Donnerstag, 16. April 2015

Fundamental irrer.


Viele kirchenferne Norddeutsche halten instinktiv Katholiken für wesentlich grotesker als Protestanten.
Das ist zunächst einmal naheliegend, da Katholiken hierzulande exotischer sind und die auffälligsten Unterschiede die Papst-Fraktion sehr unsympathisch erscheinen lässt:

·        Katholiken halten Frauen für zu unwürdig und minderbemittelt, um geistliche Ämter zu übernehmen.
·        Katholiken haben mit dem Zölibat die offensichtlich sehr viel heuchlerische Sexualmoral.
·        Katholiken produzieren laufend Kindersexskandale.

Diese drei Punkte sind so augenfällig, daß sie auch die größte Rolle in der innerkatholischen Diskussion spielen.
Überwältigende Mehrheiten von Franzis Fußvolk wollen dies alles abgeschafft haben und hadern mit ihren barocken Kirchenfürsten, die sie aber nur bezahlen und nicht etwa selbst aussuchen dürfen.

Flüchtig betrachtet sollten also all die unzufriedenen Katholiken einfach konvertieren und sie wären ihre Probleme auf einen Schlag los.
Eine Win-Win-Situation, denn so wäre die RKK von einer massiven Austrittswelle betroffen, während die EKD Zulauf hätte. Die Katholen-Spitze wäre bald gezwungen ihre diskriminierende Einstellung gegenüber Frauen und Kindern aufzugeben.

In der Realität erleben wir aber erstaunlicherweise genau den umgekehrten Prozess: Es treten deutlich mehr protestantische Christen als Katholische aus ihrer Kirche aus. Ein Phänomen, das von konservativen RKK-Topklerikern gerne als Argument dafür verwendet wird, man müsse den Zölibat nicht aufheben und brauche keine Frauenordination einzuführen. Die Evangelen hätten das alles und bei ihnen sehe die Mitgliederentwicklung noch schlechter aus.
Was ist da los?

Natürlich haben die katholischen Bischöfe Unrecht. Ihre niedrigeren Austrittszahlen liegen nicht daran, daß die Gläubigen Zölibat und Frauenverbot behalten möchten.
Das katholische Milieu ist einfach grundsätzlich konservativer, ländlicher und altmodischer. Dort sind die Bindungen an die Kirche und die Bereitschaft zur Heuchelei größer als im eher lockeren städtischen Milieu der Protestanten.
Tritt ein Protestant in Hamburg aus der Kirche aus, interessiert das niemand.

In einem kleinen Dorf des Bistums Regensburg mag das noch ganz anders sein und mit vielen schrägen Blicken der Nachbarn verbunden sein.

Es ist ähnlich wie bei Parteibindungen. Konservative Parteimitglieder lassen sich von ihren Führern weit mehr Skandale gefallen. Da wird ein dutzendfach überführter Lügner Koch immer wieder umjubelt und alle lieben Merkel, obwohl sie so ziemlich alles was CDUlern heilig ist schon ins Gegenteil verkehrt hat.
Grünen- oder SPD-Mitglieder sind pingeliger und werfen schneller mal empört ihr Parteibuch weg.

Neben der „Lockerheit“ der protestantischen Milieus sprechen aber zwei weitere Aspekte für die Katholiken.

Ihre Show ist sehr viel besser; die Gottesdienste machen was her, man hat mit Pontifikalämtern, Kardinälen und den fortwährenden Berichterstattungen aus dem größten Protz-Hotspot der Erde, des Vatikans, immer wieder kostenlose Werbung.
Evangelische Gottesdienste sind dagegen nicht nur schlicht und trostlos, sondern erinnern mit ihren primitiven Gesängen und dümmlichen Spielchen immer irgendwie an die verzweifelte Stimmung auf Kindergeburtstagen der Unbeliebtesten in der Klasse.

Glücklicherweise war ich noch nie auf einem evangelischen Kirchentag, aber die von dort via TV übertragenen Events haben mich mit ihrer tumben Primitivsymbolik und der erschreckenden kunst-antagonistischen akustischen Folter schwer verstört.

Schließlich leidet die Evangelische Kirche nachhaltig unter dem intellektuell dürftigen Niveau ihrer Top-Kleriker.
Offensichtlich wird jeder, auch wenn er in der Schule nur Singen und Klatschen belegt hat, zum Theologiestudium zugelassen und umso schneller zum Pastor gemacht, je mangelhafter seine Allgemeinbildung ist.
(…….)
Möglicherweise ist es tatsächlich so, daß der intellektuelle Niedergang der evangelischen Theologie, der in Huber und Käßmann ihre Apotheose fand, die eigentlich noch absurderen Katholiken (Zölibat, Primat des Papstes, Frauen-Ausschluss,..) in Relation gut dastehen läßt.

