Am 26. August 1978 errang der kerngesunde 65-Jährige Albino
Luciani eine gewaltige Machtfülle, indem er Papst wurde. 1958 wurde er überraschend
vom legendären Bauern- und Reformpapst Roncalli zum Bischof ernannt und elf
Jahre später von Pillenpapst Montini zum Patriarchen von Venedig befördert.
Der ärmlichen norditalienischen Verhältnissen entstammende Luciani
war in Venedig außerordentlich beliebt und volksnah.
Er ist bis heute einer der ganz wenigen katholischen Topkleriker
des Jahrhunderts, dem die Herzen zuflogen und wird als “Il Papa del sorriso”
(deutsch: „Papst des Lächelns“) und “Il sorriso di Dio” (deutsch: „Das Lächeln
Gottes“) verehrt.
Es lässt sich leicht nachvollziehen welche Überlegungen
seiner Kardinals-Kollegen im Konklave 1978 zu seiner Wahl führten. Nach dem
strengen und gefürchteten Adeligen Montini, der als unnahbar und unsympathisch
galt, wollte man die RKK nach dem gesellschaftlichen Aufbruch der 1960er Jahre
wieder mit Europas Gesellschaft versöhnen. Jeder würde Luciani lieben – der Plan ging
auf.
Der zweite Teil des kurialen Plans sah allerdings vor, daß
der einfältige Luciani aus der Provinz, der nie in der römischen Kurie
mitgemischt hatte, leicht zu manipulieren und dirigieren sein würde. Das sah im
allerersten Moment tatsächlich so aus, als er seine beiden Amtsvorgänger ehrte,
indem er den Doppelnamen Johannes Paul I. annahm.
Aber dann ging alles schief. Luciani begriff nämlich schnell
welche enorme Macht sein neues Amt ihm verschaffte.
(……) Das Papstamt steht für
maximale Machtfülle.
Er wird direkt vom Heiligen Geist
(=Gott) ausgesucht, amtiert folglich auf Lebenszeit als Stellvertreter Gottes
auf Erden.
Weltlich betrachtet ist es ein
absolutistisches Amt. Ein Papst ist nicht nur oberster Chef der Exekutive,
Judikative und Legislative, sondern er ist praktischerweise auch noch
unfehlbar.
Noch beindruckender ist seine
kirchenrechtliche Stellung.
Franzi verfügt über
Primatialgewalt (der Primatsanspruch des Papstes ergibt sich aus Matthäus 16 :
Als Nachfolger des Apostels Petrus, irdischer Stellvertreter Jesu Christi und
Hirte der Universalkirche verfügt der Papst in der römisch-katholischen Kirche
„über höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt, die er
immer frei ausüben kann“ (can. 331 CIC).
Der Papst ist Träger der
Höchstgewalt (potestas suprema); es steht also nichts und niemand über ihm; und
der
Vollgewalt (potestas plena), also maximale
Gewaltenfülle in materieller und formeller Hinsicht. Materiell meint, daß sich
päpstliche Gewalt über absolut alle Sachgebiete der Kirche erstreckt. Formal
heißt Amtsgewalt des Papstes über Exekutive, Legislative und Judikative
umfasst.
Franzi ist oberster Richter der
Kirche und zwar ohne sich selbst an kirchliches Recht halten zu müssen (prima
sedes a nemine iudicatur). Was er entscheidet ist daher automatisch
letztinstanzlich und unanfechtbar.
Die Primatialgewalt ist
unmittelbar (potestas immediata), so daß sich der argentinische Einlunger
willkürlich in alles was ihm beliebt einschalten kann ohne irgendwelche
Vorinstanzen abwarten zu müssen.
Ferner verfügt Bergoglio über
Universalgewalt (potestas universalis), kann also seine Primatialgewalt auch
auf alle Teile wie Bistümer, Klöster, Pfarren anwenden; und:
bischöfliche Gewalt (potestas
vere episcopalis) und frei ausübbare Gewalt. Kein Kardinal, kein
Kirchengericht, noch nicht mal alle 4.000 Bischöfe der RKK zusammen können
Franzi bei seinem Machtgebrauch hindern. (…..)
