Jens
Spahns Eltern sind vermutlich glücklich.
Glücklich,
daß ihr Sohn berühmt ist. Minister ist. Finanziell ausgesorgt hat. Vermutlich
noch weiter Karriere machen wird. Und natürlich weil er schon öffentlich
verkündete keinesfalls seine Eltern pflegen zu wollen, wenn die nicht mehr allein zu
Recht kommen.
[…..]
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kann
sich nach eigenen Worten nicht vorstellen, seine Eltern selbst zu pflegen.
"Meine Eltern
würden es auch nicht erwarten, dass ich meinen Beruf aufgebe, um sie zu
pflegen", sagte der CDU-Politiker in der ARD-Sendung "Maischberger".
Der auch für Pflege zuständige Minister
ergänzte: "Ich würde so oft wie möglich versuchen, zuhause zu sein und
mitzuhelfen." [….]
(STERN,
19.04.2018)
Aber ein
bißchen mithelfen würde er.
Vermutlich
denkt sich Spahn nichts dabei, oder ist sogar stolz darauf, so offen und
ehrlich zu sein.
Aber
diese Aussagen zeigen auch seine Ahnungslosigkeit.
Eltern
erwarten in den wenigstens Fällen, daß ihre Kinder sie später mal windeln und
waschen, womöglich viele Jahre rund um die Uhr für sie da sind.
Das war „früher“,
sagen wir vor 100 Jahren, mal anders, weil es erstens große Familien gab, in
denen die Last der Pflege nicht auf einem einzelnen Paar Schultern lag und zweitens die Medizin gar keine besonders langen Pflegezeiten ermöglichte. Die Leute
starben natürlich viel früher.
Gelegentlich
hört man in Alten- und Pflegeheimen von sehr betagten Personen die Klage, „heutzutage“
wären so viele Leute schwer krank, müssten sich plagen. Aus ihrer Jugend
kennten sie das gar nicht. Sicher, da starben auch Verwandte, aber die waren
nie so lange und so grausam krank.
Das ist
nur ein Schein-Widerspruch. Die Leute waren nicht so krank, weil sie schon viel
früher gestorben sind. Bevor sich die vielen altersspezifischen Krankheiten
einstellten. Man wurde nicht multimorbid, weil vermutlich eine Krankheit
ausreichte, um einen frühzeitig zu erledigen.
Geht man
mal davon aus, daß Eltern im Jahr 2018 ihre Kinder lieben, möchten sie ihnen
natürlich nicht zumuten später einmal Jahre ihres Lebens für die Pflege von
Mami und Papi zu opfern.
Ich
behaupte, die wenigstens Bettlägerigen verlangen dies ausdrücklich von ihren
Kindern.
Gut für
Spahn.
In der
echten Realität gibt es allerdings sehr viel subtilere Methoden eben doch Druck
auf die Kinder auszuüben. Möglicherweise auch ganz unbewußt, indem
beispielsweise offensichtlich wird, daß Muttern unglücklicher, ungepflegter,
dünner wird.
Vielleicht
wird auch nur deutlich wie Alte in Gegenwart ihrer erwachsenen Kinder
aufblühen.
Außerdem
ist natürlich die Variante weit verbreitet, daß sehr alte Menschen dement/senil/alzheimerig
werden und damit eben nicht mehr Hilfe ablehnen können.
Eine
dritte Möglichkeit trat bei meinen Eltern ein, um nun doch mal aus dem
Nähkästchen zu plaudern: Mutter und Vater wurden fast gleichzeitig pflegebedürftig,
waren aber da schon Jahrzehnte geschieden; es gab also gleich zwei
weitere Singlehaushalte zu versorgen.
Ich
hatte vorher schon zweimal jemand bis zum Ende gepflegt und wußte genau was das
bedeutet.
Insbesondere deswegen, weil meine Mutter schon Jahre zuvor an mir beobachtet hatte wie enorm das schlaucht und welche gewaltige psychische Belastung das ist, wollte sie mir das keinesfalls erneut zumuten.
Insbesondere deswegen, weil meine Mutter schon Jahre zuvor an mir beobachtet hatte wie enorm das schlaucht und welche gewaltige psychische Belastung das ist, wollte sie mir das keinesfalls erneut zumuten.
