Samstag, 24. August 2013

Echt frech


Das ist das kleine Politeinmaleins der Blogger und Journalisten: Klagen über das kontinuierliche Mäandern der Kanzlerin, die so glitschig ist, daß sie inzwischen auf keinerlei Position mehr festzulegen ist und konsequenterweise einen Wahlkampf ganz ohne Inhalte führt.
Die SPD is pissed.

Der aktuelle Wahlkampf der SPD baut darauf auf zu zeigen, dass Angela Merkel keine klare Linie hat. Trotz ihrer sonst unterschiedlichen Meinungen kritisiert das SPD-Spitzenpersonal einmütig die häufigen Positionswechsel der Bundeskanzlerin und wertet dies als Führungsstilschwäche in Krisenzeiten. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagt, dass Merkel wegen ihrer DDR-Vergangenheit keinen Sinn für Europa habe und deshalb versäumt hat, ihre Vorstellungen zu Europa in der Krise klarzustellen. Noch deutlicher greift Sigmar Gabriel die Kanzlerin in der Späh-Affäre an. Der SPD-Vorsitzende wirft ihr vor, die Bürger 'einzulullen' und dadurch den Rechtsstaat zu opfern. Und auch die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kommt nicht umhin, der Kanzlerin den Vorwurf zu machen, durch häufigen Positionswechsel nur am Erhalt der Macht interessiert zu sein. Aber ist diese Wahlkampfstrategie durchdacht? Oder schadet das SPD-Spitzenpersonal womöglich der eigenen Partei? Und erklärt das mitunter, warum die Sozialdemokraten und ihr Kanzlerkandidat Steinbrück dauerhaft im Stimmungsloch verharren?
Die Vorwürfe der SPD an Merkel stehen im krassen Gegensatz zur Beliebtheit der Kanzlerin in der Bevölkerung. Je größer die Krise in Europa wurde, desto mehr stieg ihr Ansehen. Auch die Späh-Affäre scheint ihr nichts anzuhaben - ebenso wie sich auch ihre Positionswechsel in Fragen des Mindestlohns, der Homo-Ehe und bei anderen Themen nicht negativ auswirken. Selbst der überraschende Atomausstieg, der unter ihrer Führung nach dem Unfall von Fukushima drastischer ausfiel als zuvor von Rot-Grün vereinbart, scheint ihre Glaubwürdigkeit eher zu festigen als zu erschüttern. Und das obwohl die Kanzlerin das Gegenteil behauptet und sofort nach ihrer Wahl die Ausstiegsvereinbarung der rot-grünen Bundesregierung revidiert hatte.
(Thomas König, SZ vom 22.08.2013)

Die Politanalysten interpretieren die eigenartigen Vorlieben des Urnenpöbels so, daß der Kanzlerin ihre anpassungsfähigen Meinungen als Pragmatismus ausgelegt werden. Pragmatisches, unideologisches Verhalten ist für eine Konservative ein Pluspunkt.
Bei Sozis ist es unglücklicherweise genau umgekehrt. Pragmatisches, unideologisches Verhalten wird ihnen als Abkehr von den Wurzeln und Anpassung an den neoliberalen Zeitgeist ausgelegt und somit von ihrer Basis extrem negativ bewertet.
Eine Hartz-Entscheidung von Rotgrün, getroffen vor zehn Jahren, läßt heute noch ehemalige Anhänger pawlowsch hassgetrieben reagieren, wenn nur der Name „Schröder“ fällt. Ein Sozi hat immer unfehlbar zu sein und wird a posteriori noch Dekaden später für einen einzelnen Satz gegeißelt.


