Mittwoch, 1. Juli 2015

Impudenz des Monats Juni 2015.

Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Die Wahl hat auch mit Griechenland zu tun. Ich staune heute wieder einmal wie gut es Merkel zu gelingen scheint, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen, ohne daß es irgendeinen richtigen Aufschrei in der relevanten Medienwelt gibt.
Im Gegenteil; sie wirken noch mehr gleichgeschaltet und bepöbeln jede Objektivität vergessend einseitig die griechische Regierung.

Rolf-Dieter Krause, dem ARD-Publikum seit vielen Jahren als ebenso sachkundiger wie besonnener Korrespondent in Brüssel vertraut, zeigte sich hellauf empört. "Die Jungs von Syriza", seien "so was von verantwortungslos", dass man sie "zum Teufel jagen" müsse.

Immerhin, einige Medien machen den „Faktencheck“ und kommen klar zu dem Ergebnis, daß Merkel uns wieder einmal belügt und in Wahrheit eine Hauptschuld an den katastrophalen Zuständen in Griechenland trägt.
Aber wer hört schon auf echte Experten, wenn man auch den tumben Boulevard hat?

Während gestern beispielsweise die Hamburger Morgenpost in ihrem Leitartikel Giannis Varoufakis nur noch als „Wirroufakis“ beschimpfte (offensichtlich meint ein gänzlich fachfremder Redakteur einer Boulevardzeitung es besser zu wissen als der weltweit anerkannte Ökonomieprofessor Varoufakis, der auf drei Kontinenten Lehrstühle innehatte) liest man an anderer Stelle kleinlaut, daß Varoufakis RECHT HAT. Und das obwohl er auf einem Motorrad fährt und manchmal keine Krawatte trägt.

Varoufakis' These lautet, dass die Troika-Hilfen kein Akt der Solidarität europäischer Bürger und Steuerzahler mit dem griechischen Volk waren, sondern ein Akt der Selbsthilfe des europäischen Finanzsektors zu Lasten der EU-Bürger. Diese These lässt sich nicht einfach von der Hand weisen. Grund genug, um die Selbstgerechtigkeit deutscher Wutbürger in Frage zu stellen.

Das hindert aber verkommene Ideologenperiodika wie „Welt“ oder „Handelsblatt“ nicht daran Varoufakis Lüge und Feigheit vorzuwerfen.

„Der Vizekanzler ist in dieser Frage ein kompletter Ausfall; er bedient im Zweifel lieber die nationalistischen Untertöne des Medienboulevards, statt auch nur eine Initiative zu starten, die der griechischen Wirtschaft wieder auf die Beine geholfen hätte.“
(Gregor Gysi 30.06.2015)

Auf dem gleichen erbärmlichen Niveau präsentieren sich heute auch Schäuble, Merkel und Gabriel im Bundestag.

Faktencheck Griechenland: Rotzfrech gelogen
[…]
Behauptung Nr. 1: Der Vorschlag enthielt „ein Wachstumsprogramm mit 35 Milliarden Euro speziell für Griechenland.“
Dafür findet sich kein Beleg. Die Offerte unter dem schönen Titel „A new start for growth and jobs“ war nicht Teil der Verhandlungen mit der Troika, sondern sollte offenbar nach dem Ja aus Athen hinzugefügt werden. Glaubt man den Dokumenten, die die Bundesregierung dem Bundestag zur Zustimmung geschickt hat, so handelt es sich auch nicht um ein Griechenland-Paket. Vielmehr geht es um förderfähige Zuschüsse, die alle EU-Länder bekommen können.
Behauptung Nr. 2: Griechenland muss seine Renten nicht kürzen.
Das ist eindeutig falsch. Schon die Rahmenvereinbarung der Gläubiger von Anfang Juni, die im Kanzleramt in Berlin ausgehandelt worden war (mit Juncker, ohne Tsipras) sah Einsparungen im Rentensystem in Höhe von einem Prozent der Wirtschaftsleistung vor.
[…] In den “Prior actions“, die die EU-Kommission selbst ins Internet gestellt hat, ist von einem sofortigen Abbau eines Solidaritätszuschlags (EKAS) die Rede. Auch die geforderte zügige Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 ist eine – wenn auch indirekte – Rentenkürzung.
Behauptung Nr. 3: Es waren Erleichterungen bei den griechischen Staatsschulden geplant.
In den Dokumenten findet sich davon keine Spur. Vor allem Berlin sperrte sich bis zuletzt gegen die Forderung nach einem Schuldenschnitt oder einer Umschuldung. Mehr als vage Verweise auf eine alte, nie umgesetzte Zusage der Eurogruppe von 2012, über die „Tragfähigkeit“ der Schulden zu reden, wollten die Gläubiger nicht machen. […]
 (Eric Bonse taz 30.06.2015)

Merkel windet sich in direkter Verletzung ihres Amtseides aus der Verantwortung.
Sie badet sogar in Selbstzufriedenheit ob ihres Coups als Hauptverantwortliche für nichts verantwortlich gemacht zu werden.
Das gelingt ihr mit ihrer üblichen perfiden Methode, indem sie von Anfang an so viele verschiedene Player ins Boot holte, daß es in dem Wirrwarr gar nicht zu einem Ergebnis kommen konnte und die Verantwortlichkeiten so diffus sind, da möglichst wenige auf sie selbst zeigen.

