Montag, 3. April 2023

Bayern auf Droge

Das war wieder einmal reiner Rechtspopulismus, als Markus Söder im Oktober 2022 auf dem CDU-Parteitag wider die Ampelpläne wetterte, „da muss noch Kokain her und Christel Mett“!

Was ihm da unfreiwillig komisch geriet, war eine schlichte Lüge, da niemand in der Ampel-Koalition derartiges plant oder fordert.

An dieser Stelle will ich nicht erneut die Cannabis-Legalisierungs-Diskussion führen. Wissenschaftlicher Konsens besteht darin, daß die strikte Drogenverbotspolitik („war on drugs“) gescheitert ist und zu mehr Drogentoten führt, als liberalere Strategien. Daher wenden sich auch mehr und mehr Ländern von dem Verbotsunsinn ab. Daher sind die Ampel-Pläne völlig richtig.

Ich empfehle MAITHINK X vom 26. Februar 2023 mit Dr. Mai Thi Nguyen-Kim zum Thema „Deutschlands dumme Drogenpolitik“. Darin sind alle Fakten und Erkenntnisse zum Thema sachlich und verständlich in 29 Minuten zusammengefasst.

Die Säuferpartei CSU agiert hingegen nicht nur populistisch, antiwissenschaftlich und illiberal, sondern auch perfide und antihumanistisch, indem sie mehr Tote produziert. Menschenleben sind der bayerischen Christenpartei herzlich egal. Da zettelt sie lieber einen Kulturkrieg an und plant mehr Tote ein – siehe Waffenrecht, siehe Promillegrenze, siehe Rüstungsexporte, siehe Tempolimit, siehe Frontex, siehe Flüchtlingsobergrenze, siehe Grenzschließungen, siehe Pushbacks. Lebensschutz ist unnütz, wenn man stattdessen ein paar mehr CSU-Wählerstimmen generieren kann.

[….] 2022 zählte Bayern offiziell 277 Drogentote - anhaltend hohes Niveau, ein Plus im Vergleich zum Vorjahr (255 Fälle), wie die neue polizeiliche Kriminalstatistik zeigt. In fast der Hälfte der Fälle ist Heroin im Spiel, oft aber geht es um eine Mischvergiftung.   [….]

(Johann Osel, 02.04.2023)

In Bayern sterben immer mehr Menschen an Drogen und die tatsächliche Zahl der Toten liegt weit über 277.

[….] Regelmäßig streichen Uwe Schmidt und sein Team von der Drogenhilfe Schwaben Klienten aus ihrer Liste - weil sie tot sind. Da sind zum einen die "stillen Drogentoten", wie der Geschäftsführer und Sozialpädagoge sie nennt, "der Körper macht so einen Lebenswandel nicht lange mit". Abhängige etwa von Heroin, Amphetaminen oder Opiaten sterben irgendwann, zu früh oder viel zu früh, letztlich an Herzversagen, Leberzirrhose, Lungenschäden, auch an Folgen von Infektionskrankheiten. Alkohol und Rauchen tragen da nicht selten dazu bei. Von Freunden, aus der Szene, von Betreuern erfährt die Drogenhilfe dann von diesen Toten. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Die andere Hälfte der Drogentoten sind diejenigen, die statistisch erfasst sind: Tote, bei denen etwa eine Überdosis als kausale Ursache festgestellt wird.   [….]

(Johann Osel, 02.04.2023)

Möchte man diese Opfer der strikten Drogenpolitik am Leben erhalten, müsste man Pläne der Apel, wie das "Drug-Checking" unterstützen. So könnten Suchtkranke anonym und straffrei prüfen lassen, ob das Zeug, das sie sich spritzen müssen, mit einer tödlichen Substanz gestreckt ist.

Aber das brächte der CSU keinen Vorteil an der Wahlurne.

[….] Als Allheilmittel sieht Uwe Schmidt das Vorhaben zwar nicht, aber als "große Chance". Seine Klienten konsumieren "ins Blaue hinein". Das Prinzip Hoffnung, dass alles glatt geht. Laut Experten sei jede 500. Spritze so riskant, dass Lebensgefahr drohe, also für Abhängige "locker einmal im Jahr". Attraktiv sei Drug-Checking auch, weil die Leute beim Check warten müssten - und greifbar seien für die Drogenhilfe oder soziale Beratung, um ihr Leben auf die Reihe zu kriegen. Übrigens auch "bisher Unerreichbare": Leute aus der Mitte der Gesellschaft, die sich ihres problematischen oder hygienisch unsicheren Konsums gar nicht bewusst seien. Koks auf der Party, Speed im Club. Noch dazu erhalte man Indizien, welche Drogen in welcher Reinheit unterwegs sind, glaubt Schmidt. Das böten bis dato nur Sicherstellungen der Polizei. Das alles seien ähnliche Pro-Argumente wie für Konsumräume, die seit 20 Jahren gesetzlich erlaubt und in manchen deutschen Städten unter klaren Regeln etabliert sind - nicht aber in Bayern, die Staatsregierung lehnte die Umsetzung bislang strikt ab. Es gehe da um sicheren Konsum, der sonst in der Parkecke oder Toilette ablaufe, erklärt Schmidt, in Eile und Angst vor der Polizei machten Konsumenten dann Fehler beim Injizieren. Dazu komme der Schutz der Öffentlichkeit, weniger zurückgelassene Spritzen zum Beispiel.  [….]

(Johann Osel, 02.04.2023)