein Handeln folgte.
Gerätehersteller wie Dräger, Virologen wie Addo und schwerstbetroffene Regierungschefs wie Conte werden von ihr gleichermaßen im Stich gelassen.

Genau wie bei der erneuten Flüchtlingskrise, also den katastrophalen Verhältnissen auf Lesbos, steckt Ursula von der Leyen bei Corona intensiv den Kopf in den Sand. Sehr erfolgreich verschleiert sie ihre gesamte Existenz. Sie kommt in den Medien gar nicht mehr vor.

Da wundert es wenig, daß bei den absoluten Kern-Angelegenheiten Europas; den wichtigsten Werten – Demokratie und Menschenrechte – aus von der Leyens Amtssitz keinerlei Reaktion kommt, wenn Ungarn sich verabschiedet und endgültig zur Diktatur wird. Ungarns Ministerpräsident Orban kann nun unbegrenzt per Dekret zu regieren und die EU-Chefin schafft es noch nicht mal ihn beim Namen zu nennen.

[…..] Die EU-Kommission, die in der Staatengemeinschaft für die Überwachung von EU-Recht zuständig ist, hat zunächst keine unverzüglichen Schritte gegen den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und dessen Notstandspolitik angekündigt. Man will zunächst dessen Anwendung überwachen. "Alle Notstandsmaßnahmen müssen auf das, was notwendig ist, begrenzt und streng verhältnismäßig sein. Sie dürfen nicht unbegrenzt dauern", sagte von der Leyen. Freie Berichterstattung sei wichtiger als je zuvor. Notstandsmaßnahmen dürften nicht auf Kosten der Grundwerte gehen.
Von der Leyen nahm nicht explizit Bezug auf Ungarn, doch las ihr Sprecher den Text als Antwort auf Fragen von Journalisten nach einer Bewertung des ungarischen Notstandsgesetzes durch die EU-Kommission vor. Ein Kommissionssprecher ergänzte, das Kollegium der EU-Kommissare werde am Mittwoch über die Notstandsgesetze der EU-Staaten beraten.
Die europäische Grüne dagegen verlangt ein Einschreiten gegen Orbáns Notstandspolitik. "Es wäre wichtig, dass die Europäische Kommission als auch die Mitgliedstaaten als auch die politischen Freunde von Orbán sagen, das geht nicht", sagte die Grünen-Europapolitikerin Ska Keller. [….]

Da, wie berichtet, auch die beiden SPD-Vorsitzenden vollkommen ausfallen, ist es unser Sozi-General, der die fälligen harten Worte ausspricht.

  [….]  SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zeigt sich empört über das Vorgehen Orbáns. In Ungarn "werden unsere europäischen Werte von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einfach missachtet", sagte er dem SPIEGEL. "Präsident Orbán nutzt das Coronavirus, um per Notstandsgesetz auf unbestimmte Zeit und ohne parlamentarische Kontrolle per Dekret zu regieren. Das ist ein offensichtlicher Versuch, sich im Zuge der Krise weiter zu ermächtigen", stellte Klingbeil fest.
Klingbeil kritisierte in diesem Zusammenhang auch die konservative Regierung in Polen. Dort werde noch immer "an den Präsidentschaftswahlen in wenigen Wochen festgehalten, obwohl schon lange kein demokratischer Wahlkampf mehr möglich" sei. "In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurden jetzt auch noch Änderungen des polnischen Wahlgesetzes auf den Weg gebracht", sagte Klingbeil. [….]

Sowohl die zuständige Chefin von der Leyen, als auch ihre Partei, die in einer Fraktion mit den ungarischen faschistischen Antidemokraten sitzt, zerstören gerade die EU.

[….] Nicht erst mit seinem Notstandsgesetz zur Selbstermächtigung verstößt Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán gegen die rechtlich verbindlichen Bestimmungen des EU-Vertrags zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und Menschenrechten – und damit gegen den Kern der „europäischen Wertegemeinschaft“. Verletzt haben Orbán und seine Fidesz-Partei diese europäischen Verträge und Werte bereits 2017 mit der verächtlichen Ablehnung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs sowie mit ihrer üblen antisemitischen Kampagne gegen George Soros, der in der aktuellen Coronakrise von der Regierungspropaganda erneut als „Volksfeind“ diffamiert wird.
Die EU muss jetzt alle verfügbaren Mittel einsetzen, um zu verhindern, dass die Demokratie in Ungarn endgültig beerdigt wird. Sie hat die Verantwortung, die Bürger*innen Ungarns vor der eigenen Regierung zu schützen. Nötig wären eine rasche Klage der Brüsseler Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Orbáns „Ermächtigungsgesetz“ sowie die Suspendierung der großzügigen EU-Strukturhilfen und Subventionen an Budapest. Und: CDU/CSU und die anderen Mitgliedsparteien der Europäischen Volkspartei müssen Fidesz endlich aus ihren Reihen ausschließen. [….]



Shame on you, Merkel.
Shame on you, Kramp-Karrenbauer.
Shame on you, von der Leyen!