OK; es
ist müßig über das Wetter zu reden und noch müßiger sich darüber zu beklagen.
Ich
nehme auch für mich in Anspruch das üblicherweise nicht zu tun.
Im
Gegenteil; mit schöner Regelmäßigkeit weise ich in irgendwelchen Geschäften
meine sich über Kälte, Regen oder Schnee beklagenden Mitmenschen drauf hin, wie
froh sie sein sollten, daß wir hier so verschiedenen Jahreszeiten haben.
Wie öde
es wäre, wenn die Natur immer gleich aussähe.
Im
Übrigens liege es doch nur an uns sich entsprechend anzuziehen.
Was soll
das Gefriere in diesen Breitengraden, wo so gut wie jeder finanziell in der
Lage wäre sich dem Zwiebelprinzip frönend den Außentemperaturen anzupassen.
Ich zum
Beispiel kann Kälte sehr gut vertragen und friere fast nie, aber wenn es
draußen unter Null °C anzeigt, laufe ich auch nicht im T-Shirt umher.
Grundsätzlich
halte ich aber den Sommer für problematischer als den Winter, da man sich nun
einmal nur bis auf die nackte Haut ausziehen kann.
Wer dann
immer noch schwitzt, ist hilflos.
Das ist
so ähnlich wie mit Pollen.
Davor
kann man sich so gut wie gar nicht schützen und muß es ertragen.
Hitze
ist tatsächlich sehr gefährlich – aber eben in erster Linie für die Alten und
Kranken unserer Gesellschaft.
Der Aspekt
des Wetters ist wirklich zum Kotzen – er offenbart wie sehr das öffentliche
Leben nur auf die Schönen, Jungen und Gesunden fixiert ist.
Seitenweise
zeigen Zeitungen und TV-Nachrichten hübsche, schlanke Menschen zwischen 15 und
25, die eigenartigerweise auch alle tagsüber gar keine Verpflichtungen haben,
sondern sich in Freibädern, an Stränden und Beach Clubs im Bikini räkeln.
Jedes
Jahr dasselbe.
Myriaden Menschen in Deutschland liegen in Heimen und verdursten während die Mopo den „Supersommer“ bejubelt.
Das Problem der Exsikkose in Altenheimen wurde durch
das Hoch „Michaela“ im Jahr 2003 europaweit diskutiert.
Hilflose und pflegebedürftige Menschen trinken fast
nie von allein genug Wasser und es reicht nicht ihnen einfach irgendwo ein Glas
hinzustellen; es braucht eine pflegende Person, die ihnen das Wasser auch
einflößt.
Auf dieses Weise starben 2003 mindestens 40.000
Menschen über 75 Jahren in Westeuropa.
Der 11. und der 12. August waren aufgrund der Windstille besonders
belastend. Die Wirkung der Hitzewelle wurde durch die sehr erhöhten
Nachttemperaturen verstärkt, die fehlende Luftbewegung verursachte einen
steilen Anstieg der Stickoxide, die sich bei der Entstehung des Ozons
ansammelten. Die Leichenhallen waren sehr schnell voll belegt, da man die
Leichen wegen der beträchtlichen Hitze nicht in ungekühlten Räumen lagern
konnte. Ein gekühlter Hangar der Halles des Pariser Vororts Rungis, das
Logistikzentrum der Transporte für den Handel mit Lebensmitteln, wurde zur
Verfügung gestellt, damit dort die Leichen vorläufig abgelegt werden konnten.
Am 24. August gab es immer noch 300 Leichen in Paris, für die sich keine
Angehörigen gemeldet hatten und die in Rungis und in Kühllastern in
Ivry-sur-Seine ihrer Beisetzung harrten.
Wenn in Deutschland ein alter Mensch in einem Heim zu
vertrocknen droht, muß man 112 rufen und ihn schnellstens in Krankenhaus
bringen lassen. Dort bekommt er dann zwei bis drei Tage lang intravenös
Ringerlösung oder NaCl-Lösung. Das kostet ungefähr 2000 Euro inklusive der
Krankenwageneinsätze und ist absolut alltäglich in den Kliniken bei einem
Wetter wie heute.
Natürlich könnte man auch stattdessen für einen
Bruchteil des Geldes etwas mehr Pflegepersonal in den Heimen einstellen, so daß
die alten Menschen a priori genug zu trinken bekommen und gar nicht erst in
Lebensgefahr geraten.
