Das ist das kleine Politeinmaleins der Blogger und Journalisten:
Klagen über das kontinuierliche Mäandern der Kanzlerin, die so glitschig ist,
daß sie inzwischen auf keinerlei Position mehr festzulegen ist und
konsequenterweise einen Wahlkampf ganz ohne Inhalte führt.
Die SPD is pissed.
Der aktuelle Wahlkampf der SPD baut
darauf auf zu zeigen, dass Angela Merkel keine klare Linie hat. Trotz ihrer
sonst unterschiedlichen Meinungen kritisiert das SPD-Spitzenpersonal einmütig
die häufigen Positionswechsel der Bundeskanzlerin und wertet dies als
Führungsstilschwäche in Krisenzeiten. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagt,
dass Merkel wegen ihrer DDR-Vergangenheit keinen Sinn für Europa habe und
deshalb versäumt hat, ihre Vorstellungen zu Europa in der Krise klarzustellen.
Noch deutlicher greift Sigmar Gabriel die Kanzlerin in der Späh-Affäre an. Der
SPD-Vorsitzende wirft ihr vor, die Bürger 'einzulullen' und dadurch den
Rechtsstaat zu opfern. Und auch die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kommt
nicht umhin, der Kanzlerin den Vorwurf zu machen, durch häufigen
Positionswechsel nur am Erhalt der Macht interessiert zu sein. Aber ist diese
Wahlkampfstrategie durchdacht? Oder schadet das SPD-Spitzenpersonal womöglich
der eigenen Partei? Und erklärt das mitunter, warum die Sozialdemokraten und
ihr Kanzlerkandidat Steinbrück dauerhaft im Stimmungsloch verharren?
Die Vorwürfe der SPD an Merkel stehen im
krassen Gegensatz zur Beliebtheit der Kanzlerin in der Bevölkerung. Je größer
die Krise in Europa wurde, desto mehr stieg ihr Ansehen. Auch die Späh-Affäre
scheint ihr nichts anzuhaben - ebenso wie sich auch ihre Positionswechsel in
Fragen des Mindestlohns, der Homo-Ehe und bei anderen Themen nicht negativ
auswirken. Selbst der überraschende Atomausstieg, der unter ihrer Führung nach
dem Unfall von Fukushima drastischer ausfiel als zuvor von Rot-Grün vereinbart,
scheint ihre Glaubwürdigkeit eher zu festigen als zu erschüttern. Und das
obwohl die Kanzlerin das Gegenteil behauptet und sofort nach ihrer Wahl die
Ausstiegsvereinbarung der rot-grünen Bundesregierung revidiert hatte.
(Thomas
König, SZ vom 22.08.2013)
Die Politanalysten
interpretieren die eigenartigen Vorlieben des Urnenpöbels so, daß der Kanzlerin
ihre anpassungsfähigen Meinungen als Pragmatismus ausgelegt werden. Pragmatisches,
unideologisches Verhalten ist für eine Konservative ein Pluspunkt.
Bei Sozis ist es
unglücklicherweise genau umgekehrt. Pragmatisches, unideologisches Verhalten
wird ihnen als Abkehr von den Wurzeln und Anpassung an den neoliberalen Zeitgeist
ausgelegt und somit von ihrer Basis extrem negativ bewertet.
Eine Hartz-Entscheidung
von Rotgrün, getroffen vor zehn Jahren, läßt heute noch ehemalige Anhänger
pawlowsch hassgetrieben reagieren, wenn nur der Name „Schröder“ fällt. Ein Sozi
hat immer unfehlbar zu sein und wird a posteriori noch Dekaden später für einen
einzelnen Satz gegeißelt.
Es gehört zu den Paradoxien
des deutschen Wählerverhaltens, daß der Urnenpöbel mit seinem
Eintagsfliegen-Gedächtnis dazu in der Lage ist bestimmten Parteien noch zehn
Jahre später nachtragend zu sein.
CDU’ler hingegen können
menschenverachtend daherreden, der massiven Lügen überführt werden und einen Tag
später ist es vergessen.
