Das war
ja mal eine lange Nacht.
Fassungslos starrte
ich auf den im Concvention Center von Phoenix hetzenden Trump, so daß der Osmose in den
Salanova-Blättern Zeit blieb meinen frisch zubereiteten Salat in Vinaigrette zu
Matsch zu verwandeln.
Matsch
war auch mein Hirn nach der Psychonummer.
[….] dann lässt der US-Präsident das Manuskript
sausen und legt einen so haltlosen Auftritt hin, wie man ihn selbst in den
wildesten Wahlkampftagen nicht erlebt hat. Er lügt, pöbelt, schimpft, droht:
gegen die Medien, seine Kritiker, den Kongress, die Justiz, die Antifaschisten
vor der Tür - und selbst gegen die eigene Partei, die ihm sowieso immer mehr
den Rücken kehrt.
[….]
Und draußen, wo Tausende Demonstranten
seit Stunden ausgeharrt haben, explodiert die bisher friedliche Stimmung in der
Nacht ebenfalls - in Rauchbomben, Pfefferspray und Tränengas.
Trump ist nicht nach
Phoenix gekommen, um zu einen. Obwohl Amerika das nötig hätte, zehn Tage nach
Charlottesville. Nein: Er kam, um seine Basis anzustacheln, seine letzte,
schwindende Stammwählerschaft, um sich in ihrem Zuspruch zu sonnen - und um
Zwietracht zu säen zwischen dieser Basis und allen anderen.
Trump bleibt Trump.
Das merkt man nicht nur dieser Rede an, einer Mischung aus Selbstlob und
Verleumdung, rassistischen Codewörtern und frei erfundenen Behauptungen. Man
merkt es allein daran, dass er überhaupt hierherkam. Trump sei nicht willkommen
in Phoenix, der Hauptstadt des südlichen US-Grenzstaates Arizona, hatte ihn
Bürgermeister Greg Stanton gewarnt. "Er hat Öl auf die Rassenspannungen
gegossen. Mit seinem Besuch, so fürchte ich, will er jetzt ein Streichholz
zünden."
Trump kam natürlich
trotzdem, und Stantons Befürchtung wurde wahr.
[….]
Trump ist im Wahlkampfmodus, es ist die
Rolle, in der er sich am wohlsten fühlt. "Ihr wart von Anfang an für mich
da", ruft er seinen Anhängern zu. "Ich werde das nie vergessen."
Dem folgt eine halbstündige Beschimpfung der Medien: Die würden ohne Unterlass
lügen, "Geschichten erfinden", seine "perfekten Worte"
verzerren und, ausgerechnet, "Hassgruppen propagieren". Sie seien
"wahrhaft schlechte Menschen", "kranke Menschen" - und, ja,
Volksfeinde.
Um das zu
illustrieren, lügt Trump selbst. Er behauptet etwa, dass CNN die Kameras
abgeschaltet habe. Oder dass draußen Horden gewalttätiger Protestler "mit
schwarzen Masken und Schlagstöcken" lauerten, was die Medien
verheimlichten. [….]
Natürlich
log Trump wie gedruckt; man kennt das ja. Aber es hatte schon eine besonderen
Twist die Übertragung seiner „Rede“ live auf CNN zu sehen, während er immer
wieder pöbelnd über diesen Sender herzog und 40 Minuten lang beklagte, CNN
zeige seine Reden nicht. Mehrfach grölte er, die verlogenen Fernsehkameras wären
alle abgeschaltet, weil sie ihn nicht covern wollten und die Wahrheit
unterdrückten, weil sie das Land so hassten.
Der
mächtigste Mann zetert, CNN übertrage ihn nicht, während man eben das Gezeter
live auf CNN sieht.
Zum „Beweis“,
daß man ihn nicht „covere“ zitierte sich Trump über 20 Minuten triumphierend
selbst, las unter dem Jubel seiner im Massenwahn befindlichen Hass-Crowd seine
Statements der letzten Woche vor – die allesamt ebenfalls live gesendet wurden.
Natürlich
fälschte er dabei sogar sich selbst, indem er die heftig kritisierten Passagen –
blame on many sides, very fine people bei den Altright – wegließ.
Nach der
Rede meldete sich ein
staunender Don Lemon mit einem riesigen und wechselnden
Panel, welches bis 8.00 morgens deutscher Zeit, 2.00 am in New York, live auf
Sendung blieb. Die CNN-Kollegen in L.A. übernahmen. Um 10.00 Uhr deutscher Zeit
passte ich out.
Lemon,
der spontan und schnell reagieren mußte, fand passende Worte.
Trumps
Rede war aus politisch-strategischer Sicht vor allem wegen der verpassten
Gelegenheiten erstaunlich.
Sein
Obamacare-Abstimmungsdesaster im Senat hatte gezeigt wie dringend Trump die
mächtigen US-Senatoren braucht. Statt sie ein bißchen einzuwickeln, indem er
beispielsweise dem mit einem Hirntumor kämpfenden John McCain wenigstens
öffentlich Genesungswünsch zukommen lässt, fährt er in dessen Homestate Arizona
und zieht dort öffentlich über beide republikanischen Senatoren her – Flake und
McCain. Das wird nicht bei den nächsten Abstimmungen helfen.