Die Absurdität ist bekannt* und wurde in vielen
Büchern (Stichwort Claus Fussek) beschrieben.
Aber die 2000 Euro für den Krankenhausaufenthalt kommen aus einem anderen Topf,
dem der Krankenkasse und nicht dem der Pflegekasse. Merkel und Co kümmern sich
aber nicht darum, weil es auch keinerlei Druck auf sie in dieser Angelegenheit
gibt. Die Presse versagt hier vollkommen bei ihrer einseitigen
Sommerbejubelung. Sie verweigert ihren Job auch auf die Missstände hinzuweisen.
Es ist ein bißchen ähnlich bei der leidigen Diskussion
Auto versus Fahrrad, die vermutlich in allen deutschen Großstädten läuft. Die
Straßen sind ursprünglich für Autos geplant worden, da aber heute
glücklicherweise mehr Menschen Rad fahren verlangen sie überall Fahrradwege,
die auf Kosten der Auto-Straßen abgezwackt werden.
Zumindest die Hamburger Lokalpresse steht ausnahmslos
auf der Seite der Radfahrer und brandmarkt genau wie fast alle Parteien die
sturen Autofahrer, die weiter auch in der Innenstadt fahren wollen. Dadurch
haben die Radfahrer so starkes Oberwasser, daß sie zunehmend aggressiv werden.
Tatsächlich muß man sein (Auto-)Fahrverhalten ändern. Beim Rechtsabbiegen
genügt kein kurzer Schulterblick mehr; nein man muß sich einmal komplett
umdrehen, weil auf Fußwegen, Fahrradwegen und Straßen bei grün UND rot
jederzeit irgendein Irrer auf seinem 4000-Euro-Mountainbike einem vor die
Kühlerhaube rasen kann.
Natürlich ist es aus ökologischen Erwägungen
unstrittig, daß der Umstieg möglichst vieler PKW-Nutzer auf das Rad zu wünschen
ist.
Aber die Presse hätte verdammt noch mal auch die
Pflicht an diejenigen zu denken, für die das nicht möglich ist.
Ist gibt jede
Menge Alte, Pflegefälle, Herzkranke, Behinderte, oder einfach junge Leute mit
Mitralklappeninsuffizienz, die nicht die Puste zum Strampeln haben, also die
schlicht und ergreifend nicht in der Lage sind Rad zu fahren.
Es wäre ganz nett zu berücksichtigen, daß auch diese
Menschen Zugang zu Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen haben müssen.
Verblüffenderweise gibt es immerhin gelegentlich für
die nichthumane Natur Mitleid, obwohl jeder immer nur den Sommer bejubelt.
Die Natur leidet. Dazu muß ich nur aus dem Fenster
sehen – alle Büsche und Gräser sind braun und vertrocknet. Natürlich trifft es
auch die Fauna.
Hitzewelle löst Fischsterben in der Elbe aus
Fischer sprechen von einer Katastrophe. Bisher schon 100 Tonnen Kadaver.
Einer der Gründe: die verstärkte Algenblüte.
Die Hamburger Umweltbehörde warnt vor dem Kontakt mit giftigen Blaualgen in
der Binnen-und Außenalster. Vor allem in Höhe Lombards- und Kennedy-Brücke haben
sich dort in den vergangenen Tagen ganze Algenteppiche gebildet.
Ein
anderes echtes Wärmeproblem sind für mich die optischen Qualen, die mir täglich
bereitet werden.
Ich bin
ohnehin Misanthrop und möchte mich gar nicht gern mit der biologischen
Konstitution meiner Mitmenschen beschäftigen.
Menschen
sind eigentlich ziemlich ekelhafte Getriebene ihrer warmblütigen Natur und des
erhöhten Energiebedarfs durch das große Hirn.
Ich
fände es viel netter, wenn man wie ein Weißer Hai nur einmal im Monat essen
müßte. Komodowarane und dicke Boas brauchen sogar nur drei, viermal im Jahr
eine üppige Mahlzeit.
Menschen
denken aber unablässig ans Fressen, sie verdauen kontinuierlich und produzieren
dabei Kubikmeter weise Abgase, literweise harnstoffstinkendes Giftwasser und
von anderen Produkten anderer Körperöffnungen will ich erst gar nicht reden.