Es gehört zu den Paradoxien des deutschen Wählerverhaltens, daß der Urnenpöbel mit seinem Eintagsfliegen-Gedächtnis dazu in der Lage ist bestimmten Parteien noch zehn Jahre später nachtragend zu sein.
CDU’ler hingegen können menschenverachtend daherreden, der massiven Lügen überführt werden und einen Tag später ist es vergessen.
Merkels dreiste manipulative Lügen über die angeblich „faulen Griechen“, den Klimaschutz oder nicht vorhandene Schuldenschnitte werden ihr großzügig sofort verziehen.
Das Bild von der ewig schwankenden Merkel, die ihr Fähnchen immer nach dem Winde hängt, ist selbstverständlich auch ein schiefes.
Denn es gibt durchaus Konstanten in der Politik der Kanzlerin.
 Sie ist stets bemüht das Vermögen des unteren Drittels der Gesellschaft nach ganz oben umzuschichten.


So ist es kein Wunder, daß ihre Staatsminister (Hildegard Müller und von Klaeden) direkt aus dem Kanzleramt auf Top-Lobbyisten-Positionen abgeworben wurden und dann nach den Wünschen dieser Lobbyisten Gesetze maßgeschneidert werden.
Da diese Bundesregierung trotz des unverdienten Geldsegens – denn die Steuereinnahmen sprudeln aufgrund der RotGrünen Weichenstellungen – gar nicht daran denkt zu sparen, sondern in vier Jahren weitere 200 Milliarden Schulden aufgetürmt hat, kann Merkel auf Kosten der nächsten Generationen Milliardengeschenke an Multimilliardenschwere Automobilkonzerne (Dienstwagenprivileg), Hoteliers oder eben das Atomenergie-Oligopol verteilen.
Diese ganze Energiewende ist in erster Linie eine Täuschung, um aus wahltaktischen Gründen ein Problemthema abzuräumen.
Der Urnenpöbel mag nämlich keine stinkenden Kohlekraftwerke und störungsanfällige Uralt-Atomreaktoren.
Also werden nun fleißig Windräder aufgestellt.
Daß der eigene Wirtschaftsminister den Betrieb dieser Anlagen verhindert, indem keine Leitungen gebaut werden und ganze Rotorwälder stehen nun sinnlos in der Nordsee und können nicht ans Stromnetz angeschlossen werden.
Es fehlen die Mittel und der Willen und das politische Vermögen die Energiewende umzusetzen.
Stattdessen schaufelt Merkel nach wie vor das Geld in problematische Uralttechnologien zur Freude der Atom-Dinosaurier von Vattenfall, E-on und Co.

Atom und Kohle werden deutlich höher subventioniert als erneuerbare Energien
Konventionelle Energien werden in Deutschland doppelt so hoch subventioniert wie Erneuerbare. Das ist das Ergebnis einer Berechnung, die das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag von Greenpeace Energy durchgeführt hat. Die Wissenschaftlerinnen des FÖS addierten die versteckten Kosten der konventionellen Energien wie Atom und Kohle. Summen, die zwar nicht auf der Stromrechnung stehen, aber dennoch von der Bevölkerung getragen werden müssen. Während die erneuerbaren Energien in 2012 sichtbar über die EEG-Umlage mit rund 17 Mrd. Euro gefördert wurden, haben die konventionellen Energien versteckte Kosten in Höhe von 40 Mrd. Euro verursacht.
„Diese Rechnung entlarvt die Versuche der Atom- und Kohlelobby, die Erneuerbaren als Preistreiber darzustellen. Unterm Strich sind Wind, Wasser und Sonne die günstigste Art der Stromversorgung“, sagt Marcel Keiffenheim, Leiter Energiepolitik bei Greenpeace Energy.
Die versteckten Kosten der konventionellen Energien setzen sich aus staatliche Förderungen wie Finanzhilfen und Steuervergünstigungen sowie den externen Kosten der einzelnen Energieträger wie Klimaschäden oder Folgekosten eines nuklearen Unfalls zusammen. Diese Kosten tragen nicht die Verursacher, sondern werden von Verbrauchern unter anderem über Steuern und Abgaben gezahlt. Während sich die versteckten Kosten der Braunkohle auf 13,9 Mrd. Euro belaufen, sind es bei Steinkohle 12,4 Mrd. Euro und bei Atomenergie 11,0 Mrd. Euro.