Es fiel
ihr extrem schwer mich um irgendwas zu bitten, weil sie immer Rücksicht nehmen
wollte auf mein eigenes Leben.
Aber in
dem Fall war ich es, der entschied das dennoch zu wollen.
Es gibt
nämlich auch Kinder, die ihre Eltern mögen und es gar nicht aushalten würden,
sie unter mangelnden Bedingungen anderen zu überlassen.
Und
Achtung, jetzt kommt der Pathosalarm: Seine Eltern zu pflegen bis sie sterben
ist unfassbar anstrengend, aber eben auch gleichzeitig erfüllend.
Es ist
für den Pflegenden anschließend beruhigend zu wissen, daß man sich keine
Vorwürfe machen muss, daß man alles getan hat, daß alles ausgesprochen wurde.
Ich wäre
am schlechten Gewissen eingegangen, wenn ich meine Eltern in ein mieses
Pflegeheim abgeschoben hätte.
Aber das
soll kein Vorwurf an andere sein. Die Kind-Eltern-Beziehung kann auch völlig
anders gelagert sein. Kinder, die selbst Kinder haben und möglicherweise viel
unflexibler als ich sind, können sich nicht zerreißen.
Schließlich
gibt es auch Viele, die eben nicht zu Gewissensbissen neigen und sich viel
weniger Sorgen um Angehörige machen.
Für
Spahn stellt sich das also einfach dar: Meine Eltern wollen nicht, daß ich sie
pflege und ich habe ja ohnehin einen wichtigen Beruf.
Thema
durch, also muß jemand anders ran.
Pflege
ist für ihn offensichtlich ein niederer Dienst, der bei Weitem nicht so bedeutend
ist, wie das was er als seinen „Beruf“ ansieht; also durch die Talkshows ziehen
und über Arme, Migranten, HartzIV-Empfänger und Muslime zu schimpfen.
Ich
bewerte die Wichtigkeit von Berufen ganz anders.
Spahns
Eltern könnten theoretisch eines Tages bei bester Gesundheit hochbetagt einfach
tot umfallen. Herzinfarkt, oder so. Also das Ende, das sich jeder wünscht.
Dann
hätten sie Glück gehabt.
Wahrscheinlicher
ist aber, daß es eine längere, sich ziehenden und qualvolle Angelegenheit wird.
Dann wird die Versorgung von Frau und Herrn Spahn Senior aufwändig und
erfordert viel Verantwortung.
Es ist
garantiert nicht so, wie Spahn sich das vorstellt: Irgendeine andere mindere
Hilfskraft erledigt das schön billig und er kommt ab und zu mal vorbei und
hilft ein bißchen. Wenn es in seinen Terminplan passt.
Auch das
versteht Spahn offensichtlich nicht. Pflege ist keine Frage von „so oft wie
möglich“, also Zeit, die man hier und da mal übrig hat.
Krankheit
und Tod passen nie in den Terminplan. Das ist gerade charakteristisch. Die
finden immer statt, wenn es einem gerade gar nicht passt.
Noch
nicht mal mein Beinbruch im Februar passte in irgendeiner Weise in meine
berufliche Planung.
Aber so
ist das mit Beinbrüchen und 12 Wochen an Krücken gehen: Es gibt niemals den
Zeitpunkt, an dem man denkt, och, jetzt ist gerade nichts los; da könnte ich
mir mal eine Krankheit für drei Monate nehmen.
Der
Spahn…
Pflege
ist physisch und psychisch sehr anspruchsvoll. Insbesondere wird es emotional
verheerend, wenn es um die eigenen engsten Freunde und Angehörigen geht.
Die
Situation ist nämlich großer Mist, weil man in der Regel irgendwann weiß, daß
es nicht mehr besser wird, sondern ab jetzt nur noch kontinuierlich bergab
gehen kann.
Wer sich
schon mal ernsthaft mit dem Thema befasst hat, versteht auch Frau Rosenbergs
Buchtitel, der ihre totale seelische Erschöpfung ausdrückt.
[….]
