Montag, 4. November 2019

Die CDU nach einem Groko-Bruch.


Friedrich Merz reißt gerade ziemlich das Maul auf. Er zetert wider Merkel und Kramp-Karrenbauer, nachdem diese beiden sich als sehr schwach darstellen.
Die letzten 14 Jahre, als Merkel eine starke Kanzlerin war, hatte er die Hosen voll und traute sich nicht.
Nun aber, da die Parteichefin strauchelt und die Groko historisch unbeliebt ist, entdeckt der Blackrock-Multimillionär seinen Mut und lässt über konservative Medien verbreiten, er wäre der viel bessere Kanzler.
Naja, was man eben so sagt, wenn man in allen innerparteilichen Machtkämpfen aufgrund seiner eigenen strategischen Unfähigkeit krachend scheiterte und nie ein Regierungsamt ausgeübt hat, nie eine Wahl gewonnen hat.
Es gibt mit Spahn, Laschet und Söder noch weitere Unions-Männer, die sich selbst für viel besser als die amtierenden Damen halten.
Allerdings sind es allesamt Kleinkaliber, die sich nicht trauen tatsächlich die Machtfrage zu stellen.
Sie könnten nur in vereinter Front Merkel und/oder AKK stürzen. Aber dafür hassen sie sich gegenseitig zu sehr und außerdem bliebe ein gewaltiges Problem:
Sie könnten im gegenwärtigen Bundestags unter keinen Umständen eine Kanzlermehrheit erringen.
Auch wenn die SPD gelegentlich sehr sehr dumme Dinge tut; sie kann nicht so verrückt sein einem zukünftigen CDU-Konkurrenten den gewaltigen Vorteil eines Amtsbonus zuzuschieben. Zumal auf den amtierenden deutschen Kanzler 2020 eine gewaltige Gelegenheit zukommt international zu glänzen und Sympathiepunkte abseits der schnöden Innenpolitik zu sammeln.

[….] Im zweiten Halbjahr 2020 übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. Gleichzeitig bildet Deutschland bis Ende 2021 mit Portugal und Slowenien die sogenannte Trio-Präsidentschaft. Diese Länder formulieren gemeinsame Ziele und erarbeiten ein konkretes Programm, mit dem sich der Rat während der drei Präsidentschaften befassen wird. [….]

Merz oder AKK würden die Rolle nur zu gerne im Jahr 2020 ausfüllen und genau deswegen wird die SPD ihnen das ohne Neuwahlen nie als Geschenk präsentieren. Neuwahlen sind aber auch für die CDU/CSU ein enormes Risiko. Alle Umfragen sehen sie deutlich unter dem Ergebnis von 2017 und da war immerhin eine sehr beliebte Merkel Kanzlerkandidatin.
Alle vier genannten Möchtegern-Merkel-Nachfolger in der Union stehen demoskopisch ohnehin viel schlechter da als die ewige Kanzlerin; aber wie mies wäre erst ihr Image als „Mutti-Möderin“? Als Ehrgeizlinge, die ohne Not die international adorierte Kanzlerin wegmobben?

Aus all diesen Gründen wird die CDU keinesfalls die Groko beenden wollen, auch wenn unter der Oberfläche nur gemurrt wird, weil sich die SPD-Minister viel mehr durchsetzen als die debakulierenden C-Pfeifen.

