Samstag, 27. Dezember 2025

Die größte Gefahr für Europa

Wir könnten so viel weiter sein; so viel sicherer, gerechter, sozialer, ehrlicher.

Moderner, stärker, gesünder.

Wir sind es aber nicht, weil wir falsch wählen.

Wir wollen nicht Habeck, Kühnert, Lauterbach in der Regierung.
Wir wählen stattdessen lieber Merz, Reiche, Klöckner, Spahn, Linnemann, Söder in die wichtigen Ämter, damit sie die Uhren zurückdrehen, nach oben umverteilen und die Zukunft Europas ruinieren.

Wir wollen Verbrenner und Fossil-Dreck statt sauberer Energie und moderner Autos.

Die Nazis bekommen dreimal so viele Wählerstimmen, wie die Grünen. In Ossistan achtmal so viele.

Die größte Gefahr in allen europäischen Ländern, besteht im Wähler-Drang zur rechten Autokratie, der Ablehnung von Demokratie, des Wunsches nach einem starken Führer; einem Mann natürlich; einem Christlichen, Weißen, Heterosexuellen und Reichen! 

[….] Traurig das Land, das starke Männer nötig hat [….]

Als Donald Trump 2015 im Wettbewerb um das Weiße Haus auftauchte, prahlte er oft mit seinen Macher-Qualitäten. Jenseits von Celebrity-Gehabe, rüdem Ton und Hetze gegen Ausländer unterschied er sich von seinen Rivalen, indem er Ergebnisse versprach. „Was ich leite, läuft rund“, behauptete er. Demnach war alles machbar, wenn Trump es machte. [….] Auch anderswo im Westen wächst die Sehnsucht nach Machern, die einen radikalen Neuanfang erzwingen. Vor der Bundestagswahl berichtete das Rheingold-Institut, die Deutschen wünschten sich als Kanzler einen bodenständig zugewandten, durchsetzungsstarken Krisenmanager, der den Reformstau auflöse. Ganz wie Trump solle der neue Kanzler ein (womöglich sogar etwas radikalerer) Macher sein, der die Welt übersichtlicher erscheinen ließe. [….] Seit Längerem fühlen sich viele Deutsche geplagt von Abstiegsängsten, [….] Inzwischen ähnelt die Stimmung in Deutschland jener in den USA vor einem Jahrzehnt: Aus Ernüchterung wächst das Bedürfnis nach einer starken Persönlichkeit, die einen Ausweg zeigt. [….]

(Nicolas Richter, 26.12.2025)

Am gefährlichsten sind der Gewöhnungseffekt und unsere Passivität gegenüber des Rechtsdralls.

Wir lassen achselzuckend den Weg ins Vierte Reich geschehen, akzeptieren die Nazis als stärkste Partei in Deutschland. 

Dabei müsste es eigentlich Generalstreik geben, so wie sich CDU und CSU an die Nazis heranwanzen, ihnen immer wieder die Hand reichen, auch Kommunal-, Landes-, Bundes- und EU-Ebene mit ihnen zusammenarbeiten.

[….]  Die Brandmauer fällt, und niemand schaut hin [….] Rechte Mehrheiten sind zur Normalität geworden im Europaparlament. Die Sozialdemokraten klagen lautstark über EVP-Chef Manfred Weber – aber außerhalb Brüssels interessiert sich niemand dafür. [….] „Die Verwundungen sind tief“, sagt René Repasi, der mächtigste deutsche Sozialdemokrat im Parlament. [….] Sozialisten und Sozialdemokraten – sie tragen den Fraktionsnamen S&D – fühlen sich betrogen von der Europäischen Volkspartei (EVP), der Familie der Christdemokraten und Konservativen. Seit den Europawahlen 2024 steckt die vom CSU-Politiker Manfred Weber geführte EVP immer wieder mit rechts außen unter einer Decke. Der Flirt fand seinen Höhepunkt am Dienstag, 16. Dezember. Erstmals setzte die EVP in einer Schlussabstimmung ein großes Gesetz mit einer Mehrheit von Rechten und Rechtsextremen durch. [….]

