Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.
BND? War
da was?
Das Ding
wird immer dicker.
Der
Erste Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Michael
Grosse-Brömer saß vorgestern mit Christian Ströbele in der Will-Plapperrunde
und hob stolz hervor, der BND habe einige Selektoren nicht wie gewünscht von
der NSA abgearbeitet und sich somit an deutsche Gesetze gehalten.
Angesichts
des Konsenses in der Runde, daß Angela Merkels engster Vertrauter de Maizière nicht die
Wahrheit sagte, daß die Opposition inzwischen gar nichts mehr glaubt, das aus
dem Kanzleramt kommt, wirkte es schon mutig dem BND auch gelegentliche
Rechtstreue zu attestieren.
Aber wie
weit sind wir gekommen, wenn man es schon lobend erwähnen muß, daß Merkels
Kanzleramtsminister und Geheimdienstkoordinatoren nicht nur kriminell agierten?
Der
SPIEGEL von morgen blickt zurück auf den 14. Juli 2013, als die Bundeskanzlerin
wenige Wochen nach den Snowden-Enthüllungen zum ARD-Sommerinterview antrat.
Ob sie denn wisse,
welche Daten genau aus Deutschland abgegriffen worden seien, wollten die
Moderatoren wissen, „das Stichwort Wirtschaftsspionage macht ja auch die
Runde“. Angela Merkel saß ruhig auf ihrem roten Sessel. „Also da“, setzte sie
an, „wurde dem Bundesinnenminister sehr deutlich gesagt: Es gibt keine
Industriespionage gegen deutsche Unternehmen.“ Nur wenige Hundert Meter vom
roten Sessel entfernt aber war der Kenntnisstand ein anderer. Im Kanzleramt von
Angela Merkel wusste man längst, dass diese Auskunft der Amerikaner so nicht
stimmte. Spätestens seit 2010 hatten die Mitarbeiter der Kanzlerin Hinweise
darauf, dass die NSA versucht hatte, europäische Firmen auszuspionieren,
darunter auch EADS, ein Luftfahrt- und Rüstungsunternehmen mit deutscher
Beteiligung. Man wusste zudem, dass die Amerikaner für ihre Spitzelei den
Bundesnachrichtendienst (BND) einspannen wollten. Es wäre verwunderlich, wenn
von diesen Vorgängen nicht auch Merkel längst wusste, als sie bei der ARD auf
dem roten Sessel saß. Wusste sie es tatsächlich nicht, dann wäre dies sogar
noch schlimmer. Die Kanzlerin führt offiziell die Aufsicht über den
Auslandsgeheimdienst, den BND. Eine ganze Abteilung in Merkels Haus kümmert
sich darum, sie soll die Aufträge für den BND formulieren, sie soll ihn steuern,
vor allem aber soll sie ihn kontrollieren.
(Der
SPIEGEL 02.05.15 s. 19)
Somit
komme ich zur Impudenz des Monats April; den Preis gewinnt das deutsche
Kanzleramt, das unter Merkel zu einer schlendrianischen Lügenbude geworden ist.
Ihr
langjähriger Vertrauter, Kanzleramtsminister und zweifacher Verfassungsminister
Thomas de Maizière ist schon lange als vielfacher Lügner und
Politphlegmat, der andere seine Suppen auslöffeln läßt
überführt.
Aber es
ist eben Merkel, die sich diese garantiert rückgratlosen Typen ohne jegliches
strategisches Denken in ihre engste Umgebung holt:
Pofalla, Gröhe, de Maiziere, Altmaier, Hildegard Müller, Ecki von Klaeden.
Pofalla, Gröhe, de Maiziere, Altmaier, Hildegard Müller, Ecki von Klaeden.
Bei
solchen Mitarbeitern mußte sie nie befürchten, daß Skrupel oder eigenständiges
Denken ihr mauschelhaftes Treiben und Treibenlassen behindern.
