Das sind wirklich ungeheuerliche Umfragen, die amerikanische
Meinungsinstitute zu den Präsidentschaftswahlen gegenwärtig veröffentlichen.
Hätten die Wähler zwischen Trump und Elisabeth Warren zu
entscheiden, gewänne Trump knapp. Recht deutlich würde
er Pete Buttigieg oder Kamala Harris gewinnen; ebenso schlüge er Bernie Sanders und Cory Booker.
Der einzige, der in allen Umfragen vor Trump liegt ist Joe
Biden, der End-Siebziger, der schon deutliche Anzeichen von Senilität zeigt.
[…..] Anders als bei der ersten Fernsehdebatte in Miami war er am
Mittwochabend in Detroit auf Attacken vorbereitet. Anders als in Miami
schleppte er sich einigermaßen unbeschädigt bis zum Ende des Abends. Wenn man
davon absieht, dass er sich wiederholt verhaspelte, teils unsicher wirkte und
in seinem Schlussvotum sogar dabei scheiterte, die Adresse seiner Website in
die Kamera zu sagen. [……]
Natürlich klebte ich die letzten beiden Nächte am
Bildschirm, als die in zwei Teilen stattfindenden demokratische Debatte aus
Detroit übertragen wurde.
Es stimmt, Biden war viel besser und aggressiver, als beim
letzten Treffen mit Kamala Harris, aber der Mann zeigt deutliche
Alters-Einschränkungen.
Als President Elect würde er eine neue amerikanische
Gerontokratie einläuten.
(……) Trump ist Präsident, weil
die unter 30-Jährigen mal wieder nicht von ihren Klugtelefonen wegzuholen
waren, lieber Make-Up-Tutorials und Instagram-Beautycontesten frönten, als zur
Wahl zu gehen.
Die beiden 70-Jährigen
Großeltern-Kandidaten waren zu weit weg – in jeder Hinsicht.
Joe Biden würde bei seiner
Vereidigung 78 Jahre alt sein, am Ende der ersten Amtszeit 82 sein.
Nancy Pelosi, Speakerin im House,
die derzeit ranghöchste Politikerin der Demokratin wurde am 26.März 1940
geboren, ist jetzt also 79, wird am Anfang einer möglichen Biden-Präsidentschaft
also 81 Jahre alt sein.
[……]
Nach dem Trump-Alptraum muss in
den USA eine neue Ära beginnen, die alten homophoben, climate-change-Negierer,
isolationistischen, misogynen, Lobbyhörigen, rassistischen Zöpfe müssen alle
abgeschnitten werden.
Die Jahre 2021-2029 im Oval
Office können nicht glaubwürdig von der Urgroßelterngeneration gestaltet
werden, die mit annähernd 90 Politik für die Zukunft machen soll. (……)
Natürlich muss man sich hinter Biden stellen, wenn er der
einzige ist, der Trump klar schlagen kann.
Es nützt nicht über die Aussagekraft von Umfragen zu
lamentieren, wenn einem das Ergebnis nicht passt.
Wer die Poll-Daten anzweifelt, sollte sich an 2016 erinnern,
als sämtliche Umfrageinstitute nahezu eine Punktlandung hinlegten und Hillary
Clintons Zwei-Prozent-Vorsprung vor Trump exakt das Wahlergebnis traf.
Man hatte in Europa nur nicht daran gedacht, daß in den USA
die „popular votes“ nicht unbedingt den Präsidenten bestimmen.
Obwohl Clinton fast drei Millionen Stimmen mehr bekam,
verlor sie.
Willkommen im Land
der unbegrenzten Möglichkeiten.
Wenn Trump schon Zwei Prozent Rückstand reichten, um ins
Oval Office einzuziehen, schafft er das mit vier Prozent Vorsprung erst recht.
Wie irre und pervers kann eine Nation sein?
52% der Amis hätten lieber Trump als Präsident als Kamala Harris, die nur auf 48% käme.
52% der Amis hätten lieber Trump als Präsident als Kamala Harris, die nur auf 48% käme.
Dabei haben sich die Umfragen gerade in den letzten Wochen
zu seinen Gunsten gedreht.
Seine zutiefst bösartig-völkischen und rassistischen Attacken
wirken also.
Bevor die Mehrheit der Amis eine Frau, einen Schwulen, einen
Schwarzen, einen Asiaten oder einen Latino wählt, scharen sie sich lieber um
Trump, der zwar auch nicht weiß, sondern orange ist und unter seinem
Mikrophallus leidet, aber er hasst wenigstens die Richtigen – alle anderen.
Ein Dilemma für kluge, qualifizierte, erfahrene und sympathische
Frauen wie Warren, Harris oder Gillibrand
(die ich übrigens 2012 und 2018 direkt in den Senat wählte), denn bei einem
demokratischen Bewerberfeld von >20 können sie ganz schnell rauskippen, wenn
sie zur nächsten Debatte nicht die geforderten Mindestwerte erreichen:
[….] It's twice as hard to qualify for the third round of debates as it was for the first set. Candidates now need to have 130,000 unique donors (with a minimum of 400 unique donors per state in at least 20 states) and at least two percent support in four qualifying polls released between June 28 and August 28. [….]
Senatorin Gillibrand konnte beide Kriterien bisher nicht
erfüllen.
Da muss man sich schon gute Sprüche einfallen lassen, um in
Erinnerung zu bleiben.
Der wirksamste Weg Bekanntheit zu generieren, ist es
natürlich den Bekanntesten – Joe Biden – anzubellen.
Zumal Biden die meisten Prozente auf sich vereint.
[…..] Alle neun anderen Präsidentschaftsbewerber an diesem zweiten Abend der
zweiten Demokraten-Debatte scheinen nur ein Angriffsziel zu haben - den
Spitzenreiter in den Umfragen.
Am Vorabend fanden sich die Linken Elizabeth Warren und Bernie Sanders
im Kreuzfeuer, jetzt ist es der moderate Biden. Es ist, als durchlebe die
Partei vor der gesamten TV-Nation eine Sinnkrise und zerfleische sich dabei in
alle Richtungen. Am Ende lacht sich nur einer ins Fäustchen: US-Präsident
Donald Trump.
Biden wird in Detroit sofort von allen anderen Kandidaten angegriffen.
Oft geht der Blick zurück in seine Vergangenheit: Unter anderem wirft ihm
Senator Cory Booker vor, dass er in den Neunzigerjahren eine Justizreform
angeschoben habe, die völlig ungerechtfertigt zu Masseninhaftierungen und zu
längeren Haftstrafen geführt habe. [….]
In so einer Lage können sich hochqualifizierte potentiell
wirklich gute Präsidenten nur entweder zurückhalten und still Opa Biden
unterstützen, oder sie müssen sich rabiat selbst in den Mittelpunkt drängen –
mit der Gefahr, daß Trump davon profitiert.
[….] "Statt aufzuzeigen, was unter Trump alles falsch läuft, zielen
viele Demokraten auf das Vermächtnis ihres letzten Präsidenten", sagte der
demokratische Stratege Paul Begala, als die Debatte vorbei war. So torpedierten
sie ihre Chance, Trump in den Wahlen zu besiegen. [….]