(Josef Kelnberger, 26.12.2025)

Dieses Appeasen, das GESCHEHENLASSEN, Schönreden, Arrangieren, Hinnehmen, das sehenden Auges in die Katastrophe reiten, zeigt uns heute exemplarisch die „taz“ mit ihrem Julie-Zeh-Interview.

Zehs Aussagen bilden die Apotheose des erneuten deutschen Katastrophe. Aber offenkundig bemerkt sie es nicht einmal.

[….] taz: Bei der Bundestagswahl im Februar haben 54 Prozent der Leute im Dorf AfD gewählt.

Zeh: Ja, da sind wir Spitzenreiter der negativen Art.

taz: War das ein Schock für Sie?

Zeh: Das hielt sich in Grenzen. Es ist ja keine neue Entwicklung, die Zustimmung für die AfD wird Jahr für Jahr mehr. [….]

taz: Ist es krass zu wissen, dass so viele Ihrer Nachbarn für die AfD stimmen?

Zeh: Was genau ist daran krass?

taz: Dass Sie umgeben sind von Leuten, die eine mindestens in Teilen verfassungsfeindliche Partei gut finden.

Zeh: Die Menschen hier finden vor allem die anderen Parteien schlecht. Ich glaube, wir haben momentan niemanden im Dorf, der mit seinen Meinungen außerhalb der Verfassung stünde. [….]  Gewiss sagen manche Nachbarn Sachen wie: „Den Ausländern wird alles in den Arsch geschoben, und wir machen drei Jobs und können die Raten für das Einfamilienhaus nicht bezahlen.“ Solche Aussagen gibt es. Aber es ist immer noch ein Riesenunterschied, ob man politisch so redet oder ob man eine Person ablehnt, die einem gegenübersteht. [….]

taz: Fühlen Sie sich hier Zuhause?

Zeh: Ja klar, wir sind ja bald seit 20 Jahren hier. Und wir haben uns wirklich schnell sehr wohl gefühlt. Ich war enorm froh, Menschen kennenzulernen, mit denen ich sonst niemals Kontakt gehabt hätte. [….]

taz: Warum wählen denn so viele im Dorf AfD?

Zeh: Die Leute sind einfach extrem unzufrieden. Sie haben nicht das geringste Vertrauen in die herkömmlichen Parteien, weil es an allen Ecken und Enden an der simplen Grundversorgung fehlt: Bildung, Mobilität, Gesundheit, Pflege, bezahlbarer Wohnraum. Mir hat eine Frau erzählt, dass ihrer Tochter ein Schulplatz zugewiesen wurde, den sie kaum erreichen konnte. Es gibt ja nicht wirklich öffentlichen Nahverkehr bei uns. Das Mädchen musste x-mal umsteigen. Die Mutter wollte nicht, dass ihr Kind alleine bei Kälte und Dunkelheit am Bahnhof steht. Also hat sie es immer gefahren. Deswegen kam die Mutter jeden Tag zu spät zur Arbeit. Nach zwei Wochen wurde ihr gekündigt. Ein halbes Jahr später haben sie doch noch einen Schulplatz etwas näher zum Wohnort bekommen, Gott sei Dank. Aber der Job der Mutter war weg. Dass Menschen, die so etwas erleben, AfD wählen, wundert mich nicht. [….] Die AfD ist anschlussfähig mit dem, was sie so rumplärrt, mit ihrer Elitenfeindlichkeit und Verachtung für Politiker. Ich würde sagen, dass die Elitenverachtung von fast allen hier geteilt wird, selbst von Menschen, die nicht AfD wählen. [….] Die Leute, die AfD wählen, die wollen ja zum Teil sogar mehr Demokratie. Die wollen mehr Plebiszite, mehr Einfluss des Volkes. Die sind der Meinung, dass ein großer Teil der Bevölkerung ihre Auffassung teilt, zum Beispiel bei der Kritik an Zuwanderung, und dass die sogenannten Eliten in Wahrheit undemokratische Institutionen sind. [….]

taz: Wenn eine Partei gesichert rechtsextremistisch ist, dann muss die Demokratie sich schützen.