Merkels dreiste
manipulative Lügen über die angeblich „faulen Griechen“, den Klimaschutz oder
nicht vorhandene Schuldenschnitte werden ihr großzügig sofort verziehen.
Das Bild von der ewig schwankenden
Merkel, die ihr Fähnchen immer nach dem Winde hängt, ist selbstverständlich
auch ein schiefes.
Denn es gibt durchaus
Konstanten in der Politik der Kanzlerin.
Sie ist stets bemüht das Vermögen des unteren
Drittels der Gesellschaft nach ganz oben umzuschichten.
So ist es kein Wunder, daß
ihre Staatsminister (Hildegard Müller und von Klaeden) direkt aus dem
Kanzleramt auf Top-Lobbyisten-Positionen abgeworben wurden und dann nach den
Wünschen dieser Lobbyisten Gesetze maßgeschneidert werden.
Da diese Bundesregierung
trotz des unverdienten Geldsegens – denn die Steuereinnahmen sprudeln aufgrund
der RotGrünen Weichenstellungen – gar nicht daran denkt zu sparen, sondern in
vier Jahren weitere 200 Milliarden Schulden aufgetürmt hat, kann Merkel auf
Kosten der nächsten Generationen Milliardengeschenke an Multimilliardenschwere
Automobilkonzerne (Dienstwagenprivileg), Hoteliers oder eben das
Atomenergie-Oligopol verteilen.
Diese ganze Energiewende
ist in erster Linie eine Täuschung, um aus wahltaktischen Gründen ein
Problemthema abzuräumen.
Der Urnenpöbel mag nämlich
keine stinkenden Kohlekraftwerke und störungsanfällige Uralt-Atomreaktoren.
Also werden nun fleißig Windräder
aufgestellt.
Daß der eigene Wirtschaftsminister
den Betrieb dieser Anlagen verhindert, indem keine Leitungen gebaut werden und ganze Rotorwälder stehen nun sinnlos in der Nordsee und können nicht ans
Stromnetz angeschlossen werden.
Es fehlen die Mittel und
der Willen und das politische Vermögen die Energiewende umzusetzen.
Stattdessen schaufelt Merkel
nach wie vor das Geld in problematische Uralttechnologien zur Freude der
Atom-Dinosaurier von Vattenfall, E-on und Co.
Atom und Kohle werden deutlich höher
subventioniert als erneuerbare Energien
Konventionelle Energien werden in
Deutschland doppelt so hoch subventioniert wie Erneuerbare. Das ist das
Ergebnis einer Berechnung, die das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft
(FÖS) im Auftrag von Greenpeace Energy durchgeführt hat. Die
Wissenschaftlerinnen des FÖS addierten die versteckten Kosten der
konventionellen Energien wie Atom und Kohle. Summen, die zwar nicht auf der
Stromrechnung stehen, aber dennoch von der Bevölkerung getragen werden müssen.
Während die erneuerbaren Energien in 2012 sichtbar über die EEG-Umlage mit rund
17 Mrd. Euro gefördert wurden, haben die konventionellen Energien versteckte
Kosten in Höhe von 40 Mrd. Euro verursacht.
„Diese Rechnung entlarvt die Versuche
der Atom- und Kohlelobby, die Erneuerbaren als Preistreiber darzustellen.
Unterm Strich sind Wind, Wasser und Sonne die günstigste Art der
Stromversorgung“, sagt Marcel Keiffenheim, Leiter Energiepolitik bei Greenpeace
Energy.
Die versteckten Kosten der
konventionellen Energien setzen sich aus staatliche Förderungen wie
Finanzhilfen und Steuervergünstigungen sowie den externen Kosten der einzelnen
Energieträger wie Klimaschäden oder Folgekosten eines nuklearen Unfalls
zusammen. Diese Kosten tragen nicht die Verursacher, sondern werden von
Verbrauchern unter anderem über Steuern und Abgaben gezahlt. Während sich die
versteckten Kosten der Braunkohle auf 13,9 Mrd. Euro belaufen, sind es bei
Steinkohle 12,4 Mrd. Euro und bei Atomenergie 11,0 Mrd. Euro.