Mutter, wann stirbst du endlich? Wenn die
Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird
Martina Rosenberg
erzählt die authentische Geschichte einer ganz normalen Familie, für die das
Leben durch die Extrembelastung der Pflege der schwer kranken Eltern zum
Albtraum wurde. Es ist die Geschichte ihrer eigenen Familie. Die Mutter
erkrankt an Demenz, der Vater erleidet einen Schlaganfall, und Schritt für
Schritt muss die Tochter die Verantwortung und Organisation des elterlichen
Lebens übernehmen. Verzweifelt versucht sie, allen Anforderungen gerecht zu
werden – und scheitert, bis nach neun Jahren nur noch der Wunsch übrig bleibt:
Mutter, wann stirbst du endlich?
[…..]
Zwischen
Spahns Vorstellung, er komme dann gelegentlich mal zum Helfen vorbei und der
bitteren Realität, die womöglich neun Jahre lang 24/7 schwersten seelischen und
körperlichen Stress bedeuten, liegen Welten.
Sehr oft
geht es nicht anders als professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Das
könnte auch ein guter und geachteter Beruf sein.
Allerdings
will kaum noch jemand Altenpfleger oder Intensivpflegekraft auf einer Geriatrie
werden, weil es den Teufelskreis aus schlechter Bezahlung und Überarbeitung
durch fehlende Pflegekräfte gibt.
An
beiden Punkten muss man ansetzen.
Es gibt
einerseits Pflegekräfte, die sich gar nicht so sehr mehr Gehalt, sondern vor
allem mehr Zeit mit den Patienten wünschen – was nur ginge, wenn man viel mehr
Pfleger einstellt.
Und
andererseits gibt es Arbeitssuchende, die den Beruf nicht ergreifen, weil er zu
allem Stress auch noch mies bezahlt ist.
Als
Besonderheit haben wir in Deutschland noch das aberwitzige Problem, daß die 1,5
Millionen Angestellten bei Caritas und Diakonie Kirchenmitglieder sein müssen.
Das bedeutet, daß trotz 100% staatlicher Finanzierung tausende Krankenhäuser
und Pflegeheime Muslime, Atheisten und Juden grundsätzlich nicht einstellen,
sondern lieber ihren christlichen Kräften totale Überlastung bescheren.
[….]
Standardmäßig sind ungefähr um die 36
Patienten auf einer Station, und das kann man sich ja vorstellen. Es ist eine
Nachtschwester und 36 Patienten. Das ist ein bisschen viel. Die schlafen auch
nicht immer alle und teilweise hat man auch frisch operierte Patienten dabei,
schwerst pflegebedürftige Patienten, um die man sich kümmern muss, Neuzugänge,
die aus dem OP kommen, etc. Und dann ist man die ganze Nacht damit beschäftigt
zu entscheiden, was man weglässt und was jetzt wichtig ist, weil alles schafft
man sowieso nicht. […..]
Spahns
Idee; sollen doch erst mal ein paar Tausend Pfleger aus dem (christlichen)
Ausland kommen.
So
beschloss es die Groko. Kosten darf es aber nichts. Der Staat gibt kein Geld,
sondern die Krankenkassen (=die Patienten) sollen das schön selbst finanzieren.
[….] Im Kampf gegen den bundesweiten
Pflegenotstand sollen Fachkräfte aus dem Ausland helfen. Gesundheitsminister
Jens Spahn will deren Anwerbung erleichtern. Doch seine Rechnung geht nicht
auf.
[…..]
Vergangene Woche hat die große Koalition
beschlossen, in einem Sofortprogramm statt der 8000 im Koalitionsvertrag
vorgesehenen Stellen ganze 13 000 zusätzliche Stellen in Pflegeheimen zu
finanzieren. Auch Krankenhäuser sollen mehr Mitarbeiter einstellen. Doch woher
sollen sie kommen? Auf Stellenanzeigen antwortet kaum noch jemand, zu den
Infoständen auf Karrieremessen kommt fast niemand. Zu unattraktiv sind die
Arbeitsbedingungen geworden. Deshalb bemühen sich Einrichtungen zunehmend um
Kräfte aus dem Ausland; auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will deren
Anwerbung erleichtern. […..]
Da sind die Pflegeexperten, die auf das große
Ganze blicken, und für die Spahns Avancen zur leichteren Anwerbung nur
Augenwischerei ist.
[…..]
