Da staunt mein Lieblings Pollster Harry Enten. Nur noch zwei oder drei Prozent der US-Amerikaner, die am 05.11. wählen wollen, wissen noch nicht, wen sie ankreuzen sollen. Die extrem wertvolle Gruppe der „undicided voters“ in den Swingstates schrumpfte zwei Monate vor den Wahlen schon lange. Aber Hillary Clinton und Donald Trump kämpften 2016 noch um immerhin 15% der Wähler.
Die Zahlen sind alles andere als überraschend. Um im September 2024 immer noch „undiceded“ gegenüber Trump zu sein, bedarf es schon einer frappierenden Portion Ignoranz. Wer ist denn so verblödet, sich neun Jahre, nachdem Trump die goldene Rolltreppe herunter fuhr, um gegen Mexikaner und Behinderte zu wettern, damit zu prahlen Frauen in die Vagina zu grabschen, immer noch nicht weiß, ob er das gut oder schlecht findet? Immerhin rund die Hälfte der Wähler sind moralisch so völlig verkommen, Trump zu lieben. Und dann gibt es immer noch ein paar Prozentpunkte zusätzlich, die immer noch überlegen, ihn zu wählen.
Wahlkämpfer mit einem IQ über Zimmertemperatur halten sich daher an die Uralt-Erkenntnis, in der Schlussphase in die Mitte zu rücken und nicht mehr die Hardcore-Basis der Partei zu bespielen. Deswegen betont Kamala Harris jetzt, Fracking zu unterstützen und selbst Waffenbesitzerin zu sein, die jeden Einbrecher in ihrem Haus erschießen würde. Das klingt in meinen linksliberalen Ohren etwas widerlich, ist aber smart von ihr, da meine Stimme schon sicher ist. Ich wähle ohnehin gegen Trump. Sie muss sich auf die paar Unentschlossenen fokussieren. Leider ist bei der großen Masse der Wähler eh nichts mehr zu holen.
Aber die Demokraten haben noch ein Ass im Ärmel: Trumps Dummheit. Nach so vielen Wahlkämpfen präsentiert sich der Mann immer noch erkenntnisresistent. Er liebt es, seine ultraradikalen Jünger bei den Rallys aufzuheizen, begreift aber nicht, daß es ein Nullsummenspiel ist. Die wählen ihn ohnehin alle. Da kann er nichts mehr gewinnen. Tatsächlich kann er aber ein paar Wähler abschrecken, wenn er seine Nazi-Basis in Ekstase versetzt.
So jammerte er bei seinen FOX-Arschkriechern immer noch über die Unfairness der Moderatoren bei seiner Harris-Debatte, weil die es gewagt hatten, bei insgesamt vier wirklich aberwitzig grotesken Trump-Lügen auf die Fakten zu verweisen. Für Trump waren das „nine or eleven times“ factchecks gegen ihn. Das wäre so furchtbar gemein, daß das Publikum vor Wut durchdrehte: The audience went crazy.
Eine selbst für Trump leicht erstaunliche Aussage, da die 60 Millionen TV-Zuschauer mit eigenen Augen gesehen hatten, daß die Debatte ganz ohne Publikum in einem leeren Saal geführt wurde. Die fanatischen Trumpanzees sind längst so von der Realität entkoppelt, daß sie ihrem orangen Messias auch den hanebüchensten Schwachsinn glauben. Aber es gibt auch einige wenige republikanische Wähler – vermutlich um die 10% - die zwar niemals für eine dunkelhäutige Demokratin stimmen würden, aber doch so angewidert von Trump werden könnten, um gar nicht zur Wahl gehen.
Die nun in den USA breit diskutierten Fälle von schwangeren Frauen, die starben, weil sie aufgrund der Trumpschen Anti-Abtreibungspolitik nicht behandelt wurden, haben ebenfalls das Potential zumindest ein paar republikanische Wählerinnen am 05.11.2024 zu Hause bleiben zu lassen.
[……] Das Thema Abtreibung spielt im US-Wahlkampf ohnehin eine große Rolle - nun wurde der Fall einer Frau bekannt, die wegen strenger Regeln zu spät Hilfe erhalten haben soll und starb. Bei zwei Auftritten kritisierte Harris die Republikaner scharf.
Knapp sieben Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl hat die Vizepräsidentin und demokratische Kandidatin Kamala Harris ihren republikanischen Rivalen Donald Trump und dessen Partei wegen deren restriktiven Abtreibungspolitik erneut scharf angegriffen. "Diese Heuchler wollen jetzt darüber reden, dass dies im besten Interesse der Frauen und Kinder ist", sagte Harris auf einer Wahlkampfkundgebung in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia, in dem ein strenges Abtreibungsgesetz gilt. "Wie können sie es wagen?" Eine von drei Frauen in den USA lebten in einem Bundesstaat mit "Trumps Abtreibungsverbot", so Harris weiter. Man wisse von mindestens zwei Frauen, die deswegen gestorben seien - und das allein in Georgia.
