Dienstag, 2. Oktober 2012

Vor- und Nachbilder.


Die Politmoral Amerikas ist genauso verkommen, wie Infrastruktur, Kriegsführung, Essgewohnheiten und Talkradio.

A nation in decline. 
Alles geht bergab und alles schwappt anschließend rüber nach Europa.

Ganz so manichäisch ist es aber doch nicht. 
Es gibt die positiven Eigenschaften Amerikas und in einiger Hinsicht sollten wir von Amerika lernen.

Viele können es schon singen; aber damit meine ich zum Beispiel die hervorragend produzierten Dramaserien, die auf hohem Sprachniveau und perfekter Ausstattung basieren (Breaking Bad, Six Feet Under, Sopranos, u.v.a.m.)

Eine amerikanische Entwicklung, die wir dringend übernehmen sollten, sind die erst seit ein paar Jahren existierenden „Fact-Checkers.“
Büros, die sich möglichst unabhängig finanzieren und die Aussagen der Polit-Größen auf Wahrheitsgehalt untersuchen. 



Im April hielt Mitt Romney, der amerikanische Präsidentschaftskandidat der Republikaner, eine Rede bei der Jahrestagung der American Association of News Editors in Washington. Vor 1500 Journalisten attackierte Romney den amtierenden Präsidenten: Barack Obama habe sein Versprechen gebrochen, die Arbeitslosenquote unter acht Prozent zu bringen, entschuldige sich im Ausland ständig für Amerika und habe mehr Schulden angehäuft als alle anderen 43 US-Präsidenten zusammen.
Die Anschuldigungen gehören zum konservativen Standardrepertoire im Wahlkampf. Dennoch verblüffte Romneys Auftritt: Obwohl seine Aussagen von Fakten-Prüfern als 'unberechtigt', 'dreiste Lüge' und 'übertrieben' eingestuft worden waren, wiederholte sie der 65-Jährige bei seinem Auftritt vor den Redakteuren. In der anschließenden Fragerunde seien Romneys Lügen nicht thematisiert worden, kritisierte das liberale Magazin Mother Jones. Solche Vorwürfe sind nicht neu: Demnach lassen sich US-Medien zu sehr vom Nachrichtenzyklus treiben, geben nur die Politikeraussagen wieder und stellen Falschaussagen nicht als solche dar.


Es ließe sich darüber diskutieren wie wirksam es ist die Wahlkämpfer der Lügen zu überführen.
 Es hindert sie offensichtlich nicht daran weiterhin zu lügen - BISHER.
Schon in der morgen stattfindenden ersten „presidential debate“ könnte es eine Rolle spielen, daß der GOPer stets noch sehr viel mehr lügt als Obama.
Dass [Ryan] dem Präsidenten die Schließung einer General-Motors-Niederlassung vorhielt, die schon zumachte, als Obama noch gar nicht Präsident war, fiel da kaum noch ins Gewicht. Ebenso wenig, dass entgegen seiner Beteuerungen Ryans eigener Haushaltsplan nach Ansicht von Experten keineswegs Amerikas Schulden reduzieren würde, weil dieser neben massiven Sozialkürzungen auch radikale Steuersenkungen vorsieht.
 Das Lügen hat Methode, auf beiden Seiten.  […] Doch die Republikaner wirken weit skrupelloser. Jede zehnte Aussage von Romney und Co. sei komplett falsch, hat das Online-Portal PolitiFact vorgerechnet. Bei Obama lasse sich das nur über eine von 50 sagen.

Bisher wandte sich der Moron-Mormone mit den Millionen hauptsächlich an die eigenen Anhänger. Das sind in erster Linie ideologisch so Verwirrte, daß sie ohnehin nicht von der Wahrheit zu überzeugen wären.
Nun aber, in den letzten fünf Wochen muß es auch um die gemäßigten Wähler gehen, die es womöglich eben doch als leicht störend empfinden könnten, daß Romney lügt wie gedruckt.