Die Wähler, die zu 70%
Merkel bejubeln, durchschauen das natürlich nicht.
Schwarzgelb funktioniert
strikt nach der Methode „Der Teufel scheißt auf den größten Haufen.
Geld spielt keine Rolle,
wenn es darum geht die Milliardäre der deutschen Industrie zu pampern.
Allerdings kann man Merkel
nicht vorwerfen gar nicht zu sparen.
Schwarzgelb setzt an
anderen Stellen durchaus den Rotstift an.
Nämlich bei denen, die gar
nichts haben und dringend auf Hilfe angewiesen sind.
Die deutsche Entwicklungshilfe ist im
Jahr 2012 um drei Prozent gesunken. Das hat die entwicklungspolitische
Lobby-Organisation ONE für ihren am Sonntag veröffentlichten Sonderbericht zum
DATA-Bericht 2013 errechnet. Dem Report zufolge erhielt Afrika 16 Prozent
weniger Mittel als im Vorjahr. Damit sinke der Anteil am
Bruttonationaleinkommen (BNE), den Deutschland für Entwicklung ausgibt, auf
0,36 Prozent (ohne Schuldenerlasse).
Die größte Volkswirtschaft Europas
entferne sich dadurch weiter vom 0,7-Prozent-Ziel der Vereinten Nationen, das
im Jahr 2015 fällig wird, kritisierte ONE. Tobias Kahler, Deutschlanddirektor
von ONE, sagte: "Extreme Armut wurde in den vergangenen 20 Jahren halbiert
und kann bis 2030 praktisch beendet werden. Dafür müssen auch wirksame
Entwicklungsansätze ausgebaut werden. Der massive Rückgang der Unterstützung
für Afrika ist erschütternd. Dieser schadet der deutschen Glaubwürdigkeit und
unseren eigenen Interessen. Die künftige Bundesregierung, die im Jahr 2015 auch
Gastgeber des G8-Gipfels sein wird, muss Deutschlands internationale Zusagen
umsetzen, um sich nicht zu blamieren." […] Die Lobbyorganisation zieht aus
dem Bericht den Schluss, Deutschland habe seine Führungsrolle im Bereich
innovativer Entwicklungsfinanzierung verloren. Klimaschutz passiere lediglich
"auf Kosten klassischer Entwicklungszusammenarbeit". Zudem hätten
sich im Jahr 2010 unter den Top-Ten-Empfängern deutscher staatlicher
Entwicklungshilfe (ODA) neun Länder mit mittlerem Einkommen befunden. 2011 sei
nur ein afrikanisches Land unter den Top 10 gewesen: Kenia. Unter der
schwarz-gelben Koalition gebe es deshalb keine stärkere Ausrichtung der
deutschen Mittel auf die ärmsten Länder.
Aber was kann man schon
erwarten von einem Entwicklungshilfeminister Niebel, der sein Ministerium erst
abschaffen wollte und es nun als Versorgungszentrum für Altkader der
Lobbyorganisation FDP umfunktionierte.
Menschenrechte mag er
genauso wenig wie Arme.
Deswegen setzt er sich
lieber für deren Ausbeuter ein. In Uganda steht die Menschenrechtsorganisation
Fian an der Seite von vertriebenen Bauern, auf deren Land sich nun ein Hamburger
Kaffee-Konzern breit macht.
„Die Firma Neumann sollte nicht
versuchen, die bevorstehende Landvermessung zu verhindern. Diese technische
Maßnahme wird lediglich dazu beitragen, die tatsächlichen
Landbesitzverhältnisse transparent zu machen“, so Martin Wolpold-Bosien von
FIAN International.
Im August 2001 vertrieb die ugandische
Armee im Bezirk Mubende mehr als 2.000 Menschen gewaltsam von ihrem Land.
Dieses Land wurde daraufhin an die Kaweri Coffee Plantation Ltd, eine
Tochtergesellschaft des deutschen Unternehmens Neumann Kaffee Gruppe,
verpachtet. Kaweri hat auf diesem Land Ugandas erste Kaffeeplantage errichtet.