Den toxischsten Einfluß auf die Verhandlungen hatte zweifellos der IWF mit seiner brutal ordoliberalen Chefin Christine Lagarde.

Lagarde wurde auf persönlichen Wunsch Merkels hinzugezogen und wird hiermit von mir zur Impudenz des Monats Juni 2015 gekürt.

Niemand hat so sehr die Einigung mit Athen torpediert wie Lagarde.
Zudem vergiftete sie mit ihrer Persönlichkeit immer wieder die Atmosphäre, indem sie zu Beleidigungen und Beschimpfungen griff.

Lagarde kennt Ihr nicht?
Macht nix, erklär‘ ich Euch:

Christine Madeleine Odette Lagarde, Baujahr 1956 ist stramm rechte UMP-Politikerin. Sie wuchs in der Normandie auf und ging 17-Jährig in eine konservative Mädchenschule in Bethesda, Maryland.
Zurück in Frankreich wollte sie auf die für alle erfolgreichen Politiker quasi obligatorische legendäre Elite-Uni École Nationale d'Administration (ENA), rauschte aber trotz intensiver Vorbereitung durch die Aufnahmeprüfung, so daß sie es schließlich nur zu einem Master of Business Law (LL.M.) an der weit weniger renommierten Université Paris X-Nanterre Master brachte.
Als französische Ministerin der beiden konservativen Kabinette de Villepin und Fillon war sie ebenso erfolglos und landete schließlich wegen der Bernard Tapie-Affäre im Visier der französischen Justiz
Am 4. August 2011 entschied der oberste französische Gerichtshof ein Ermittlungsverfahren wegen Amtsmissbrauchs gegen Lagarde zuzulassen, das im März 2011 eröffnet wurde.
Im Mai 2011 wurde Lagarde tagelang verhört und mußte eine peinliche Durchsuchung all ihrer Amtsräume über sich ergehen lassen.
Sie kam erst aus der Schusslinie, als sie wenige Wochen später am 5. Juli 2011 geschäftsführende Direktorin des IWF in New York wurde.

Ihre unselige Rolle entfaltete sie vollends in den Verhandlungen mit Athen der letzten Wochen, indem sie immer neue drastische Austeritätsforderungen aufstellte – mithin Tsipras genau das Toxin verabreichen wollte, das Griechenland erst in diese Superkrise gebracht hatte.

Die Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Geldgebern über ein Reformprogramm werden offenbar von Spannungen zwischen der EU-Kommission und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) überschattet. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung blockiert der IWF einen Kompromiss, der in den vergangenen Tagen vorbereitet worden war.
Demnach könnte Griechenland Kürzungen bei kleinen Renten aufschieben, wenn es im Gegenzug seine Militärausgaben um den gleichen Betrag – rund 400 Millionen Euro – vermindert. Diesen Vorschlag habe Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras unterbreitet.
Der IWF akzeptiere jedoch keine Tauschgeschäfte dieser Art, sagte ein Unterhändler der FAS.

Griechenland müsse glaubhafte Reformpläne vorlegen, sagte IWF-Chefin Lagarde im Interview mit dem französischen Magazin "Challenges". "Sie können kein Programm nur mit dem Versprechen auf eine verbesserte Steuereintreibung aufbauen, so wie wir es schon die letzten fünf Jahre mit sehr wenig Ergebnis gehört haben", sagte Lagarde.
Und ohne Zustimmung des IWF können die ausstehenden Milliarden aus dem gemeinsamen Hilfspaket nicht ausgezahlt werden.

Christine Lagarde, de Frau, die so hart auf Steuererhöhungen und Rentenkürzungen besteht – nachdem die griechischen Renten bereits um 40% gekürzt wurden und nun bei durchschnittlich bei 700 Euro liegen und anders als in Deutschland oft die ganze Familie ernähren, weil es keine Sozialhilfen gibt, hat selbst keine Geldsorgen und zahlt auch selbst gar keine Steuern.

Als Chefin des IWF bekommt sie ein Jahresgehalt von 467.940 Dollar plus eine pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 83.760 Dollar. Ihre Einkünfte muss sie nicht versteuern.

Wasser predigen, Wein trinken: Gerade hatte Christine Lagarde einen Sturm der Entrüstung in Griechenland ausgelöst, weil sie Athen brüsk empfahl, endlich dafür zu sorgen, dass die Griechen ihre Steuern zahlen. Der Ratschlag erweist sich als Eigentor: Denn nun stellt sich heraus, dass die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) für ihr Salär von rund 37.000 Euro im Monat selbst gar keine Steuern entrichtet, wie die britische Zeitung "Guardian" berichtet.
"Ich finde, sie sollten sich alle zusammen selber helfen, indem sie ihre Steuern zahlen", hatte Lagarde im Interview mit "The Guardian" gesagt. Griechische Eltern müssten Verantwortung für ihre Kinder übernehmen, indem sie ihre Steuern beglichen. Es sei die Aufgabe des IWF und ihr eigener Job, die Wahrheit zu sagen und den Ländern harte Konditionen aufzuerlegen.
Lagarde verdient 551.700 Dollar steuerfrei.
[….] Damit verdiene die 56jährige mehr als US-Präsident Barack Obama – und der müsse sein Gehalt auch noch versteuern, kommentierte der "Guardian". Zudem habe sich die IWF-Chefin eine Klausel im Vertrag gesichert, laut der ihr Salär an jedem 1. Juli im Jahr ansteigt.