Mittwoch, 24. Oktober 2012

Hybris.




Meine Generation erinnert sich für alle Zeiten an Mathilde Berghofer-Weichner
Die Bayerische Wuchtbrumme kam 1986 (sic!) als erste Frau in das Bayerische Kabinett und zerrte als Justizministerin 1988 den Gynäkologen Alois Theisen vor Gericht.
 Beim sogenannten „Memminger Abtreibungsprozess“ ließ mad Matilda 156 (sic!) Patientinnen Theißens öffentlich vorführen und an den Pranger stellen. 
Die antihumanistischen Richter zerpflückten die weinenden Frauen, die in den wenigstens Fällen ihren Familien offenbart hatten schwanger gewesen zu sein.
Dieses extrem brutale Vorgehen wurde damit gerechtfertigt, daß Bayern sich mit den niedrigsten Abtreibungsraten brüsten könne.
Logisch, denn Bayerinnen, die in den 80ern ihre Schwangerschaft abbrachen, taten dies tunlichst außerhalb der Landesgrenzen. Die Heuchelei war grenzenlos.
Getoppt wurde das abartige Schauspiel nur noch davon, als DER SPIEGEL im Mai 1989 enthüllte, daß der brutalste Jurist des Verfahrens, der beisitzende Richter Detlev Ott 1980 seine Freundin geschwängert hatte und diese nach Hessen zur Abtreibung geschickt hatte.

Bayerische Juristen im Kampf gegen die Abtreibung - außer bei ihrer Freundin.

Das ist geradezu ein Charakteristikum der politischen Konservativen:
 Je mehr sie sich moralisch echauffieren, desto wahrscheinlicher treten sie selbst die von ihnen propagierten Werte mit Füßen.

Es hat mich nicht eine Millisekunde lang überrascht zu hören, daß die ultrakonservativen Kämpfer gegen die Homosexualität Senator Larry Craig und  Ted Haggard selbst Tunten sind.

Rückblick:

Die Alttestamentarische Bibelauslegung mit den harten Strafen und der Verdammung kommt immer dann zum Vorscheinen, wenn es um ANDERE geht.

Megapfarrer Haggard, einer der einflussreichsten Hardcore-Christen ist ein ultrarechter Mann, der sich seiner völligen Übereinstimmung mit der Bush-Politik rühmt.
Ted Haggard, der ehemalige Kopf der Nationalen Vereinigung der Evangelikalen mit 30 Millionen Mitgliedern, scherzt, dass die einzige Unstimmigkeit zwischen ihm und dem Führer der westlichen Welt das Auto betrifft: Mr. Bush fährt einen Ford Pickup während er einen Chevy bevorzugt.
In gesellschaftspolitischen Dingen ist der Christ unerbittlich.
Er zettelte einen regelrechten Kulturkampf an, der in dem Dokument „For the Health of the Nation: An Evangelical Call to Civic Responsibility“ Homosexualität, Abtreibung, Einwanderung und ähnliche „liberale Auswüchse“ scharf verurteilte.
Haggard gilt als einer der glühendsten Verfechter einer Verfassungsänderung, die das Verbot der Homo-Ehe festschreiben soll.
Keine Gnade mit den Tunten!

In der Praxis halten sich die stramm rechten Prediger und US-Politiker nicht immer so ganz an diese Linie. Rechter Sex eben.

Da gab es den Abgeordneten Mark Foley, der männlichen Pagen schlüpfrige Pimmel-E-Mails sandte, Bob Allen, republikanischer Abgeordneter in Florida, der bei der Bitte nach Oralsex versehentlich an einen Polizisten geriet und James Guckert alias Jeff Gannon, der einen "Begleit-Service" für Männer betrieb und vom Weißen Haus einen Presseausweis bekam, weil er immer so nette Fragen an George W. Bush stellte. Glenn Murphy Jr., der Vorsitzende der GOP-Jugendorganisation Young Republicans, trat von allen Ämtern zurück, nachdem er einen 22-jährigen Mann sexuell genötigt hatte. Senator David Vitter aus Louisiana steht auf der Kundenliste der Washington Madam, des bekanntesten Bordells in Washington. In South Carolina musste der Staatspolitiker Thomas Ravenel als Wahlkampfleiter des republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain zurücktreten, nachdem er offenbar Kokain geschnupft hatte. In North Carolina erwischte die Polizei im Juni den republikanischen Kirchenmann und Sittenwächter Coy Privette einer Prostituierten.
"Als die Nachricht von Senator Craig die Runde machte, forderten manche Republikaner seinen Rücktritt — andere wollten seine Telefonummer haben", spottete der Late-Night-Talker Dave Letterman.
Der einzige Republikaner, der wenigstens bloß gegenüber Frauen anzüglich wird, ist Arnold Schwarzenegger.