Luciani verschwendete keine Zeit, verlangte Einblick in die
dunkelsten Kapitel der Kirche, studierte die Finanzgebaren und war drauf und
dran einschneidende Änderungen und Modernisierungen zu veranlassen.
Alles Weitere ist bekannt. Nach nur 33 Tagen war Luciani
plötzlich tot und wurde entgegen aller Gepflogenheiten blitzartig ohne
Obduktion beerdigt. Die Todesursache wurde nie bekannt; es steht aber immerhin
fest, daß die offiziellen Verlautbarungen des Vatikans unwahr sind, daß
irgendetwas verschleiert wurde.
Entweder starb der lächelnde Papst urplötzlich eines
natürlichen Todes (Embolie, Herzinfarkt…) und hätte damit gezeigt, daß die
Katholische Überzeugung vom Heiligen Geist, der im Konklave den neuen
Stellvertreter Christi auf Erden bestimmt ganz großer Humbug ist.
Oder er wurde von konservativen Kräften innerhalb der Kurie
vergiftet. Das ist schon deswegen nicht unwahrscheinlich, weil das eine seit
1000 Jahren praktizierte Methode im vatikanischen Kampf um die Macht ist. Aber
auch diese Variante wirft nicht gerade ein gutes Licht auf die Kurie und so
ging man im nächsten Konklave auf Nummer sicher. Gewählt wurde erstmals nach
500 Jahren ein Nicht-Italiener, der im fernen Polen unmöglich mit den kurialen
Machenschaften verquickt sein und konnte und der mit seinen frischen 58 Jahren
geradezu sagenhaft jung und gesund war.
Diesmal ging der kuriale Plan besser auf. Der Pole riss das
zweitlängste Pontifikat der Geschichte ab, war im Gegensatz zu seinem
Kurz-Vorgänger erzkonservativ und interessierte sich kein bißchen für die
kurialen Machenschaften, so daß die Präfekte und Kurienerzbischöfe nach Herzenslust
ihre Ränke weitertreiben konnten.
Wir lernen: Aus der gewaltigen Machtfülle des Papstamtes
wird nur dann echter Einfluss generiert, wenn man sie mit der Zeit in der Kurie
multipliziert.
Große Macht mal ein Monat = fast nichts.
Ganz anders sieht es bei Nachnachfolger Lucianis als
Pontifex Maximus aus.
Joseph Ratzinger, der geschickt die Mär von dem gelehrten
Professor ohne weltliche Triebe streut, ist in Wahrheit etwas ganz anderes.
Weder ist seine akademische Potenz so groß, wie seine Adepten verbreiten; Alan
Posner wies ihm mit Leichtigkeit grobe Zitatverfälschungen und
unwissenschaftliche Methoden nach. Noch ist Ratzinger frei von Machtgier. Ganz
im Gegenteil.
Geschickt riss er alle wichtigen Entscheidungen seit seinem
Aufstieg zum Präfekten der Glaubenskongregation im Jahr 1981 an sich.
Er bestimmte im Wesentlichen wer zum Kardinal erhoben wurde
und dominierte als theologische Nummer Zwei der RKK alle Debatten. Nebenher zog
er so eifrig die Fäden, daß er unabhängig von seinem Präfektenjob auch formal
als Dekan des Kardinalskollegiums der Chef aller Kardinäle wurde und somit 2005
die Beerdigung Wojtilas, die Sedisvakanz und die neue Papstwahl dominierte.