Zeh: Das kann man so sagen, und alle Nicht-AfD-Wähler werden zustimmen. Aber was soll das denn konkret heißen? Der Versuch, mit der Brandmauer die AfD kleinzuhalten, hat in den letzten zehn Jahren nichts gebracht. [….]

taz: Bekommen Sie viele Shitstorms?

Zeh: Schon manchmal. [….]

(taz, 27.12.2025)

Immerhin einen kleinen Trost gibt es; auf Bluesky erhält Zeh genau den Shitstorm, der ihr für ihre hanebüchenen Dummheiten gebührt.

[….] Juli Zeh erklärt wieder, dass ihre Nachbarn keine Rechtsextremen sind. Und dass ist halt mal wieder vollkommen vorbei am Thema. Es ist nämlich total egal, ob die rechtsextrem sind oder nicht oder ob sie eigentlich die Demokratie gut finden, wenn sie mehrheitlich (51,x%) eine Partei wählen, die unsere Demokratie abschaffen möchte. Und es ist auch total egal, ob Juli Zeh glaubt, dass ihre Nachbarn mit Migrant*innen auskommen würden. Die politische Gewalt steigt seit Jahren und zwar überproportional stark auf rechtsextremer Seite. Es kann schon sein, dass ihre Nachbarn ,ihren Lieblingsdönermann’ verschonen, aber wichtiges Element autoritärer Herrschaft ist Willkür. Es gibt noch wahnsinnig viel mehr, was hier belegt, dass Zeh sich bestens in die brandenburgische Landschaft integriert hat. Z.B. hat sie inzwischen den Ostmythos übernommen, dass die DDR die Menschen insofern geprägt hätte, dass sie sensibler gegenüber staatlicher Autorität sind und verlangt genauso paradox, dass der Staat sich bitte mehr kümmern sollte. Juli Zeh kann natürlich sagen, was sie will, aber es ist gerade in Bezug auf den Osten oft von erstaunlicher Affirmation und Schlichtheit geprägt. Z.B. wenn sie behauptet, die Brandmauer hätte der AfD geholfen. Dann argumentiert sie (da ist sie nicht die einzige) entlang des Mythos, es gäbe eine Praxis der Brandmauer und nicht etwa nur eine Brandmauer-Debatte.

Ja, die Debatte bei gleichzeitiger stetiger Annäherung der bürgerlichen Mitte hat der AfD geholfen. Aber das ist eben nicht das Gleiche, wie eine tatsächliche Abgrenzung, ein tatsächliches Ablehnen rechtsextremer Erklärungsmuster und Politik. Aber wer eine Anleitung zum Opportunismus braucht - bitte. Hier erklärt eine wohlhabende, weiße, akademische Heterofrau, wie man sich in seinen Privilegien einrichten kann, weil man weiß, dass man sich auf diese verlassen kann. Sie sagt, sie würde das Land verlassen, wenn sie an Leib und Leben bedroht wäre und weiß doch, dass sie es nie sein wird, weil sie bereit ist, die Realität zu verweigern. […..]

(Anne Rabe, 27.12.2025)

[….] „Wenn man es so weit kommen lässt, dass das Land wirklich gespalten ist, wie in den USA, dann kriegt man halt irgendwann gar nichts mehr auf die Kette." In den Nebenbemerkungen über die Welt hinter der Dorfgrenze kommt die ganze Dummheit der Analyse heraus. […]

Patrick Bahners, FAZ

[….] Immer wenn ich sie lese, freue ich mich: Zum Glück mochte ich noch nie etwas von ihr. Dieses Interview wirft nur eine Frage auf: Warum gilt diese Frau als Erklärerin mit dem Hintergrund des Wissens von einem Dorf (und nicht einmal das ist glaubhaft, wie dieses Interview zeigt). [….]

Ilko-Sascha Kowalczuk

[….]  Ein Mal pro Woche verlässt Juli Zeh ihre netten AfD-Nachbarn in Brandenburg und fährt nach Berlin, um die Nacht durchzutanzen. Manchmal bin ich einfach nur froh, in Hamburg zu wohnen. […..]

Stephan Maus