Vor gerade mal drei Tagen hatte ich noch die Tatenlosigkeit der Bundes- und Landesinnenminister zur Impudenz des Monats März erklärt und die erbärmlichen Vorgänge im Sachsen-Anhaltinischen Tröglitz als Beleg dafür verwendet.
Tout
Deutschland empörte sich als der ehrenamtliche Bürgermeister Markus Nierth auf
Druck der Nazis sein Amt niederlegte, nachdem er sich für Flüchtlinge, Menschen
in Not engagiert hatte.
Die
rechte Pest ist weiterhin erfolgreich, weil niemand sie aufhält.
Verfassungsschutz; Polizei und Innenministerien sind auf dem rechten Auge
blind.
Kurz
nachdem Nierth weggebissen wurde, ging nun auch das Haus, in dem die
Flüchtlinge wohnen sollten in Rauch auf.
[….]
In Tröglitz brannte das Flüchtlingsheim,
die Polizei ermittelt wegen Brandstiftung. Bürger versammeln sich zu einem
Friedensgebet, doch auch die Rechtsextremen sind da.
[….]
Vier in der Region bekannte Rechte, drei
Männer und eine Frau, stehen am Rande des Friedensplatzes und halten ein Plakat
in die Höhe: "Das System ist das Problem". Und als Susanna Nierth,
die Frau des zurückgetretenen Bürgermeisters Markus Nierth, vor 250 Teilnehmern
die Ereignisse der Nacht als schlimm bezeichnet, ruft einer der vier:
"Falsch, es wird noch viel schlimmer."
[….]
"Es ist ein ganz widerliches
Verbrechen, das ist eine Katastrophe", sagt Sachsens-Anhalts
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sichtlich betroffen. Und auch Susanna
Nierth ist erschüttert. "Das ist so schlimm", sagt die Frau des
ehemaligen Bürgermeisters, "davon wird sich Tröglitz wohl nie mehr
erholen."
[….]
Tröglitz ist in den Schlagzeilen, seit
vor einem Monat Markus Nierth sein Amt zurückgab - von der NPD angeführte
Proteste gegen Flüchtlinge hatten direkt vor seinem Wohnhaus stattfinden
sollen, die Behörden hatten zu spät darauf reagiert. Und jetzt das: Der
Dachstuhl des für Flüchtlinge vorgesehenen Hauses in dem 2700-Einwohner-Ort
brennt völlig aus - er gehörte zum Wohnbereich[….] Nierth ist erschüttert: "Ich gehe von Brandstiftung aus, die sogar
den Tod des dort noch lebenden - deutschen - Ehepaares in Kauf genommen
hat", sagt er dem Tagessspiegel. Der ehemalige Kommunalpolitiker - er
gehört keiner Partei an - erklärt weiter: "Ich bin fassungslos, traurig
und wütend zugleich. Da ist die braune Saat so weit aufgegangen, dass man nun
lieber Häuser niederbrennt, in denen Familien eine neue Bleibe finden
sollten." Selbst Familien aus Kriegsgebieten werde "von kranken,
bösen Gehirnen" kein freistehender Wohnraum gegönnt. "Eine bleibende
Schande für Tröglitz, die uns nun mit Mölln und Hoyerswerda in eine Reihe
bringt und noch viele unabsehbare Folgen haben wird."
[….]
Im
Ort fürchte man sich eher vor Ausländern - sehr zu Freude der NPD, berichtete
anschließend die "FAZ". Der Korrespondent des Deutschlandfunks
twitterte von der Versammlung: "Asylbewerber sind nicht willkommen. Neid,
Missgunst, Skepsis. Kein warmes Wort des Willkommens." Bei "Spiegel
online" hieß es: "Die Rechten pöbeln, die Masse schweigt."
Sebastian
Striegel, Grünen-Innenpolitiker im Landtag von Sachsen-Anhalt: [….] "Die Straße darf nicht
denen überlassen werden, die gegen Flüchtlinge hetzen." Zu schaffen machen
Striegel nicht in erster Linie die vielleicht 100 oder 150 Tröglitzer, die mit
Geflüchteten nichts zu tun haben wollen. "Das größte Problem sind die
2500, die nichts sagen."
In Wismar und Rostock
kam es zu fremdenfeindlichen Angriffen
Auch in anderen
Städten kam es zu neuen fremdenfeindlichen Angriffen. In Wismar wurden in der
Nacht zum Samstag zwei ägyptische Asylbewerber von acht bislang unbekannten
Männern attackiert. Die beiden Ägypter im Alter von 21 und 26 Jahren wurden
geschlagen und mit ausländerfeindlichen Parolen beleidigt. Bereits am frühen
Freitagmorgen war in Rostock ein 26-jähriger Kameruner von drei Männern auf
offener Straße geschlagen worden, wie der NDR meldete. [….]
Nun
steht Tröglitz bundesweit als Schandfleck da.
Von den
2700 Einwohner raffen sich dennoch nur 10% auf, um bei der Demonstration „für ein
weltoffenes Tröglitz“ ihr Gesicht gegen die Nazis zu zeigen. Davon sind vermutlich aber auch noch eine große Anzahl Aktivisten von außerhalb.
90% der
Tröglitzer schweigen oder stimmen den Nazis zu.
Merkel
und Gauck? Sind wie üblich abgetaucht, wenn es unangenehm wird.
Bundeskanzler
Schröder hatte sich einst noch dem braunen Mob entgegengestellt und einen „Aufstand
der Anständigen“ initiiert.
Die
armen Menschen, die in so einem braunen Kaff leben müssen.
Richtigerweise
gibt CDU-Landrat Ulrich dem Nazi-Mob nicht nach. Alles andere hätte das
verheerende Signal an die Rechtsradikalen zu Folge, daß sich ihre Straftaten
lohnten.
Nun
MÜSSEN die Flüchtlinge also kommen.
Eine
entsetzliche Vorstellung, daß sie nach allem, das sie durchmachen mußten, nun
auch noch in Tröglitz enden müssen.
In Tröglitz werden
Flüchtlinge leben: Landrat Götz Ulrich (CDU) will an der Unterbringung von
Asylbewerbern in dem 2700-Einwohner-Ort festhalten - auch nach dem Feuer in der
geplanten Flüchtlingsunterkunft. "Es bleibt dabei, Tröglitz bekommt 40
Asylbewerber", sagte er SPIEGEL ONLINE.
Ab Mitte Mai sollten
die ersten Flüchtlinge in die Kleinstadt im Burgenlandkreis kommen, in das hell
gestrichene Haus in der Ernst-Thälmann-Straße ziehen. In dem sanierten Gebäude
sollten zwölf Wohnungen für sie hergerichtet werden, ein Wachdienst und ein
Sozialarbeiter sich um die 40 Menschen kümmern, überwiegend Familien.