Im aktuellen SPIEGEL (15/2015 vom 04.04.2015) gibt es ein vierseitiges Doppelinterview mit dem EKD-Chef Bischof Heinrich Bedford-Strohm und dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster unter anderem zum Thema „militanter Islam“.
Gratulation auch an die morialogische Glanzleistung des SPIEGELS zum Thema Gewalt im Islam von Juden und Christen nur ÜBER den Islam zu sprechen und nicht MIT ihm; ein muslimischer Vertreter darf gar nicht erst mitreden.
An einen Humanisten oder Atheisten wird ohnehin gar nicht gedacht.
Die Redakteure Frank Hornig und Katja Timm stellen die üblichen harmlosen Fragen nach Integration und Glaubensferne.
Ein Freifahrtschein für die beiden Top-Religioten zu überzeugen und für sich zu werben.
Schuster, als Vertreter einer in Deutschland sehr kleinen Minderheit schlägt sich nicht schlecht, fällt zumindest nicht durch besondere Doofheiten auf.
Aber der Nachfolger von Huber, Käßmann und Schneider gibt Plattitüden von sich, daß man immerhin wunderbar Heinz-Werner Kubitzas Essay wider die Theologie als „Wissenschaft“ bestätigt bekommt.
Bedford-Strohm ist Professor und demonstriert eine Anti-Intellektualität, daß er jeden Denkenden aus der Kirche treiben muß. (…..)

(……….) Der Niedergang des deutschen Protestantismus ist vermutlich unaufhaltsam.
Der Grund ist, daß es einfach keine sympathischen Führungspersönlichkeiten in der EKD gibt.
Die Laien werden von Politikern dominiert, die sich aus dem unsympathischsten Bodensatz ihrer jeweiligen Parteien rekrutieren: Volker Kauder, Hermann Gröhe, Günther Beckstein, Kathrin Göring-Kirchentag, Irmgard Schwätzer (FDP), Christoph Matschie (SPD), Kerstin Griese (SPD), Josef Philip Winkler (Grüne), Pascal Kober (FDP) oder Stefan Ruppert (FDP) sind die schlimmen Namen.

Bei den Theologen der EKD sieht es sogar noch düsterer aus: Huber, Schneider, Käßmann, Bedford-Strohm oder gar Petra Bahr heißen die Menschenschrecker, die meistens in die Talkshows geschickt werden.
Kein Wunder, daß die Gläubigen schneller aus der EKD flüchten als aus der zölibatären Kinderficker-RKK. (………….)

Konsequenterweise wurde Plapperista Käßmann als BILD-Kolumnistin genau dort geparkt, wo sie intellektuell hingehört  - bei F.J. Wagner und Kai Diekmann.
Wenn man es gut mit der EKD meint, könnte man hoffen, daß Käßmann bei der enthirnten BamS-Leserschaft auch keinen Schaden mehr anrichten kann.

Zum Pech für die evangelische Kirche und zum Glück für die Atheisten überschätzt sich das Plappermäulchen aber immer noch so gewaltig, daß sie sich kontinuierlich mit aller Macht auch in andere Medien drängelt und dort ihr Mitglieder-verschreckendes Potential voll entfaltet.

Die ZEIT, die ich genau für diese treudoofe Kirchenhörigkeit als Abonnent verließ, bietet dem theologischen Totalausfall aus Hannover heute mal wieder untertänig ein Forum.

[…]  Die Altbischöfin und Botschafterin der Reformation, Margot Käßmann, fordert in der ZEIT mehr christliches Selbstbewusstsein. "Europäische Christen sollten sich nicht dauernd entschuldigen, dass unsere Kirchen weniger voll sind als etwa in Südkorea", sagte sie. Kirchenbesucherzahlen sagten nichts über Glaubwürdigkeit aus. Die Europäer hätten es geschafft, Glaube und Vernunft zusammenzuhalten. […] Das Verhältnis zur katholischen Kirche sieht Käßmann positiv: "Meine Kirche hat große Gemeinsamkeiten mit Rom, weil wir wissen, wovon der jeweils andere redet." Käßmann interessierten die Wege zur Einheit. Der neue Papst setze "Signale, die zu uns passen". […]

Käßmann ist aber kein Einzelfall – so ziemlich alle Veröffentlichungen aus dem Petra Bahr – Göring-Kirchentag – EKD-Nirvana bewegen sich auf diesem Amöben-IQ-Niveau.

„Evangelisch.de“ schaltete beispielsweise „einen Protestantomaten“ frei, bei dem es quasi um einen Wahlomat auf KITA-Niveau handelt.
Kritische Antworten stehen natürlich nicht zur Auswahl.

Beispiel:

Welche Aussage über Gott ist ihnen am wichtigsten?

·        Gott liebt die Menschen über alle Maßen.
·        Gott ist gerecht.
·        Gott begegnet mir in meinen Mitmenschen.
·        Gott kann man nicht in Worte fassen.
·        Gott offenbart sich auch in anderen Religionen.