Nach 24 Jahren als Top-Kurialer waren ihm fast alle Papstwähler zu persönlichen Dank verpflichtet und wenig überraschend wurde er selbst
Papst. Aus Sicht des Konklaves war das logisch. De facto hatte Ratzi ohnehin in
den Jahren des Wojtila-Siechtums regiert und mit einen 79 Jahren war er außerdem
unverdächtig irgendwelche ungewollten Reformen vom Zaun zu brechen.
Ratzinges Einfluss-Bilanz sieht also ganz anders als die
Lucianis aus:
De facto Allmacht mal 39 Jahre = Gewaltig viel.
Das gewaltige Machtbewußtsein Ratzingers zeigte sich
schnell.
Keineswegs wollte er sich mit seinen beliebten, aber in der
Kurie einflusslosen Vorgängern gemein machen und nannte sich nicht etwa
Johannes-Paul III, sondern wählte den Namen Benedikt, der nach fast 100 Jahren
im Abklingbecken (Benedikt XV war Papst von 1914 bis 1922) neu zu erfüllen war.
Insbesondere brach er vom ersten Tag an mit der
demonstrativen Prunklosigkeit seiner beiden Vorgänger (und wie sich nun
herausstellt auch der seines Nachfolgers). Die schlichten weißen Gewänder des
Polens verachtet Ratzinger und schwelgte im Luxus. Nun konnte es gar nicht
genug Gold und Edelsteinig sein.
Benedikt trug Hermelin, rote Prada-Schühchen, verschiedene
Camauri in Samt, Seide und Damast – stets mit teuerster Hermelinfütterung.
Goldene Luxus-Roben, die er aber stets nur einmal trug.
Und natürlich immer
wieder seine heißgeliebten Pracht-Mozzetti: Die Mozzetta aus weißem
Seidendamast mit Hermelin gefüttert, die Mozzetta aus rotem Tuch mit Hermelin
gefüttert, seine Mozzetta aus rotem Samt mit Hermelin gefüttert.
Ganz sicher ist immer noch nicht, weswegen Benedikt XVI. im
Jahr 2013 zurücktrat. Ich kenne viele Gerüchte, er wäre von dunkeln Kräften
rund um den Opus Dei mit Schwulen-Geschichten erpresst worden. Das kann ich aber
a) nicht verifizieren und b) wäre es aus Sicht der Legionäre Christi oder des
Opus Dei kontraproduktiv einen derart konservativen Papst abzusägen.
Seinem Nachfolger versprach er aufgrund der ungeklärten
Machtverhältnisse zwischen zwei Päpsten auf engstem Raum im Vatikan-Kloster
Mater Ecclesiae ein Leben in Stille und
Gebet zu führen.
Bergoglio wußte aber bald Bescheid. Wieder einmal hatte
Joseph Ratzinger gelogen. Keineswegs würde er auf die Insignien seiner Macht
verzichten.
Der Ex-Papst nennt nicht wieder „Pater Ratzinger“,
verzichtet auf keine Privilegien und schon gar nicht denkt er daran wie andere
ehemalige Kardinäle eine einfache schwarze Soutane zu tragen.
Ratzi fährt das volle Protz- und Prunk-Programm weiter.
[……] Lebte Ratzinger tatsächlich wie ein Eremit in seinem Kloster,
wäre vieles einfacher. Aber der Mann aus Marktl am Inn unterzeichnet seine
Post beharrlich mit »Papa emeritus«, trägt weiter die weiße Soutane und
das Scheitelkäppchen eines Pontifex und erteilt den apostolischen Segen.
Sich nicht von den äußeren Anzeichen des Papstamts trennen zu wollen,
sei ein Ausdruck unerhörter Arroganz, zürnt ein Ratzinger-kritischer
Kardinal. [….]
(DER SPIEGEL, 01.02.2020)
Franzi ist in der unglücklichen Lage wenig dagegen
unternehmen zu können, ohne seine eigene Legitimation zu beschädigen.
Der nörgelnde Altpapst benimmt sich allerdings divenhaft wie
eh und je, fährt ihm immer wieder in die Parade und ist dabei zu allem Übel
auch noch sagenhaft ungeschickt.