Menschen
stinken auch. Manchmal von Natur aus, manchmal auch künstlich generiert durch allerlei
Duftwasser.
Nebenbei
bemerkt, von Saddam Hussein hieß es immer, er habe derart empfindlich auf
Körpergerüche reagiert, daß seine Leibwächter ständig duschen mußten und wenn
dennoch einer in seiner Gegenwart die Duftnote Mief-Achsel verbreitete, ließ er
ihn hinrichten. Eine verständliche Reaktion, die ich mir für meine Karriere als
Diktator oder Weltherrscher auch noch vorbehalte.
Aber das
ist nur die olfaktorische Problematik der sozialen Zwangskontakte.
Akustisch
und optisch wir es auch immer schlimmer, je wärmer es ist.
Heute
war ich Lebensmittel einkaufen und in der Kühlregalabteilung machte es immer
schmatz-schmatz-schmatz, weil dort eine Frau undefinierbaren Alters feuchtfüßig
in ihren Plastik-Flipflops umherwatschelte. Schmatz-schmatz-schmatz. Wer kann
da noch Joghurt und Quark aussuchen, ohne mit Würgereiz zu kämpfen?
Und
meine armen Augen!
Ich habe
heute mehrfach nackte Männerfüße gesehen. Ist das nicht ein Fall für den
UN-Menschenrechtsrat? Muß ich das ertragen?
Dabei bin ich weder paraphil noch Podologe!
Dabei bin ich weder paraphil noch Podologe!
Das ist
nicht in Ordnung.
Niemand
kann behaupten er wüßte es nicht besser. Wie jedes Jahr wird in Zeitungen
ausdrücklich erklärt welche Kleidung Männer auch an heißen Tagen nicht tragen
dürfen.
[….]
Insbesondere
fürs Büro gilt, den lässigen Kleidungsstil zu Hause zu lassen. [….]
Dont Nr. 1: Kurze Hose
im Büro „Meine absolute Horrorvorstellung bei Männern sind 7/8 Hosen”, sagt
Stiltrainer Jan Schaumann. Ob im Büro oder in der Freizeit: Diese
Beinbekleidung zeugt für ihn von geringem modischem Bewusstsein. Während
hochwertige Bermuda-Short in der Freizeit erlaubt sind, gehören kurze Hosen
aller Art nicht ins Büro.
[….]
Dont
Nr. 2: Sandalen An den Füßen scheinen die Regeln der Stilexperten streng.
„Männer und Sandalen, da schüttelt es nicht nur mich”, so Schaumann. Zum
geschlossenen Schuh gibt es für Schaumann keine Alternative. „Im Büro werden
Lederschuhe getragen, mit einer hochwertigen Leder- statt Plastiksohle, in der
man weniger schwitzt.” [….] Dont Nr. 3: T-Shirts und kurze Hemden
Kurzärmlige Hemden gibt es an jeder Ecke zu kaufen und sind genauso oft zu
sehen. Im Büro sind sie aber ein schwieriger Fall. „An der Arbeit die Unterarme
zu zeigen, ist verpönt”, sagt Roetzel. Hochgekrempelt werden dürfe nur, wenn
man allein am Schreibtisch sitzt. [….]
Dont Nr. 5: Hauptsache
bequem „Wer in einer Jogginghose das Haus verlässt, hat die Kontrolle über sein
Leben verloren.” Mit dieser Aussage sorgte Karl Lagerfeld für Aufsehen. Auf die
Arbeitskleidung bezogen liegt der Modeschöpfer aber nicht ganz verkehrt. Der
Schlabberlook hat es zwar in die Modeläden geschafft. „Doch im Beruf hat er
nichts verloren”, warnt Oexle. [….]
Dont Nr. 7:
Körperbehaarung Um zu klären, wie viel Körperbehaarung erlaubt ist, stellt
Roetzel eine einfache Fragen: „Will ich die Brust-, Achsel-, oder Ohrenhaare
eines Fremden sehen? Nein.” In der Öffentlichkeit gilt es also, Behaartes zu
bedecken. [….]
(Hamburger Morgenpost, 01.07.2015, s. 23)
Also
bitte meine lieben Geschlechtsgenossen: Haltet Euch daran!
So und jetzt fliege ich nach Nowosibirsk.
So und jetzt fliege ich nach Nowosibirsk.