Später griff Harris das Thema auch bei einer Kundgebung in der liberal geprägten Stadt Madison im Swing State Wisconsin auf und bezeichnete das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen als "unmoralisch". "Dies ist eine Krise im Gesundheitswesen, und Donald Trump ist der Architekt", sagte sie. Konkret erwähnte Harris in beiden Ansprachen den Fall der 28-jährigen Amber Nicole Thurman. Im August 2022 erhielt diese einem Bericht zufolge nach Komplikationen durch Abtreibungspillen aufgrund der Rechtslage in Georgia zu spät medizinische Hilfe und starb. Nach Angaben der Rechercheplattform Propublica handelte es sich in dem Bundesstaat um den ersten offiziell als "vermeidbar" eingestuften Todesfall im Zusammenhang mit einer Abtreibung in den USA. […..]
Eine klassische NoWin-Situation für den Nazi-Clown im Spätwahlkampf. Ja, es gibt eine extrem radikale Gruppe, die Schwangere auch nach Vergewaltigung und Inzest brutal bestrafen will, aber die wählen ohnehin alle Trump.
Hier kann er nichts gewinnen. Aber mit Amber Nicole Thurman bekommen die Konsequenzen der GOP-Politik ein Gesicht und könnten die ein oder andere konservative Wählerin in einem Swingstate dazu veranlassen, gar nicht zu wählen.
Selbst Trump begreift offenbar, in welch eine Sackgasse er sich da geritten hat und reagiert mit hysterischen All Caps-Stellungnahmen, die ihn natürlich alles andere als seriös wirken lassen.
Auch die Lüge über Hunde-essende Haitianer hilft nicht. Es hilft auch nicht, wenn Trumps VP-Kandidat inzwischen freimütig einräumt, zu lügen.
Es hilft nichts, wenn Trump ausgerechnet bei dem Israeli-American Council (IAC) gegen Juden wettert.
Hier kann Trump nur seine Wähler davon abhalten zu wählen.
Insbesondere schießt sich Trump aber mit seiner Begeisterung für völlig verrückte Nazis wie Laura Loomer oder den Republican North Carolina gubernatorial candidate Mark Robinson selbst in den Fuß.
[…..] Mark Robinson tritt in North Carolina so provokativ auf, dass er den Kandidaten der Republikaner womöglich sogar die Präsidentschaft kostet. […..] Die jüngsten Enthüllungen über den Trump-Liebling aber sind derart verheerend, dass seine Karriere ebenso schnell wieder enden dürfte, wie sie begonnen hatte. Als „black NAZI!“, schwarzer Nazi, habe sich Robinson im Forum einer pornografischen Webseite bezeichnet, berichtete am Donnerstag CNN. Der US-Sender wertete Daten der Webseite „Nude Africa“ der Jahre 2008 bis 2012 aus. Darin schrieb ein Nutzer namens „minisoldr“, er wünsche sich die Sklaverei zurück und würde bestimmt ein paar Sklaven kaufen, auch ziehe er Hitler Obama vor. […..] Das Pseudonym nutzt Robinson auf anderen Plattformen, es ist überdies verbunden mit einer E-Mail-Adresse, die ihm gehört. CNN hat zudem biografische Angaben und sprachliche Auffälligkeiten gefunden, die nahelegen, dass der Republikaner der Autor war. In weiteren Einträgen beschreibt sich „minisoldr“ als „Perversen“, der gerne Transsexuellen zuschaue und in einer Universität Frauen beim Duschen beobachtete.
Als „schlüpfrigen Boulevardschrott“ wies der 56-Jährige die Vorwürfe umgehend zurück. Er bekräftigte, im Rennen bleiben zu wollen. Die Enthüllungen haben jedoch das Potenzial, nicht nur die Gouverneurswahl in North Carolina, sondern sogar die Präsidentschaftswahl zu beeinflussen. Robinson hat sich in dem Südstaat an der Atlantikküste einen Namen gemacht mit äußerst konservativen Ansichten. Besonders mit Angriffen auf die Rechte von Transgendern, ein Reizthema im evangelikal geprägten North Carolina, wo zwei Drittel der Bevölkerung sagen, Religion sei in ihrem Alltag sehr wichtig.
Die Provokationsstrategie funktionierte bei den parteiinternen Vorwahlen im Frühling, im weiteren Wahlkampf ging sie jedoch nicht mehr auf. Der Kandidat der Demokraten, Justizminister Josh Stein, lag in Umfragen schon vor Wochen mehr als zehn Prozentpunkte vorn. Robinson scheint republikanische Wähler derart abzuschrecken, dass sie am Wahltag entmutigt zu Hause bleiben könnten, angesichts der jüngsten Nachrichten über Robinson umso mehr. Deswegen droht nun sogar Donald Trump die Präsidentschaftswahl in North Carolina zu verlieren. […..] In diese missliche Lage hat sich Trump selbst gebracht, indem er Robinson bei den Vorwahlen im März unterstützte. Als „Martin Luther King auf Steroiden“ pries er den Mann, der seine Politkarriere einer Wutrede zu verdanken hatte, mit der er 2018 nach einer Schulschießerei das Recht auf freien Waffenbesitz verteidigte. Das Video des Auftritts von Robinson wurde zum Renner in sozialen Medien, verbreitet von der Waffenlobby NRA. […..]
Das sind Verliererthemen, die zwar in der festgefahrenen
US-Wählerschaft die Masse nicht bewegen, aber womöglich die entscheidenden
Promille der GOP-Freunde in die Wahlenthaltung treiben… könnten. Vielleicht.