Bis zum heutigen Tag sind die Vertriebenen weder für den vollständigen Verlust
ihres Landes und ihrer Besitztümer, noch für die extreme Notlage, in der sie
sich seit der Vertreibung befinden, entschädigt worden. Seit 2002 unterstützt
FIAN den friedlichen Kampf der Vertriebenen für Gerechtigkeit. Ebenfalls seit
2002 prozessieren die Vertriebenen gegen den ugandischen Staat und die Firma
Kaweri.
Die bevorstehende Vermessung ist ein
rechtliches Verfahren und ein notwendiger letzter Schritt, um den Landtitel
einer Vertriebenen zu registrieren. In ihrer jüngsten Mitteilung an FIAN sprach
sich die Neumann Kaffee Gruppe jedoch gegen die geplante Landvermessung aus.
„Es gibt kein vernünftiges Argument gegen eine solche Maßnahme. Deshalb fordern
wir von der Firma Neumann, jede Art von Behinderung bei der Durchführung der
Landvermessung, insbesondere durch die Anwendung von Gewalt, zu unterlassen“,
so Gertrud Falk von FIAN Deutschland.
Seit der gewaltsamen Vertreibung
engagiert sich Peter Kayiira, der Vertreter der Vertriebenen, als
Menschenrechtsverteidiger für eine rechtliche Wiedergutmachung für die
Zerstörung des Eigentums und das Leid der Vertriebenen. Zuletzt stellte die
Neumann Kaffee Gruppe in einem Schreiben an FIAN den Status von Peter Kayiira
als Menschenrechtsverteidiger aber infrage. „Herr Kayiira unterstützt die
Vertriebenen der ehemaligen Dörfer Kitemba, Kiryamakobe, Luwunga und Kijunga,
deren Menschenrechte eklatant verletzt
wurden", betont Martin Wolpold-Bosien. "Wir raten der Neumann Kaffee
Gruppe dringend dazu, Herrn Kayiira als Menschenrechtsverteidiger anzuerkennen
und entsprechend zu handeln.“
Das brachte Niebel in Rage
und so schrieb er einen bösen Brief – AN FIAN!
Werte seien die Basis seiner Politik,
sagt der Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel oft. Jetzt setzt er eine
Menschenrechtsgruppe unter Druck.
Der Minister war diplomatisch im Ton,
aber hart in der Sache. Dirk Niebel schrieb an Ute Hausmann, die
Geschäftsführerin der Menschenrechtsorganisation Fian. Offenbar wollte er die
Interessen eines deutschen Unternehmens im Ausland schützen. Niebel sorgte sich
um die Kaweri-Kaffeeplantage in Uganda, die zur Hamburger Neumann Kaffee Gruppe
gehört.
Die Farm sei die größte deutsche Investition
in dem ostafrikanischen Land, schrieb Niebel. Sie habe "die Aufmerksamkeit
und das Wohlwollen der Bundesregierung". Fian aber führe eine schädliche
Kampagne gegen den Betrieb.
"Nach vertiefter Prüfung des
Sachverhalts bin ich zu der Einschätzung gelangt, dass die fortwährende
Kampagne, die Sie gegen die angesehene Neumann Kaffee Gruppe führen,
unangemessen und unberechtigt ist", kritisierte der Minister. Seine
Gespräche "mit hochrangigen Regierungsvertretern in Uganda" hätten ergeben,
dass Fians Vorwürfe gegen Neumann "nicht nur dem Unternehmen, sondern der
ugandischen Kaffeewirtschaft insgesamt erhebliche Nachteile bringen". Ganz
besonders betroffen seien davon die Kleinbauern.
Der Brief endete mit einer deutlichen
Aufforderung: "Da Sie in meinem Wahlkreis ansässig sind, möchte ich Sie
aus entwicklungspolitischer Sicht bitten, Ihre Darstellung des Falles zu
überdenken und die Gesamtsituation in Uganda nicht noch weiter zu
verschärfen." […]