Projekte, die eine schnelle Lösung
versprachen, indem man fünfzig oder sogar hundert Menschen gleichzeitig anwarb,
sind fast immer gescheitert. […..] "In
dem Fall lag es vor allem an der Sprache", sagt Bordi, "in anderen Fällen
scheitert es an den Erwartungen." Pfleger aus EU-Ländern haben häufig
studiert. Zu Hause dürfen sie Aufgaben übernehmen, die in Deutschland Ärzten
vorbehalten sind. […..]
Ein Ansturm an
Bewerbern wird also ausbleiben. Aber Kliniken und Pflegeheime stehen der
Anwerbung ohnehin kritisch gegenüber. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung
rechnet vor, dass von 2012 bis 2015 nur jedes sechste Unternehmen in der
Pflegebranche aktiv versucht hat, Menschen aus dem Ausland anzuwerben. 60
Prozent der übrigen Unternehmen gaben an, sie würden auch in Zukunft auf diese
Möglichkeit verzichten. Sie sei zu teuer und zu aufwendig. […..]
Nicht,
daß ich viel Weisheit in der politischen Arbeit Spahns erwartet hätte. Aber
immerhin ist der Mann seit 12 Jahren beruflich im Gesundheitssektor unterwegs.
Daß alle
Pflegedienste seit vielen Jahren händeringend nach Personal suchen, aber keins
finden, scheint ihm dennoch nicht bekannt zu sein.
VIEW Mai 2018 |
Es gibt
eben keine Pfleger auf dem Markt. Und den Beruf erlernen will niemand in
Massen, solange der mies bezahlt wird und durch den Personalmangel extrem
stressig ist.
[….]
Meilenweit entfernt von dänischen
Verhältnissen
Die Regierung
verspricht 13.000 neue Stellen in der Pflege. Um so gut zu werden wie Dänemark,
bräuchte man hierzulande jedoch eine halbe Million zusätzliche Pflegekräfte. […..]
Bei
anderen Jobs, für die sich konservative Deutsche zu fein sind – Putzdienste,
Restaurantküchen, Straßenkehrer, Müllmann – greift man üblicherweise auf Migranten
zurück.
Aber das
kirchliche Arbeitsrecht läßt eben keine Nichtchristen zu in ihren
Einrichtungen.
Daran
könnte Spahn rütteln.
Und er
könnte den Geldhahn aufdrehen. Aber auch das versteht er offenbar gar nicht.
[…..] Politiker
der Opposition, Lobbyisten sowie Gewerkschafter verstehen ihren Job nicht so,
einem Minister zu sagen, dass er alles super gemacht und erledigt habe. Im
Gegenteil, was einer wie Jens Spahn tut, muss falsch, mindestens aber zu wenig
sein. Also kann der Gesundheitsminister nun überall lesen, was sein
"Sofortprogramm" zur Pflege in Wahrheit sei: ein Witz, eine
Nebelkerze, halbherzig.
[…..]
Das wird nämlich leicht vergessen, wenn
allgemein über Pfleger gesprochen wird: wie belastend dieser Beruf ist. Es
arbeiten ja auch deshalb so viele von ihnen nur in Teilzeit, weil sie sich den
Job in Vollzeit gar nicht zutrauen (mit der Folge, dass ihr Gehalt kaum zum
Leben reicht). Es scheiden deshalb so viele früh aus dem Beruf, weil sie nicht
mehr können. Dies ist kein Beruf, den man verrichtet wie ein Mechatroniker oder
Redakteur; er ist voller physischer und psychischer Zumutungen.
[…..]
Die Branche besteht aus Häusern, die
unterschiedlichste Eigentümer haben: Kommunen, Wohlfahrtsverbände, Kirchen,
kommerzielle Firmen. Manche Arbeitgeber verlangen ihren Pflegern 38,5
Wochenstunden ab, andere 40. Es gibt Häuser, in denen beträgt der Jahresurlaub
nur 24 Tage. In manchen Gegenden erhalten Fachkräfte in der Altenpflege weniger
als Helfer in der Krankenpflege. Nur wenige Beschäftigte gehören einer
Gewerkschaft an, dieser wiederum fehlt ein zentraler Arbeitgeberverband als
Verhandlungspartner. Und die Kirchen ziehen sich sowieso gern auf ihr
verfassungsmäßiges Recht zurück, klassische Tarifverhandlungen gar nicht erst
führen zu müssen.