Für die stramm rechten Egomanen Spahn und Merz gibt es nur eine Hoffnung: Die Linken in der SPD. Wenn die Sozis im Panikmodus die Groko aufkündigen wäre es das größte Geschenk für die Rechten in der CDU.
Es würde die ungeliebte Merkel wegfegen, kein CDUler müsste mit dem Königinmörder-Malus behaftet werden und bei Neuwahlen stünde die Union mit dem Vorteil da, daß sich die SPD als regierungsunfähig erwiesen hätte.
Das wäre das ideale Totschlagsargument bei folgenden Wahlkämpfen:
„Ihr Sozis hättet ja zeigen können, was Ihr könnt, aber Ihr seid ja feige abgehauen!“
Die Union könnte sich als rationale und verantwortungsbewusste Kraft inszenieren.
„Was würde denn passieren, wenn die SPD die Groko aufkündigt?“ wollte Volker Herres im letzten Presseclub wissen.
Da waren sich ausnahmsweise Melanie Amann vom SPIEGEL und ihre drei erzkonservativen Mitdiskutanten - Stefan Locke (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
- Eva Quadbeck (Rheinische Post) - Robin Alexander (WELT) – einig: Bei der CDU würden die Sektkorken knallen.


Die MerzSpahnSöders wären überglücklich auf diese Weise elegant und ohne eigenes Zutun Merkel loszuwerden, aber auch insbesondere die stetig schwächer werdende AKK wäre der SPD zu Dank verpflichtet, weil sie sich endlich profilieren könnte, ohne immer in Merkels Schatten zu stehen.

Viele in der CDUCSU erkennen den enormen strategischen Vorteil, den ein Aufkündigen des Groko-Vertrages durch die SPD hätte.
Das würde die SPD-Wahlchancen noch weiter minimieren und der Nach-Merkel-CDU den nötigen Aufschwung bringen.
Daher bildet sich gegenwärtig eine taktische Querfront aus dem rechten CDU-Flügel und dem linken SPD-Flügel. Erstere wollen aus der Groko, um selbst die Macht zu ergreifen, Letztere wollen raus, weil sie nicht weiter als bis zu ihrer Nasenspitze denken.
Die Groko zu Ende führen möchten hingegen einerseits Merkel, die als EU-Ratspräsidentin glänzen  und Kanzlerin bleiben will und die verbliebenen vernünftigen Sozis, die nicht an parteitaktische Machtspielchen denken, sondern ganz konkret die Lebensbedingungen der Ärmsten in der Gesellschaft verbessern.

Mietreisbremse, Mindestlohn, Mindeststandards für Paketboten und Grundrente wären natürlich sofort obsolet, wenn die SPD die Groko verließe und eine Minderheits-CDU-Regierung mit Leihstimmen der FDP und AfD über die Runden kommen müsste.
Insbesondere wären diese sozialen Verbesserungen aber futsch, wenn Spahn oder Merz Bundeskanzler würden.
Wer also die Axt an die Sozialleistungen anlegen will, strebt raus aus der Groko und überlässt Millionen Geringverdiener dem Merzschen Blackrock-Markt.


Da die Rechten das genau richtig verstehen, fangen sie neuerdings an sich vehement gegen SPD-Projekte in der Groko zu sperren, um das künftige SPD-Führungsduo zu einem Koalitionsbruch zu provozieren.
Mit Lust torpedieren sie die Bemühungen Menschen in Altersarmut zu helfen.
Und die Groko-Hasser in der SPD spielen ihr Spiel mit – auf dem Rücken der Alten und den Armen. Wer aus der Groko will, spielt den Blackrock-Ideologen in die Hand: Weniger Geld für Bedürftige, dafür Steuergeschenke füpr superreiche Konzerne.

[….]  Bei den Verhandlungen mit der SPD über eine Grundrente pochen führende Unionspolitiker auf eine strenge Bedürftigkeitsprüfung – und wollen im Gegenzug Entlastungen für Firmen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stellt Bedingungen, damit es zu einer Einigung kommen kann. Er wies Berichte über einen ersten Kompromiss zurück. „Geeinigt ist nichts.“
[….]  Zuvor hatten mehrere junge CDU-Abgeordnete und der Wirtschaftsflügel der Union CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer aufgefordert, deutlich zu machen, „dass mit der CDU ein Abweichen vom Koalitionsvertrag nicht zu machen ist“, sagte der junge Hamburger CDU-Politiker Christoph Ploß unserer Redaktion. [….]