Montag, 16. April 2018

Prinzipientreue


Prin·zi̱p

Substantiv [das]



    1.

    ein fester allgemeiner Grundsatz, nach dem jmd. lebt.

    "So etwas ging gegen ihre Prinzipien."

    2.

    eine allgemein gültige Grundregel.

    "das Prinzip der Gewaltenteilung im Staat"



Prinzipal (aus lat. principalis, wörtlich „Erster, Vornehmster“ oder „Vorsteher“ und übertragen auch „Leiter“ oder „Meister“)

Wenn Wähler über einen Politiker denken, „das ist aber ein Mann mit Prinzipien", ist das schon die halbe Miete.
So wünscht man Volksvertreter. Dementsprechend ist das Adjektiv „prinzipienlos“ sehr negativ konnotiert.
Ein „prinzipienloser Geselle“ ist fast so schlimm wie ein „vaterlandsloser Geselle“ – und das sind bekanntlich die Schlimmsten.

Vorhin grübelte ich wie eigentlich das Antonym zu „Patriotismus“ lautet.
Ich bin nämlich so gar kein Patriot und kann für patriotische oder gar nationale Gefühle (gegenüber Deutschland ODER Amerika) einfach kein Verständnis aufbringen.
Auch das Wort „Stolz“ liegt mir nicht. Insbesondere könnte ich keinen Stolz auf eine Nation empfinden, da ich Stolz immer mit einer eigenen Leistung verbinde.
Was aber ist weniger ein eigener Verdienst als der Zufall wo man geboren wurde?
Wie nennt man aber nun Menschen, die keine Patrioten sind?
Im Zweifelsfall googlen. Eine Internetsuche spuckt folgende Begriffe aus:

Vaterlandsverräter, Fahnenflucht, Verrat, Unzufriedenheit, Untreue, Falschheit, Wankelmut, Unbeständigkeit, Perfidie, Nestbeschmutzer, „Jemand der sich ganz schnell verpissen sollte. Er mag sein Land nämlich nicht“, Landesverräter, Idiot, Zecke,..

Nun bin ich noch unpatriotischer, nachdem ich sehe welche Konnotationen aktiviert  werden, wenn man Menschen nach dem Gegenteil von Patriotismus fragt.
Das Abstoßende am Patriotismus ist also nicht nur das penetrante Sich-mit-fremden-Federn-schmücken, sondern die mehr oder weniger latent damit einhergehende Abwertung anderer Nationen, bzw der Nicht-Patrioten im eigenen Land.
Es stimmt eben, daß die Grenzen vom Patriotismus zum Nationalismus fließend sind und Letzterer ist einer der destruktivsten Ismen, den die Menschheit hervorgebracht hat.

Immer wenn die Patriotismuskarte gespielt wird, folgt etwas Ekelhaftes. (…….)

Vermutlich sehnen sich Wähler nach Führern mit Prinzipien, weil sie selbst sehr unflexibel denken.

Konservative sind weniger neugierig, hinterfragen weniger ihre Werte und Religion, überprüfen weniger den Sinn ihrer Verhaltensweisen. Daher sind für Konservative Prinzipien auch besonders wichtig.

Freigeister, die den Dingen auf den Grund gehen, nicht in den immer gleichen Bahnen denken, die sich an Gedankenexperimenten erfreuen und gern etwas Neues probieren, weil sie die Zukunft besser machen wollen,  verortet man eher links.

Ein festes Prinzip im Umgang mit ökonomischen Fragen, mit anderen Nationen, mit Steuerpolitik, mit Freiheiten erspart einem viel kompliziertes Nachdenken.

Konsument zu sein ist heute ein Fulltimejob.
Man denke nur an den Autokauf. Es gilt so viel zu berücksichtigen. Wiederverkaufswert, ökologische Kennzahlen, Antriebsart, Besteuerung, Auflademöglichkeiten, Reichweite, Einfuhrzölle, politisches Statement.

Da ist es natürlich einfacher „aus Prinzip“ immer nur VW zu fahren.
Oder aus Prinzip immer CDU zu wählen.

Sind Prinzipien nicht grundsätzlich nur eine „Denkfaulheit“?

Ist die Charaktereigenschaft „Prinzipientreue“ nicht in Wahrheit bloß eine freundliche Umschreibung von Starrsinn, Verbohrtheit, Halsstarrigkeit, Rechthaberei, eindimensionalem Denken?

Es kann ökonomische Situationen geben, in denen ein guter Finanzminister zur Sparsamkeit drängen muss.
Wenn er dies aber über zehn Jahre völlig unabhängig von den desaströsen Folgen dieser Politik und ungeachtet sich sehr verändernder Umstände immer weiter so hält, weil er so etwas wie „die schwarze Null“ zum Popanz erhoben hat und fürderhin gar nicht mehr über die Sinnhaftigkeit von Austeritätsforderungen sinniert, ist das keine lobeswerte Prinzipientreue, sondern destruktive Denkfaulheit.