Wenn Arbeitnehmern die
Verhandlungsmacht fehlt, hat dies in jeder Branche die immer selbe Folge: dass
Arbeitgeber knausern.
[…..] Wenn der Gesundheitsminister Spahn von der CDU
will, dass Menschen Pfleger von Beruf werden und die 30 000 offenen Stellen auf
Dauer besetzt werden, gibt es einen sinnvollen nächsten Schritt:
Arbeitsminister Heil von der SPD anrufen, damit dieser einen der bestehenden
Tarifverträge (zum Beispiel den der Kommunen) für allgemein verbindlich erklärt.
[…..]
Statt
immer billiger und mehr arbeiten, sollte für Pfleger gelten: Teurer und weniger
arbeiten.
Wenn Minister
oder Pharmalobbyisten oder Vermieter (wie Jens Spahn) sehr viel verdienen,
nützt das der deutschen Wirtschaft nur bedingt, weil er mit weiteren 10.000,-
oder 20.000,- im Monat auch nicht mehr Äpfel, Brot oder Spülmittel kaufen wird.
Er wird stattdessen mutmaßlich eine schöne Steueroase in Panama suchen, um das
überschüssige Geld zu parken. Schlecht für die deutsche Wirtschaft.
Wenn
aber Menschen mit niedrigen Einkommen, wie beispielsweise Altenpfleger und
Krankenschwestern 1.000,- mehr im Monat haben, verkonsumieren sie es zum
größten Teil. Sie geben es aus. Das stärkt die Nachfrage und die
Binnenkonjunktur.
Gut für
die deutsche Wirtschaft, die an extremer Importschwäche leidet.
Gut für
die Menschen und Familien in den Berufen und auch gut für die
Pflegebedürftigen.
Nur
blöd, daß wir schon wieder, nach Rösler, Bahr und Gröhe einen extrem
kirchenfreundlichen und lobbyaffinen konservativen Gesundheitsminister haben.
[…..]
Das Sofortprogramm Pflege von
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stößt auf scharfe Kritik bei
Pflegeexperten und Sozialverbänden. "Dieser Aktionsplan ist leider ein
Witz", sagte der Präsident der Diakonie, Ulrich Lilie, den Zeitungen der
Funke Mediengruppe. "Mit diesen 13.000 Symbolstellen gewinnen wir nichts
in diesem Land." Spahn stehe vor einer Bewährungsprobe, sagte der Chef des
evangelischen Wohlfahrtsverbands. Der Minister müsse nachhaltige Reformen
durchsetzen. [….]
[….]
Das Papier bleibe "deutlich hinter
dem zurück, was notwendig ist", kritisiert Sylvia Bühler, Mitglied im
Bundesvorstand der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Das Programm
sei "nur ein weiterer Tropfen auf dem heißen Stein", meint Otto B.
Ludorff, Vorsitzender des Bundesverbandes der kommunalen Senioren- und
Behinderteneinrichtungen (BKSB). "Da muss deutlich mehr passieren",
fordert die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele. Das
Sofortprogramm des Gesundheitsministers sei allenfalls ein
"Trostpflaster", das die Dauerkrise in der Pflege nicht heilen könne,
moniert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen
Gesamtverbands.
Auch die
Oppositionsparteien im Deutschen Bundestag zeigen sich wenig begeistert.
"Dieses Sofortprogramm kann maximal ein paar Löcher stopfen", sagt Pia
Zimmermann, pflegepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linkspartei,
"wegen einer 24-Stunden-Kita und einem Sportangebot für Mitarbeiter wird
niemand zurück in den Pflegeberuf kommen." Kordula Schulz-Asche,
Sprecherin für Pflegepolitik der Bundestagsfraktion der Grünen, ist nicht
überzeugt – die 13.000 avisierten zusätzlichen Stellen deckten "bei weitem
nicht den tatsächlichen Bedarf". Auch die pflegepolitische Sprecherin der
FDP-Fraktion, Nicole Westig, ist skeptisch und bezeichnet das Sofortprogramm
als "Nebelkerze": "Bereits jetzt können offene Stellen nicht
besetzt werden, der Markt ist leergefegt." [….]
(Altenpflege
Online, 24.05.2018)