Sonntag, 6. März 2022

Multikrisenwelt.

Streng religiöse Menschen nehmen sich heraus, Ungläubige schlecht zu behandeln, weil ihnen suggeriert wird, sie wären etwas Besseres.  Sich den strengen Regeln eines religiösen Ritus zu unterwerfen, hat aber auch einen psychologischen Effekt. Man glaubt, schon so viel geopfert zu haben, daß man, gewissermaßen als Belohnung, anderen gegenüber auch mal ekelig sein darf.

Das Gehirn konstruiert dabei einen nicht existierenden Zusammenhang. So trickst Mensch sich selbst immer wieder aus.

Wenn ich den ganzen Samstag mit Hausarbeit verbringe, nachmittags noch drei Stunden gebügelt habe, denke ich, nun habe ich aber wirklich genug getan für heute und muss nicht auch noch den Müll rausbringen.

Das ist natürlich Unsinn, weil der stinkende Müll raus muss, völlig unabhängig davon, ob die Hemden gebügelt oder krumpelig sind.

Etwas Ähnliches löst der Krieg in der Ukraine aus. Die Bilder sind so schrecklich, die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit so enorm, daß alles andere verblasst. Weltweit poppen Tragik-komische Memes auf; so habe man sich das Ende der Corona-Dominanz in den Medien nicht vorgestellt.

Letzte Woche erlebte ich in einem Pflegeheim, wie der Belegungschef höchstpersönlich verkündete, wie glücklich er sei, wenigstens Corona hinter sich zu haben. Die Zumutungen für die hochbetagten Bewohner wären auch keine Woche länger erträglich gewesen. Und nun der Krieg! Müsse denn immer was Neues kommen?

Eine mustergültige Selbsttäuschung. Weder sind Krieg, Raketenangriffe auf Städte, Massenflucht und millionenfaches Elend der Zivilbevölkerung neu, noch ist die Pandemie ausgestanden.

Täglich sterben 200 Menschen in Deutschland an Covid19, infizieren sich 200.000 Menschen mit Omikron. Die Inzidenz liegt stabil im vierstelligen Bereich, wird durch die von der FDP ultimativ verlangte Rücknahme der Pandemie-Maßnahmen wieder angefacht.

[….]  Die Karnevalsfeiern haben sich erkennbar auf das Infektionsgeschehen in Köln ausgewirkt. Eine Woche nach dem Ende des Karnevals verzeichnet die Stadt die höchste Coronainzidenz in ganz Nordrhein-Westfalen. Zudem hat das Landeszentrum (LGZ) am Sonntag einen Wert von 2.018,7 gemeldet. Zum Vergleich: Noch vor einer Woche lag der Wert bei 1.073,8. Während sich die Inzidenz in Köln nahezu verdoppelt hat, liegt sie in ganz Nordrhein-Westfalen auf etwa gleichem Niveau. [….]  Allein am Donnerstag waren laut LZG 6.648 neue laborbestätigte Fälle gemeldet – so viele wie an keinem anderen Tag zuvor. [….]

(SPON, 06.03.2022)

Ominöserweise ebben Impf- und Boosterzahlen kontinuierlich ab; der so lang ersehnte Tot-Impfstoff bleibt ein Ladenhüter.

[….] Geringe Nachfrage nach Alternativimpfstoff von Novavax

Das proteinbasierte Mittel war entwickelt worden, um diejenigen zu erreichen, die eine mRNA-Impfung ablehnen. Die FDP fordert ein Ende aller Maßnahmen. […]

(ZEIT, 06.03.2022)

Unglaublich, nachdem sich die Öffentlichkeit schon 2020 und 2021 fälschlich einbildete, nach dem Sommer wäre die Pandemie vorbei, verfällt sie nun das dritte mal diesem Trugschluss.

[….] In den Karnevalsregionen zeigt sich ein deutlicher Anstieg der Inzidenz: Die Inzidenz vor allem in der Gruppe der 20-29-Jährigen stieg laut Spiegel Online stark an. Sie liegt laut der nordrhein-westfälischen Landeszentrale für Gesundheit bei 4336,6, vor einer Woche hatte sie noch bei 1387,1 gelegen. Den Karnevalseffekt sieht auch Michael Hallek, Klinikdirektor an der Kölner Uniklinik: „Um das zu verstehen, muss man kein Wissenschaftler sein. Der Zusammenhang erscheint absolut eindeutig“, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger.  Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte dem Blatt, man könne an dieser Entwicklung sehen, wie schnell die Zahlen bei vielen Kontakten stiegen. Und er warnte: „Nach wie vor haben wir 200 Todesfälle am Tag. Und wir haben viele Patienten, die für immer bleibende Schäden behalten werden. Es ist leider noch nicht vorbei. Ich warne vor einem komplett unvorsichtigen Verhalten.“ Lauterbach hatte zuletzt auch vor einer „Sommerwelle“ des Coronavirus* gewarnt. [….]

(Merkur, 06.03.2022)

Wir haben jetzt eine neue Zeit, hauen mal eben 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr raus – mehr als eine halbe Million Euro pro Soldat.

SZ 01.03.2022

Aber die Notwendigkeit des einen, heißt eben nicht, daß andere Aufgaben weniger notwendig sind.

Wir müssen Deutschland digitalisieren, wir müssen Corona bekämpfen und das Mega-Problem Klimakatastrophe ist dringender denn je.