Statt still echten Einfluss auszuüben, wie er es als
Glaubenspräfekt tat, gibt er weiterhin den Pannenratz, den wir ab 2005
kennengelernt haben.
Regensburger Rede, Klage gegen das Titanic-Magazin, Holocaustleugner-Verehrung,
homophil-hysterische Homophobie, Piusbrüder-Skandal, Vatileaks-Skandal, Kammerdiener
Paolo Gabriele-Skandal, Richard Williamson, homosexuelle Lobby in der Kurie, Aufsatz
über die theologische Legitimation des Staates Israel, Benedikts
Beitrag vom April 2019 im »Klerusblatt«, in dem er die Lockerung der Sexualmoral
nach 1968 als Erklärung für sexuellen Missbrauch anführt.
Nach seinem letzten Clash der Päpste um das Thema Zölibat
ahnt sowohl die liberalere Franzi-Fraktion um Kardinal Kaspar, als auch die
ultrakonservative Ratzi-Fraktion um Kardinal Müller, daß der Vatikan mit
zwei Päpste eine Fehlkonstruktion ist, die beiden Seiten schadet.
Der jüngere Papst setzt offenbar auf eine biologische Lösung
und hofft auf Ratzingers baldiges Ableben.
Aber so eine Wette kann schiefgehen.
Man denke nur an die kerngesunde agile Elisabeth II, geb.
1926, deren Ehemann Philipp, geb. 1921, auch noch fit ist.
So viel jünger ist der nur einlungige Bergoglio, geb. Dez
1936, auch nicht. Luciani starb als 65-Jähriger Papst.
Wenn ich Herrn Bergoglio etwas im Sinne der katholischen
Kirche raten sollte, dann wäre es lieber sofort ein Ende mit Schrecken zu provozieren.
Immerhin ist Franzi doch nicht um drastische Ausdrucksweisen
verlegen.
Er müsste mal gewaltig vor versammelter Kardinals-Mannschaft
auf den Tisch schlagen:
Titanic Feb 2020 |
Jetzt ist mal Schluss mit weißen Prachtkleidchen, Hermelindeckeln und
Heiligkeits-Brimborium. Soll der sich endlich wieder eine kratzige schwarze
Woll-Kutte mit Klumpschuhen anziehen und mir nicht die gute Vatikanstadt-Luft
wegatmen. Prügel-Schorsch geht direkt an die bayerische Staatsanwaltschaft und
kann hier nicht mehr als Papst-Bruder rumchillen.
Und sexy Gänsi behalte ich auch für mich. Soll doch eine korpulente
Bayern-Nonne mit Bratpfannen-Händen Ratzingers welken Hintern windeln.
Burke, Sarah und Müller würden die Krise
kriegen, aber was sollen sie schon machen? Wenn nur noch ein Papst übrig ist, ist nur noch einer allmächtig.
kriegen, aber was sollen sie schon machen? Wenn nur noch ein Papst übrig ist, ist nur noch einer allmächtig.
Es würde Franzis Agenda sehr helfen, wenn er endlich gezeigt
hätte, daß er sich auch durchsetzen kann. Außerdem müsste er dann keine
Rücksicht mehr nehmen und könnte auch offener zeigen, daß er natürlich
konservativer ist, als alle in ihn hineininterpretieren. Er könnte damit die
Kirche versöhnen, einigen und stärken.
Da ich aber eine schwache und sterbende Kirche bevorzuge,
werde ich diesen Rat nicht erteilen und im Gegenteil hoffen, daß Bergoglio nie
seinen Mund aufmacht. Auf daß Ratzi, Gänsi, Burke, Sarah und Müller ihm noch
mehr auf der Nase herumtanzen mögen und die Kurie als genau die intrigante
Schlangengrube entlarven, die sie ist.
Mögen sich möglichst viele Katholiken angewidert von dem
Schauspiel abwenden.