Merkel
umgibt sich nicht mit Aufpassern, Planern oder Polit-Sparringspartnern, sondern
nur mit den unauffälligen Rundlutschern, die stets für Ruhe und Phlegmastimmung
sorgen.
Anders als
noch vor ein paar Jahren reduziert sich die Presse jetzt wenigstens ab und zu nicht
mehr auf reine Zustimmungsartikel.
Der nach
der Googelbergblase zum zukünftigen Kanzler hochgejazzte de Maizière steht
jetzt dumm da.
Der
brav-konservative Burda-Bunte-Focus wird regelrecht aufmüpfig.
[….]
Wann auch immer in Deutschland in den
vergangenen Monaten Affären auf der politischen Agenda auftauchten, war dieser
Mann meist beteiligt: Thomas de Maizière. Ob Euro Hawk, Sturmgewehr G36 oder
BND-Ausspähung, der Innenminister hatte seine Finger im Spiel. Dennoch perlen
alle Vorwürfe an ihm ab. Warum eigentlich?
[….] Seine enge Verbindung zur Chefin von Partei
und Regierung begründet die Standfestigkeit des Thomas de Maizière. Er blieb
unbehelligt, wo andere schon längst der politische Tod ereilt hätte.
Denn die Liste der
Probleme ist lang und diese tauchen in allen Ämtern auf, die der 61-jährige in
der Bundespolitik innehatte. Ganz aktuell erreichen sie sogar das Zentrum der
Macht, das Kanzleramt. Deshalb ist die Affäre um den BND so speziell, so
gefährlich. Damit rücken die Schwierigkeiten de Maizières sehr nah an Merkel selbst.
Von 2005 bis 2009 war
der Mann mit preußisch-protestantischer Prägung Chef des Bundeskanzleramtes. Zu
den vielen heiklen Aufgaben gehört die Aufsicht über die Geheimdienste, also
auch über den Bundesnachrichtendienst BND. Der soll über Jahre hinweg der
amerikanischen NSA geholfen haben, Unternehmen und Politiker bis hin zur EU-Kommission
in Brüssel auszuspähen.
Das Kanzleramt wusste
davon seit 2008 – und nach zahlreichen Medienberichten auch de Maizière.
Seitdem gibt es viele Fragen. [….]
Hinzu kommt nun die Erkenntnis mangelnder
politischer Sensibilität. Die Härte, die er als Innenminister in der
Flüchtlingspolitik an den Tag legte, mag manchen konservativen Unionsanhänger
beeindruckt haben. Sein Satz, wonach Seenotrettung den Schleppern das Geschäft
erleichterte, wendete sich aber gegen ihn, als Hunderte ertranken. Der
Pragmatiker der Zuwanderungspolitik wirkte plötzlich kalt und unmenschlich,
musste sich anhören, die Toten im Mittelmeer seien auch seine Toten. [….]
Und nun
sieht es so aus, als ob unter der direkten Kontrolle des Kanzleramtes Industriespionage im großen Stil betrieben
wurde.
Merkels
Kanzleramt hat so eklatant versagt und gelogen, daß mutmaßlich ausspionierte
Firmen Strafanzeige gestellt haben und die Staatsanwaltschaft aktiv werden
muss.
[…]
Der
Skandal um die Rolle des Bundesnachrichtendienstes (BND) beim mutmaßlichen
Ausspähen befreundeter Regierungen und europäischer Industrieunternehmen
beschäftigt nun auch Generalbundesanwalt Harald Range. Die Karlsruher
Bundesanwaltschaft leitete nach Informationen des SPIEGEL inzwischen einen
entsprechenden Prüfvorgang ein. Geklärt werden soll insbesondere, "ob ein
Anfangsverdacht für eine in unsere Zuständigkeit fallende Straftat
vorliegt", hieß es aus der Behörde.
Deutschlands oberste
Ermittlungsbehörde ist unter anderem für die Strafverfolgung von Spionage und
Landesverrat zuständig. […]
Der BND informierte das Kanzleramt über
unzulässige Spähversuche der Amerikaner bereits vor Jahren. Doch erst als der
NSA-Untersuchungsausschuss nachhakte, stellte die Regierung intensivere
Nachforschungen an und weiß seit März detaillierter Bescheid.