Die Wähler, die zu 70% Merkel bejubeln, durchschauen das natürlich nicht.


Schwarzgelb funktioniert strikt nach der Methode „Der Teufel scheißt auf den größten Haufen.
Geld spielt keine Rolle, wenn es darum geht die Milliardäre der deutschen Industrie zu pampern.


Allerdings kann man Merkel nicht vorwerfen gar nicht zu sparen.
Schwarzgelb setzt an anderen Stellen durchaus den Rotstift an.
Nämlich bei denen, die gar nichts haben und dringend auf Hilfe angewiesen sind.

Die deutsche Entwicklungshilfe ist im Jahr 2012 um drei Prozent gesunken. Das hat die entwicklungspolitische Lobby-Organisation ONE für ihren am Sonntag veröffentlichten Sonderbericht zum DATA-Bericht 2013 errechnet. Dem Report zufolge erhielt Afrika 16 Prozent weniger Mittel als im Vorjahr. Damit sinke der Anteil am Bruttonationaleinkommen (BNE), den Deutschland für Entwicklung ausgibt, auf 0,36 Prozent (ohne Schuldenerlasse).
Die größte Volkswirtschaft Europas entferne sich dadurch weiter vom 0,7-Prozent-Ziel der Vereinten Nationen, das im Jahr 2015 fällig wird, kritisierte ONE. Tobias Kahler, Deutschlanddirektor von ONE, sagte: "Extreme Armut wurde in den vergangenen 20 Jahren halbiert und kann bis 2030 praktisch beendet werden. Dafür müssen auch wirksame Entwicklungsansätze ausgebaut werden. Der massive Rückgang der Unterstützung für Afrika ist erschütternd. Dieser schadet der deutschen Glaubwürdigkeit und unseren eigenen Interessen. Die künftige Bundesregierung, die im Jahr 2015 auch Gastgeber des G8-Gipfels sein wird, muss Deutschlands internationale Zusagen umsetzen, um sich nicht zu blamieren." […] Die Lobbyorganisation zieht aus dem Bericht den Schluss, Deutschland habe seine Führungsrolle im Bereich innovativer Entwicklungsfinanzierung verloren. Klimaschutz passiere lediglich "auf Kosten klassischer Entwicklungszusammenarbeit". Zudem hätten sich im Jahr 2010 unter den Top-Ten-Empfängern deutscher staatlicher Entwicklungshilfe (ODA) neun Länder mit mittlerem Einkommen befunden. 2011 sei nur ein afrikanisches Land unter den Top 10 gewesen: Kenia. Unter der schwarz-gelben Koalition gebe es deshalb keine stärkere Ausrichtung der deutschen Mittel auf die ärmsten Länder.

Aber was kann man schon erwarten von einem Entwicklungshilfeminister Niebel, der sein Ministerium erst abschaffen wollte und es nun als Versorgungszentrum für Altkader der Lobbyorganisation FDP umfunktionierte.


Menschenrechte mag er genauso wenig wie Arme.
Deswegen setzt er sich lieber für deren Ausbeuter ein. In Uganda steht die Menschenrechtsorganisation Fian an der Seite von vertriebenen Bauern, auf deren Land sich nun ein Hamburger Kaffee-Konzern breit macht.