Ich bin erstaunt ausgerechnet die konservativsten Amerikaner, die Evangelikalen mit ihren ultrastrengen und absolut unflexiblen Glaubensgrundsätzen an Trumps Hintern kleben zu sehen.

Ja, er triggert ihre Begeisterung für Waffen, füttert ihren tiefsitzenden Rassismus und hält Frauen, People of Color und LGBTIs streng aus der Regierung heraus.
Aber andererseits ist er auch die lebende Gegenthese aller moralischen Prinzipien.
Jeden Grundsatz, den er im Wahlkampf definierte, hat er gebrochen.
Statt Isolation setzt er auf Intervention. Statt Putin zu umarmen, verhängte er schwerste Sanktionen gegen Russland.

[…..] Trump hört auf niemanden - nicht mal auf Trump
Vor seiner Zeit im Weißen Haus erteilte der Geschäftsmann Trump aktiven Politikern auf Twitter ungefragt Ratschläge zu Syrien. Und heute? Macht er das Gegenteil dessen, was er damals empfahl.
Militärische Intervention der USA im Ausland? Nicht mit Donald Trump! Zumindest war das so, als er selbst noch Geschäftsmann war. Nachlesen kann man seine Ratschläge an die damalige US-Führungsriege auf seinem Twitter-Account.
Zu Syrien schien er lange eine sehr klare Haltung zu haben: Er warnte vor Militärschlägen und einem dritten Weltkrieg. Als US-Präsident hat er nun selbst erneut Ziele in Syrien angreifen lassen - und auch sonst stehen viele seiner Ratschläge von damals im krassen Gegensatz zu seinen Handlungen heute. Der Donald Trump aus dem Jahr 2013 hätte die aktuelle Politik garantiert scharf verurteilt. [….]

Wie können eigentlich „deficit hawks“ wie die GOPer einen Präsidenten bejubeln, der die größte Schuldenkrise aller Zeiten einläutet und damit statt „America great again“ zu machen und China zu bekämpfen, eine extreme Abhängigkeit von chinesischen Krediten kreiert.

[….]  Der Präsident wirtschaftet so wie einst der Geschäftsmann Trump - auf Pump. Die nachfolgenden Generationen werden darunter leiden - und China wird profitieren.
Es gibt Menschen, die Zeit ihres Lebens nicht in der Gegenwart ankommen. Sie trauern der Vergangenheit nach oder hoffen so sehr auf die Zukunft, dass ihnen der Zauber des Moments entgeht. Der Geschäftsmann Donald Trump war nie so ein Mensch, er lebte stets im Hier und Jetzt. Sah er einen guten Deal, griff er zu. Gefiel ihm eine Frau, sprach er sie an. Und bot man ihm nur eine Minute öffentlicher Aufmerksamkeit, schlug er ein - auch wenn sein Ruf litt. So war der Unternehmer. Und so ist auch der Politiker.
Den Präsidenten Trump schert weder Künftiges noch Vergangenes, was er will, ist maximale Bestätigung - und zwar sofort. [….] Trumps Kurs nämlich wird die Staatsschuld in den nächsten Jahren regelrecht explodieren lassen. Schon heute sitzen die USA auf einem Kreditberg von unfassbaren 20 Billionen Dollar - und selbst die Schönfärber im Weißen Haus gehen davon aus, dass dieser Berg bis 2027 um weitere sieben Billionen Dollar anwachsen wird. Unabhängige Fachleute rechnen eher mit zehn Billionen. Das heißt nicht, dass es falsch wäre, Steuern zu senken oder Straßen zu sanieren. Statt aber seine Programme solide zu finanzieren, etwa durch höhere Abgaben für Ultrareiche, wirtschaftet Präsident Trump so wie einst der Geschäftsmann Trump - auf Pump.
[….] Man muss sich nur einmal vor Augen führen, was ein kleiner Anstieg der US-Zinslast von durchschnittlich zwei auf drei Prozent an Mehrbelastung für den Staat bedeuten würde: 200 Milliarden Dollar. Pro Jahr. Das ist die Hälfte des deutschen Bundeshaushalts.
[….]  Politisch gesehen nämlich spielt der Präsident damit einem Land in die Hände, dessen Einfluss er mit Hilfe seiner "America first"-Politik und der Verhängung von Zöllen auf Stahl und Solaranlagen ja eigentlich eindämmen will: China.
Schon heute kommt jeder fünfte Dollar, den sich die USA im Ausland leihen, aus der Volksrepublik - insgesamt 1,2 Billionen. […..]

Konservative Amerikaner, die auf Prinzipientreue setzen, sind bei Trump ganz falsch.
Prinzipienloser als Trump geht es gar nicht.

Trump ist aber nicht im positiven Sinne „flexibel“, sondern bloß borniert.
Sich immer und immer wieder selbst zu widersprechen, spielt für ihn keine Rolle, da es sein Prinzip ist zu lügen und zu betrügen.
Und in diesem Sinne können prinzipiengeile Basis-Republikaner ganz mit Trump übereinstimmen: Er frönt seinem öffentlichen Hass auf Minderheiten und tritt jeden Anstand mit Füßen.