Voller
Hoffnungen würde ich auf die nächsten Tage warten, wenn ich nicht aus Erfahrung
wüßte, daß nie etwas Gutes aus Merkels Gipfeln resultiert.
Aber die
Vorstellung, die CSU könne endlich um ihren dramatisch schädlichen Einfluß auf die
Bundespolitik gebracht werden, indem die irren Bayern
sich selbst abziehen, zaubert ein Lächeln auf meine Lippen.
Eine Eindämmung der
Zuwanderung hatte Seehofer von Merkel verlangt, ein Ergebnis will er bis zum
Wochenende sehen. Sonst werde Bayern weitere Schritte prüfen. Wie sie aussehen
könnten, ist freilich völlig unklar. Der Abzug der drei CSU-Minister Christian
Schmidt, Gerd Müller, Alexander Dobrindt – von denen nur Letzterer als
politisch relevant gilt – aus der Bundesregierung steht ebenso im Raum. „Wir
sind auf alles vorbereitet, juristisch, politisch, prüfen dieses und jenes“, so
Seehofer. [….] „Horst Seehofer haut ganz schön auf die
Pauke und steht unter Druck“, sagt [Politikwissenschaftler Lothar] Probst. Dass es deswegen zu einer echten
Spaltung der Unionsparteien oder gar zu einem Ende der Großen Koalition kommen
werde, glaubt der Experte aber nicht.
Bei der Pkw-Maut oder
dem Betreuungsgeld musste Seehofer zuletzt Niederlagen einstecken. Zusätzlich
strebte sein parteiinterner Rivale, Markus Söder, danach, ihn zu beerben. All
das ist angesichts der dramatischen Lage an der Staatsgrenze zu Österreich
passé. In der Flüchtlingsfrage kann der Ministerpräsident nun versuchen,
Terrain zurückgewinnen, um seine Parteimitglieder bei Laune und die
Wählerschaft bei der Stange zu halten.
Es ist
offensichtlich; seine Macht- und Hilflosigkeit treibt Seehofer politisch immer
mehr in
die Arme von PEGIDA, deren politischer Arm die CSU zu sein
versucht.
In
seiner Partei kommt dieses völlig verantwortungslose Verhalten Seehofers sogar
an. Die natur-xenophoben CSUler hetzten zunehmend ungeniert.
[….]
Der Streit um einen fremdenfeindlichen
Artikel der Zornedinger CSU-Ortsvorsitzenden Sylvia Boher eskaliert und führt
nun zu einem schweren Zerwürfnis zwischen dem Erzbischöflichen Ordinariat und
dem Ortsverband der Partei. Anlass ist eine rassistische Äußerung von Bohers
Stellvertreter Johann Haindl über Zornedings dunkelhäutigen Pfarrer Olivier
Ndjimbi-Tshiende.
Haindl wurde am
Freitag in der Ebersberger Lokalausgabe des Münchner Merkur mit den Worten
zitiert: "Der muss aufpassen, dass ihm der Brem (Zornedings Altpfarrer,
Anm. d. Red.) nicht mit dem nackerten Arsch ins Gesicht springt, unserem
Neger."
In der jüngsten
Ausgabe des CSU-Parteiblatts "Zorneding Report" hatte Sylvia Boher
gegen Flüchtlinge gehetzt. Daraufhin äußerte sich Pfarrer Ndjimbi-Tshiende
kritisch über die Christsozialen in Zorneding. Am Donnerstag bat der
Pfarrgemeinderat in einem offenen Brief an die CSU, die auf dem Titelblatt des
Parteiorgans abgebildeten Kirchtürme künftig nicht mehr zu verwenden. Einen Tag
später veröffentlichte die Zeitung Haindls "Neger"-Interview.
Pfarrer
Ndjimbi-Tshiende, 66, der die Pfarrei Sankt Martin vor drei Jahren übernahm,
empfindet die Worte des CSU-Politikers als "rassistische
Beleidigung". [….]
Unnötig
zu erwähnen, daß die CSU nur Öl ins Feuer gießt, die Peginesen stärkt und nicht
nur nichts zur Lösung des Problems beiträgt, sondern höchst kontraproduktiv
agiert.
Bayerischer Irrsinn
Obergrenzen fürs
Asylrecht, Grenzzäune rund um Deutschland, womöglich gleich mit Schießbefehl.
Die bayerische
Variante der Flüchtlingspolitik kennt nur noch ein Ziel: Abschottung. Und
selbst wenn es Bayerns Ministerpräsident so offen nicht formulieren würde, die
Logik seiner Politik läuft genau darauf hinaus. Es wäre das Ende eines Europas
der freien Grenzen, ein Ende der europäischen Idee, in dem Deutschland sich
einreiht in die nationalstaatlichen Egoismen derer,
die auch die CSU heute noch kritisiert.
Was die bayerischen
Provinzpolitiker dabei verschweigen: Niemandem wäre damit geholfen; den
Flüchtlingen sowieso nicht, aber auch nicht der deutschen Bevölkerung.
Abgesehen vom immensen finanziellen Aufwand eines bewehrten Schutzwalls rund um
die Republik, würde sich das Gros der Flüchtenden davon kaum aufhalten lassen.
Wen das Meer nicht schreckt, den hält auch kein Stacheldraht ab. Die Mühseligen
und Beladenen, sie werden immer wieder kommen, solange dieses Land bietet, was
sie nicht haben. Wer dieser Wahrheit nicht ins Gesicht schaut, wird das Problem
nur verschieben, immer wieder neue Kosten und neues Leid verursachen.
Eine vernünftige
Politik kann deshalb nur ein Ziel haben: Integration. Damit aus dem Strom der
Flüchtenden kein Heer der Arbeitslosen wird, und keine Armee von Klein- und
Kleinstkriminellen. Wer jetzt auf Stacheldraht statt Schulbänke setzt und auf
Transitgefängnisse statt Sozialwohnungen, löst damit keine Probleme. Im
Gegenteil: Er forciert damit künftige Verteilungskämpfe am untersten Rande dieser
Gesellschaft. Verteilungskämpfe, die dieses Land am Ende weit mehr kosten
dürften als eine Politik, die nicht nur Flüchtlingen in diesem Land eine
Perspektive bietet.
(Georg
Restle, MONITOR, via Facebook, 30.10.2015)