Die
britische Regierungschefin May urlaubt in der Schweiz. In London hält Boris
Johnson die Stellung. Der Irre ist als ranghöchster Minister in charge.
May und
ihre Leute lassen es ruhig angehen.
War da
nicht was?
Ach ja,
der Brexit. Das ist jetzt neun Wochen her und keiner der europafeindlichen Konservativen
in der englischen Regierung hat die geringste Ahnung wie man den Austritt aus
der EU bewerkstelligen soll.
Teresa
May denkt gar nicht daran den Austrittsprozess nach Artikel 50 zu beginnen und
läßt damit die EU-Größen Schulz und Juncker, die dies gefordert hatten mal wieder
am ausgetreckten Arm verhungern.
Sicher
ist nur eins: Die britische Wirtschaft trudelt bergab. Es wird nicht mehr
investiert, die Immobilienpreise sinken, das Pfund verliert an Wert und
insbesondere bei Londons Bankern geht die Angst um, weil eine Menge
internationaler Geldinstitute das Land verlassen müssen, wenn England nicht
mehr als Zugang zum EU-Finanzmarkt fungieren kann.
Mays
Regierung ist auf Merkel-Kurs: Zaudern, zögern, Zeit lassen.
Das
gefällt der rechtsradikalen Pest und der verlogenen Murdoch-Presse gar nicht.
Sie machen umso stärker Stimmung gegen Ausländer.
Das englische
Revolverblatt Daily Express nennt sich auf seiner Titelseite recht unbescheiden
"Die beste Zeitung der Welt". Als solche sieht es seine vornehmliche
Aufgabe darin, den unverzüglichen Austritt aus der EU zu fordern und Stimmung
gegen in Großbritannien lebende EU-Bürger zu machen. Ende der vergangenen Woche
verkündete der Express in großen Lettern, dass 2,2 Millionen Menschen im
Vereinigten Königreich arbeiteten, die vom europäischen Kontinent stammen.
Diese Zahl sei "schockierend", befand das Blatt, und wies darauf hin,
dass fast eine Million dieser Arbeiter aus "acht vormals kommunistischen
Staaten" stamme.
Was das Blatt macht,
ist offensichtlich: Es insinuiert, dass es schlecht ist, dass diese Menschen in
Großbritannien leben, obwohl sie dort Steuern zahlen. Die Folge dieser Art von
Berichterstattung ist unter anderem, dass fremdenfeindliche Übergriffe auf der
Insel seit dem Votum gegen die EU-Mitgliedschaft laut Polizeiangaben um 57
Prozent zugenommen haben.
[…..]
Die
Rechten fühlen sich stark. Endlich kann man die Ausländer alle rausschmeißen.
Weg mit denen.
Vergessen
wird dabei aber, daß auch mindestens 1,2 Millionen Briten in anderen EU-Ländern
leben. Trumpsche Ausweisungsdelikte aus Großbritannien könnten die anderen
EU-Länder also mit gleicher Münze heimzahlen.
Man muß
also irgendwie einen Modus Vivendi finden und dabei sitzt die EU am längeren
Hebel. Die EU kann zwar schlecht ohne GB, aber GB kann noch viel schlechter
ohne die EU.
Nigel Farage,
Freund der Rechtsradikalen in aller Welt, hatte sich direkt nach dem
Austrittsreferendum vom 23.06.2016 abgesetzt. Die Suppe, die er einbrockte, mag
er nicht auslöffeln.
Was Farage jetzt macht?
Was Farage jetzt macht?
Brüssel-hassende
Torys hatten den Eindruck erweckt man könne ja einfach so am EU-Wirtschaftsraum
teilnehmen, ohne EU-Mitglied zu sein. Die Segnungen Europas genießen, aber die
Pflichten ablehnen. Vorbild Norwegen.
Dieser
Plan wird aber nicht klappen, da mit Norwegen auch Niederlassungsfreiheit
vereinbart wurde.
Norwegen
muß zudem alle Zahlungen an Brüssel leisten, die es als EU-Mitglied auch
beitragen müßte.
England
könnte nach diesem Modell also bestenfalls erreichen genauso viel wie vorher an
Brüssel zu zahlen, genauso viele EU-Ausländer aufnehmen zu müssen wie bisher,
dafür aber alle Mitspracherechte verlieren.
Aber das
ist Bestcase-Szenario.
Erforderlich
ist dazu nicht nur das OK der EU, sondern auch ein einstimmiges Votum der
anderen Efta- und EWR-Länder. Die denken aber gar nicht dran.
Würde
nämlich England Teil des EWR, wären Norwegen, Island und Liechtenstein aufgrund
des Einstimmigkeitsprinzips zukünftig immer auf Englands „Ja“ angewiesen und
wie egoistisch die Londoner Regierung gegenüber den anderen Europäern denkt,
wurde am 23.06.16 eindrucksvoll bewiesen. Wieso sollten sich die vier Kleinen
das böse England ins Boot holen?
[….]