 [PolitiFact.com-Betreiber Bill] Adairs Instrument ist das Truth-O-Meter, mit dem er die Politiker-Aussagen bewertet. Die Kategorien reichen von 'wahr', 'überwiegend wahr' über 'teilweise wahr', 'überwiegend falsch' bis hin zu 'falsch'. Bei extrem dreisten Lügen geht die Skala in Flammen auf. Sechs Mal hat der amtierende Präsident das Label 'Pants on Fire' (brennende Hosen) bisher kassiert, sein Herausforderer sogar neun Mal. Laut PolitiFact sind 42 Prozent von Romneys Statements falsch, Obamas Quote beträgt 28 Prozent.
Entstanden, sagt Adair […] sei das  […] Projekt aus - Schuldbewusstsein: 'Ich habe 2004 für die Tampa Bay Times über das Duell Bush gegen Kerry berichtet und oft das Gefühl gehabt, deren Aussagen zu selten geprüft zu haben'. […]
Wenn Kandidaten lügen und Medien die Lügen verbreiten, leidet nicht nur das Ansehen der Politiker, sondern auch das der Medien. Fact-Checking muss auch als Versuch verstanden werden, das Vertrauen der Leser wiederzugewinnen.
[Glenn] Kessler [Washington Post] sagt, die Verleger hätten den Fehler nicht vergessen, den sie vor dem Irak-Krieg begangen hatten, als sie die von der Bush-Regierung präsentierten Beweise über angebliche Massenvernichtungswaffen zu selten hinterfragten. [….] Kessler [ist]  weder frustriert noch empört: 'Wenn ein Kandidat aus Umfragen oder Interviews mit Wählergruppen weiß, dass ein Slogan gut wirkt, dann wird er ihn den Bürgern einhämmern.' So ist wohl auch der Romney-Berater Neil Newhouse zu verstehen, der im August verkündete, man werde sich 'die Kampagne nicht von Fact-Checkern kaputt machen' lassen.
Meinungsforscher wissen, dass viele Leute einfach ihre Vorurteile erfüllt sehen wollen. Obama gilt den Konservativen als Sozialist, weshalb ein Clip in Dauerschleife läuft, der ihm vorwirft, die Regeln für die Vergabe von Sozialhilfe gelockert zu haben - obwohl man dafür schon ein 'Pants on fire' kassiert hat.

In Deutschland herrscht dringenden Nachholbedarf. 

Wir haben genügend Politiker, die wie von der Leyen, Guttenberg, Friedrich, Wulff, Merkel und Westerwelle geradezu auf Kriegsfuß mit der Wahrheit stehen und ungeniert in den Talkshows vor sich hin lügen.
Jauch, Will und Beckmann sitzen allerdings immer nur desinteressiert daneben und lesen ihre vorgefertigten Fragen ab, statt ihre Gäste mal auf offensichtliche Lügen festzunageln.

Einige (wenige) Politmagazine sind da weniger nachsichtig. Panorama und Monitor sind Fakten-orientiert, recherchieren und lassen die Politgrößen in Interviews nicht mit Geschwafel davon kommen.
Als Konsequenz bekommen die Politmagazine fast nur noch Absagen bei Interviewanfragen.
 Keiner will sich so einer Situation stellen. 
Warum sollten sie auch riskieren gegrillt zu werden, wenn sie in den locker-flauschig-seichten Abend-Talks vor sich hinplappern können, ohne daß ein Moderator interveniert?

Schuldlos an dieser katastrophalen Entwicklung sind natürlich auch die TV-Zuschauer nicht.

Sie sollten über die Quoten erzwingen nicht mehr länger verarscht zu werden.

Das ginge ganz leicht.
Einschaltquote NULL bei Jauch, Will und Co. Und dafür sollten bei ZAPP und den anderen guten Magazinen die Geräte immer angestellt werden.

Natürlich tut das der Urnenpöbel nicht, weil er dazu zu verblödet ist.

Umso dringender ist es notwendig in Deutschland „factchecking“ einzuführen, damit wenigstens die paar Interessierten z.B. nach Bundestagsreden nachsehen können.

Vielleicht würden dann die enormen Merkel-Zustimmungsraten doch mal langsam sinken, wenn sie pro Rede ein Dutzend Pinocchios verpasst bekommt.