Und es gab Ted Haggard, der Vorstand der National Association of Evangelicals:
Der "wiedergeborene" Christ, Vorzeige-Familienvater von fünf Kindern und seine Ehefrau verehrende Ideal-Amerikaner poppte nebenher mindestens drei Jahre lang mit männlichen Strichern, die er immer wieder bei Escort-Servicen bestellte.
Begeistert nötigte er seine Sex-Diener zum Konsum harter Drogen wie Crystal Meth.
Der Führer der New Life Church mochte sich allerdings nicht mit Mietmännern begnügen.
Wenn er fertig mit der Homohetze von der Kanzel war, begann er junge Männer seiner Gemeinde sexuell zu belästigen.
Der jetzt 25 Jahre alte Grant erklärte gegenüber "KRDO News Channel 13", dass sich Haggard 2006 bei einem Kirchenausflug an ihn herangemacht habe. "Er fragte mich, ob wir gottesfürchtig oder unartig sein sollen", erklärte Grant. "Er wollte wissen, ob wir nur Freunde bleiben sollen oder ob ich Pornos für ihn kaufen, mit ihm onanieren oder mit ihm Crystal Meth nehmen soll. Er wollte mir all die Dinge zeigen, die er selbst gerne tut". Eigentlich lehnte der damals 22-Jährige entsetzt ab. Haggard habe sich dann aber entblößt – was den jungen Christen offenbar völlig aus der Bahn warf. Er habe sich daraufhin isoliert, Alkohol und Medikamente missbraucht und insgesamt vier Selbstmordversuche begangen.

So wie mit der Moral, ist es auch mit der Demokratie.

CSU’ler und GOPer fordern sie lautstark von den anderen ein, empfinden sie aber für sich selbst eher als störend.

Bayerns Staatspartei, die mit einem 20-Millionen-Euro-Etat in den Wahlkampf geht (SPD-Bayern verfügt über gerade mal zwei Millionen), setzt für ein gutes CSU-Ergebnis demokratische Regeln außer Kraft.
Keine Berichterstattung über den Parteitag der Bayern-SPD: Mit dieser Forderung soll CSU-Sprecher Hans Michael Strepp die "Heute"-Redaktion des ZDF unter Druck gesetzt haben. […]
Noch am Vormittag hält der CSU-Chef den Eröffnungsvortrag bei den Münchner Medientagen - ausgerechnet über Medienfreiheit.
[…] Chefredakteur Peter Frey verlangt Aufklärung: Strepp müsse die Frage beantworten, warum und mit welcher Intention er direkt in der Heute-Redaktion angerufen habe. […]
Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks hat Strepp am Sonntag auch zum ARD-Hauptstadstudio Kontakt gesucht. Strepp schickte laut "Bayern 5" dem BR-Korrespondenten Oliver Mayer-Rüth eine SMS und fragte, ob die ARD einen Bericht über die SPD-Kandidaten-Kür in Nürnberg plane. […]  Strepp ist mehr für Seehofer als nur ein Sprecher. Er ist einer seiner Strategen. Strepp sitzt in den wichtigen Runden dabei. Im Vergleich zu vielen anderen Sprechern weiß er wirklich, was gerade Sache ist.
Wie die SZ aus übereinstimmenden Quellen erfuhr, rief Parteisprecher Strepp am Sonntagnachmittag in der heute-Redaktion an. Seine Forderung: Die Sendung um 19 Uhr möge bitte nicht über den Landesparteitag der SPD berichten. Die ARD tue dies auch nicht. Berichte das ZDF dennoch, werde dies "Diskussionen nach sich ziehen". […] Für "skandalös" hält der Deutsche Journalistenverband den Vorgang. "Der Versuch der CSU-Pressestelle, beim ZDF einen Informationsboykott des politischen Gegners zu erwirken, ist mit dem Gebot der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht vereinbar", sagte der Bundesvorsitzende Michael Konken.
Dabei ist das Kind längst im Brunnen. 
Sogar die Aufregung über die politische Einflußnahme ist geheuchelt.

Schließlich sitzen in den Rundfunkverwaltungsräten überall konservative Politikermehrheiten. 
Wir erinnern und wie Roland Koch und Angela Merkel durchdrückten, daß der ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender gefeuert wurde, weil sie ihn als „ZU UNABHÄNGIG“ und damit zu wenig CDU-hörig einschätzten.

Nicht zu vergessen in diesem Zusammenhang:
Angela Merkels Sprecher Ulrich Wilhelm (CSU) wurde im Februar 2011 Intendant des Bayerischen Rundfunks (auch CSU). Im fliegenden Wechsel wurde der Merkel-Mann Senderchef.
 Seinen Nachfolger als Regierungssprecher rekrutierte die Kanzlerin direkt aus der ZDF-Heute-Redaktion. Steffen Seibert wurde im fliegenden Wechsel CDU-Regierungssprecher.

Welch bahnbrechende Erkenntnis also, daß sich die Schwarzgelben die ihnen genehme Berichterstattung organisieren.

Und der Staatssender ZDF, einst vom CDU-Urvater Adenauer als konservativer Haussender gegründet, bekleckert sich auch in dieser Affäre nicht mit Ruhm. Daß sie von der Union eingenorded werden, ist ihnen offensichtlich vertraut.
Anders ist nicht zu erklären, dass auf dem Lerchenberg nicht alle Alarmsirenen schrillten, als CSU-Sprecher Strepp versuchte, der Informationsfreiheit den Segen zu entziehen. Das ZDF zuckte nach außen erst mal nur mit den Schultern, obwohl intern die Redakteure laut SZ „baff“ gewesen sein sollen ob der Dreistigkeit des CSU-Mannes.
So wird sich das ZDF nie aus der Umklammerung der Parteien lösen können. Vielleicht will es das aber auch gar nicht. Auch wenn Seehofer sich am Rande der Medientage von jeder Einflussnahme distanzierte und ZDF-Chefredakteur Peter Frey eine Stellungnahme Strepps forderte, ist der gewonnene Eindruck fatal: Beim ZDF kann jeder Politiker einfach mal anrufen und versuchen, sich ein Programm nach seinen Wünschen zu bestellen. Wenn er Glück hat, kommt das nicht einmal raus.