Zudem
sind bei einer Schiffskollision in der Straße von Malakka ausgerechnet auf einem
Kriegsschiff namens USS John S. McCain zehn
US-Seeleute ums Leben gekommen. Jeder andere US-Präsident würde lobende Worte
finden, sich an die Goldstar-families richten. Das muss schon deswegen sein,
weil der Präsident als Oberbefehlshaber dafür die Verantwortung trägt. Aber
außerdem ist es eine gute Gelegenheit sich als Freund des Militärs zu zeigen.
Trump
aber erwähnte den Vorfall gar nicht, ignorierte die zehn Toten.
Er
erwähnte auch nicht den Begriff „Altright“, was ihm prompt wieder ein dickes
Twitter-Lob des Altright-Obernazis Richard Spencer einbrachte.
Und just
eine Woche nachdem der braune gewalttätige Rassistenmob eine friedliche
Demonstrantin getötet hatte, gab er de facto bekannt den berüchtigten rassistischen Ex-Sheriff Joe Arpaio zu
begnadigen, der sich weit über die Grenzen Arizonas hinaus damit
einen Namen gemacht hatte Immigranten zu quälen und zu demütigen. Wegen „racial
profiling“ droht „Sheriff Joe“ nämlich eine sechsmonatige Haftstrafe.
Trump
bespielte also die gesamte denkbare Klaviatur, um Verschwörungstheoretikern und
White Supremacists Nahrung zu geben.
CNN und
die anderen Fernsehsender hatten sichtlich Mühe überhaupt noch Kommentatoren zu
finden, die sich hinter Trump stellten.
Viele
Republikaner gingen in Deckung oder stellten sich scharf gegen ihren
Präsidenten.
Mit Ben Ferguson fand sich endlich ein
vehementer und lauter Trump-Fan, der noch vor die Kamera wollte.
Die „
leftist media“ mögen Trumps Politik nicht, deswegen erdreisten sie sich den Gesundheitszustand
Trumps ins Gespräch zu bringen, so Fergusons Hauptargument.
Eine
Strategie, die bei der braunen Basis verfangen dürfte, denn in der Tat tauchten
die Begriffe „mentally unfit“, „fitness for office“, „unhinged“, oder „early-on-set-dementia“
auf.
Sie
lassen sich nur schwerlich den „leftists“ in die Schuhe schieben, weil auch
republikanische Senatoren (McConnell, Corker) und GOP-Analysten in die Richtung
denken.
Sie
sehen die „Trump-Vampire-theory“ bestätigt und beobachten einen Mann, der
völlig unfähig ist einzusehen, was die Aufgaben eines Präsidenten sind, sondern
schwer manisch damit beschäftigt ist sich selbst zu loben.
“@realDonaldTrump proving again my ‘vampire’ theory. He needs to leave
the bat cave (WH) for sustenance (rally cries) every few weeks.”
In
Charlottesville sind drei Menschen ums Leben gekommen und Dutzende sind schwer verletzt
worden; die Namen der beiden Statetrooper sind Trump aber bis heute nicht über
die Lippen gekommen.
Stattdessen
betrachtet er auch zehn Tage später ausschließlich sich selbst als Opfer,
heischt anderthalb Stunden um Mitleid für sich; den armen, armen Trump, der so
unfair behandelt werde.
Das
kommt auch James Clapper sehr bizarr vor.
Clapper,
76, General der United States Air Force, war unter vier US-Präsidenten in
führenden Geheimdienstpositionen, zuletzt ab 2010 Nationaler Geheimdienstdirektor
(DNI).
Man kann
ihn sicher nicht als links oder parteiisch ansehen. Clapper hält Trump für irre und macht sich allergrößte Sicherheit
wegen der nuclear codes.
[….]
Nach Donald Trumps Auftritt in Phoenix
zeichnet James Clapper das Bild eines Wahnsinnigen.
Härter kann ein
ehemaliger Geheimdienstler einen amtierenden Staats- und Regierungschef kaum
kritisieren: Er zweifele an Trumps Fähigkeit zur Amtsausübung und frage sich
langsam, was den Präsidenten antreibe, sagte der frühere
US-Geheimdienstdirektor James Clapper dem Sender CNN. Trumps Auftritt in
Arizona sei "beängstigend und verstörend" gewesen. "Wie lange
noch (...) muss das Land diesen Alptraum ertragen?" [….]
Die
Frage ob Trump intellektuell und moralisch in der Lage ist, US-Präsident zu
sein, stellt sich nicht mehr. Man kann das nur mit einem klaren „Nein“
beantworten.
Angesichts
seiner doubling-down-Manie, seines offensichtlich alles dominierenden Narzissmus‘,
seiner völligen Entkopplung von der Realität, muss man aber mehr und mehr die
Psyche Trumps in den Focus nehmen.
Ist der
Mann so irre, daß man ihn absetzten muß nach dem Twenty-fifth Amendment? Oder hat Trump selbst
längst keine Lust mehr und sehnt sich nach einem Ausweg, um wieder Golfspielen
zu können.
Eine
Absetzung käme ihm da gerade recht, denn es würde eine Dolchstoßlegende
kreieren und ihm für immer als Held der braunen Massen erscheinen lassen.