Dienstag, 16. April 2019

Auf dem Leim der Hetzer


Als gestern die ersten Bilder des brennenden Notre Dame um die Welt gingen und noch nicht die geringsten Informationen über Ursachen bekannt war, wußte man eins aber schon sicher:
Die AfD und die rechtspopulistischen Hetzmedienmacher à la Vera Lengsfeld, Pi-Stürzelberger, Pipi-Berger erlebten vor Glück einen inneren Reichsparteitag.
Was für eine Steilvorlage zum Hass-Säen!
Und genauso kam es – völlig losgelöst von jeglichen Fakten orakelten sie apokalyptische Bilder von marodierenden Muslimen, die alle Kirchen Europas niederbrennen, ins Netz. Perfide getagged unter dem Stichwort „Allahu Akbar Terror“. Kann man noch tiefer sinken?


[….] Rechtsextreme Hetzer und Influencer nutzen die Gunst der Stunde, um das Thema politisch auszuschlachten und ergötzen sich an dem Spektakel. In den rechten Hetzgruppen werden laut Recherchen von #DieInsider sogenannte „Watch Partys“ abgehalten. [….]


Beschäftigt man sich mit diesen braunen, brutalen Brandstiftern, folgt unmittelbar die Frage, ob man nicht deren Spiel spielt, indem man ihre Abscheulichkeiten teilt und weiter verbreitet.
Ist es nicht genau das wie Trump, Brexit und AfD funktionieren? Ungeniert Lügen in die Welt setzen, Hass verbreiten und darauf bauen, daß die Empörung so groß ist, daß sich alle damit beschäftigen?
„Wieso gibst Du dem nun auch noch eine Plattform?“ lautet der Vorwurf, wenn man sich darüber empört wie der PP-Blogger vor Geifer über das Unglück anderer ejakuliert.

Ich glaube nach wie vor, daß die amerikanischen Medien 2015 erheblich dazu beitrugen Trump zum GOP-Präsidentschaftskandidaten zu machen. Sobald er eine rassistische Gemeinheit oder eine ungeheuerliche Lüge rausposaunte, hielten sie drauf. Unterbrachen ihr Programm und zeigen Trump LIVE, Sendezeit im Wert von mehreren Milliarden Dollar bekam er auf diese Art kostenlos zur Verfügung.
Das war anfangs übertrieben, womöglich hätte er sich nicht gegen die etablierten GOPer durchsetzen können, wenn er nicht immer allein im Zentrum der Aufmerksamkeit gestanden hätte.
Mit der Hälfte oder ein Drittel der Berichterstattung wäre Trump immer noch überdurchschnittlich bedacht worden.
Nach seiner Nominierung zum Kandidaten und erst Recht nach seiner Wahl zur #45 stellt sich die journalistische Lage anders dar, weil Trump abgesehen von seiner persönlichen Verkommenheit schon aufgrund der enormen Macht seines Amtes immer eine Meldung wert ist. Man kann nicht den US-Präsidenten verschweigen.
Das bedeutet aber nicht, daß CNN oder ABC jede Haltung aufgeben müssen und stundenlang den O-Ton seiner Rallys unkommentiert übertragen müssen.
Es reicht auch nicht einen Demokraten nach seiner Meinung zu befragen, der dann sagt „Trump hat gelogen“, wenn daneben fein ausgeglichen ein Trump-Epigone sitzt, der diese Anwürfe sofort zurückschleudert.

Bei Fakten gibt es keine zwei Meinungen.
Also, ja, Trump-Reden müssen übertragen werden, aber dann sollten die Newssender Simultan-Factchecker einsetzen, die unmittelbar „DAS IST EINE LÜGE“ einblenden.

Auch David Berger mit seinem Philosophia Perennis-Unternehmen ist inzwischen zu groß, zu viel geklickt, um ihn noch verschweigen zu können.
Er hat sich mit seiner perfiden xenophoben Hetze zum bedeutenden Player der ultrarechten Szene aus der stinkenden Jauche emporgerobbt.
Er wird Millionenfach geklickt und wird nicht so einfach wieder verschwinden.
So ein ohnehin vorhandenes Phänomen muss man journalistisch schon deswegen aufgreifen, weil die Medien einen Aufklärungsauftrag haben.
Man muss sich einmischen, richtig stellen, verurteilen, Fakten entgegen halten, auf seine perfide Methodik hinweisen.
In die braunen Filterblasen der sozialen Medien ist vorzudringen, damit keiner ihrer stillen Mitleser auf die Idee kommt, die Neonazi-Überzeugungen wären Konsens und müssten schon deshalb stimmen, weil niemand widerspricht.

Fahrlässig ist hingegen die Methode vieler Plapper-Talkshows von ARD und ZDF, die sich immer wieder AfD-Themen annehmen, den Gaulands, Storchs und Höckes den Roten Teppich ausrollen.
Mit der exorbitant überproportional häufigen Beschäftigung mit Themen wie Migration oder Flüchtlinge bildet sich erst der stinkende  Humus, auf dem die Pest des rechten Randes gedeiht.
In einer großen Länder-übergreifenden Studie untersuchten vier Wissenschaftler um den Ökonomen Prof. Dr. David Stadelmann aus Bayreuth 363 408 Medienberichte zum Thema Migration aus fünf Jahren und kamen zu einem klaren Schluß: Je mehr Medien über Migration berichten, desto ängstlicher und empfänglicher für rechtsradikale Einflüsterung werden die Menschen.

 [….]  Medienberichte haben einen stärkeren Einfluss auf Frauen, Arbeitslose und ältere Menschen, die sich in Folge der Berichterstattung stärker ängstigen. Anders als man meinen könnte, sorgen sich die Befragten aber weniger um die Konsequenzen der Einwanderung selbst, auch zunehmende Kriminalität oder Arbeitslosigkeit wurden nicht als primäre Befürchtungen genannt. Vielmehr werde eine zunehmende Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft befürchtet, die das öffentliche Meinungsklima verschlechtern könnte.
[….] Die journalistische Darstellungsweise prägt das Misstrauen der Bürger ebenfalls: Stehen Immigranten als Protagonisten im Fokus der Berichterstattung, steigen bei den Empfängern Sorgen und Ängste stärker an - unabhängig davon, ob der Protagonist negativ oder positiv dargestellt wird, so die Erkenntnisse der Wissenschaftler. [….]