Norwegen ist Mitglied in der Europäischen
Freihandelsassoziation (Efta), ebenso wie Island, Liechtenstein und die
Schweiz. Aus der 1960 gegründeten Organisation waren im Lauf der Zeit sechs
Mitglieder zur Europäischen Gemeinschaft gewechselt, Großbritannien 1973. Die
verbliebenen Efta-Staaten wurden in den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR)
integriert, mit Ausnahme der Schweiz, die ihr Verhältnis zur EU in bilateralen
Verträgen regelt. Norwegen zahlt Beiträge an die Union und setzt die meisten
Brüsseler Entscheidungen in nationales Recht um: Auf norwegischen
Zigarettenpackungen stehen die von Brüssel vorgegeben Warnungen, und das Land
steht EU-Bürgern genauso offen wie jeder Mitgliedstaat. Nur mitentscheiden darf
Norwegen nicht.
Der Gedanke,
Großbritannien könnte in die Efta zurückkehren, stößt in Oslo auf gemischte
Gefühle. "Es ist nicht sicher, dass es gut wäre, ein großes Land in eine
solche Organisation zu lassen", sagte EU-Ministerin Elisabeth Vik Aspaker
der norwegischen Tageszeitung Aftenposten. "Es würde die Balance
verschieben, was nicht unbedingt in Norwegens Interesse ist." Über neue
Mitglieder entscheidet die Efta einstimmig. Norwegen wäre es theoretisch
möglich, einen Beitritt zu blockieren.
[….]
In der
Woche nach dem „Brexit-Votum“ lachte der Rest Europas über verblödete britische
Wähler, die ein zweites Referendum verlangten, weil sie beim ersten mal gar
nicht gewußt hätten worüber sie abstimmten.
Noch verdummter waren die britischen Jugendlichen, die wegen ihrer Vakuumköpfigkeit verschliefen
überhaupt abzustimmen.
Wähler
sind eben fast überall Idioten.
Erstaunlich
ist aber im Fall Großbritanniens, daß auch die Toppolitiker, die für den Brexit
warben, die auch jetzt dafür zuständig sind, nicht nur keine Idee haben wie das
Vorhaben umgesetzt werden soll, sondern immer noch fehlinformiert sind.
Die Briten haben nicht
einmal den Ansatz eines Planes für den Brexit
[….]
Tatsächlich aber weiß niemand, was der
Brexit bedeutet, und es wird immer deutlicher, dass die EU-Gegner nicht einmal
den Ansatz eines Plans hatten, was im Falle eines Votums für den Austritt zu
tun wäre. Der äußerst EU-kritische Brexit-Minister David Davis glaubte allen
Ernstes eine Weile, man könne nach dem Austritt mit den meisten Staaten auf dem
Kontinent bilaterale Handelsabkommen schließen. Er übersah, dass die meisten
dieser Staaten solche Abkommen gemeinsam unterschreiben, als Block, weil sie in
einer Organisation namens EU zusammengeschlossen sind. Hätte man Davis das in
Ruhe erklärt, wer weiß: Vielleicht hätte er sich erkundigt, ob man diesem Block
nicht beitreten könnte.
Die
Austrittsverhandlungen beginnen erst, wenn die Briten Brüssel gemäß Artikel 50
des EU-Vertrags darüber informieren, dass sie die Union verlassen wollen. Da
jedoch das Ausmaß der Planlosigkeit immer deutlicher wird, hat Theresa May kein
Interesse daran, das allzu bald zu tun. Zum einen fehlt es an Verhandlern, zum
anderen ist nicht klar, worüber im Detail verhandelt werden soll.
[….]
Das Thema ist, gelinde gesagt, komplex,
und viele EU-Gegner reagieren darauf mit Trotz. Teile der EU-kritischen Presse
fordern, man solle einfach jetzt und sofort und ohne Verhandlungen austreten.
Das könne ja wohl nicht so schwierig sein. Das ist in der Verkennung der
Realität beinahe rührend dämlich, und es könnte auch ziemlich witzig sein, wenn
es nicht diese Blätter gewesen wären, die in jahrelanger Hetze gegen die EU mit
Lügen und Propaganda den Nährboden für den Austritt bereitet hätten.
Dass das Pfund
gefallen ist, dass die Zentralbank aus Angst vor einer Rezession den Leitzins
auf ein historisches Tief herabstufte und die Wachstumsprognose deutlich senkte,
dass am Finanzplatz London die Stimmung beispiellos mies ist, ficht die
EU-Gegner nicht an. [….]
Aufgrund
der eigenen Totalinkompetenz bleibt den regierenden Torys nur das ewige
Aussitzen.
Ausbaden
müssen das Politversagen unter anderem die EU-Bürger in England, die aus Frust
über den nichts durchgeführten Brexit zunehmende dem Hass des rechten Pöbels
ausgesetzt sind.
Die
schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon wird allerdings genauso wenig wie
die Kollegen in Nordirland abwarten, sondern ihre Unabhängigkeitsbestrebungen
weiter verfolgen.
Das
hässliche Gesicht Englands erlebt sie deutlicher denn je.
[….]
In Sturgeons Fragestunde meldete sich
schließlich die Italienerin Caroline Magoha. Sie erzählte unter Tränen, dass
sie seit dem Brexit-Votum auf halbgepackten Taschen sitze. Ihr Sohn sei in der
Schule als Schmarotzer beschimpft worden. Vielen im Saal wurde in diesem Moment
erst bewusst, was das Votum für den Brexit emotional für die im Land lebenden
EU-Bürger bedeutet. Sturgeon sagte, dies breche ihr das Herz. [….]