Jaja,
Presse, jetzt ist Zickzack-Sigi wieder der Super-Gabriel.
Was für
ein „Coup“ war das, den er mit der Steinmeier-Kür durchgezogen hat?
Nun
stehen dem Vizekanzler alle Türen offen; er bringt Martin Schulz unter Kontrolle,
indem er ihn als Außenminister unter die Kabinettsdisziplin zwingt, taktiert
Merkel aus und steht damit schon fast vor der eigenen Kanzlerschaft.
[….]
Der SPD-Vorsitzende preist Frank-Walter
Steinmeier. Er sei der richtige Mann für Frieden und sozialen Zusammenhalt.
Gabriel bedankt sich bei Joachim Gauck für dessen Arbeit. Dann würdigt der
Vizekanzler die Verständigung in der großen Koalition. Das Lob ist an CDU und
CSU gerichtet, die diese Personalie nun mittragen. Denn das ist ja schon eine
große Überraschung, ach was, eine Sensation ist das. Wie er es geschafft habe,
Angela Merkel und Horst Seehofer zu überzeugen, wird Gabriel gefragt. "Ich
habe gar nichts geschafft, Frank-Walter Steinmeier hat mit seiner
Persönlichkeit überzeugt." Er könnte wohl vor Stolz platzen, dieser Sigmar
Gabriel, der es allen gezeigt hat, den Miesmachern und Zweiflern, den
Skeptikern und Kritikern.
Aber wie schön: Er
platzt nicht.
Angela Merkel sagt
lange nichts in der Öffentlichkeit. Sie muss sich erst dem CDU-Präsidium
erklären, dann dem Parteivorstand. Davor und danach: Termine. Zum Beispiel ein
Besuch bei der Jugendfeuerwehr im Wedding. [….]
Man
könnte es auch etwas niedriger hängen.
Sigmar
Gabriel hatte sehr großes Glück. Im Grunde war er mit der Steinmeier-Personalie
ungestüm Arm in Arm mit Springers BILD vorgetölpelt.
Das
hätte eigentlich scheitern müssen, aber CDU, CSU und Grüne erwiesen sich
diesmal als noch tölpelhafter, so daß Gabriel am Ende wie der Einäugige unter
den Blinden dasteht.
Zwei
Wochen zuvor hatte sich der Vizekanzler in derselben Angelegenheit noch mit seiner Käßmann-Nummer bis auf die Knochen blamiert.
Ja,
parteitaktisch ist es ganz hübsch den Koalitionspartner, der in der
Bundesversammlung 150 Sitze mehr hat so auszuschalten.
Deswegen
ist Steinmeier aber noch lange kein idealer Kandidat.
[….]
SPD-Chef Gabriel wird für seinen
Steinmeier-Coup gefeiert. [….] Selbst
Gabriels Kritiker sind beeindruckt, wie der SPD-Chef den Steinmeier-Coup
geschaukelt hat - und umso mehr davon, wie er anschließend Maß gehalten hat.
Gabriel ist oft ein
Politiker des Übermaßes gewesen, vielleicht, weil er besondere Talente hat: Auffassungsgabe,
politische Fantasie, Redekunst, Schlagfertigkeit. Aber in der deutschen Politik
kann wohl auch keiner so gut andere vor den Kopf stoßen wie Gabriel. [….]
Hätte
ich die Auswahl zwischen Gauck, Käßmann und Steinmeier würde ich
selbstverständlich auch Steinmeier als Bundespräsident vorziehen, weil er von
den drei Genannten mit Abstand der Intelligenteste ist und zudem
vergleichsweise uneitel ist.
Aber
besser zu sein als Käßmann und Gauck ist eine extrem niedrige Hürde.
Außer
Pietro Lombardi und Sarah Knappig dürfte jeder Deutsche besser qualifiziert
sein.
Hätte
Gabriel nicht wenigstens Barbara Hendricks nominieren können?
Die ist
wenigstens eine Frau und lesbisch und hätte somit einen Hauch Aufbruch
verströmt.
Aber
stattdessen walzte Gabriel die Umweltministerin platt;
machte in einem Handstreich den Klimaschutz zunichte.
Gabriel tritt den
Klimaschutz in die Tonne
Der SPD-Chef kuscht
vor Lobbygruppen und stoppt den Klimaschutzplan. Das Signal: Wenn es hart auf
hart kommt, zählt die Wirtschaft mehr als Kohlendioxid.
Am Verstand kann es
nicht liegen bei Sigmar Gabriel. Kaum ein deutscher Spitzenpolitiker hat den
Zusammenhang von Klimaschutz und Energiepolitik so verinnerlicht wie er. Das
hängt auch mit seinen Lehrjahren als Umweltminister zusammen, sieben Jahre sind
sie erst her. [….] Gabriel stoppte in letzter Minute den
Klimaschutzplan der Bundesregierung, aus Rücksicht auf Gewerkschaften und
Industrie. In den Schlussverhandlungen zum Klimaplan hatten sie alles an
Einfluss geltend gemacht - und bei Gabriel offene Ohren gefunden. Deren Belange
waren ihm offensichtlich wichtiger als die seiner Parteifreundin Barbara
Hendricks, der Umweltministerin. [….]Nach
seiner eigenen Analyse kann die SPD unter ökologisch interessierten Wählern
nicht annähernd das gewinnen, was sie mit grüner Politik in der klassischen
Arbeiterschaft verliert. Das erklärt, warum Gabriel mittlerweile für alles den
Segen der Gewerkschaften sucht: Bei der Ministererlaubnis für Kaiser's
Tengelmann ebenso wie in der Energie- und Industriepolitik. Auch
Industrielobbyisten loben Gabriel über den grünen Klee. Kein Wunder, bei so traumhaftem
Einfluss.
[….] Inzwischen ist er zum Verwalter verkommen,
der die Besitzstände etablierter Industrien und Gewerkschaften sichert. Das
nächtliche Veto gegen den Klimaschutzplan ist die Krönung einer gut
anderthalbjährigen Metamorphose.
Liebe
Gabriel-Bejubler bei SPON und SZ; einen Bundespräsidenten zu nominieren ist
nicht unwichtig, aber das wesentlich bedeutendere Thema ist es den Klimawandel
zu verlangsamen, bevor der Planet für Milliarden Lebewesen unbewohnbar wird.
Ich
finde es auch lobenswert, daß Gabriel nett zu Steinmeier war.
Die
erheblich dramatischere Meldung ist aber Gabriels vollständige Demontage Barbara Hendricks.