Montag, 25. Juni 2012

Guter Mann!


Das ist natürlich schön blöd für J.R.

In 60 Jahren hat er sich an die Spitze einer Organisation aus über einer Milliarde Menschen geschoben und dabei stets die Methoden „Mauscheln, Vertuschen, Verheimlichen, Lügen, Drohen, Verdrehen, Zurechtbiegen und Klüngeln“ verwendet.
Dialektik reicht nicht, um Kardinal zu werden.
 Da muß man schon Rabulistik beherrschen. 

Und schlecht sind sie ja nicht darin, die lustigen Geronten in den bunten Kleidern.
 Sie schaffen es immer wieder über Jahrhunderte an Uralt-Vorstellungen festzuhalten, die längst eindeutig wissenschaftlich widerlegt sind.
Man braucht schon eine ordentliche Portion Chuzpe, um am Geozentrismus festzuhalten, wenn längst alle Welt weiß, daß sich die Erde um die Sonne dreht und nicht umgekehrt.
Oder eben Doofheit, so wie die Hälfte der US-Amerikaner, die an Creationismus glauben.
Daß also Gott die Welt in einer Woche erschaffen habe und zwar vor 6000 Jahren. Obwohl jeder von der Existenz von Dinosauriern gehört hat, die vor hundert Millionen Jahren auf den Planeten umher stampften.

Im kleinen vatikanischen Kosmos, der sich nicht mit Ratio und Logik plagen muß, gibt es glücklicherweise viele, viele sehr dicke Teppiche. Unter die kann man so ziemlich alles drunter kehren.

Und nun das:
Fromme Menschen aus dem Vatikan fangen auf einmal an die Teppiche zu lüpfen, als sei es ihre Soutane im Darkroom.
Und da kommt so allerlei zum Vorschein, das man zwar erwartet hatte, das aber nie tatsächlich gesehen wurde.
Der Papst ist so präfinal, daß hinter den Kulissen die Kardinäle schon wie die Kesselflicker streiten, um sich in gute Positionen für die Nachfolge zu bringen.

Zu früheren, frommeren Zeiten gab es effektivere Methoden sich zum Papst wählen zu lassen. 
Borgias und Medicis haben andere Kardinäle entweder gekauft oder abgemurxt.
Sich gegenseitig abzumurxen ist vermutlich nie richtig aus der Mode gekommen. 
Man denke nur an Roberto Calvi, Direktor der Mailänder Banco Ambrosiano, oder Gottes Banker Michele Sindona
David A. Yallop legt in seinem Buch “in Gottes Namen” sogar sehr sehr einleuchtenden Indizien dafür vor, daß auch Albino Luciani (= Papst Johannes Paul I.) nach 33 Tagen im Vatikan vergiftet wurde, weil er im Begriff war die IOR-Machenschaften aufzudecken.

Hinter der prächtigen Fassade des Petersdoms herrschen Hauen und Stechen.
 Nur zugegeben wird es nicht. Der zweitmächtigste Mann des Vatikans, der hochumstrittene und meistgehasste Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone lügt, daß sich die Balken biegen.

Für den Vatikan ist klar, wo der Feind steht. »Viele Journalisten gefallen sich darin, Dan Brown zu spielen. Sie erfinden fortgesetzt Märchen und wärmen alte Geschichten auf«, sagte Tarcisio Bertone in Rom. Wenn der Kardinalstaatssekretär Ber tone, der Regierungschef des Heiligen Stuhls, im Interview mit seiner hauseigenen Wochenzeitung Famiglia Cristiana solche Worte spricht, dann gibt er der Öffentlichkeit zu verstehen: Die Verantwortlichen für die Krise im kleinsten, aber vielleicht einflussreichsten Staat der Welt, dessen Glaubensgrundsätzen Milliarden von Menschen anhängen, sind die Leute von der Presse. Kritikabwehr ist ein Reflex, der sich im Vatikan automatisch einstellt, wenn jemand versucht, das System der Geheimhaltung zu kritisieren. Die Kritiker werden verteufelt, und man selber inszeniert sich als verfolgte Unschuld. Der apokalyptische Ton, in dem der Vatikan sich verteidigt, soll Kritiker einschüchtern und weitere Kritik ersticken. Deshalb hat Bertone auch verkündet, dass es »einen Willen zur Spaltung« der Kirche gebe, »der vom Bösen kommt«, also vom Erzfeind, vom Beelzebub, vom Teufel. Die katholische Kirche selber sei vollkommen einig, behauptet Bertone, und es gebe in ihrem Inneren keine Spaltungen, weder zwischen dem Papst und seinen Mitarbeitern noch unter den Kardinälen. »Wir erleben stattdessen den wiederholten und hart näcki gen Versuch, Zwietracht zwischen dem Heiligen Vater und seinen Mitarbeitern zu säen. Und das hat an sich etwas Böses.«
(Marco Ansaldo, DIE ZEIT, 21.06.12)

Blöd natürlich auch, daß Bertone zwar viel behaupten kann, man ihm aber ohnehin nichts mehr glaubt. Die Pressearbeit des heiligen Stuhls ist so grottig, daß Ratzi nun neben seinem hoffnungslos überforderten Sprecher Lombardi einen Kommunikationsdirektor bestimmt hat, der als professioneller Lügner die Ansichten des Vatikans verbreiten soll.

 Gesucht war also ein Mann, der a) katholisch ist, b) einem erzkonservativen und rückwärtsgewandten Orden angehört, c) viel Erfahrung mit der internationalen Presse gesammelt hat und d) die Methoden eines Mediums kennt, das geradezu pathologisch vor der Wahrheit zurück schreckt und die abstrusesten Lügengeschichten verbreitet.

Und HEUREKA - diesen Mann gibt es.
Es ist der amerikanische Opus Dei-Journalist Greg Burke, der vorher für den Teebeutler-Sender FOX NEWS (= Fixed Noise) arbeitete.

Der 52-jährige Burke ist jedenfalls Informationsprofi. Seit mehr als 20 Jahren berichtet er aus Rom und ist ein versierter Vatikanspezialist. Ein Jahrzehnt lang hat er für das renommierte Time Magazine gearbeitet und zuletzt für den rechtskonservativen US-Sender Fox News. Burke sagte der Süddeutschen Zeitung am Sonntag, er sei so nervös und aufgeregt wie er es 2006 war, als er über den Krieg aus dem Libanon berichtete. Seine Arbeit werde sich mehr hinter den Kulissen abspielen. Er werde zwar mit der Presse reden können, aber Lombardi bleibe der Sprecher des Papstes. Burke bekommt ein Büro im Staatssekretariat, nicht im vatikanischen Presseamt, dessen Chef Lombardi ist.   Burke vergleicht den neu geschaffenen Posten mit dem des Kommunikationsdirektors im Weißen Haus, 'von dem die meisten Leute gar nicht wissen, wer er ist'.
(Andrea Bachstein, SZ, 25.06.12)

Eine gute Wahl, lieber Papst!

Es ist aber doch ein wenig inkonsequent lediglich einen FOX-Mann zu holen. 
Ich schlage vor, daß Burke auch noch seine Kollegen Glenn Beck (“I Have Seen The Finger Of God”) und Sarah Palin („I can see Russia from my house!“) in den Vatikan holt.

Dann wird alles gut.