Der BND hat nach
Informationen des SPIEGEL offenbar am Kanzleramt vorbei eine weitere heikle
Geheimdienstoperation mit ausländischen Partnerdiensten geplant. […] Obwohl es beim BND erhebliche rechtliche und politische Bedenken gab,
wurde das Projekt bis weit ins Jahr 2013 vorangetrieben. […]
Wie
ungeheuer peinlich für Merkel.
Erst
empört tun und in Brüssel vor der versammelten Weltpresse „Abhören unter
Freunden – das geht gar nicht!“ rumnölen und dann fleißig vom Kanzleramt aus
Franzosen und EU ausspionieren.
Ausspähen unter
Freunden - geht doch
[…]
Nach Berichten, die NSA habe die Abhörstation
des Bundesnachrichtendienstes in Bad Aibling zum Ausspähen hochrangiger Beamter
des französischen Außenministeriums, des Präsidentenpalastes in Paris und der
EU-Kommission in Brüssel genutzt, forderte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude
Juncker die deutsche Politik am Donnerstag zur Aufklärung auf. "Das muss
von den deutschen Behörden, auch den parlamentarischen, geklärt werden. Und
dann werden wir sehen."
Die französische
Regierung äußerte sich über einen Außenamtssprecher knapp: "Wir stehen zu
diesem Thema in engem Kontakt mit unseren deutschen Partnern." Auf Fragen
nach den Auswirkungen der Affäre auf die deutsch-französischen Beziehungen und
möglichen Reaktionen Frankreichs ging der Sprecher nicht ein. […] Für Unruhe sorgt das heikle Thema in Frankreich dennoch.
"Frankreich, den wohl engsten Freund Deutschlands, im Dienst seines
amerikanischen Freundes auszuspionieren", schreibt das Wirtschaftsblatt
"Les Echos", "beweist nicht gerade guten Geschmack."
Mathieu Magnaudeix, Redakteur beim Internetdienst "Mediapart", nannte
das Schweigen der französischen Regierung "verstörend": "Bei den
Spionagevorwürfen geht es immerhin um Fragen unserer Sicherheit und nationaler
Souveränität." […] Die Linke
forderte eine Regierungserklärung von Merkel. Fraktionsvize Jan Korte sagte,
die Bundeskanzlerin müsse erklären, ob und wie sie die deutsch-französische
Freundschaft erhalten wolle und was sie gegen die Ausspähung zu tun gedenke.
Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele sagte dem Sender n-tv, viel peinlicher
könne es für das Kanzleramt und Merkel kaum mehr werden, wenn tatsächlich
"ihre besten politischen Freunde in Paris" mithilfe des BND
ausspioniert worden seien. […]
Da ist
jetzt richtig Druck im Berliner Kessel. Wäre Merkel eine moralische Instanz,
von der man annähme sie würde stets ehrlich und gewissenhaft agieren, müßte sie
nun ihren Rücktritt planen.
Aber sie
ist eben nur Merkel.
Daher
lautet die Merkel-Meldung des Tages so:
Angela Merkel hat heute
eine neue Pinguin-Anlage im Vogelpark Marlow bei Rostock eröffnet. Eine sehr
angenehme Beschäftigung, um die ich sie fast beneiden könnte. Aber wenn sie
glaubt, sie könne in der neuesten Spionageaffäre einfach wie diese putzigen
Pinguine abtauchen, hat sie sich schwerwiegend geirrt. Unter der Verantwortung
der Bundeskanzlerin gab es schwerwiegende Straftaten, begangen durch den BND
und im Wissen des Kanzleramtes. Wir reden über politische und
Wirtschaftsspionage und Landesverrat. Frau Merkel, Sie haben einen Amtseid
geleistet, Schaden von unserer Bevölkerung abzuwenden.
(Gregor Gysi,
über Facebook am 30.04.15)