„Die Firma Neumann sollte nicht versuchen, die bevorstehende Landvermessung zu verhindern. Diese technische Maßnahme wird lediglich dazu beitragen, die tatsächlichen Landbesitzverhältnisse transparent zu machen“, so Martin Wolpold-Bosien von FIAN International.
Im August 2001 vertrieb die ugandische Armee im Bezirk Mubende mehr als 2.000 Menschen gewaltsam von ihrem Land. Dieses Land wurde daraufhin an die Kaweri Coffee Plantation Ltd, eine Tochtergesellschaft des deutschen Unternehmens Neumann Kaffee Gruppe, verpachtet. Kaweri hat auf diesem Land Ugandas erste Kaffeeplantage errichtet. Bis zum heutigen Tag sind die Vertriebenen weder für den vollständigen Verlust ihres Landes und ihrer Besitztümer, noch für die extreme Notlage, in der sie sich seit der Vertreibung befinden, entschädigt worden. Seit 2002 unterstützt FIAN den friedlichen Kampf der Vertriebenen für Gerechtigkeit. Ebenfalls seit 2002 prozessieren die Vertriebenen gegen den ugandischen Staat und die Firma Kaweri.
Die bevorstehende Vermessung ist ein rechtliches Verfahren und ein notwendiger letzter Schritt, um den Landtitel einer Vertriebenen zu registrieren. In ihrer jüngsten Mitteilung an FIAN sprach sich die Neumann Kaffee Gruppe jedoch gegen die geplante Landvermessung aus. „Es gibt kein vernünftiges Argument gegen eine solche Maßnahme. Deshalb fordern wir von der Firma Neumann, jede Art von Behinderung bei der Durchführung der Landvermessung, insbesondere durch die Anwendung von Gewalt, zu unterlassen“, so Gertrud Falk von FIAN Deutschland.
Seit der gewaltsamen Vertreibung engagiert sich Peter Kayiira, der Vertreter der Vertriebenen, als Menschenrechtsverteidiger für eine rechtliche Wiedergutmachung für die Zerstörung des Eigentums und das Leid der Vertriebenen. Zuletzt stellte die Neumann Kaffee Gruppe in einem Schreiben an FIAN den Status von Peter Kayiira als Menschenrechtsverteidiger aber infrage. „Herr Kayiira unterstützt die Vertriebenen der ehemaligen Dörfer Kitemba, Kiryamakobe, Luwunga und Kijunga, deren Menschenrechte  eklatant verletzt wurden", betont Martin Wolpold-Bosien. "Wir raten der Neumann Kaffee Gruppe dringend dazu, Herrn Kayiira als Menschenrechtsverteidiger anzuerkennen und entsprechend zu handeln.“

Das brachte Niebel in Rage und so schrieb er einen bösen Brief – AN FIAN!

Werte seien die Basis seiner Politik, sagt der Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel oft. Jetzt setzt er eine Menschenrechtsgruppe unter Druck.
Der Minister war diplomatisch im Ton, aber hart in der Sache. Dirk Niebel schrieb an Ute Hausmann, die Geschäftsführerin der Menschenrechtsorganisation Fian. Offenbar wollte er die Interessen eines deutschen Unternehmens im Ausland schützen. Niebel sorgte sich um die Kaweri-Kaffeeplantage in Uganda, die zur Hamburger Neumann Kaffee Gruppe gehört.
Die Farm sei die größte deutsche Investition in dem ostafrikanischen Land, schrieb Niebel. Sie habe "die Aufmerksamkeit und das Wohlwollen der Bundesregierung". Fian aber führe eine schädliche Kampagne gegen den Betrieb.
"Nach vertiefter Prüfung des Sachverhalts bin ich zu der Einschätzung gelangt, dass die fortwährende Kampagne, die Sie gegen die angesehene Neumann Kaffee Gruppe führen, unangemessen und unberechtigt ist", kritisierte der Minister. Seine Gespräche "mit hochrangigen Regierungsvertretern in Uganda" hätten ergeben, dass Fians Vorwürfe gegen Neumann "nicht nur dem Unternehmen, sondern der ugandischen Kaffeewirtschaft insgesamt erhebliche Nachteile bringen". Ganz besonders betroffen seien davon die Kleinbauern.
Der Brief endete mit einer deutlichen Aufforderung: "Da Sie in meinem Wahlkreis ansässig sind, möchte ich Sie aus entwicklungspolitischer Sicht bitten, Ihre Darstellung des Falles zu überdenken und die Gesamtsituation in Uganda nicht noch weiter zu verschärfen." […]