Oder:

Wo sollte man das Wort Gottes am lautesten verkündigen?

·        In der Fußgängerzone.
·        Unter Kindern.
·        In der Kirche.

A propos Kinder und Religion.
Wider aller Vernunft und aller Erfahrungen bestehen Protestanten natürlich auch immer noch auf Zwangstaufe, also das Eingemeinden von Personen lange bevor sie alt genug sind selbst darüber entscheiden zu können.
Die offiziellen Begründungen auf den offiziellen EKD-Seiten sind so hanebüchen, daß ich sie gern weiterverbreite.
Verantwortungsvolle Eltern, die noch Mitglied der Kirche sind, werden vielleicht daraufhin die Kraft haben auszutreten.

[…] Kinder brauchen Religion


[…] 'Mein Kind soll das später selbst entscheiden', sagen viele Eltern. Aber mit dieser vorgeblichen Neutralität treffen Eltern bereits eine wichtige Vor-Entscheidung: Wo Religion und Glaube nicht vorkommen, wird vermittelt, dass diese Dimensionen des Lebens unwichtig sind. "Wie soll jemand entscheiden, ob ihm der Glaube schmeckt, wenn er ihn nie vorher gekostet hat?", fragt der Theologe und Erziehungswissenschaftler Fulbert Steffensky.
[…] Seiner Meinung nach, darf der Glaube Kindern nicht vorenthalten werden. "Wir können nicht sagen: 'Warten wir mit der religiösen Erziehung, bis Kinder 16 Jahre alt sind und sich selber entscheiden können.' Kinder haben jetzt ihre Ängste, nicht erst wenn sie 16 sind." […] Religion kommt im Alltag häufiger vor, als wir auf den ersten Blick wahrnehmen. […] Sie sehen Wegkreuze, erleben vielleicht im Kindergarten ein Tischgebet. Unsere gesamte Kultur trägt Spuren des Christentums. Denn der christliche Glaube hat die europäische Festkultur, Sprache und Kunst geprägt. Selbst die Menschenrechte haben in der jüdisch-christlichen Überlieferung ihre Wurzeln. Wer Kinder in einem religiösen Vakuum aufwachsen lässt, enthält ihnen auch ein Stück Bildung und Humanität vor.
Kinder stellen schon sehr früh von sich aus zutiefst religiöse Fragen. […]  Kommt Oma in den Himmel? Hat Gott alle Menschen lieb, auch die bösen? Wieso hat Gott die blöden Brennnesseln gemacht? Hat Gott nicht gut genug aufgepasst, wenn ich einen Unfall habe?', das sind Kinderfragen, die auch Erwachsene zum Nachdenken nötigen.
[…] Friedrich Schweitzer, Pädagoge und Theologe, konstatiert ein "religiöses Kaspar-Hauser-Syndrom", wo  Kinder von ihren Eltern weder Anregung noch Unterstützung bei religiösen Fragen bekommen, "Kinder haben ein Recht auf Religion", sagt er. […]  "Es gibt Dinge, die sich nicht durch ihren Zweck rechtfertigen: die Lieder, die Gedichte, die Küsse, die Muße, das Gebet. Wer diese Dinge von ihren Zwecken her beschreibt, verdirbt sie. Es geht nicht darum zu sagen: Wer glaubt, kommt besser durchs Leben. Es ist schön, wenn unsere Kinder ihr Leben bergen können in die großen Bilder des Glaubens, dass sie es bergen können in die Hände und den Schoß Gottes."
[…] "Religion ist Begleitung in dem Sinn, dass Kindern vermittelt wird: Da steht mir jemand zur Seite, es kommt vielleicht Schwieriges, auch Unverständliches, aber ich bin nicht allein", fasst Frieder Harz, evangelischer Professor für Religionspädagogik in Nürnberg, zusammen.
 […] Religiöse Erziehung braucht Rituale: Das Tischgebet etwa kann Dankbarkeit und Achtsamkeit wachsen lassen. Ein abendliches gemeinsames Lied, […] ein frei formuliertes Gebet oder eine Auswahl verschiedener gebundener Gebete kann in Kindern ein Gefühl von Geborgenheit und Vertrauen stärken, das bis in tiefe seelische Schichten reicht.
Albert Biesinger will das frei formulierte Gebet und das Beten mit überlieferten, festen Formulierungen nicht gegeneinander ausspielen. Beten in jeglicher Form ist für ihn "eine Kompetenz fürs Leben". Wer beten kann, kann sich Gott als der Herkunft des eigenen Lebens und der Zukunft des eigenen Lebens über den Tod hinaus anvertrauen. Kinder können beim Beten eine tiefe Geborgenheit erleben, dass sie ein Gegenüber haben, dass Gott für sie da ist", erläutert er. […]